Weißer Kogel (3409m), im Schatten der Wildspitze


Publiziert von kardirk , 10. September 2012 um 18:18.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Ötztaler Alpen
Tour Datum: 8 September 2012
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1600 m

Zweiter Tag im oberen Ötztal in Vent. Am Vorabend hatte ich nach der Spiegelkogeltour meine Reserven am Auto wieder aufgeladen und war doch etwas angeschlagen mit schweren Füssen nochmals 300hm Richtung Egg-Alm (ca.2200m) angestiegen, um dort mein nächstes Bivak zu beziehen, direkt auf der weiten Wiesenfläche, beim Beginn des Steiges hinter der Almstrasse zur Stableinalm.
 
Die Sonne war schon hinter dem mächtigen Bergrücken des Weißen Kogels verschwunden, ein kühler Wind wehte, als ich gegen 19:30 meine Schlafstelle im weichen Gras und Gesträuch bezog. Ca. 1h von Vent. Es wurde diesmal eine lauschige Nacht und ich konnte ganz gut schlafen, kein Wunder nach der Tour am Spiegelkogel.
 
Am nächsten Morgen kam ich denn auch nur schwer aus den flauschigen Bivakfedern. Erst gegen 7:00 startete ich, wieder beim bestem göttlichem Wetter. Ich folgte zunächst dem Steig Richtung Tiefenbachferner bis zum Abzweig des Sonnenbergsteiges zur Stablein-Alm. Diesem folgte ich bis ich auf die weiten Wiesen des Söfnär kam. Hier wäre ein noch besserer Bivakplatz, direkt neben einer köstlichen Quelle gewesen. – gut 1,20h.
Nun wurde es wieder anstrengend. Ich stieg den Grashang neben dem östl Bachabfluss des Bichlkars hinan, dann oberhalb des Grabens in steilen Graschrofen, schließlich unterhalb kleinerer Felsabrüche über steilen Schutt ins östl. Bichlkar.
Ziel war hier die Schutthänge die zum O-Grat des Weißen Kogels führen. Über steilen Schutt, dann kurze Schrofenrippen erreichte ich die Schutthänge zu P.3129m und wenige Meter unterhalb den hier breiten Blockgrat, wo sich ein beeindruckender Blick ins Weißkar öffnet.
Der auf den Karten noch verzeichnete mächtige Ferner ist längst zu einem kläglichen Rest geschmolzen.
Nun wurde es abenteuerlich. Der O-Grat beginnt zunächst mit einem kurzen brüchigen Blockkegel, dann folgte ein erster zapfiger Aufschwung in steilem Plattenfels – II – und gleich darauf stand ein kleiner kecker Turm im Wege. Seine Umgehung auf der N-Seite stellte die Schlüsselstelle der Tour da. Über senkrechten plattigen Fels gings ein paar Metter ausgesetzt abwärts, dann eine etwas brüchige plattige Rinne wenige Meter senkrecht hinauf – II+.
Der folgende Turm und anschließende Grataufschwung, der von unten noch so schwierig ausgesehen hatte, stellte sich nun als gutmütige Plattenkletterei im IIten Grad heraus.
Je weiter ich jetzt kletterte, desto leichter wurde der Grat. Über eine plattige Erhebung wurde ein großer Sattel erreicht, wo von Süden eine mächtige Schlucht einmündet.
Jenseits verbreitert sich der Grat zu einem plateauartigen Rücken, der jetzt leicht zu ersteigen ist.
Im weiteren Verlauf verjüngt sich der Rücken nochmals zu zwei plattigen Grataufschwüngen, die nette Kraxelei im I Grad erfordern, dann folgt nur noch ein erdig/schuttiger Rücken, der sich im Schutt des Gipfels verliert. Über den kurzen N-Gipfelgrat erreichte ich nach knapp 5,30h den Gipfel.
Überwältigende Aussicht auf das Eismeer des Mittelbergferners und die gegenüberliegende Wildspitze. Auch sonst ist die Aussicht sehr umfassend auf die Ötztaler Bergwelt.
Nur ein paar Holzstangen mit tibetanischen Gebetsfahnen und zwei Steinmänner zieren den Gipfel, von einem Gipfelbuch leider keine Spur.
Wieder gönnte ich mir eine knappe Stunde des Schauen und Staunens – nicht ein einziges Federwölkchen trübten den azurblauen Himmel.
Als Abstieg wählte ich den S-Grat. Zunächst über Schutt, steil hinab zum Sattel vor dem Vorgipfel P.3372. Hier stellt sich nochmals kurz ein plattiger Felsaufschwung in den Weg, den man leicht links über eine Schuttrampe umgeht.
Jenseits geht’s wieder steil über Schutt und Blockwerk (teilweise Trittspuren)zum nächsten breiten Sattel hinab, dahinter zieht sich der Grat immer schärfer werdend zum Punkt 3247m, wo der S-Grat endet. Dieser Abschnitt sah nochmals nach Kletterei der schärferen Art aus (aus Berichten wusste ich oberer IIer), doch mittlerweile spürte ich doch, das meine Kräfte und Motivation deutlich nachgelassen hatten, kein Wunder bei dem Pensum der letzten beiden Tage. Also entschied ich mich über die Flanke zum Taufkar hinabzusteigen, die sah ganz gangbar aus. Leider täuschte ich mich da ziemlich. Zunächst noch ganz gut gangbarer Blockschutt, stürzte die Flanke bald steil im üblen Bruch gen Tal. Mühsam querte ich durch äußerst brösliges Schuttgelände mit Haushohen Blöcken, die nicht allzustabil aussahen.
Schließlich kam ich zu einer erdigen Rinne durch die es steil bergab ging und ich glücklich den Karboden am sterbenden Gletscher erreichte. Nicht ganz ungefährlich und für den Aufstieg absolut ungeeignet – hier ist wohl doch der Weg über den zackigen S-Grat zu bevorzugen.
Es folgte der lange Abstieg aus dem Kar hinaus, grandiose Landschaft eines leider sterbenden Gletschers, dann steil einen Moränenhang und den anschließenden Grashang hinab zum Steig am Sonnenberg und weiter direkt hinab zum Bivakplatz am Vorderen Egg. Da rauchten die Füsse ganz gut.
Nach einer erfrischenden Pause im letzten Sonnenlicht gings dann gemütlich nach Vent zum Auto hinab.
 
Fazit:
Eindrückliche Tour in absolut einsamer Umgebung. Großartige Ausblicke oben.
Sehr anstrengend, da zunächst steile Schuttfelder. Kein Wunder, warum dieser Berg wohl nur selten bestiegen wird.
 
Schwierigkeiten:
Zunächst Wanderweg, leicht T2
Aufstieg zum Grat – steile Grasschrofen, dann Schutt – T4
O-Grat – zunächst sehr zapfig II+, wird dann immer leichter, I und viel Gehgelände.
S-Grat – zunächst leicht, Schutt und Blockgrat – I, der Übergang zu Punkt 3247 sieht wieder sehr zackig aus (vermutlich II oder mehr).
Abstieg ins Taufkar – extremer Steilbruch, sandig, nicht ganz ungefährlich (Steinschlag) I
Abstieg aus dem Kar ins Tal – leicht, aber weglos, T3-4
 
 
 

Tourengänger: kardirk


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Kommentare (2)


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ADI hat gesagt:
Gesendet am 19. September 2012 um 14:45
der Weiße Kogel ist eine echt lässige Tour, die mir mein Spezi Jörg(von Stein+Schnee) schon lang ans Herz gelegt hat.
Damals gings zur Talleitspitze, von der kann man ja schön zum WK rüberschauen.

VLG, G.

kardirk hat gesagt: RE:
Gesendet am 20. September 2012 um 19:34
Die muß ich auch noch machen, sieht recht schön aussichtsreich aus. Nach der Tour bin ich auuch bei Stein und Schnee noch auf die Rutenbeschreibung gestossen.
Muß wohl nochmal die Tour vollständig machen, vom Weißkarkogel bis zu P.3247. Von da müßte auch ein Abstieg über den W-Grat und dann hinab ins Bichlkar möglich sein, sah jedenfalls im Aufstieg möglich aus - ah, es gibt noch viel zu tun.

VG
Dirk


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