Chli Windgällen (2986m)


Publiziert von أجنبي , 6. August 2012 um 01:49.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:27 Juli 2012
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Aufstieg: 1650 m
Abstieg: 1650 m
Strecke:Egg – Oberchäseren – P. 2012 – Chli Windgällen – P. 2582 – Unteres Furggeli – Windgällenhütte AACZ – Schisseneggen – P. 1586 – Golzerensee – Seewen – Hüseren – Egg
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Bristen, LSB bis Golzeren
Zufahrt zum Ankunftspunkt:LSB ab Golzeren, Auto ab Bristen
Kartennummer:LK 1:25.000: 1192 Schächental, 1212 Amsteg

Angesichts eines weiteren drohenden Schlechtwetter-Wochenendes musste zur präventiven Besänftigung dringend noch ein Highlight her. Eine Kollegin zögerte mit ihrer Zusage nicht lange, als ich die Chli Windgällen vorschlug. Nach ein paar relativ positiven T5-Erlebnissen diesen Frühling und Frühsommer schätzte ich, der Sache gewachsen zu sein. Etwas Unsicherheit im Vorfeld verschaffte mir einzig der schmale, luftige Gipfelgrat.

Es drohte ein 30+-Grad-Tag mit etwas Gewitterneigung am Nachmittag, also machten wir uns einigermassen früh auf die Socken. Kurz nach 6.30 Uhr brachen wir bei der Bergstation der Golzeren-Seilbahn auf. Da's Freitag war, erwarteten wir wenig Ansturm auf die Chli Windgällen und nach Oberchäseren sahen wir für Stunden keine Menschen mehr. Der Aufstieg zur Alp war ganz nach meinem Geschmack: konstant steil, wodurch sich die Höhenmeter rasant vernichten liessen.

Nach Oberchäseren (wo wir nach 50min eintrafen) verläuft der Weg zunächst etwas weniger steil, was sich beim Felsband auf 2100m dann aber kurzzeitig ändert. Einfach geht's danach weiter hoch bis auf 2400m, wo sich die Wege zum Chli Windgällen bzw. dem Unteren Furggeli verzweigen. Im Aufstieg schauten wir ständig auf den Höhenmesser, um die Abzweigung nicht zu verpassen. Die Sorge stellte sich aber als unbegründet heraus, weil die Verzweigung gut zu sehen und linkerhand auf einem Stein sogar „Chli Windgällen“ gemalt ist.

Das Gelände ist nun karstig und nach einer Traverse in einem halbwegs steilen Hang landet man in der Nähe von P. 2582. Mittlerweile waren knapp zwei Stunden vergangen und es war Zeit, sich ein letztes Mal für den kommenden Aufstieg zum Gipfel zu stärken. Die ausgiebige Lektüre von hikr-Berichten am Vorabend bereitete uns auf eine beträchtliche Unübersichtlichkeit bzw. eine nicht immer leicht zu findende Route vor. Unser Motto war daher klar: die Sache ruhig angehen, den Überblick behalten und keine unnötigen Flanken-Ausflüge unternehmen.

Unterhalb der Südwand der Gross Windgällen beobachtenen wir derweil einheimische Hochgebirgs-Spezialisten: rund zwei Dutzend Steinböcke mit imposanten Hörnern. Ihr Anblick war weit schöner als die Vorstellung, unterhalb von ihnen unterwegs zu sein. Der Steinschlag, den sie wiederholt auslösten, war beträchtlich.

Die Wegspur durch den Schuttkegel am Fuss des Ostgrates der Chli Windgällen ist bereits von Weitem deutlich zu sehen. Das Gelände wurde steiler und steiler. Noch bevor wir den Grat erreichten, zweigten wir nach rechts ab. Nicht gerade die Optimalroute, wie wir im Abstieg dann lernten: Nach links auf den Grat zu gehen wäre besser gewesen. Nun, auch wir bewegten uns in Gelände, wo sich schon andere bewegt hatten. Grundsätzlich kommt man auf verschiedenen Routen hoch zum grossen Steinmann vor dem Einstieg in die Südflanke. Je nach dem kraxelt und klettert man halt ein bisschen mehr oder weniger bzw. gelangt in rutschigeres Gelände oder halt eben nicht. Meine Aufstiegsroute zum Steinmann war jedenfalls weder die Einfachste, noch die Beste und sicherlich zu weit nördlich. Spass gemacht hat sie aber durchaus...

Nun, meine Begleiterin und ich fanden auf unsere Weise den grossen Steinmann, den man eigentlich schon von weit her erblicken könnte, wenn man weiss wohin man hinzuschauen hat. Wichtig ist, direkt den Steinmann zu passieren und dann leicht abzusteigen. Das Band durch die Südflanke schaut aus der Ferne recht gefürchig aus: Abschüssig, brösmelig und darunter senkrechte Felswände. Einmal auf dem schmalen Pfad durch's Band unterwegs erweist sich die Querung dann allerdings als nicht ganz so happig wie befürchtet.

Nach der Traversierung durch die Südflanke steigt man auf der letzten Rippe aufwärts. Auch hier führen einige Steinmänner von der Normalroute weg und auch hier sind grundsätzlich mehrere Routen möglich. Wir erwischten von nun an sicherlich die optimale Route, sie gut zu beschreiben erscheint mir aber als nahezu unmöglich. Zwei Varianten hat daenu, dem wir im Abstieg begegneten, *hier recht gut beschrieben. Das Gelände ist jedenfalls meist blockig, manchmal etwas rutschig, jedoch nie wirklich ausgesetzt und mehr als etwas kraxeln muss man auch nicht.

Bald erreichten wir die Lücke zwischen östlichem Vorgipfel und Gipfelgrat, wo die luftige Kletterstelle lauert. Ich hatte mir vorgenommen, hier nicht lange zu zögern und ohne langes Nachdenken auf den Gipfelgrat aufzusteigen. Am Einstieg zur Kletterstelle aber fehlte die nötige Überwindung. Die Sache ist zwar nicht schwierig, aber sehr luftig. Links geht's ein paar Dutzend Meter runter, rechts mehr oder weniger direkt nach Erstfeld (naja, ist etwas übertrieben...). Meine Kollegin, die keinerlei Höhenangst zu kennen scheint, kletterte die Sache problemlos hoch und stieg über den schmalen Gipfelgrat zum Gipfel der Chli Windgällen, den sie kurz vor 10 Uhr erreichte (also ca. 3h 20min nach Abmarsch).

Ich meinerseits verzichtete auf diesen letzten Effort. Etwas ernüchternd war's schon, dass ich kapitulieren musste, aber bis zu diesem Punkt hatte mir die Tour viel Spass bereitet. Und: Die Querung in der Südflanke hätte ich wohl vor einem Jahr nicht gewagt, während ich nun absolut problemlos und mit sicherem Gefühl den Spass absolvierte und auch noch Freude daran hatte. Insofern sind also schon deutliche Fortschritte zu verzeichnen.

Nach einer ausgiebigen Pause bei der Kletterstelle vor dem Gipfelgrat begaben wir uns in den Abstieg. Schon nach wenigen Dutzend Metern erwischten wir in der Kraxelei nach links eine andere Route als im Aufstieg, was wir zunächst gar nicht bemerkten. Sich in diesem Gelände zu orientieren war wahrhaftig nicht einfach. Die Richtung stimmte aber, auch unsere Variante klappte und bald waren wir zurück auf dem Normalweg, sprich: in dieser markanten Rinne. Nach der Querung durch die Südflanke suchten wir nach der Normalroute bis zum Schuttfeld unterhalb des Ostgrates. Und diesmal fanden wir sie, auch wenn wir mehrmals stehen bleiben und uns die Sache genau anschauen mussten.

Von P. 2582 folgten wir der markanten Moräne westwärts Richtung Unteres Furggeli. Die paar Höhenmeter zum Furggeli hoch waren schnell bewältigt, das vorhandene Fixseil liessen wir Dekoration bleiben. Von der Chli Windgällen hierher benötigten wir 1h 20min. Vom Furggeli hinunter war's recht steil und geröllig, aber problemlos (T4). Eine Steingeiss machte uns vor, wie man die Sache im Eiltempo und mit Eleganz bewältigen könnte. Am Fuss des Schwarz Stöckli fanden wir dann aber eine weitere, verwesende Steingeiss, die wohl ein paar Tage zuvor einen ziemlichen Abflug erlebt haben musste...

Nach 'ner Weile erreichten wir die Windgällenhütte, von wo's an schwitzendem und keuchendem Wandervolk vorbei (naja, Aufstieg bei 30+ Grad zur Mittagszeit in einem Südhang ist wohl nicht so witzig...) den Grüeziweg hinunter zum Golzernsee ging. Hier die zweite Krönung des Tages: der Sprung ins äusserst angenehme Nass. So sollte jede Bergtour enden!

Und klar, eines Tages werde ich auf die Chli Windgällen zurückkehren und meine offene Rechnung mit dem Gipfelgrat begleichen. Aber vorher brauche ich dazu noch etwas mehr Training punkto Abbau von Höhenangst...


Tourengänger: أجنبي


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