Kopfkraxen (2178 m) via Kraxengrat


Publiziert von Ford Prefect , 5. Juni 2012 um 20:33.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Kaiser-Gebirge
Tour Datum:26 Mai 2012
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Aufstieg: 1420 m
Abstieg: 1420 m

Wie in jedem Jahr verbrachten wir die Pfingsttage mit der Familie traditionell im Thierseetal. Ein Abstecher zum nahen Kaisergebirge liegt nahe und ist mittlerweile ebenso fast schon obligatorisch. Aus diesem Grunde war diesmal auch ein Kommilitone und Kletterpartner von mir mitgereist. Wir hatten uns den Kraxengrat auf den 2178 m hohen Kopfkraxen ausgesucht.

Nachdem wir gegen 5 Uhr aus der Gegend von Stuttgart aufbrachen, ließen wir uns sofort beim Gasthof Jagerwirt aussetzen und machten uns, obwohl es schon etwas spät war, hochmotiviert an den Aufstieg. Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass diese Tour für meine Begleitung die erste ,,richtige'' Bergtour war. Eine Tatsache, die sich an späterer Stelle dann doch bemerkbar machen sollte. Was das Wetter anbelangt, hätte es an diesem Tag kaum besser sein können. Bei strahlendem Sonnenschein stiegen wir über die beiden Wegscheid-Almen zum schon von weitem hörbaren Wasserfall auf.  Immer wieder stießen wir hierbei auf entwurzelte und zerborstene Bäume und Hütten, Überreste von Schneebrettern und Lawinen, die auch den Weg nicht unangetastet gelassen hatten. Trotzdem erreichten wir problemlos den schönen Wasserfall. Links desselben entdeckte ich bei dieser Gelegenheit einige eingebohrte Sportkletterrouten, die ich mir auf Grund der tollen landschaftlichen Lage einzuprägen gedachte. Beim Wasserfall befindet sich im Übrigen auch das Rucksackdepot, dass viele Kletterer, die sich am Sonneck oder am Kopfkraxen versuchen, nutzen. Wir hatten allerdings vor beim Abstieg nicht wieder am Wasserfall vorbeizukommen und da die Tour zudem keine allzu großen technischen und kräftemäßigen Ansprüche versprach und ich außerdem einmal mehr beschlossen hatte mein Photostativ mitzunehmen um hinterher dann festzustellen, dass ich es nicht ein einziges Mal verwendet hatte, verzichteten wir auf diese Möglichkeit. Am Wasserfall angekommen biegt man dann rechts ab und folgt dem etwas steiler werdenden Pfad, der sich zwischen der Felswand linker Hand und einem Feld von Latschenkiefern zur Rechten zum Schneekar hochschlängelt. Dieses machte an diesem Tag seinem Namen alle Ehre. 


Bei der Querung des Schneekars...

Wir querten das Schneekar bis zum Einstieg der Tour, den wir glücklicherweise relativ schnell fanden, da er einer logischen Linie folgt. Die Anwesenheit der im Topo immer angepriesenen gelben Sonne, die den Sonnenpfeiler markiert, bestätigte uns in unserer Annahme. Als ein Problem bzw. Ärgernis hatte sich aber die noch relativ große Schneehöhe erwiesen. Unter dem Gewicht von Ausrüstung und Seil brach ich im im Umfeld der Wand weicher werdenden, nassen Schnee teilweise bis zur Hüfte ein, was den Schlussanstieg zum Wandfuß nicht besonders angenehm machte. 
Die folgende Kletterei bis zur großen, sonnigen Terrasse war trotz des niedrigen Schwierigkeitsgrades sehr gut gesichert und kurzweilig. Auf der begrasten Terrasse angekommen machten wir erst einmal ausgiebig Vesperpause. Auf diese Pause hätte ich allerdings verzichtet, wenn ich zu diesem Zeitpunkt über den weiteren Verlauf der Tour Bescheid gewusst hätte. Nach der Terrasse hatten  wir zunächst Probleme den Routenverlauf wieder zu finden. Das Topo von bergsteigen.at erwies sich hierbei nicht als große Hilfe. Den  erwähnten Turm, den man angeblich umgehen soll, haben wir nicht gefunden bzw. zumindest nicht als solchen identifiziert und haben ihn vermutlich direkt überstiegen. In der Folge gelangten wir zunächst in etwas brüchiges, schlecht absicherbares Gelände, bevor uns nach einiger Zeit der nun schärfere Gratverlauf sowie ein Bohrhaken darüber informierten, dass wir endgültig wieder auf dem richtigen Weg waren. Auch in der Folge haben wir mit dem Topo übrigens nicht sonderlich viel anfangen können. Ich will diesem nicht die alleinige Schuld geben, vielleicht waren wir an diesem Tag auch nur absolute Topo-Lese-Legastheniker. Fakt ist jedoch, dass wir oft Haken und Sanduhren fanden, die im Topo nicht erwähnt waren und andere, die im Topo verzeichnet waren, wiederum nicht. In der Folge verzichteten wir gänzlich auf seine Benutzung, der relativ klare Routenverlauf machte es auch eher entbehrlich. Die Gratkletterei machte unterdessen großen Spaß und war immer gut absicherbar mit Hilfe von Köpflschlingen und der existierenden Bohrhaken. Bandschlingen sollte man für diesen Zweck aber meiner Meinung nach besser mehr als zu wenig mitnehmen. Während die Einstiegslängen irritierenderweise nämlich für den Schwierigkeitsgrad fast schon sportkletterähnlich gesichtert waren, (schwerere Sporttkletterseillängen in der fränkischen Schweiz haben teilweise größere Hakenabstände), waren in den späteren Seillängen Haken eher selten. Oder haben wir uns einfach ständig verstiegen? Eine Frage, die niemals gänzlich geklärt werden wird, da wir uns hartnäckig weigerten noch einen Blick auf das Topo zu werfen. Es stellte auch kein Problem dar, da wie erwähnt genug natürliche Sicherungsmöglichkeiten existierten. Das Überangebot an Haken in den ersten Längen und das plötzliche Ausbleiben ließen mich nur manchmal am Routenverlauf zweifeln. 


Ungefähr in der Mitte des Gratverlaufs...

Einen Tipp des Topos kann man aber nur Weiterempfehlen: Man sollte die einzelnen Seillängen möglichst kurz halten. Die vielen Felszacken und Türmchen erschweren zum einen die Kommunikation mit dem Seilpartner und zudem hat man, falls man auf Grund der reizvollen Kletterei doch einmal den Fehler macht und das Seil länger ausgeht, irgendwann auf Grund der Seilreibung das Gefühl Tauziehen mit King Kong zu spielen. Ungefähr gegen Mitte der Tour bekam meine bergunerfahrenere Begleitung, obwohl den technischen Schwierigkeiten mehr als gewachsen, zunehmend Probleme mit der Länge der Tour und der Ausgesetztheit des Grates. In der Folge gingen wir kaum noch eine Länge am kurzen Seil oder in Wechselführung. Ich stieg fast alle Längen vor und sicherte ihn vom Stand aus nach. Die Längen die man wohl eher seilfrei, da kaum sicherbar und technisch unschwierig, als T5-T6 geht, stieg ich meist seilfrei vor um zumindest etwas Zeit zu sparen und sicherte meine Begleitung dann nach. Auf diese Weise benötigten wir natürlich, der Leser ahnt es, extrem viel Zeit. Eine Tatsache, die sich auch in den Lichtverhältnissen der letzten Bilder vom Gipfel niederschlägt. Auf dem Gipfelgrat angekommen, meine erschöpfte Begleitung schwor sich nie wieder freiwillig auf einen Berg zu steigen, einen Vorsatz den er am nächsten Tag zur selben Zeit bereits doppelt wieder gebrochen hatte, konnten wir dann zumindest die Schönheit der untergehenden Sonne genießen. 


Die Sonne geht unter über dem Wilden Kaiser...

Dann galt es aber sich an den Abstieg via Kopfkraxen-Normalweg zu machen. Wieder einmal wurde ich in meiner Überzeugung bestätigt, dass der beste Freund des Bergsteigers seine Notfall-Stirnlampe im Rucksack-Deckelfach ist. Der Abstiegspfad ist durchweg unschwierig und bietet keinerlei größere Gefahren. Die bereits im Aufstieg sichtbaren Lawinenschäden und Schneerestfelder machten es uns jedoch schwierig jenen zu finden. Wir schlugen uns daher zu großen Teilen Guerilla-mäßig durch Latschenkiefer-Wäldchen und Steilhänge, wo wir mehrmals fast mit in der Dunkelheit in bester Kamikaze-Manier umherspringenden Gemsen kollidierten. Erst als wir die Kaiseralm erreichten, war der Weg auch im schmalen Lichtkegel der Stirnlampe wieder gut sichtbar. Auch wenn die Zeitplanung im Vorfeld gänzlich anders aussah, entschädigte der unglaubliche Sternenhimmel für den in der Dunkelheit mühsamen Abstieg. 

FAZIT: Eine tolle Tour! Allerdings sollte man Erfahrung im T5-Gelände haben bzw. sich in solchem wohlfühlen. Sonst braucht man, beim Versuch auch solche Stellen zu sichern, schrecklich viel Zeit. Und in der Folge eine Stirnlampe... ;-)

Tourengänger: Ford Prefect


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Kommentare (2)


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hawkeye hat gesagt: Topo
Gesendet am 6. Juni 2012 um 15:06
Besonders der Abschnitt vor der Terrasse ist auf dem Topo aus bergsteigen.at nicht sonderlich genau. Da brauchts schon Erfahrung und Gespür für die richtige Routenführung. Ich bin evtl. auch mal nebendran geklettert.
Vgl http://www.hikr.org/tour/post27179.html

Ford Prefect hat gesagt: RE:Topo
Gesendet am 8. Juni 2012 um 11:27
Du hast Recht. Bis zur Terrasse lief es bei uns zwar noch relativ gut, aber dafür kam dann einige Höhenmeter weiter der Verhauer... ;-)
Gehört vielleicht ein Stück weit dazu bei dieser trotzdem schönen Tour und macht vielleicht/vermutlich sogar einen Teil ihres Reizes aus.

LG, Chewbacca


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