Filisur-(Muchetta)-Station Wiesen


Publiziert von lainari , 29. April 2012 um 22:38.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Albulatal
Tour Datum:19 Mai 1999
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1215 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:14,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Zug der RhB bis Filisur
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Zug der RhB Wiesen-Filisur
Unterkunftmöglichkeiten:Hotel Grischuna Filisur
Kartennummer:1:50.000, Blatt 258T Bergün

Heikle Bedingungen
 
Nachdem ich am Vortag eine harmonische Eingewöhnungstour absolviert hatte, sollte heute Größeres folgen. Auf der Fahrt durchs Albulatal von Alvaneu nach Filisur war mir immer die Pyramide der Muchetta aufgefallen. Die sichtbare Westseite war schneefrei, also beschloss ich von Filisur über die Muchetta zur Station Wiesen zu laufen. Die Wetterprognose sah wechselnde bis kompakte Bewölkung mit seltenen lokalen Schauern voraus. Von der Station Filisur lief ich am Morgen in der Nähe der RhB-Bahnstrecke bis zum Greifenstein-Tunnel, dann folgte ein steiler Fußpfad, die obere Ebene der Bahnlinie unterquerend, bergwärts. Auf dem nun folgenden Wirtschaftsweg mühte ich mich in unzähligen Schleifen stärker steigend nach Curtins hinauf. Das Wetter hielt sich bis hier passabel, in einzelnen Aufhellungen drückte die Sonne durch. Weiter stärker steigend lief ich durch lichter werdenden Wald, später durch Buschwerk, dann über Grasfläche zum Pkt. 2294 unterhalb der Muchetta. Mittlerweile hatten dunklere Wolken die Oberhand und ich verzichtete auf den Abstecher zum Gipfel.
 
Zügig wollte ich nun auf der Rückseite des Berges absteigen. Nach kurzer Zeit stand ich vor einem großen Schneefeld, dass ich eigentlich diagonal fallend queren musste. Nach drei Schritten sank ich bis zur Hüfte in die nasse matschige Masse ein. Am Hang befand sich hier wohl eine muldenartige Vertiefung. Welch ein Unterschied zum vortags begangenen Lawinenschnee. Ein Versuch auf dem Hosenboden abzufahren scheiterte ebenfalls an Einsinken und am diagonalen Wegverlauf. Gerade hinunter ging es steil in den Rutschungshang des Breitrüfi über. Dieser Weg schied aus. Umkehren und zurück? Dazu musste ich aufsteigen, da konnte ich auch versuchen das Schneefeld bergwärts zu umgehen. Also stieg ich ca. 50 m hinauf und querte den Hang. Dieser war mit feinem Schutt bedeckt, ab ca. 2 cm Tiefe war der Boden gefroren, es war also nicht möglich im steilen Gelände einen Tritt zu setzen. So hangelte ich mich von Grasbüschel zu Grasbüschel. Dort konnte man seinen Fuß praktischerweise eben aufsetzen. Mittlerweile begann es leicht zu regnen. Endlich hatte ich das Schneefeld umrundet, einige Pfähle der Wanderwegmarkierung leiteten mich hier über steiles Gelände mit groberem Schutt - der aber fest geschichtet war - weiter abwärts. Nun sollte ich laut Karte eine bewaldete Geländezunge zum Abstieg nutzen, die links vom Breitrüfi und rechts vom Drostobel begrenzt war. Im Wald derselbe matschige Schnee wie oberhalb. Der Weg nach links und nach unten somit versperrt. So stieg ich nach rechts, in die erste Rinne des sich fächerartig bergwärts ausbreitenden Drosmäder hinein. Hier lag gepresster Lawinenschnee, ich konnte nun in Sitzhaltung mit angezogenen Knien auf dem Hosenboden meiner Überhose abfahren. Fototasche und Wanderstock klemmte ich auf den Schoß und mit der Hackenbremse sorgte ich für moderates Tempo, bereit sofort zu stoppen, wenn Gefahr drohte. Vom frühen Ende des Lawinenschnees war ich enttäuscht, hatte ich doch gehofft, so relativ einfach bis zum Wanderweg zu kommen, der unterhalb den Tobel queren sollte. Nun hieß es in der steilen Rinne weiter abzusteigen. Salweiden, Latschenkiefern und Kriechwacholder mussten als Hilfsmittel zum Festhalten dienen, galt es doch einige felsige Steilstufen zu überwinden, die nur von einer ca. 5 cm dicken Vegetationsschicht überzogen waren. Die freiliegenden Wurzeln der genannten Pflanzen waren dabei eine wertvolle Kletterhilfe. Einige Schweißtropfen später stand ich auf dem Wanderpfad, der mich nun aus dem Tobel herausführte. Teilweise war der Pfad noch schneebedeckt (wieder die Matsch-Sorte), so dass sich die Schuhe langsam mit Wasser füllten. Ich erreichte die Jenisberger Alp und legte mich so gut es eben ging mit Ersatzkleidung trocken. Die Liebesmüh war umsonst, ein Gewitter begann sich zu entladen. Ich schlängelte mich auf dem Alpweg in bewaldetem Gelände talwärts, wollte so schnell wie möglich Höhe verlieren und gab Fersengeld. So kam ich schließlich nach Jenisberg hinunter und bog in die kleine Siedlung ein. Der Regen hatte nachgelassen. Am Ende der Häuser schaute ich etwas ratlos, vom auf der Karte versprochenen Wanderweg keine Spur. Ich wollte zurückgehen, sah eine Frau in einen Garten gehen und fragte nach dem Weg. Ich solle einfach die Wiese hinuntergehen, unten wäre der Fahrweg. Gesagt getan, der Fahrweg brachte mich schließlich zur Station Wiesen, wo ich auf den Zug wartete. Ich löste ein Billet am Automaten im Wartsaal und ging hinaus. Zwei Frauen kamen mir hinterher und machten mich darauf aufmerksam, dass ich drin den Wanderstock vergessen hatte. Ich war wohl von der Tour und den Verhältnissen doch etwas mitgenommen…
 
Im Zug ging es zurück nach Filisur. Zukünftig achtete ich nun etwas mehr auf die Wetterprognose und versuchte die Bedingungen vorab zuverlässiger abzuklären.
 
Die Tour ist unter normalen Bedingungen mit T3 zu bewerten.
Falls wie beschrieben vom Weg abgewichen werden muss, kann auf der Jenisberger Seite in exponiertem Gelände daraus schnell ein T4 oder höher werden.

Tourengänger: lainari


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