Endless Winter: Wannenchopf (2205 m)-Madchopf (2236 m)-Hüenerchopf (2172 m)


Publiziert von marmotta , 21. April 2012 um 22:14.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:21 April 2012
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT5 - Alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1300 m
Strecke:Schwendi im Weisstannental - Matells - Matellsegg - Wannenchopf - Madfurggel - Madchopf -Rundchopf - Hüenerchopf - Alp Riet - Lutzbodä - Vermol
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Schwendi i.W., Dorf

Das weitläufige Gebiet zwischen dem Weisstannental und den Flumserbergen war bis dato ein weisser Fleck auf meiner Landkarte. Das hatte verschiedene Gründe: Zum einen sind die jeweiligen Ausgangsorte praktisch nur mit PW oder Bergbahnen erreichbar und die Zustiege von den (an den öV angebundenen) Talorten mühsam und langweilig. Zum Anderen schreckte mich speziell am Hüenerchopf der regelmässige Massenandrang von Skitourengängern ab - gäbe es das Fahrsträsschen hinauf nach Vermol (1100 m) nicht, wäre es dort wohl bedeutend ruhiger…
 
Momentan herrscht jedoch dort oben die grosse Einsamkeit - die meisten Skitourengänger haben wohl bereits mit der Wintersaison abgeschlossen, obwohl noch immer beträchtliche Mengen an (Neu-)Schnee liegen und die Skis bereits nach gerade mal 100 Hm Tragen an- und abgeschnallt werden können (wenn man von Vermol startet). Für meinen (voraussichtlichen) Saisonabschluss erschien mir die herrliche Gratüberschreitung vom Wannenchopf bis zum Hüenerchopf mit Start im Weisstannental genau richtig.
 
Ausgangsort meiner Tour war Schwendi im Weisstannental (906 m). Aus diversen Berichten wusste ich, dass zumindest der Gratabschnitt zwischen Madfurggel und Hüenerchopf problemlos mit Skis oder Schneeschuhen begehbar ist. Zum Wannenchopf (2205 m) hingegen findet sich in den einschlägigen Quellen keine einzige Dokumentation einer Winterbegehung. Dies kommt nicht von ungefähr, ist doch die senkrechte Felsstufe, in welcher der Gipfelkopf zum Nordwestgrat abbricht, bei Eis und Schnee nicht ganz trivial. Die Umgehung der Felsstufe in der Nordflanke ist zwar möglich, erfordert aber wegen der enormen Steilheit (bis zu 45°) absolut sichere Verhältnisse.
 
So war ich mir nicht sicher, ob die Besteigung des Wannenchopfs tatsächlich gelingen würde - doch die nahezu perfekten Verhältnisse stimmten mich zuversichtlich.
 
Der Aufstieg zur Alp Matells (1697 m) erfolgt über einen breiten Karrenweg, der allerdings wegen diverser Lawinenreste und umgestürzter Bäume momentan noch etwas mühsam zu begehen ist. Markierungen oder gar Wegweiser habe ich seltsamerweise bis zur Alp Matells keine gesehen, aber man kann den Weg ja eigentlich nicht verfehlen.
 
Da mir klar war, dass in dieser südseitig ausgerichteten Route frühestens ab 1500 m ausreichend Schnee liegen würde, nahm ich wohlweislich nicht die Skis, sondern die Schneeschuhe mit. Die schwere Skitourenausrüstung 600 Hm hochzuschleppen ist nicht unbedingt mein Fall - ausserdem erwiesen sich die Schneeschuhe auch für die Gratwanderung als das geeignetere Wintersportgerät.
 
Auf einer Höhe von ca. 1500 m montierte ich dann tatsächlich die Schneeschuhe, ausreichend Schnee hätte es ab ca. 1450 m gehabt. Durch den frischen Neuschnee, der am Vortag und auch noch in der Nacht gefallen war, kam noch einmal richtiges Hochwinterfeeling auf. Sogar die Tannen (bzw. Fichten) waren ab einer Höhe von 1300 m weiss gefärbt. Dank der kalten Nacht war der Schnee sogar im Wald noch pulvrig - ein Wintermärchen im Frühjahr!
 
Die Alp Matells liegt im Winter völlig einsam da, vermutlich verirren sich nicht viele Schneesportler hierher. Ich spurte von der Alphütte direkt über die Matellsegg hinauf in die Hochebene unter dem Grat zwischen Wannenchopf undMadchopf. Trotz der starken Sonneneinstrahlung trug der Schnee ausgezeichnet. Ab einer Höhe von ca. 2000 m hatte es dann 20-30 cm leicht gesetzten Pulver, teilweise windgepresst, auf einer harten Unterlage. Die Verhältnisse erschienen mir sicher genug, um einen direkten Aufstieg zur Grathöhe unmittelbar neben (nordwestlich) des Gipfelkopfes zu wagen. Trotz der zunehmenden Steilheit (knapp 40 ° auf den letzten Metern zur Grathöhe) ging es ohne grosse Mühe (und Wühlerei). Am Gipfelkopf angelangt, sah ich für mich zunächst keine Möglichkeit, über die ca. 10 m hohe Felsstufe gefahrlos den Gipfelgrat und damit den höchsten Punkt zu erreichen. Zu Fuss erkundete ich die Bänder in der Westflanke, diese waren mir jedoch zu abschüssig - und die direkte Erkletterung der Stufe erschien mir wegen der extrem brüchigen Platten, die zudem mit Schnee und Eis überzogen waren, ebenfalls zu gefährlich. Blieb nur noch die Nordostflanke, über die ich dann dank sehr gutem Trittschnee steil (und an einer Stelle auch exponiert) den Gipfelgrat und über diesen "Mini-Bianco-Grat" den höchsten Punkt erreichte. Mit Skiern könnte übrigens (bei sicheren Verhältnissen) direkt vom Gipfel über die anfangs sehr steile, dann aber ideal geneigte und auslaufende Nord- bzw. Nordostflanke bis zur Alp Matells abgefahren werden!
 
Nachdem ich wieder zurück an meinem Schneeschuhdepot war, ging ich -mit Ausnahme des ersten, felsigen Abschnitts, den ich in der Ostflanke umging- mit den Schneeschuhen immer dem Grat entlang über die Gipfel Madchopf (2236 m) und Rundchopf (2160 m) bis zum Hüenerchopf (2172 m), wo ich zum ersten Mal während dieser Tour auf andere Tourengänger traf. Die Begehung des Grats ist unproblematisch (die Bewertung WT5 bezieht sich nur auf den kurzen Abschnitt am Wannenchopf), lediglich am Hüernerchopf traversierte ich zum Schluss unterhalb des (fast aperen) Gipfelkopfs zum Ostgrat, da ich zu faul war, die Schneeschuhe abzuziehen (ausserdem konnte ich sie so gleich auf dem Ostgrat etwas unterhalb des Gipfels deponieren). Unglaublich: Erst eine einzige Skiabfahrtsspur zierte die ansonsten völlig unberührten Hänge unter dem Hüenerchopf! Das dürfte im Hochwinter nicht allzu oft vorkommen…
 
Nach einer längeren Gipfelrast, während der ich das herrliche Wetter und das Panorama genoss, gesellte sich noch ein einzelner Skitourengänger zu mir. Der sehr nette Einheimische ersparte mir später nach dem (dank weichem, aber noch gut tragenden Firn- bzw. Sulzschnee) angenehmen Abstieg nach Vermol auch noch den langweiligen Hatsch hinunter nach Mels bzw. Sargans. Herzlichen Dank nochmals an dieser Stelle - für einmal habe ich die Fahrstrasse und den Umstand, dass man hier mit dem Auto hinauffahren darf, NICHT verflucht! :-)
 
Jetzt kann (und soll) dann der Frühling mit aller Macht kommen! Die ihrer inneren Uhr folgenden Murmeltiere irrten übrigens schon laut pfeifend umher - und wunderten sich vermutlich über die enormen Schneemengen, die da oben noch herumliegen…  

Tourengänger: marmotta


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