Hockenhorn (3293 m)


Publiziert von gero , 4. Oktober 2011 um 13:04.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Frutigland
Tour Datum:22 September 2011
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1870 m
Abstieg: 1870 m
Strecke:Selden - Gfällalp - Balm - Lötschenpaß mit Lötschenpaßhütte - Hockenhorn - zurück (17,9 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Kandersteg-Eggenschwand auf Mautstraße (10 Fr., der Automat nimmt jegliche Scheine und Münzen) durch die Chlues ins Gasterental bis Selden. Bergfahrt jeweils xx.45-xx.05 Uhr, Talfahrt jeweils xx.15-xx.35 Uhr
Kartennummer:Lk der Schweiz, Blatt 264 (Jungfrau)

Über das Hockenhorn ist ja hier schon mehrfach berichtet worden - wenngleich auch weniger über den nordseitigen Aufstieg von Selden als Tagestour. Ich darf mir erlauben, ein Mosaiksteinchen beizutragen und meine "Neu"begehung nach den üppigen Schneefällen Mitte September berichten.

Meine Zweifel beginnen mit der korrekten geografischen Zuordnung: ist das jetzt Oberwallis, Mittelwallis, Frutigland? Man findet hier alle Zuordnungen. Ich hätte das Hockenhorn dem Berner Oberland zugeordnet, aber das gibts hier ja nicht als eigenständige Region. So trage ich es mal unter "Frutigland" ein.

Los gehts um 5 Uhr bei Selden (1552 m; das Auto lasse ich auf einer Wiese oberhalb der Gasthöfe und des Bus-Wendeplatzes stehen); im Schein der Stirnlampe überquere ich, immer den Wegweisern folgend, die Kander auf schwankender Stahlseil-Hängebrücke. Danach geht es auf schmalem Waldsteig steil hinauf zur Gfällalp (1847 m; 45 Min., verschiedene Schreibweisen); zwei Jäger wollen grad auf Pirsch gehen, sie wundern sich sehr über den Bergsteiger, der ihnen da in früher Morgenstunde bereits begegnet.

Gegen 6:30 Uhr überquere ich die Wiesen von Schönbühl (2090 m); es dämmert, ich kann für den Rest des Tages die Stirnlampe einpacken. Sehr steil geht es die Talstufe hinauf zum Aussichtspunkt Balm (2406 m) am Beginn des Lötschengletschers. Zu diesem muß man auf schuttiger Moräne kurz absteigen, dann folgt die mit Stangen perfekt ausgezeichnete, harmlose Überquerung des untersten Gletscherbereichs. Spalten gibt es hier keine (deswegen ist keine Eisausrüstung nötig), dafür bedeckt jede Menge Gesteinsschutt den Trampelpfad.

Gegen 7:30 Uhr stehe ich auf der östlichen Seite des Lötschengletschers; ein großer Steinmann markiert die Stelle, an der die Seitenmoräne erreicht wird. Als nächstes gilt es, die folgende Felsstufe zu überwinden, die zum Lötschenpaß hinaufzieht. Auf immer bestens markiertem Steig, teilweise mit ein paar Fixseilen versichert, erreiche ich um 8:15 Uhr den Lötschenpaß (2690 m), auf dessen weitläufigem Gelände die gleichnamige Hütte liegt. Prächtige Aussicht an diesem Schönwettertag belohnt meine bisherigen Bemühungen; gut 3 Std. habe ich ab Selden für diese erste Etappe meiner heutigen Tour benötigt.

Nun geht es ohne Markierung weiter: der gut erkennbare Steig (eigentlich sind es zunächst mehrere Spuren, denen man folgen kann) leitet in östlicher Richtung die blockigen Hänge aufwärts. Das Hockenhorn bleibt bis auf weiteres hinter den flachen Kuppen versteckt; erst nach ca. einer Std. ab Paßhöhe wird es sichtbar. Ich stehe um 9:30 Uhr am Beginn des Neuschnees der letzten Wochen; eine Spur gibt es noch nicht wieder, ab jetzt muß ich mich also von Steinmann zu Steinmann (deren gibt es viele!) durch den mal dünnen, dann wieder mächtigeren Neuschnee kämpfen. Mal ist er hart, dann wieder weich - das kostet Zeit und Kraft!

Kurz vor 10 Uhr stehe ich vor der Frage, wie der Felszahn des Kleinen Hockenhorns nordseitig wohl am besten zu queren ist. Zunächst versuche ich es, indem ich dem Steindauben folge, die auf den Westgrat des Kleinen Horns hinaufführen. Dies erweist sich aber sehr schnell als falsch: das Schneefeld ist an seinem oberen Rand recht unzugänglich, da mit Windgangeln verbarrikadiert.

Mehr Erfolg habe ich am unteren Ende des Schneefeldes: hier gibt es ebenfalls Steinmanderln, sie leiten mich problemlos zum (Großen) Hockenhorn, meinem eigentlichen Ziel hinüber. Der Schnee wird nun zusehends härter, das Gelände steiler - ich schnalle deshalb kurzentschlossen Grödeln an. Ein weiser Entschluß - sie helfen mir bei der Erklimmung des Hockenhorns ganz erheblich. Normalerweise ist dort wohl ein recht passabler Steig über Blockwerk, aber heute kämpfe ich ob der ungünstigen Verhältnisse immer wieder mit der steilen, hartgefrorenen Schneeauflage.

Um 11 Uhr habe ich es aber dann geschafft: ich stehe auf dem Hockenhorn (3293 m) - der Gipfelaufschwung hat mich also satte 2 Std. Kampf gegen die widrigen Elemente gekostet.

Das alte Sprichwort bewahrheitet sich wieder einmal: die ersten 80% der Tour waren mit 20% des Gesamtaufwandes zu begehen, aber um die restlichen 20% des Erfolges zu erlangen, müssen die noch verbleibenden 80% des Aufwandes erbracht werden.

Das Hockenhorn beschert mir an diesem Supertag eine grandiose Aussicht ... da stehen sie alle, die Berner Größen, und jenseits des Rhonetales die Walliser Eisburgen. Auch der Mont Blanc ist im Rund der Berge vertreten - kaum vorzustellen, daß er nahezu 100 km entfernt ist. Am mächtigsten sind aber das unmittelbar gegenüber befindliche Balmhorn mit seinen beiden markanten Graten, dem Gitzi- und dem Wildelsigengrat - und das majestätische Bietschhorn, das ja von allen Seiten gleich unnahbar ist.

Nach fast 2-stündiger Gipfelrast steige ich auf gleichem Weg wieder ab nach Selden; im Gipfelbereich ist der harte Neuschnee inzwischen durch die Sonne aufgeweicht, was bekanntlich Vor- und Nachteile hat. Er läßt sich aber problemlos begehen, und ab Lötschenpaß schlendere ich entspannt zurück zum Ausgangspunkt im Gasterental.

Tourengänger: gero


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Geodaten
 7822.gpx Von Selden via Lötschenpaß aufs Hockenhorn

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Kommentare (4)


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bidi35 hat gesagt: tolle Leistung...
Gesendet am 4. Oktober 2011 um 14:30
...und tolle Fotos...Gratuliere!!

Meine Lieblingsgebiete...Gasterntal (vor allem, wenn die Frauenschüeli blühen) und natürlich Richtung Gemmi (so richtige 75+ Genuss-Wanderungen).

Und, na ja...das Hockenhorn...eine meiner Lieblings-Skitouren in jüngeren Jahren (Lauchern-Hockenhorn-Lötschenpass-Gitzifurgge-Leukerbad...und dann am 2. Tag noch den Strubel oder das Steghorn dranhängen). Tempi passati;-))) umso schöner, die tollen Fotos zu geniessen!!

LG Heinz

Mel hat gesagt:
Gesendet am 4. Oktober 2011 um 14:33
eine super tour, die auch noch auf meiner wunschliste steht. nur für mich dann wohl mit zwischenübernachtung in der lötschenpasshütte ;-)

Alpenorni hat gesagt: RE:Als wir noch klein waren...
Gesendet am 4. Oktober 2011 um 16:23
...haben wir das Ganze von Kandersteg aus gemacht, in kurzen Hosen. ;-) www.hikr.org/tour/post32016.html
Das waren Zeiten, da gab es den Lötschengletscher noch in seiner ganzen Pracht.
Und von der alten Lötschenpasshütte zum Klo musste man über mehrere Meter plattige Felsen - dereinst bei Nacht und orkanartigem Sturm war das mal die Schlüsselstelle da heroben gewesen..
Tolles Wetter hast Du gehabt, Gero - das lässt auch in mir Erinnernungen wieder aufleben.
Danke für die schönen Bilder !
Gruß
Martin


Felix hat gesagt:
Gesendet am 26. Oktober 2011 um 11:26
auch bei mir werden Erinnerungen wach - ist's doch 25 Jahre her, dass ich diese prächtige Tour unternahm - schön gemacht; hattest auch einen tollen Tag ...

Lieber Gruss

Felix


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