Blitz, Donner und Hagel - Kein Piz San Jon, aber immerhin den Piz da l'Aua ohne Aua
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Die Wetterprognose versprach für heute einzig für das Engadin keine Gewitter vor ca. 16h, sodass ich eine Piz San Jon Traverse
à la Zaza (in umgekehrter Richtung) plante. Da die erste Postautoverbindung aus dem Unterland um 10:15h in
S-Charl ankommt, hoffte ich etwa 6h Zeit zu haben, um mindestens bis zum Piz San Jon d'Immez zu gelangen und vor allfälligen Gewittern gegebenenfalls im Eilzugstempo über die Schuttrinne zwischen Dadora und Immez zur Chammana Lischana abrutschen zu können. Da sich das erste Gewitter aber schon kurz vor 13h über der Lischanagruppe entleerte, musste ich das Unterfangen kurz nach dem Piz da l'Aua eiligst abbrechen.


Bei der Ankunft in
S-Charl ist der blaue Himmel noch von keinem Wölkchen getrübt und ich bin guter Hoffnung, dass mein Plan aufgehen wird. Zügig wandere ich zur Alp Sesvenna und von dort dem blau-weiss markierten Weg zum Lajet da Lischana, wo ich ziemlich genau um 12h eintreffe. Eigentlich habe ich damit geliebäugelt auf dem Weg zu den Piz San Jons auch noch den Piz Cotschen mitzunehmen, da sich aber in der Zwischenzeit die ersten Wolken einstellen, verzichte ich auf diesen Umweg und gehe dirket zum Piz da l'Aua, welchen ich einfach über dessen Westgrat erreiche (T3).

Inzwischen hat sich der Himmel merklich verdunkelt und ein paar schwarze Wolken zieren oder besser gesagt verunstalten den noch vor weniger als 30 Minuten blauen Himmel. Diese spenden zwar etwas ungewünschten Schatten, sehen aber alles andere als harmlos aus. Ich laufe deshalb noch kurz via Fuorcla da Trigl zum P. 3035 (mit Steinmann) nur um festzustellen, dass es nun allerhöchste Zeit ist, denn die ersten Tropfen fallen und der Himmel ist nochmals dunkler geworden. Da die Chamanna Lischana der nächste wirklich sichere Ort ist, schreite ich im Eiltempo zur Fuorcla da Rims. Dort nun stehe ich mitten in einem heftigen Gewitter und suche etwas unterhalb des Passes in einer kleinen Mulde hinter einem Felsbrocken etwas Schutz, während es nur so auf mich herunterprasselt. Zum Glück deuten die Donnergrollen darauf hin, dass die Blitze nicht gerade in meiner unmittelbaren Nähe einschlagen. Nach ein paar Minuten wandelt sich der Regen in Hagel um und es wird noch ungemütlicher. Ich harre aus und bin froh, dass die Hagelkörner nicht allzu gross sind...
Nach etwa 15 Minuten ist vorerst das Schlimmste vorbei und ich wage es wieder weiterzulaufen. Ich nehme nicht den markierten Weg, sondern gehe von der Fuorcla da Rims direkt in westlicher Richtung über angenehme "absurfbare" Schutthänge zum P. 2804 und von dort dem Weg entlang Richtung Chamanna Lischana. Etwa 1km vor der Hütte (dort wo der Weg durch eine kurze Rinne führt) ist es aber wieder vorbei mit der Ruhe und die nächste Gewitterzelle beginnt sich über der Lischanagruppe zu entladen. Die Rinne in der ich mich befinde - eine Art Hohlweg - scheint mir der ideale Ort zu sein, um den nötigen Schutz vor einschlagenden Blitzen zu haben und in der Kauerstellung werde ich auch fast gar nicht nass. Es prasselt und hagelt wieder kräftig runter und der Weg verwandelt sich im Nu in einen kleinen Bach. Beim nächsten Blitz den ich sehe, zähle ich: eins - zwei- dr-Bummmmm-ei! Au weia, das ist aber nahe... Beim nächsten Blitz brauche ich dann nicht mehr zu zählen, denn der schlägt unweit von mir ein und das Donnerkrachen fährt gleichzeitig mit der Erhellung durch Mark und Bein. Ich harre aus und warte ab, Tee habe ich keinen zum Trinken...
Nach einer gefühlten Stunde (es war kurz vor 14h) ist der Spuk endlich vorbei, ich atme auf und wage es wieder weiterzugehen. Gerade als ich weiterlaufe kommt hinter mir eine Gruppe deutscher Berggänger angebraust, die wohl wenig oberhalb von mir Schutz gesucht hatten. Ich frage schnell, ob alles OK sei und nach dem "Ja" rausche ich weiter gen Chamanna Lischana. Da sich das Wetter nun offensichtlich merklich beruhigt hat, mache ich dort keinen Halt, sondern eile alles andere als knieschonend dirket weiter entlang dem markierten Wanderweg (immer wieder abkürzend) ins Tal. Es kommen mir etliche pudelnasse Wandernde entgegen, welche auf dem Weg zur Chamanna Lischana sind.
In San Jon verpasse ich kanpp den 15:04h Bus nach Scuol und setze mich deshalb auf die aussichtreiche Bank bei P. 1370, verpfelge mich ein wenig, lass meinen Puls etwas abklingen und tausche meine Bergschuhe gegen die mitgebrachten Tevas aus, bevor ich den Rest des Weges nach Scuol unter die Füsse nehme. Dort angekommen brauen sich wieder sehr dunkle Wolken zusammen und kurz darauf schüttet es wieder erbarmungslos vom Himmel - was mich hier nun aber nicht mehr allzu gross bekümmert. Da mir noch reichlich Zeit bis zum nächsten Zug nach Landquart verbleibt, kaufe ich in einer Bäckerei ein paar "Tuorta da Nuschs" für die Daheimgebliebenen ein und laufe darauf gemütlich zum Bahnhof.
Fazit:
- Es ist immer wieder sehr eindrücklich und gleichzeitig beängstigend, wie schnell einem ein Wetterumsturz in den Bergen erwischen kann.
- Wenn weder Hütte noch Wald in Reichweite sind, ist es nicht ganz simpel die Ruhe zu bewahren, eine Mulde oder einen Hohlweg zu finden und dort in kauernder Stellung auszuharren.
- Piz San Jons ich komme wieder, das nächste Mal hoffentlich bei einer etwas stabileren Wetterlage
PS: Zu Hause habe ich mir übrigens den Meteocentrale-Zeitraffer Wetterradar noch etwas zu Gemüte geführt und musste feststellen, dass sich wohl die Gewitterzelle tatsächlich gerade um die Lischanagruppe herum aufgebaut und entladen hat. Das Oberengadin wurde wohl erst so gegen 16h (wie prognostiziert) von den Gewittern und Niederschlägen heimgesucht.
Tourengänger:
360

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