Trift-Eisbruch und Trifthütte (2520 m)


Publiziert von morphine , 20. Juni 2011 um 20:00.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:30 Juni 2006
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Strecke:Schwendi - Bosslis Stein - Triftbrücke - Trifthütte- Eisbruch
Unterkunftmöglichkeiten:Windegghütte SAC, Trifthütt SAC
Kartennummer:1210 Innertkirchen, 1230 Guttannen

Schon ne Weile her. 1993 war ich das erste mal auf der Trifthütte. Vor allem wegen der neuen Triftbrücke und dem großen Eisbruch unter der Trifthütte stand im Sommer 2006 eine Wiederholung an.


Aufstieg zur Hütte

Eine wirklich lange, anstrengende typische Westalpen-Hüttentour ohne Auftsiegshilfen über die Gletscherzunge des Triftgletschers hatte ich in Erinnerung. Nun konnte man mit der Triftbahn fahren und  später durch die neue Hängebrücke auch noch ein paar Höhenmeter beim Weiterweg zur Hütte sparen.

Ich entschied mich jedoch, die Hütte, wie "Damals" von Schwendi aus zu Fuß anzugehen. Allerdings führte der ausgeschilderte Weg diesemal nicht über eine Schlucht und dann über die westliche, sondern direkt über die östliche Talseite nach oben zur Bergstation der Triftbahn. Hinter der Station ging es weiter bis zum "Bosslis Stein". Hier hatte ich nun mehrere Möglichkeiten.

-Weiterweg zur Windegghütte
-Rundweg über Windegg und Windegghütte
-Direktauftstieg zur Trifthütte über die Hängebrücke

Ich wählte letztere Route und gelangte so zur Hängebrücke.

Der Ausblick von dort zeigte, dass sich die Gletscherlandschaft seit 1993 stark verändert hatte. Der Abstieg über Leitern von der Windegg auf die Gletscherzunge war Vergangenheit. Statt dessen führte jetzt etwas weiter westlich die spektakuläre Hängebrücke gut 60 m über die Schlucht des Gletscher(see) abflusses auf den östlichen Talhang. Weiter hinten über dem Gletschersee der mittlerweile deutlich zusammengeschrumpfte Eisbruch des Triftgletschers. Östlich des Eisbruches stürzten über steile Felsen gewaltige Schmelzwasserbäche als Wasserfälle parallel zum Eis hinab in den See.

Nach der Brücke war der weitere Weg den Talhang hinauf Richtung Hütte als Alpinsteig blau-weiss markiert. Vor allem im unteren Teil war er  ziemlich erdig und immer wieder nach außen geneigt.  Er war irgendwie nicht schwierig aber unangenehm hochzusteigen. Ich hatte den Eindruck, dass die Wegtrasse noch relativ frisch angelegt war. Weiter oben musste noch ein Bach überquert werden. Hier lag lediglich ein schmales recht wackeliges Brett über das ich hinüberbalancierte.  Dann endlich die Hütte.  Der Weg war halt seit meinem ersten Besuch der Trifthütte nicht wirklich kürzer geworden.

Ich war der einzige Gast hier oben. Das sei auf der Trifthütte aber nichts besonderes wie mir die nette Hüttenwirtin versicherte. Später landete noch ein Helikopter und es ergab sich für mich die Möglichkeit mit ins Tal zurückzufliegen. Nicht das ich unter Flugangst litt oder etwas gegen eine Aussicht aus der Vogelperspektive gehabt hätte, aber für die zweite Hälfte meiner Tour stand etwas Anderes auf dem Programm.

Bei meinem ersten Besuch 1993 hab´ ich auf der Hütte übernachtet. Abends auf der Hütte erzählte ein Gast davon, dass er vom Weg zum Gletscher abgestiegen sei, um die Dimensionen des Eisbruchs mal aus der Nähe zu erfahren. Ich ärgerte mich bis heute, dass ich ihm damals nicht nachgeeifert bin. Aber seinerzeit bin ich lieber im resepektvollen Abstand zu den riesigen Spalten und Eistürmen über den Normalweg abgestiegen.

Heute wollte ich das Versäumte nachholen. Der Bruch ist zwar nicht mehr so gigantisch aber immer noch spektakulär.


Abstieg zum Eisbruch

Ich verfolgte zunächst den Hüttenweg ein Stück zurück in Richtung Tal und bin dann über relativ einfaches Gras-, Schnee-, Geröllgelände und Felsen direkt zum Eisbruch abgestiegen. Hier waren  Messinstrumente (lt. Hüttenwirtin der ETH-Zürich) installiert, die der Beobachtung (Überwachung) des Gletschers dienen. Vermutlich so eine Art Frühwarnsystem.

Die landschaftlichen Eindrücke lassen sich nur schwer in Worte fassen. Es ist nicht gerade ein besonders beschaulicher Platz, sondern eine echt wilde Gegend. Da waren natürlich zunächst mal die bizarren Eismassen direkt  vor meiner Nase. Dann schoss genau an dieser Stelle vor meinen Augen das Schmelzwasser auf dem Gletscher und stürzte mit ohrenbetäubendem Lärm hinunter Richtung See. Eis und Wasser sorgten für einen derartig kalten Wind, dass ich mir erst mal meine Jacke überziehen musste. Aber nicht nur die Kälte, sondern auch das aufkommende Gefühl, dass ich hier eigentlich nichts verloren hatte, ließen mich frösteln. Ich bin daher schon bald wieder die Felsen hinaufgestiegen und sozusagen wieder auf Sicherheitsabstand gegangen. Die  Felsen  selbst  waren nicht wirklich schwierig zu begehen (höchstens I). Danach bin ich wieder die Hänge rauf zum Hüttenweg.


Abstiegsvariante ins Tal 

Später beim Abstieg bereits hinter dem "Bosslis Stein" habe ich mich dann spontan für die alte Route auf der linken (westlichen Talsteite) entschieden, obwohl der alte Weg offensichtlich nicht mehr unterhalten wurde und auch nicht mehr ausgeschildert war. Ob sich das mittlerweile wieder geändert hat weiß ich nicht.
 
Als erstes musste ich den Bach, der vom Tobigergletscher unterm Mährenhorn herunter kommt, überqueren. Hier lag nur ein schmales Brett. Es war von der Gischt nass und daher glatt wie Eis. Ich bin deshalb vorsichtshalber auf die andere Seite hinübergekrochen, da ich keine Lust hatte, mich ins felsige Bachbett zu verabschieden.

Im weiteren Verlauf schlängelte sich die alte Wegspur -teilweise vollkommen von der üppigen sommerlichen Vegetation überwuchert- herrlich wildromatisch hoch über dem vom Triftwasser durchflossenen schluchtartigen Tal.

Hinter Waldboden (P. 1366) musste die alte Wegtrasse teilweise schon als Bachbett herhalten. Es galt mehrfach umgestürzte Bäume zu überkraxeln bei nach wie vor fast schon undurchdringlich wirkender Vegetation. Die alte Spur tauchte aber immer wieder auf. Außerdem waren hie und da noch ein paar verblasste Markierungen zu sehen, was echt hilfreich war.

Der ganze "Weg" verströmte in seinem halbverfallenen zugewachsenen Zustand einen echt  morbiden Charme. Verstärkt wurde dieser Eindruck durch das Gefühl der totalen Einsamkeit/Abgeschiedenheit bei außerdem einsetzender Abenddämmerung. Herrlich!!!

Bei Inner Erggeli traf ich auf offenes Gelände und gelangte zu den Gebäuden bei P. 1223. Danach ging es rechter Hand hinunter in den Wald, wo der Weg wieder unschwierig zu erkennen war. Ganz unten im Wald  überquerte ich dann noch die tiefe Schlucht des Triftwassers und gelangte so wieder auf den breiten Weg, der nach Schwendi zurückführte.


Tor für Deutschland

Wieder zurück am Parkplatz in Schwendi setzte ich mich sofort ins Auto, stellte das Radio an und hörte, wie auf Radio DRS verkündet wurde, dass Deutschland soeben das Viertelfinale gegen Argentinien im Elfmeterschießen gewonnen hatte. Ein rundum perfekter Tag fand sein würdiges Ende.
 

Fazit:

Lange anstrengende Tour, die mit vielen landschaftlichen Highlights entschädigt (Hängebrücke, Eisbruch, "Alpiner Urwald").

Die "Besichtigung" des Eisbruchs aus nächster Nähe sowie das Begehen von offensichtlich geschlossenen/aufgegebenen Wegen stellen selbstverständlich zusätzliche Risiken dar, bei denen selbstverantwortlich entschieden werden muss, ob man bereit ist diese einzugehen.

Tourengänger: morphine


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Kommentare (2)


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petitNic hat gesagt: Wunderschöne Bilder
Gesendet am 21. Juni 2011 um 09:09
Schön dass noch analog fotografiert wird!

morphine hat gesagt: RE:Wunderschöne Bilder
Gesendet am 22. Juni 2011 um 13:37
Danke!
Allerdings habe auch ich seit letztem Jahr die analoge durch eine digitale Kamera ersetzt.

Gruß
morphine


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