Trift- und Rhonegletscher


Publiziert von amphibol , 23. August 2011 um 01:58.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:21 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS   Wasserscheide   Kantonsgrenze 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1750 m
Abstieg: 900 m
Strecke:Bushaltestelle Triftbahn - Trifthütte - Undri Triftlimmi - Rhonegletscher - Furka Belvédère
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Via ÖV von Bern/Thun nach Interlaken Ost / Umsteigen nach Meiringen, Postauto nach Gadmen (cff logo Nessental, Triftbahn aussteigen) - Triftbahn (8er Gondel).
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Zug durchs Goms bis Realp, UR und von da an Postauto Richtung Furkapass (Aussteigen beim Hotel Belvédère, VS)
Unterkunftmöglichkeiten:Trifthütte SAC (http://www.trifthuette.ch/) / Windegghütte SAC (http://www.windegghuette.ch/index.html)
Kartennummer:255 Sustenpass

Eine wunderbare Überquerung zweier imposanter Gletscher in einer überaus faszinierenden Gebirgswelt

Tag 1 (Samstag 20.08.2011)
Am Samstag früh am Morgen machten wir uns voller Vorfreude auf das langersehnte Wochenende mit dem 07-Uhr Zug auf den Weg von Thun nach Meiringen. Dort kauften wir uns einen Kaffee im 'Avec' und begaben uns aufs Postauto via Innertkirchen nach Gadmen. Um ca. 09.25 mit etwas Verspätung kamen wir bei der Haltestelle cff logo Nessental, Triftbahn an. Dort trafen wir unseren Bergführer "Resu" der uns herzlich mit reservierten Zeitkarten in Empfang nahm. Dies war auch bitternötig. Wir stellten fest, dass das Angebot der Gondelbahn KWO (Kraftwerke Oberhasli AG) an einem schönen Sommerwochenendstag der Nachfrage kaum stand zu halten vermag. Es herrschte generelle Wartezeit bis zu mehr als einer Stunde. Dadurch dass der Bergführer eine Stunde vor uns am Standort war, wurde ein direkter Umstieg auf die Gondelbahn allerdings begünstigt. Die Gondelbahn transportiert acht Personen pro Gondel, obwohl auch zehn bis zwölf durchaus Platz hätten... :-) Die Gondelbahn wurde früher von der KWO für den Unterhalt der Kraftwerke (bestehend aus grossen Tunnel-Wasser-Transport Systemen) gebaut und verwendet. Heute wird sie hauptsächlich für den Tourismus eingesetzt. Insbesondere die Triftbrücke ist ein beliebtes touristisches Ziel geworden.

Wir fuhren mit der Gondel ca. 10 Minuten hoch übers Trifttal und kamen an der Bergstation "Underi Trift" an. Da verteilten wir noch die Materialien, Seile, Steigeisen und Klettergurte und machten eine vorläufig letzte WC-Pause.

Schwer bepackt machten wir uns auf den Weg durchs idyllische Bergtal Richtung Triftbrücke. Auf dem Weg ist uns aufgefallen, dass sich die Geologie im Vergleich zu den sonst üblichen Gebieten, wo wir bisher unterwegs waren (Simmental, Diemtigtal, Frutigland) stark unterscheidet. Wir sind einerseits in einem stark glazial geprägten Gebiet unterwegs wo das blanke Muttergestein in der Form eines sehr schönen Gletscherschliffs zu Tage kommt. Andererseits handelt es sich mehrheitlich nicht um sedimentäre Ablagerungen wie in grossen Teilen der westlichen Berner Alpen sondern um "primäre" Gesteinsbilder wie Granite (sehr dominant), Serpentine, teilweise auch Marmor, vulkanische Gesteine und auch metamorphe Steine wie Gneise. Erstere wie Granite gehen unter die Gruppe der Plutonite (Tiefengesteine: Untergruppe der Magmatite), das heisst die einzelnen Minerale wie Feldspat, Plagioklas, Quarz und Biotit (dunkler Glimmerschiefer) sind direkt magmatisch ausgebildet und über Jahrtausende "gewachsen". Der Granit in dieser Region ist dadurch leicht speziell, so dass der Feldspat eine leicht bis mittel grüne Farbe aufweist. In diesem Gebiet sind dadurch auch viele reine Quarze zu finden wie auch viele Gesteine die Serpentin-haltig sind. Diese leuchten in unverwechselbarem dunkel-grün und wirken bei genauer Betrachtung etwas seifig (metamorph). Nun ist genug mit Geologie! ;-)

Ca. 1h und 15 Minuten nach der Underen Trift gelangten wir zu einer, wenn nicht der grössten, Fussgänger-Hängeseilbrücken des Alpenraums, der Triftbrücke. Die Triftbrücke quert die Schlucht woraus sich der Gletschersee ("Triftsee") entwässert, über 100m oberhalb des Wasserspiegels und führt auf einem engen Steg entlang 170m über die Schlucht. Die Brücke setzt sich aus 7500 kg Stahl, 5 Kilometer Stahlseilen, 6500 Schrauben und 350 Lärchenholzbalken zusammen. Ein eindrückliches Konstrukt! Die ursprüngliche Triftbrücke wurde im Jahre 2004 im Rahmen eines vergleichsweise kleineren Projekts gebaut. Der Bau erfolgte auf Grund der "Problematik", dass der Gletscher in den letzten 20 Jahren sehr stark abschmolz und ein grosser Teil der Gletscherzunge abbrach. Danach war der Zugang zur Trifthütte und somit auf den Triftgletscher nicht mehr ohne Weiteres gewährleistet. Der Weg führte früher an der Westseite des heutigen Gletschersees entlang, danach überquerte man den Gletscher in Richtung Osten um so über Stock und Stein zur Hütte zu gelangen. Die Brücke wurden durch das gegen unten enger werdenden Tal stark durch die teilweise wütenden Bergwinde (bsp. Föhnstürme) immer wieder "malträtiert" bis sie schlussendlich unpassabel wurde. 2009 wurde die neue, stabilere Brücke gebaut und fertig gestellt.

Wir liefen über die Brücke und verliessen den Wanderweg, begaben uns auf den weiss-blau-weiss markierten alpinen Bergweg. Dieser ist teilweise mit Leitern bestückt, manchmal muss man wilde Bergbäche passieren. Im Grossen und Ganzen ist der Weg aber ganz ok und führte uns an der Ostseite des Triftgletschers schnell über die linke Talflanke zur Trifthütte. Unterhalb der Trifthütte gibt es einzeln mit Ketten gesicherte Passagen, diese sind aber ohne Weiteres marschierbar. Dadurch sind wir gegen 16.00Uhr in der Trifthütte und erfreuen uns auf den herzlichen Empfang mit einem Glas Tee für alle bei wunderbarem Sonnenschein und sehr warmen Temperaturen. Die Hütte ist gut besetzt, die meisten Besucher sind Hüttenwanderer, die die Nacht dort verbringen und am kommenden Tag (Sonntag) wohl wieder absteigen. Wir geniessen noch ein Bier am schmächtigen Granittisch vor der Hütte und bewundern die Aussicht auf die wahnsinnige Bergsicht und den Gletscher. Um halb sechs gab‘s Nachtessen und wir besprachen den folgenden Tag beim guten Dessert.

Fazit: 03:45 Tagwach, 04:00 Morgenessen, 04:45 Bereitschaft zum Abmarsch. Damit war der Abendplan mit einer frühzeitigen Bekanntschaft mit dem Kopfkissen gesegnet. ;-)

Tag 2 (Sonntag, 21.08.2011)
Wie besagt, waren wir in finsterster Dunkelheit um 05.00Uhr Richtung Gletscher runter abgelaufen, alle mit Stirnlampe am Kopf und bis auf zwei andere Seilschaften aus der Romandie weit und breit alleine unterwegs. Ca. 20 Minuten später ging's daran die Steigeisen zu montieren, anseilen und schon waren wir (9 Personen à zwei Seilschaften) auf dem Gletscher unterwegs. Der Mond teilte sich an diesem frühen Montagmorgen exakt in zwei Hälften, dadurch war neben den Scheinen der Stirnlampen auch etwas Schein von oben existent. Wir kamen sehr gut vorwärts, der Gletscher ist unten total aper und die Route ist mehrheitlich gut durchschaubar. Unser Ziel war es, um ca. 08.30 auf der Wasserscheide anzukommen. Wasserscheide deswegen, weil die Undri Triftlimi (3081m ü.M.), eine Lücke ist wo sich der Übergang vom Trift- zum Rhonegletscher befindet. Das gesamte Wasser, dass der Rhonegletscher entwässert gelangt in die Rhone und somit ins Mittelmeer und Richtung Norden, also trifgletscherseitig entwässert der Gletscher in die Aare und somit in den Rhein und damit in die Nordsee. Die alpine Wasserscheide ist eine interessante Grenze, die sich durch die gesamten Alpen einzeichnen lässt, im Sinne der Entwässerung (Mittelmeer / Nordsee) klar differenziert. Grössere Flusssysteme im Norden sind Rhein und Donau (Nordsee), im Süden widerspiegeln dies die Rhone (Mittelmeer, Golf du Lyon) und der Po (Mittelmeer, Adria). Dies ist u.a. in Werner Bätzings Buch "Die Alpen" sehr schön illustriert.

Die Gletscherlandschaft ist durch viele Gletscherspalten gekennzeichnet, zugleich ist allerdings auch in den meisten Gebieten ein annähernd spaltenloses Aufsteigen durchaus gegeben. In den links- und rechtsseitigen Flanken gleiten Seitengletscher auf den Triftgletscher rein, die oft schöne Séracs an den Abbruchkanten zum Vorschein bringen. Um ca. 08.10Uhr erreichten wir die Wasserscheide (Undri Triftlimi) in herrlichem Sonnenschein und erhaschten erste Blicke auf den riesig wirkenden Rhonegletscher und die umliegenden Berge. Auf der Ostseite in ca. einer halben Stunde zu erreichen steht der Limistock (3189m ü.M.), dahinter die Wysse Nollen (3398m ü.M.), auf der Westseite der Tieralplistock (3382m ü.M.), etwas südöstlich der Dammastock (3630m ü.M.), und überragend, etwas weiter südlich der Galenstock (3586m ü.M., ist sicher mal eine Tour wert!! ;-)). Auf der Undri Triftlimi gönnen wir uns eine viertel Stunde Pause und geniessen die milderen Temperaturen mit weniger starkem Bergwind als beim Aufstieg. Eine wunderbare, nicht in Worten zu fassende Zufriedenheit erfüllt uns alle.....
:-)

Danach stiegen wir ab auf den Rhonegletscher und haben noch rund 8Km Gletscherübergang vor uns. Die Beine sind schon leicht spürbar, doch das Erlebnis und die vielen natürlichen Begegnungen lassen die Müdigkeit und die kleinen Wehwehchen vergessen. Wir überqueren den Gletscher in Richtung Galenstock und wechseln auf die Westseite des Rhonegletschers und stiegen kontinuierlich ab. Viele Gletschertische, bedeckt mit Granitsteinen und weiter unten viele Gletscheraugen mit hellblau gefärbtem Wasser begegnen uns. Auf der Westseite ab der Höhe des Gross Furkahorns sieht man sehr eindrücklich den fossilen "Gletscherpegel" der letzten Eiszeit um 1850. Die Schlifflinie ist grob geschätzt 80-100m höher als die rezente Gletscherhöhe.

Um etwas nach 13.00 Uhr erreichten wir die mit weissen Tüchern belegte Eisgrotte und verabschiedeten uns mit einem letzten Rückblick auf den Rhonegletscher und auf den nun entstehenden Gletschersee von der wunderbaren Tour, die eigentlich nie enden sollte.. :-) Bei mittlerweilen überaus hohen Temperaturen gönnen wir uns auf dem Parkplatz vis-à-vis des Hotels Belvédère unter zwei Sonnenschirmen einen wohlverdienten Kaffee und warten das Postauto nach Realp ab (eine der spärlichst frequentierten Linien mit der ich bisher Bekanntschaft machte), wo wir gerne den Zug, der um 14:50 fährt erwischen wollten. Leider wollten nicht nur wir aufs Postauto, sondern ca. 100 weitere, zusätzliche Personen. Das Postauto gleichte einem indischen Zug von Dehli nach Mumbai, mutmasslicherweise roch es etwa auch gleich, zwar nicht nach Curry und 30 weiteren Gewürzen, sondern nach Schweiss, Weisswein, Hunden usf. ;-)

Angekommen in Realp verpassten wir den Zug nach Brig, doch dies trübte unsere Stimmung nicht....


Fazit: Eine Tour in einer absolut faszinierenden, anderen Welt, die in uns nicht zu beschreibende Gefühle, "Rückenwind" und Freude auf nächste Touren auslöste, die wir sicher durchführen werden. Es ist immer wieder ermutigend, wenn man den Alltag so gut und ohne Nebenwirkungen verlassen kann, um mit viel Frische und der besagten Vorfreude wieder zurück in der Zivilisation seinen Gang nehmen kann!

Ps. Die Route auf der Karte ist manuell eingezeichnet, ist mE relativ nahe am Weg den wir begangen sind.

Tourengänger: amphibol, berggiis


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Kommentare (5)


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Gelöschter Kommentar

amphibol hat gesagt: RE:Grosses Kompliment...
Gesendet am 24. August 2011 um 10:45
Guten Tag Renaiolo,
vielen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich, wenn unser Bericht dir für eine allfällige Tour behilflich ist!

Viele Grüsse und häbets guet! :-)
amphibol

Henrik hat gesagt: Hesch e Froog zem-e-ne
Gesendet am 24. August 2011 um 11:25
Bliemli....e Hikr. waiss es.. hesch e Froog zem Undergrund oder waisch nit worum dä Bärg so gwundrig gfalte isch...e Hikr. git dr e Tipp...wotsch es gnaier wisse ...wirdsch kompetent berotet...

> Feldspat, Plagioklas, Quarz und Biotit

Dangerscheen

silberquäki

amphibol hat gesagt: RE:Hesch e Froog zem-e-ne
Gesendet am 24. August 2011 um 22:27
Kennst du den: "Feldspat, Quarz und Glimmer, die drei vergess ich nimmer". Damit ist der Quarz mit einer Eselsbrücke definiert. Beim Plagioklas handelt es sich eigentlich auch um einen Feldspat, was (meistens) den weissen Bestandteil des Granites ausmacht. Der farbige Mineralanteil (selten blau, rot und grün) ist der Orthoklas-Feldspat.

Aber mit der Flora hab ich's leider nicht so, entdecke meist nur die üblichen wie z.B. die Silbermänteli (soll übrigens gegen Durchfall Abhilfe verschaffen!) ;-)

amphibol hat gesagt: RE:Hesch e Froog zem-e-ne
Gesendet am 26. September 2012 um 11:22
der Granit definiert..


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