Ungeplant (fast) auf den Lüener Grat (2455 m)


Publiziert von marmotta , 17. Januar 2011 um 23:28. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Schanfigg
Tour Datum:16 Januar 2011
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT4 - Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:cff logo Lüen-Castiel - Galgenbüel - Arsass - Alp Lafet - Siliadür - P. 2074 - P. 2258 - Schafläger (Lüener Grat) - Schafbleis - Lafet - Galgenbüel - cff logo Lüen-Castiel
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Lüen-Castiel
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Lüen-Castiel
Kartennummer:LK 1196/248 S

Die zwischen Chur und dem Durannapass in West-Ost-Richtung verlaufende Bergkette weist neben dem namensgebenden Hochwang (2532 m) eine Reihe von ähnlich hohen Gipfeln auf, deren jeweilige Kulminationen kaum 200 Meter höher liegen als die jeweils benachbarte Depression – ideal für eine grosszügige Gratüberschreitung. Doch auch für sich allein betrachtet, stellen die Gipfel interessante Tourenziele dar, wobei die meisten auch im Winter mit Tourenski oder Schneeschuhen besucht werden.
 
Aus dem Schanfigg bauen sich die Gipfel über einer sonnendurchfluteten Alpterrasse auf ca. 1800 m auf, die von verschiedenen Orten über gut begehbare Alpstrassen erreicht werden kann. Typisch für die Gegend sind die teils hoch gelegenen Maiensäss-Siedlungen mit den einst von Walsern errichteten, von der Sonne schwarzverbrannten Holzhäusern.
 
Erstaunlicherweise hatte ich das Gebiet bislang nur sporadisch besucht, eine Tour auf mindestens einen der Gipfel zwischen Montalin und Hochwang war längst überfällig. Und nachdem Pfaelzer für diesen Sonntag nach Tourenpartnern Ausschau hielt, ergriff ich die Gelegenheit und schlug eine gemeinsame Tour auf den Montalin (2266 m) vor. Herausgekommen ist etwas völlig Anderes, den sonnigen und aussergewöhnlich warmen Tag und die herrliche Aussicht haben wir dennoch sehr genossen…
 
Nachdem ich meinen Tourenpartner am Bahnhof Chur getroffen hatte, war nach einer kurzen Lagebesprechung klar, dass wir den Montalin nicht direkt von Chur via Mittenberg - Fürhörnli angehen würden, da es sich hierbei doch eher um eine reine Sommerroute handelte und wir –trotz der ungewöhnlich milden Temperaturen und dem wenigen Schnee- doch immer noch (Hoch-)Winter haben. Also von Süden, von Calfreisen, bzw. der besseren öV-Anbindung wegen, von cff logo Lüen-Castiel! Ich erwartete dort Sulzschnee-Verhältnisse wie im Frühling und fragte mich angesichts weit und breit grüner Alpwiesen, ob und ggfs. ab wann denn überhaupt die Schneeschuhe zum Einsatz kämen.
 
Von der Station Lüen-Castiel (938 m) der Rhätischen Bahn aus gestartet, schlugen wir aus unerfindlichen Gründen bereits im kleinen Dörflein Lüen die falsche Route ein: Anstatt über Castiel nach Calfreisen zu laufen, um von dort den Aufstieg über die Alpstraße zur "Platte" und dem Südgrat des Gromser Chopfs zu beginnen, querten wir nach 20-minütigem Aufstieg auf einer Forststraße bei Galgenbüel (P. 1218) die Verbindungsstraße zwischen Pagig und Castiel. Da wir beide keine Lust verspürten, nun alles der Fahrstrasse zurück nach Castiel zu laufen, disponierten wir kurzerhand um und erklärten die Alp Lafet (1856 m) zu unserem neuen (Zwischen-)Ziel. Von dort könne man ja dann sehen, welche Gipfelziele zeitlich und konditionell sowie von den Verhältnissen her noch drinliegen würden.
 
Der Aufstieg erfolgte auf weitgehend schneefreiem Terrain abwechselnd über Alpweiden und der Alpstrasse, bis wir auf ca. 1500 m auf eine durchgehende Schneedecke stiessen. Für uns war dies noch kein Grund, die Schneeschuhe zu montieren, lief es sich doch auf der harten Schneedecke und später in einer alten (Schneeschuh-)Spur bestens mit den Bergschuhen. Erst auf einer Höhe von ca. 1750 m schnallten wir uns die "Fussvergrösserungen" an und stiegen –die schneebedeckte Alpstrasse in direkter Linie abkürzend- zum kleinen Mikrogipfelchen Arsass (1924 m) auf. Dessen Besteigung hatten wir eigentlich gar nicht geplant, da wir aber im Aufstieg zur Alp Lafet zum Schluss etwas zu weit nach Westen abgedriftet waren, liess sich der "Gipfel"erfolg fast nicht vermeiden.;-) Der Aussicht wegen lohnt ein Besuch der bis zuoberst mit Fichten bestockten Kuppe kaum, nur notorische Gipfelsammler werden diesen Hügel gezielt aufsuchen…
 
Nach kurzem Abstieg nahmen wir an den einladenden Holzütten von Lafet (eine der eingangs erwähnten Maiensäss-Siedlungen der Walser) in der Sonne unser Zmittag ein. An der geschützten Holzwand war es allerdings so heiss, dass ich es nicht lange aushielt und mich nach Möglichkeiten umsah, meinen anhaltenden Tatendrang auszuleben.
 
Direkt oberhalb der Holzhütten von Lafet baut sich ein ausgeprägter Sporn bzw. Grat auf, der oben in den Gipfelkamm mündet, welcher seine Kulmination in P. 2455 findet, dem Gipfelpunkt des Lüener Grats. Der auf der LK so bezeichnete Grat zieht sich von eben diesem P. 2455 nach Südosten. Er fällt nach Westen schroff ab, während er nach Osten hin wenig ausgeprägt ist. Ein besonders markanter Gipfel ist es freilich nicht, findet sich doch im Verlauf des Hauptgrats nur wenige Meter weiter östlich mit dem Tüfelsch Chopf (2480 m) noch ein höherer Punkt.
 
Zwischen dem von mir angesteuerten Grat und dem sog. Lüener Grat befindet sich eine oben und unten ziemlich, in der Mitte wenig steile Mulde, die Schafbleis. Die Mulde war im unteren Bereich von zahlreichen Lawinenkegel vergangener Gleitschneerutsche bzw. Nassschneelawinen geziert. Gut, hatten sich die sehr steilen Flanken, welche die Mulde auf beiden Seiten begrenzen, bereits entladen. Ein Aufstieg durch den offensichtlich bis auf den Grund durchfeuchteten Nasschnee erschien mir dennoch in der brütenden Nachmittagssonne nicht ratsam. Er wäre auch viel zu mühsam und zeitaufwändig gewesen. Also stiegen wir zunächst bis zum markanten, teils felsigen, teils mit kleinen Bäumchen bestockten Grataufschwung unterhalb P. 2074 (Siliadür). Die beträchtliche Steilheit (ca. 45 ° auf 30 Hm) zwang mich bald, die Schneeschuhe aufzubinden und zu Fuss die teils apere Stufe hinaufzukraxeln. Pfaelzer liess es hier für diesen Tag gut sein mit dem Aufsteigen und wanderte gemütlich zurück zum Maisäss für eine kleine Siesta. Ich mühte mich mehr schlecht als recht die Stufe hinauf (T4), die wenigen Griffmöglichkeiten, die mir verzeinzelte Bäumchen boten, nahm ich dankbar an. Oben kurz durchgeschnauft, bevor es (zu Fuss) auf dem teils recht scharfen Schneegrätchen bis zur nächsten felsigen Stufe unterhalb P. 2258 geht. Dieser Grataufschwung bietet alles, was der Alpinwanderer liebt - nur nicht im Winter: die Ausgesetzheit (vor allem nach Westen) verzeiht keinen Ausrutscher! Ab P. 2258 wieder durchgehend mit Schneeschuhen in herrlicher Gratwanderung (Vorsicht vor Wächten!) bis auf einen kleinen Absatz unmittelbar unterhalb des Gipfelgrats, wo sich "mein" Grätchen verliert. Leider ist die Zeit inzwischen (zu) weit vorangeschritten: es ist 13.45 Uhr und da ich mit Pfaelzer abgemacht hatte, um 14.00 Uhr den Rückweg von Lafet aus anzutreten, um noch den Zug um 15.25 Uhr zu erwischen, kehre ich knapp 60 Hm unterhalb des Gipfelkamms, der hier bei P. 2429 erreicht wird, um. Na ja, soo spektakulär wär der eigentliche Gipfel (P. 2455) des Lüener Grats dann sicher auch nicht gewesen. Den spar ich mir für eine Überschreitung der gesamten Kette im Sommer auf. Schon wieder ein neues Projekt…
 
Im Expresstempo steige ich via die Mulde (Schafbleis) hinab und erreiche, ab P. 2100 (Gadrälla) leicht rechts (W) haltend, kurz nach 14.00 Uhr wieder die Maisäss-Siedlung. Im oberen Teil war die Schneedecke unter einer oberflächlichen Nassschneeschicht stabil, so dass sich das Einsinken in Grenzen hielt. Zwischen 2100 m und 1900 m war´s dann katastrophal: Immer wieder breche ich im komplett durchfeuchteten Schnee bis zum Grund durch. Kein Wunder, sind hier die ganzen Nassschneelawinen abgegangen!
 
In einigermassen gutem Firn/Sulz (der Frühling lässt grüssen) ging´s dann von Lafet zügig in mehr oder weniger direkter Linie hinunter, bis wir auf einer Höhe von ca. 1600 m wieder auf die Alpstraße trafen und die Schneeschuhe für diesen Tag endgültig versorgen konnten.
 
Dank Pacemaker Pfaelzer haben wir in cff logo Lüen-Castiel den Zug um 15.25 Uhr tatsächlich erwischt. Just in time.
 
      

Tourengänger: marmotta, Pfaelzer


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WT4
16 Jan 11
Ein Traumtag im Schanfigg · Pfaelzer

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