Bös Fulen 2802m - Ueberschreitung bei viel Schnee


Publiziert von Linard03 , 25. Juni 2010 um 19:24.

Region: Welt » Schweiz » Schwyz
Tour Datum:24 Juni 2010
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   CH-SZ   Glärnischgruppe 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 1240 m
Strecke:Gumen - Bös Fulen - Gumen - Grotzenbühl
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit dem Auto/Zug bis Linthal, dann mit Standseilbahn nach Braunwald, anschliessend mit Sesselbahn auf den Gumen

Eigentlich war ja vor 2 Wochen eine "Einsteiger-Hochtour" geplant, die dann leider dem Wetter zum Opfer fiel. Der Bös Fulen war dann schon länger geplant; nur war es nicht meine Absicht, mit dem Bös Fulen die Saison zu eröffnen.
Diese Ueberschreitungs-Tour ist (zumindest nach meinem Empfinden) überhaupt keine Einsteiger-Tour! Wo Geübte wohl von "Plaisir-Klettern" oder "reinstem Klettergenuss" sprechen würden, war diese Tour für mich höchst anspruchsvoll und bislang (zumindest technisch) die grösste Herausforderung.

Ob mir der Bös Fulen gut gesinnt sein wird?

Von Anfang an war für mich klar, dass ich diese Tour nur mit Bergführer machen werde. Dies hatte heute u.a. auch noch den Vorteil, dass die Gumen-Bahn für unsere Gruppe in Betrieb genommen wurde, obwohl ja die Saison erst am 1. Juli starten wird.
So konnten wir denn unsere Tour bei der Bergstation Gumen starten. Der Weg ist ja soweit gegeben, zuerst ein schöner Höhenweg, dann hinauf bis Bützi (2150m), ab hier dann weitgehend auf blau-weiss markiertem Weg. Wobei mit "Weg" dann bald Schluss war, denn es galt bereits die ersten Schneefelder zu durchqueren.

Am Fusse des Bös Fulen angelangt, erklärte der Bergführer die Route: Aufstieg durch die Südwand, Traversierung (vorbehältlich der Bedinungen) und Abstieg über den Nordost-Grat.
Etwas ungläubig starrte ich die Südwand an; da hinauf?? Da war eigentlich nirgends eine Route auszumachen; nicht mal ansatzweise - zumindest nicht für mein dafür ungeübtes Auge. Etwas mulmig war mir da schon zu Mute, als wir das Gstältli montiert, uns angeseilt hatten und die Wand in 2 Seilschaften in Angriff nahmen.

Zuerst galt es allerdings noch das steile Schnee-Couloir bis zum eigentlichen Einstieg zu meistern. Am Anfang ging's ja noch gut, aber das dann doch sehr steile Schluss-Stück hatte es in sich: ich fand einfach keinen Halt - just zu dem Zeitpunkt, wo ich jeweils einen Schritt höher und abstossen wollte, rutschte ich wieder zurück ... (hier wären die Steigeisen mit Frontzacken definitiv hilfreich gewesen!)
Das hat mich ziemlich Kraft und Puste gekostet, sodass ich erstmal ausgepumpt war, als wir endlich festen Fels erreichten; das kann ja heiter werden!

Nun ging die Kletterei los durch die südwestlich hinaufziehende Rinne: zumindest im unteren Teil war's ziemlich ausgesetzt, die Schlüssel-Stelle ist auch bei normalen Verhältnissen ein IIIer. Der auch hier teilweise liegende Schnee erschwerte aber die ganze Route noch zusätzlich, sodass meiner Meinung nach die III insgesamt stimmt.

Ich tat mich zwar immer wieder schwer in einzelnen Passagen, durfte aber davon profitieren, gleich hinter dem Bergführer zu gehen und somit seine Routenwahl zu studieren. Glücklicherweise war Heiri geduldig mit mir (merci!) - obwohl ich mutmasslich der jüngste Teilnehmer war (was nicht oft vorkommt ...!), waren die Anderen technisch versierter und auch konditionell stärker.

So ging's durch den Kamin hoch; an besagter Schlüsselstelle sowie auch weiter oben ist je ein Bohrhaken vorhanden (welche ich ehrlicherweise wohl nicht mal bemerkt hätte, da ich zu sehr mit mir selbst beschäftigt war ...).
Meine zarten Bürohände wurden in diesem Abschnitt wie auch später auf dem Grat jedenfalls arg geschunden ... ;-)

Endlich wurde das Gelände wieder weniger steil, sodass man auch wieder einmal "normal" hinstehen und die grandiosen Tiefblicke geniessen konnte. Nach 3 3/4 Std. (ab Gumen) war geschafft, woran ich zeitweise wirklich gezweifelt hatte: das Gipfelkreuz des Bös Fulen und somit der höchste Punkt des Kanton Schwyz war erreicht!

Leider war die Rundsicht nicht so wolkenlos, wie uns die Wetterprognose versprochen hatte; ganz im Gegenteil: der Tödi war nie sichtbar (höchstens ein Teil des Gipfelbereich's), auch Bifertenstock & Co. waren eigentlich die ganze Zeit über in Wolken gehüllt. Auch am Bös Fulen selbst kam immer wieder mal etwas Nebel auf - vermutlich liegt durch den vielen Schnee, welcher nun langsam schmilzt, einfach noch zuviel Feuchtigkeit in der Luft.

Wenigstens war die Sicht auf den Glärnisch mehrheitlich wolkenfrei - und somit auch der vor uns liegende Grat, welchen es nun noch zu bewältigen galt. Und bei diesem Anblick stockte mir auch gleich wieder der Atem - das sah dann doch ziemlich "kriminell" aus ...

Heiri erkundete schon mal den Grat auf Machbarkeit, denn der Abstieg auf unserer Aufstiegsroute sei definitv zu gefährlich (v.a. Steinschlag & Schnee). Auf diese Weise fanden wir dann im teilweise guten Tritt-Schnee auch bereits eine Spur vor und wussten ungefähr, wohin wir stehen müss(t)en.

Wobei das mit dem "Stehen" reine Theorie war: einige Passagen brachten wir auf allen Vieren, auf dem Hosenboden oder auch mal nur mit den Händen an einem Riss haltend hinter uns. Auch wenn offiziell nur von einer bis zwei Schlüsselstelle(n) die Rede ist; für mich war beinahe der ganze Grat eine einzige Schlüsselstelle ... ;-))

Aber obwohl ich schon vor der Tour den allergrössten Respekt vor diesem Grat hatte; ich fühlte mich in dieser Gruppe sicher und war so konzentriert auf den jeweils nächsten Schritt, dass ich die ausserordentliche Ausgesetztheit gar nicht in vollem Ausmass wahrnahm ...
Am Ende des Grates schnallten wir unsere Steigeisen an; vermutlich wäre es auch ohne gegangen. So oder so war der Abstieg über das Band ziemlich unangenehm, denn das Gemisch von Neu- und Altschnee, welcher wiederum auf losem Gestein lag, war total unberechenbar und meine Fussgelenke haben sich in diesem Abschnitt massiv beschwert ...

Aber schliesslich erreichten wir sicher wieder das grosse Schneefeld, wo die Steigeisen abmontiert und der letzte Hang hinuntergerutscht werden konnte. Der restliche Abstieg bis Gumen brachten wir schnell hinter uns; allerdings fuhr die Bahn jetzt nicht mehr auf Bestellung, obwohl man uns im Tal unten das Billett "Gumen retour" verkauft hatte ...

Ein Telefonanruf genügte jedoch, um mindestens die Talfahrt ab Grotzenbühl zu sichern. Nach dem mehr als wohlverdienten Bier (Dank an den Chef des eigentlich geschlossenen Bergrestaurants Gumen!) stiegen wir also noch die letzten ca. 35 Min. nach Grotzenbühl hinunter, um dann nach einer weiteren Bahnfahrt von Braunwald nach Linthal wieder die Talsohle zu erreichen.

Fazit:

Eine äusserst spannende Tour in einer gut harmonierenden Gruppe mit einem sehr kompetenten Bergführer (mit viel Humor, aber auch bestimmt und klar in heiklen / schwierigen Passagen).

Ich habe wieder viel dazu gelernt, sei es im technischen Bereich oder einfach auch die Erkenntnis, dass meine derzeitige Verfassung (immer wieder Rücken- und Knieschmerzen sowie knapp ausreichende Kondition) für eine solche Tour eher sub-optimal ist.

Der Bös Fulen wird jedenfalls seinem Namen gerecht und ist ein ernsthaftes Unternehmen!

Bedingungen:

Es liegt derzeit noch sehr viel Schnee, und das ab bereits ca. 2200m. Nach Aussagen des Bergführer's herrschen momentan Verhältnisse wie sie normalerweise im April anzutreffen sind!

Der Aufstieg durch die Südostflanke ist geprägt durch viel loses Gestein, welches leicht losgetreten wird und nachsteigende Personen gefährdet. Selbstredend ist auf der ganzen Route Helm tragen Pflicht!

Zeiten:

Abmarsch beim Gumen: 8.45 Uhr
Erreichen des Gipfel's: 12.30 Uhr


Tourengänger: Linard03


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