Scheuchzer....nicht das natürlich gewachsene!


Publiziert von Henrik , 31. Mai 2010 um 19:42.

Region: Welt » Schweiz » Freiburg
Tour Datum:30 Mai 2010
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-FR 
Zeitbedarf: 3:00
Strecke:Romont - la ville vitraile
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Bulle
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Romont
Kartennummer:map wanderland

...obwohl  die Müdigkeit nach der Nachmittagswanderung gestern von Les Cases nach Albeuve ein wenig in den Knochen lagerte, jedenfalls konnte das Müsli gut durchschlafen, wachte ich mehrmals nachts auf – entweder waren die Engel des Hotels (Hotel de L’Ange)  daran schuld oder eben, es begann kurz nach ein Uhr heftig an zu regnen. Dieser Regen hielt an bis kurz nach 11 Uhr morgens. Noch etwas störte meine halbe Nacht – obwohl ich mich diagonal ins Bett legte, war es zu kurz!
 

Das Frühstück liessen wir uns erweitern durch Käse der Region, denn die Konfitüre reichte nicht aus. Noch liess ich Claudia ein wenig im Ungewissen, wohin heute die Reise ging – um 9.45 bat ich zur Haltestelle Albeuve, nur ein paar Schritte vom Hotel entfernt, es goss  Bindfäden und es war empfindlich kalt. Der Ort wirkte ein wenig triste, wir nahmen Platz im Bähnli mit den roten Tupfen auf der Aussenhaut und liessen uns nach Bulle bringen. Tief hängende Wolken und Regen aus allen Windrichtungen tauchten die Landschaft ein in ein fliessendes Grün, Gruyère wie auf einem Walbuckel erhob sich aus der Ebene, noch waren keine Massen am Hügel zu sehen und die PP leer wie auch der Bahnhof in Bulle, der genauso wirkte.
 

Am Schalter erstanden wir ein Ticket über Romont nach Bern/Basel....und die Augen begannen zu leuchten – ich erinnerte Claudia an ihren Wunsch, dieses mittelalterliche Städtchen mal zu besuchen zu dürfen: es lag auf unsere Route 1997, als wir in einem Land Rover 88 nach Morges fuhren, zum British Car Classic. Bis zur Abfahrt blieb ein knappe halbe Stunde, wir spazierten zwischen den Regentropfen hindurch am Torreau vorbei, der an der Rondelle vor dem Bahnhof stand – das Wappentier von Bulle! Der Flecken in der Romandie ist ein aufstrebender Ort, z. Z. mit der grössten Zuwachsrate was Industrie/Neubauten/Zuwanderung angeht. Die Kernzone ist unlängst renoviert worden und eigentlich hätten wir hier gerne noch ein paar weitere Füsse auf die Trottoirs gesetzt.
 

Die Normalspur nach Romont bedient auch die tpf, die mit den roten Tupfen auf ihren Bahnwagen. Es begann wieder zu regnen. Die Namen der Haltestellen (Arrèt sur Demande) hörte ich zum ersten Mal: Sâles, Rueyres-Treyfayes und Vuisternes-devant-Romont. In einem grossen Bogen nähert sich der Zug nach nur 20 Minuten Fahrt dem Städtchen an der Glâne, die Schnellzüge zwischen Bern und Lausanne halten hier nicht – trotzdem, Romont muss den Männern in der CH bekannt sein, hier findet sich ein AMP. Nur einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt, kann über die Av. Gerard Clerc das alte Romont erreicht werden. Eine Allee mit zurechtgestutzten Platanen säumt die Strasse, die ziemlich ansteigt. Dort wo die Avenue auf die Route de la Belle-Croix trifft, durch einen Torbogen hindurch, sind (nicht nachgezählt) gut über hundert Stufen zu steigen – für hikrs kein Problem! Zuerst „schnaufen“ wir ein wenig, dann kommt das Staunen zurück, über die weite Sicht nach fast allen Seiten. Der Wind frischt kräftig auf, wir gelangen über weitere Stufen auf der Promenade des Ramparts ins Zentrum in unmittelbare Nähe der wuchtigen La Collégiale Notre-Dame de l'Assomption (Gotikbau) und gegenüber das Schloss, dass das Schweizerische Museum für Glasmalerei und Glaskunst beherbergt. Ausserhalb der Stadtmauern, unten an der Glâne liegt das Zisterzienserkloster la Fille-Dieu. Während Claudia im Entrée des Museums sich die Glasarbeiten näher ansieht, entdecke ich das Lichtspiel im Innenhof des Schlosses, mit seinem 40 M-tiefen Zieh- und Sodbrunnen! Die Stille, die mich ergreift, wird unterstrichen durch Bilder, die an Fribourg erinnern oder an Romainmôtiers – das Mittelalter wird in Gedanken lebendig, es hat etwas Rührendes in sich und fängt mich innerlich auf. Es nieselt leise, eine Bachstelze hüpft über das Kopfsteinpflaster des Innenhofes, mystisch dagegen die großen Krähen, die sich auf den Ästen der Rotbuche niederlassen. Durch die Fensterlücken der  Wehrgänge dringt das Licht nach innen und verleiht der Umgebung eine gewisse Stattlichkeit.


Wir umrundeten das alte Romont auf seinen Wehrgängen – den Ramparts de la ville. Die unzähligen Sichten auf das Umland mit seinen parzellierten Landstücken sowie den Wasserläufen erinnerte uns an Bilder der holl. Maler des 16. Jhd. Langsam stellte sich Hunger ein – das chinesische Lokal gegenüber der Notre-Dame passte uns aber überhaupt nicht. Da wir ihr gerade gegenüberstanden, schoben wir uns durch die hölzerne Türe und blieben innen eine Weile, zuerst stehend, dann jeder für sich sitzend, den Platz, an dem er sich am innigsten mit der Stille verbunden fühlte. Und wieder tauchte Romainmôtiers aus meinen Erinnerungen auf...und ließ mich darauf ein. Die Zeit spülte die Minuten aus dem Gehirn.
 

Blaue Fenster erschienen im Wolkenfluss über uns. Das Café Restaurant Au Suisse wirkte von außen derart unscheinbar, dass wir es betraten, weil die Auswahl auf den Schildern so vielversprechend war – dass hier unsäglich geraucht wurde, war überall deutlich sichtbar: alles war irgendwie gelb! Doch das Menu mit dem „Läberli am Stigg“ mundete hervorragend. Wir saßen am Stammtisch mit den intarsierten Skiläufern und wunderten uns zunehmend nicht, dass wir nicht die einzigsten Düütschschwizer waren, die zu Mahle gingen.
 

Wir traten nach 1 ¼ Stunden wieder ins Freie, spazierten hinunter zum Bahnhof, kamen an den Sandsteinwällen, auf denen Romont ruht, vorbei und in einer Spitzkehre bei der LANDI zum Bahnhofsplatz – dort fiel Claudia der Bauzug auf. Das über 160 Tonnen schwere Gefährt, das im Schienenbau zur Anwendung gelangt, interessierte sie mehr als mich. Leider konnte ich über den SCHEUCHZER ihr nichts erzählen. Das aber eine Faszination von ihm ausging, darin waren wir uns einig.
 

Wir schlenderten über das Gelände, am Kiosk verweilte das Müsli ein wenig noch, während ich die gebürsteten Abfalleimer aus Stahl mir näher ansah, die die SBB an den Bahnhöfen aufgestellt hat.
 

Auf Gleis zwei fuhr um 14.16 der IR ein, der uns nach Bern brachte. Um 16 Uhr Ankunft in Basel – bevor die Massen aus dem WE wieder  die Passarelle im Sturm einnehmen.
 

Wie unterschiedlich doch die Namen und Bedeutungen sind: Scheuchzer kann also für Geleisebau stehen, mir gefällt das Wollgras.

 


Tourengänger: Henrik
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Kommentare (2)


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dabuesse hat gesagt: Scheuchzer
Gesendet am 31. Mai 2010 um 20:41
Vom Scheuchzer kam gerade vor 2 Wochen im SF (Sendung Einstein). Link (Online-Stream) Damit du ihr das nächste mal etwas mehr von Scheuchzer erzählen kannst :)

gruss David

bulbiferum hat gesagt:
Gesendet am 31. Mai 2010 um 21:38
Romont habe ich bis jetzt tatsächlich nur mit dem AMP in Verbindung gebracht. Wieder habe ich ein bisschen was gelernt.

Liebe Grüsse, Markus


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