Das Hörnli (1133 m) ist ein beliebter Aussichtsberg im Zürcher Oberland mit Gipfelbeiz und Sendeturm. Alpinisten dürfte der bewaldete Hügel im Dreikantons-Eck (SG/TG/ZH) kaum ein Begriff sein - wenn da nicht die sich immer mehr zu einem Klassiker entwickelnde Westwand mit ihren Tobel und Spornen wäre, die den Kenner mit der Zunge schnalzen lässt und jedem Alpinwanderer einen leicht erhöhten Pulsschlag beschert. Die klassische Route führt vom Bärtobel in absolut logischer Linienführung über einen markanten Sporn, der sich durchgehend bis zum Gipfelplateau hinaufzieht.
Nachdem ich das Gipfelplateau des Hörnli schon oft per pedes oder Bike über diverse Wanderwege erreicht hatte, war ich natürlich sehr gespannt auf die "Westwand". Spontan hatte ich mich am Vorabend entschieden, dem Aufruf von
dabuesse zu folgen, der diese Tour zusammen mit
Pfaelzer angehen wollte.
Zugegeben, es gehört schon eine gehörige Portion Mut dazu. - Mut, sich sozial derart zu exponieren und zunächst in der Zürcher Agglo und später im Züri Oberland mit Eispickel am Rucksack herumzuspazieren! Aber das in dieser Umgebung so völlig übertrieben wirkende alpinistische Hilfsmittel sollte noch gute Dienste leisten...
Als ich in Steg aus der S-Bahn stieg, kamen schon gewisse Zweifel auf, ob das mit der Hörnli-Westwand wirklich so eine schlaue Idee war. Über Nacht hatte es nämlich nicht nur geregnet, sondern auch bis auf 800 m hinunter geschneit - eine matschige Rutschpartie war vorprogrammiert...
Die Route ist bereits in zahlreichen Berichten ausführlich beschrieben worden und bedarf auch für Ortsunkundige kaum mehr einer grossartigen Erklärung. Dennoch war ich froh, Local
dabuesse dabei zu haben, der den fraglichen Sporn durch die Westwand bereits einmal begangen hatte.
Durch ziemlich viel Sturmholz arbeiteten wir uns mühsam zum Bärtobel vor und standen bald einmal am Einstieg des markanten Sporns. Durch die zahlreichen Begehungen sind an manchen Stellen bereits deutliche Wegspuren entstanden. Die Nässe und weiter oben der Neuschnee machten uns dennoch das Leben schwer - die Füsse fanden auf dem schmierigen Untergrund kaum Halt und so wurde eben mehr mit den Händen gearbeitet. Fast überall bieten Wurzeln oder Bäume bzw. Bäumchen guten Halt, und wo diese fehlten, kam (zumindest bei mir) der Pickel zum Einsatz. Als unangenehm empfand ich bei diesen Verhältnissen die kurze Querung unterhalb der Nagelfluhwand im oberen Drittel. Die Nagelfluhstufe könnte möglicherweise auch entlang einer herunterhängenden Wurzel direkt erklettert werden, vorausgesetzt, die Wurzel hält, wenn man sich daran hochhangelt. Wir haben´s nicht ausprobiert...
Bald danach erreichten wir das Wandbuch, das für dieses Jahr erst 2 Einträge aufweist. Obwohl die Aufbewahrungsbox langsam vor sich hinrostet und etwas klemmt, befindet sich das Buch noch immer in gutem Zustand.
Im obersten Abschnitt wurde es durch die dünne Neuschneeauflage dann sehr rutschig, hier war ich sehr froh um meinen Pickel, mit dessen Hilfe auch steilste Stufen ohne Probleme zu meistern waren.
Das Überklettern des Drahtzauns direkt beim Gipfelrestaurant verlangt noch eine kleine Turneinlage - dann hat man´s geschafft. Da das Restaurant seit heute für den ganzen Monat geschlossen hat, waren nur sehr wenige Leute oben. Bei zunehmend aufreissender Wolkendecke und ersten zaghaften Sonnenstrahlen genossen wir das Gefühl, die "Westwand" trotz widriger Verhältnisse bezwungen zu haben. :-)
Während
Pfaelzer direkt nach Steg abstieg, verfolgten
dabuesse und ich noch den Höhenzug nach Norden bis zum Groot, mit 996 m höchster (Gipfel-)Punkt des Kantons Thurgau. Auf dem Weg dorthin nahmen wir noch das Mikrogipfelchen (P. 950) zwischen Chaltebrune und Holestei mit. Abstieg nach Fischingen mit dem einst vom Konstanzer Bischof gegründeten Benedektinerkloster. Dort verpassten wir um gerade einmal 10 min den Bus nach Wil und zu unserem Pech hielt sich dann während der gesamten Wartezeit die weithin einzige grosse Wolke hartnäckig über Fischingen. :-(
Danke für die schöne Tour Jungs - gerne wieder mal!
Zur Schwierigkeit der Route "Hörnli Westwand klassisch":
Bei den vorherrschenden Verhältnissen (Nässe und Schnee) war´s m.E. ein deutliches T5. Bei derartigen Verhältnissen ist ein Pickel sehr hilfreich und angenehm. Bei absolut trockenem Boden geht´s ohne Hilfsmittel, die Schwierigkeiten dürften sich dann maximal im oberen T4-Bereich bewegen, nicht zuletzt aufgrund der dann sicher besser ausgeprägten (und haltenden) Trittstufen.
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