Kebnekaise (2111m), der hoechste Berg Schwedens


Publiziert von pame , 24. März 2010 um 12:03.

Region: Welt » Schweden
Tour Datum: 1 August 2005
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K1 (L)
Wegpunkte:
Geo-Tags: S 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Strecke:Nikkaluokta - Fjellstation - Ostweg - Kebnekaise - Ostweg - Fjellstation - Nikkaluokta

Der Norden hat's mir angetan. Von Suednorwegen aus bis ganz hoch nach Lappland zieht sich das skandinavische Gebirge, der Skanden, ueber 1700km laengs durch Skandinavien, und bietet alles was das Herz begehrt: Anspruchsvolle Felsklettereien (Lofoten), Gletscher (Jotunheimen) und tagelanges Trekking (Kungsleden), und dazu noch Mitternachtssonne im Norden, und die samische Kultur, die in Europa einzigartig ist. Der Kebnekaise (2111m) ist der hoechste Berg Schwedens. Weiter noerdlich gibt es auf dem gesamten, eurasiatischen Kontinent keine hoeheren Berge mehr.

Bei skandinavischen Bergen stellt sich nicht nur die Frage, wie kommt man hoch, sondern auch wie kommt man hin. Fuer den Kebnekaise ist das relativ einfach. Man kann alles mit oeffentlichen Verkehrsmitteln machen und braucht auch kein Zelt. Die schnellste (und teuerste) Variante waere: 1. Tag, Flug nach Stockholm + Flug nach Kiruna (Uebernachtung im Hotel). 2. Tag, Bus nach Nikkaluokta + 20km Wanderung auf dem Kungsleden zur Kebnekaise-Fjaellstation (700m, Uebernachtung). 3. Tag, Tagestour auf den Kebnekaise (2111m), Uebernachtung in der Fjaellstation. Dann entsprechend zurueck.

Die Fjaellstation ist hervorragend ausgebaut, mit Duschen, Restaurant, Kinosaal, etc. Ich habe in einem 4-Bettzimmer, aehnlich einer Jugendherberge uebernachtet. Es gibt, glaub ich, auch sogar Einzelzimmer. Kein Vergleich zu den rauen Matratzenlager-Berghuetten in den Alpen. Generell versucht man, sich in Skandinavien, den Outdooraufenthalt so bequem wie moeglich zu gestalten. Das sieht man auch an den grossen Wanderwegen, wie dem Kungsleden, wo z.B. alle geroelligen oder sumpfigen Stellen mit soliden Holzbohlen ueberbrueckt sind. 

Ich habe Kebnekaise in 3 Etappen, d.h. 3 Tagen, von Nikkaluokta, der naechsten Strasse, "gemacht". Die erste Etappe Nikkaluokta-Fjaellstation entspricht einer Etappe des Kungsleden, und ist hervorragend ausgebaut und markiert (T1-T2). Sie betraegt etwa 20km und ein paar Hundert Hoehenmeter. Man kann sogar ein Stueck mit einem Boot abkuerzen. Das Wetter war sehr gut, sonnig und fast schon ein bisschen zu warm. Dementsprechend waren viele Leute mit ueberdimensionalen Rucksaecken unterwegs. Eine junge Deutsche war offensichtlich dabei den Kungsleden nach Abisko zu machen (ca. 7 Tage) und war ganz erstaunt, dass ich den weiten Weg nach Nordschweden gemacht hatte, ohne Absicht den "klassischen" Kungsleden nach Abisko zu wandern.

Die perfekte Qualitaet des Weges gibt einem viel Zeit und Musse, die schoene Landschaft Lapplands zu bewundern. Man sollte auf dem Weg zur Fjaellstation keineswegs hetzen. Ausserdem wird es im Sommer sowieso nicht dunkel.

Die Fjaellstation selbst war dann ziemlich voll. Ich hatte zum Glueck ein paar Tage vorher einen Platz fuer zwei Naechte reserviert. Am Abend habe ich mich noch fuer die gefuehrte Kebnekaisebesteigung eingetragen. Es gibt im Wesentlichen zwei Moeglichkeiten, den Kebnekaise als Tagestour zu machen. Ein laengere (25km), mit mehr Hoehenmeter (1700Hm 1850Hm), dafuer aber ohne Gletscher (Westweg), oder eine etwas kuerzere (20km), mit weniger Hoehenmetern (1300Hm 1450Hm) sowie Gletscherbegehung und etwas Kletterei (teilweise klettersteigaehnlich abgesichert) (Ostweg, T5, WS, II). Ich habe mich fuer die zweite entschieden. Im Sommer bieten Bergfuehrer taeglich gefuehrte Touren ueber den Ostweg an. Sie koennen kurzfristig gebucht werden und sind nicht sehr teuer, da das Verhaeltnis Bergfuehrer-Gast etwa 1:10 ist. Ausserdem gibt es auch noch die Moeglichkeit, einen kleinen Tagesrucksack sowie Helm und Klettersteigset zu mieten. Pickel und Steigeisen wurden, als ich da war, nicht gebraucht.

Am naechsten Tag ging's frueh, aber bei Tageslicht, los. Im Wesentlichen teilt sich der Ostweg zum Kebnekaise in 4 Etappen: 1. Eine lange Bergwanderung auf gutem Weg ueber einen Ruecken zum Rand des Bjoerlingsgletschers (T2-T3). 2. Eine kurze Strecke (0.5h) ueber den Gletscher, der angeseilt begangen wird, zu einem Schneegrat am Einstieg der Kebnekaiseostwand (WS). 3. Eine etwa einstuendige leichte Kletterei durch die Felswand (T5,I-II), die zum grossen Teil mit einem Drahtseil abgesichert ist und klettersteigmaessig begangen wird. 4. Eine weglose aber eher flache Etappe ueber die Gipfelabdachung und eine Schneekuppe zum Gipfel (T3,L). Ich schaetze, dass der gesamte Weg von der Fjaellstation zum Gipfel in etwa 3.5-4h gut bewaeltigt werden kann. Wegen der grossen Gruppe, ueber 20 Teilnehmer mit 2 Bergfuehrern, waren wir aber sicher 5-6 Stunden unterwegs - mit vielen Pausen.

Unterhalb des Gipfels befindet sich eine Biwakschachtel fuer Notfaelle. Als wir dort angekommen waren, herrschte dichter Nebel, und auch am Gipfel, der gut ohne Steigeisen zu begehen war, war alles eingenebelt, also keine Sicht. Der Abstieg war auf der gleichen Route wie der Aufstieg, wobei einige Schneefelder fuer Schonung der Knie sorgten. Spaeter am Tag ist dann die Sonne wieder rausgekommen.  

Am dritten Tag bin ich dann wieder bei bestem Wetter gemuetlich auf dem Kungsleden zurueck nach Nikkaluokta gewandert, wobei ich 5-6km mit dem Boot abgekuerzt habe, und zwischendurch laengere Zeit an der idyllischen Bootsanlegestelle verbracht habe, wo sehr gute "Rentierburger", sowie Kaffee und Kuchen angeboten werden. Dann mit Bus zurueck nach Kiruna.

Fazit: Die 3-Tagestour ist bestens zur Einstimmung ins skandinavische (Berg)wandern/trekking geeignet. Die Infrastruktur macht's moeglich, ohne viel Planung und Gepaeck zu reisen. Die Landschaft ist wunderschoen, und die Tagestour von der Fjaellstation zum Kebnekaise ueber den Ostweg ist sehr abwechslungsreich (Bergwanderung, Gletscher, Fels). Meines Erachtens kann ein etwas erfahrener Bergwanderer aus den Alpen sie ohne Probleme ohne Bergfuehrer und bei guten Bedingungen auch ohne Klettersteig- (die Drahtseile sind kaum noetig) und Gletscherausruestung (der Gletscher ist kaum spaltengefaehrlich) begehen. 

Tourengänger: pame


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Kommentare (8)


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WoPo1961 hat gesagt:
Gesendet am 24. März 2010 um 16:52
Danke für den schöner Bericht und die tolle Bilder. Erinnert mich, abgesehen vom Schnee, etwas an Schottland. Gibt es dort eigentliche viele Mücken um diese Jahreszeit?
Grüße aus dem Münsterland
WoPo

akka hat gesagt:
Gesendet am 24. März 2010 um 18:26
Akka freut sich den Bericht vom Kebnekaise.
Sehr schön. Merci

pame hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. März 2010 um 20:24
Ja. 2005 gab es anscheinend kaum Muecken, aber zwei Jahre spaeter war ich nochmal in Lappland (Anfang August) und musste eine Tour abbrechen. So schlimm war's mit den Muecken. Ich bin allerdings auch etwas allergisch gegen Mueckenstiche.

Die Muecken sind natuerlich nur in den Tallagen vorhanden. Zwischen Fjellstation und Gipfel ist es denen wohl zu kalt.

In Schottland gibt's auch viele Muecken, aber die beissen nur, die stechen nicht. Ist nicht ganz so schlimm :-)

Ansonsten wuerde ich immer so frueh wie moeglich in der Saison nach Schottland (April-Juni), oder Skandinavien (Juni-Anfang Juli) fahren.

Wolfgang Schaub hat gesagt: Süd- oder Nordgipfel?
Gesendet am 29. März 2010 um 08:55
Jetzt "erhebt" sich natürlich die Frage des Gipfels. Wie die meisten (inclusive ich selbst) hast Du natürlich den Südgipfel bestiegen. Ein scharfer Verbindungsgrat schwingt sich von ihm hinüber zum Nordgipfel. Der Nordgipfel ist im Sommer blank und felsig. Der Südgipfel ist von (angeblich) 40 m Schnee bedeckt. Wer von beiden ist der höhere?

Wenn man natürliche Auflagen wie Schnee akzeptiert, ist der Südgipfel höher. Reduziert man sich auf Fels, so ist der Nordgipfel höher. Mit fortschreitender Erderwärmung wird die Frage immer "brisanter". Strategisch würde ich allen Gipfelsammlern und Höchsten-Fanatikern (wie mir) empfehlen, unbedingt den Nordgipfel zumindest auch zu besteigen, denn spätere Generationen werden nur in ihm den höchsten Punkt Schwedens erkennen.

Wieder einmal sieht man, zu welch Haarspalterei ein Hobby anregen kann. Und dabei ist der Kebnekaise sooo schön!

pame hat gesagt: RE:Süd- oder Nordgipfel?
Gesendet am 29. März 2010 um 09:52
Stimmt. Man kann es vielleicht sogar noch weiter treiben: Wann hat man eigentlich einen Berg bestiegen? Muss man mit den Fuessen genau auf dem hoechsten Punkt stehen (manchmal gar nicht so einfach)? Reicht es, wenn die Kopfhoehe ueber dem hoechsten Punkt liegt? Dann kann man in Schottland z.B. noch Hunderte von Metern vom "Gipfel" entfernt sein, und trotzdem mit dem Kopf den Gipfel ueberragen. So flach sind manche Gipfelkuppen dort (Ben Nevis).

Aber du hast Recht, wenn es schon mehrere offizielle Gipfel gibt, sollte man am Besten alle mitnehmen.

Liebe Gruesse,
P

Wolfgang Schaub hat gesagt: RE:Süd- oder Nordgipfel?
Gesendet am 29. März 2010 um 10:05
Jesses, auf DEN Gedanken bin ich noch nicht gekommen. Das mit der Kopfhöhe über dem Gipfel dürfte beim Kebnekaise schwer fallen, da haste nicht viel Spielraum.

Wir sollten froh sein, wenn wir den Gipfel überhaupt finden. Beim Ben Nevis ist selbst DAS die meiste Zeit über schwierig.

Rhenus Alpinus hat gesagt: 1700 Höhenmeter?
Gesendet am 7. Oktober 2010 um 18:53
Hallo,

schöner Bericht! Läßt mich an meine letztjährige Tour zurückdenken. :-)

Allerdings sind da ein paar Ungenauigkeiten enthalten: Du gibst 1700 Höhenmeter über den västra leden an. Das ist zu wenig! Es sind vielmehr ca. 1850 Höhenmeter zu veranschlagen: 2111 m (Kebnekaise sydtoppen) minus 670 m (Kebnekaise fjällstation) = 1441 m (was auch dem Aufstieg über den östra leden entspricht (statt 1300 m)). Der västra leden führt jedoch über den 1711 m hohen Vierramvare, von dem man ca. 200 m ins Kaffedalen absteigen muss, welche man auf dem Weg zum Kebnekaise wieder emporsteigen muss. Selbiges gilt für den Rückweg, so dass man insgesamt auf 1441 m + 200 m + 200 m kommt, also grob abgeschätzt 1850 m.

Die Kilometerangaben sind auch nicht sehr genau. Auf meiner Karte ist für den Westweg eine Gesamtstrecke von 20 km zu entnehmen, für den Ostweg über den Gletscher 14 km.

Viele Grüße

Rhenus Alpinus

pame hat gesagt: RE:1700 Höhenmeter?
Gesendet am 8. Oktober 2010 um 17:50
Hoppla, da bin ich mit meinen Zahlen wohl voellig durcheinandergeraten. Weiss auch nicht mehr, wo ich die Zahlen herhatte. Danke fuer die Korrektur.
Gruss,
Patrick


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