Kebnekaise - Höchster Berg Schwedens


Publiziert von pika8x14 , 2. August 2013 um 04:02.

Region: Welt » Schweden
Tour Datum:26 Juni 2013
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: S 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:Nikkaluokta - Ladtjojaure - Kebnekaise fjällstation - Vierramvare - Kebnekaise Sydtoppen (2.104 m) + Nordtoppen (2.097 m); und zurück
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Per Bus oder Pkw über Kiruna nach Nikkaluokta (Parkplatz, Restaurant, Shop, Übernachtungsmöglichkeiten u. s. w.).
Unterkunftmöglichkeiten:Nikkaluokta, Kebnekaise fjällstation
Kartennummer:LANTMÄTERIET: Fjällkartan BD6 Abisko-Kebnekaise-Narvik, 1:100000; NORSTEDTS: Högfjällskartan KEBNEKAISE, 1:20000

Als dritten und letzten Landeshöhepunkt auf unserer „Skandinavien-Rundreise“ möchten wir den Kebnekaise besuchen. Der höchste Berg Schwedens ist ein äußerst beliebtes Tourenziel für viele Schweden, aber ebenso für internationales „Publikum“. Entsprechend gibt es auch auf HIKR schon etliche Berichte, auf die wir natürlich gern verweisen.


ALGEMEIN

Offiziell werden derzeit „2.104“ m Höhe für den Kebenkaise Sydtoppen (Südgipfel) als höchsten Punkt von Schweden angegeben - beispielsweise kann man auch T-Shirts mit dieser „Zahl“ als Aufdruck kaufen.

Tatsächlich schwankt die Höhe des vergletscherten Gipfels - in den letzten Jahren ist sie jedoch tendenziell rückläufig, da sich die Eiskappe auf dem schmalen Sydtoppen immer weiter zurückbildet. Mittelfristig ist deshalb davon auszugehen, dass die Höhe des Sydtoppen geringer sein wird als am Nordtoppen - der schon jetzt unvergletscherte, felsige „Nordgipfel“ ist 2.097 m hoch, während das Gestein am „Südgipfel“ nur bis ca. 2.060 m reicht. Damit würde sich übrigens wieder die ursprüngliche „Rangfolge“ einstellen: für 1922 nennt das „schwedische“ Wikipedia noch 2.135 m für den Nord- und 2.123 m für den Sydtoppen, beide damals eisbedeckt …


WEGE ZUM GIPFEL

Hauptsächlich werden zwei Routen für die Besteigung Kebnekaise genutzt: Västra leden und Östra leden (Westlicher und Östlicher Weg). Beide Wege trennen sich westlich der Kebnekaise fjällstation und treffen erst kurz vor Erreichen des eisbedeckten Sydtoppen-Gipfelkegels wieder zusammen.

Der Västra leden führt hauptsächlich durch steinige Hänge („oberes“ T3). Unterwegs müssen je nach Jahreszeit auch Schneefelder und mehr oder weniger stark wasserführende Flussläufe gequert werden. Die markierte, etwa 10 km lange Strecke (einfache Entfernung) beinhaltet als „Bonbon“ noch den Abstieg/Wiederaufstieg in das bzw. aus dem Kaffedalen, was auf dem Hin- und Rückweg zusätzliche Höhenmeter bedeutet (insgesamt ca. 1.800 Hm ab der Fjällstation).

Der Östra leden ist wesentlich kürzer und erfordert auch weniger Höhenmeter (kein nennenswerter Gegenanstieg) und Flussquerungen. Dafür ist ein Gletscher (Björlings glaciär) zu überschreiten und eine steile Felsstufe klettersteigähnlich zu überwinden. Diese Route wird ab der Kebnekaise fjällstation auch als geführte Tour angeboten.

Wer Kraft und Zeit „sparen“ möchte, wählt unseres Erachtens also eher die (geführte) Tour via Östra Leden. Wer etwas mehr Kondition hat, kann die Kebnekaise-Besteigung natürlich zusätzlich mit dem Kungsleden kombinieren …


UNSERE KEBNEKAISE-TOUR


26.06.2013

Von Hetta (Enontekiö) in Finnland fahren wir am Morgen erst einmal nach Kiruna. In Schwedens nördlichster Stadt kaufen wir noch schnell einige Lebensmittel und: eine neue Kamera - nachdem der nur sieben Wochen alte Vorgänger sich am Tag zuvor bei Nebel und Sturm am Nordkap in den „Feuchtetod“ verabschiedet hat …

Nach kurzer Weiterfahrt erreichen wir Nikkaluokta (ca. 480 m), den Ausgangspunkt unserer Tour. Den von zahlreichen Wanderern und anderen Touristen besuchten kleinen Ort verlassen wir kurz nach Mittag in Richtung Kebnekaise fjällstation. Der insgesamt gute Weg zieht auf etwa 19 km Länge im leichten Auf und Ab durch niedrigen Wald und Gebüsch. Dabei folgt er dem Tal des Ladtjojåhka etwa westwärts und führt zwischendurch auch über einige Brücken und viele Meter Holzbohlen.

Nachdem wir reichlich 5 Kilometer den Angriffen der Mücken getrotzt haben (wir nur mit „Schutzmittel“, andere tragen sogar „Imkerhüte“ …), erreichen wir den See Ladtjojaure. Da gerade ein Boot in Richtung Kebnekaise  abgelegt, „borden“ wir spontan „ein“ und sparen damit etwa 6 km Fußmarsch. In Anbetracht unserer (viel zu) schweren Rucksäcke haben wir diesbezüglich auch keine allzu großen „moralischen Bedenken“, außerdem gibt es vom See aus einen schönen Blick auf die umliegende Bergwelt …

Dann geht’s per pedes weiter taleinwärts. Zwischendurch ist der vielbegangene Weg - zu unserer Überraschung - auch mal ganz schön zugewachsen, aber auch moorige Stellen, Blockfelder und Felswände liegen am Wegrand. Am Abzweig nach Tarfala überqueren wir nochmals eine etwas größere Brücke (Tarfalabron) und erreichen wenig später und ca. 4 Stunden nach dem Start in Nikkaluokta die Kebnekaise fjällstation (ca. 690 m).

Diese ist bestens belegt, nach kurzer Wartezeit checken auch wir ein - in ein vorreserviertes Doppelzimmer, für vier Nächte …

Am Abend schlendern wir noch durch das weitläufige Hütten-Areal und sprechen längere Zeit mit zwei äußerst sympathischen Bergführerinnen - unter anderem schauen wir gemeinsam auf die HIKR-Seite, besonderes Interesse rufen natürlich die Berichte zum Kebnekaise hervor.

Bei einem Blick auf die Wettervorhersagen beschließen wir dann, den höchsten Berg Schwedens schon am nächsten Tag anzugehen, denn da sollen noch die „besten“ Bedingungen während unseres geplanten mehrtägigen Aufenthalts herrschen …

Nach dem Umpacken der wichtigsten Dinge vom Touren- in den (extra mitgeschleppten) Tagesrucksack geht’s ins Bett.


27.06.2013

Heute soll es auf den Kebnekaise gehen. Als Route wählen wir den „Västra leden“- und zwar nur aus einem einzigen Grund: wir möchten die Querung des (vermeintlich eingeschneiten) Björlings glaciär zu zweit lieber doch vermeiden - alle anderen Aspekte sprechen u. E. sonst eher für den „Östra leden“ (siehe auch oben). Da wir später noch einen Abstecher auf den Nordtoppen vorhaben, scheidet die regulär nur auf den Sydtoppen geführte Gruppen-Tour via Östra leden auch aus.

Wir starten ca. 05.00 Uhr von der Kebnekaise fjällstation aus in westliche Richtung. Im quasi offenen Gelände trennen sich bald Kungsleden und unser Weg, der spätere Abzweig des Östra leden ist „unauffällig“ und (derzeit?) nicht ausgeschildert. Die erste „spannende“ Stelle ist eine größere Bachquerung (Jökelbäcken), dann geht’s allmählich ansteigend weiter.

Als wir ins Tal des Kittelbäcken einschwenken, wird’s aber definitiv steiler. Oberhalb des Baches steigen wir in einen großen Talkessel (ca. 1.200 m), wo wieder etliche Wasserläufe zu queren sind, was ein bisschen „Routensuche“ erfordert, da doch ziemlich viel Wasser „zu durchwaten“ bzw. „zu überhüpfen“ ist . Dann geht’s über Blockgelände und Schneefelder hinauf in den Sattel zwischen Tuolpagorni und Vierramvare. Nach einer Frühstückspause folgt der Aufstieg auf das weite Gipfelplateau des Vierramvare (1.711 m).

Nach einem Zwischenabstieg ins Kaffedalen (auf etwa 1.530 m) beginnt der Schlussaufstieg. Durch Blockgelände zieht der Pfad steil nach oben, bevor er wieder deutlich abflacht. Als wir die erste und kurz danach die zweite „Gipfelhütte“ (Toppstugan, „nya“ bzw. „gamla“) erreichen, befinden wir uns mitten im Nebel - zwischendurch kann man keine 20 m weit sehen …

Einige Spuren auf den nun wieder vorhandenen Schneefeldern und der ständige Blick auf das GPS-Gerät lotsen uns ganz langsam an den Gipfelaufbau des Sydtoppen heran. Hier treffen wir auch auf zwei andere Deutsche, die in einer der beiden kleinen Hütten geschlafen haben und gerade vom Gipfel kommen.

Nach kurzem Plausch steigen auch wir das letzte, nun wieder steilere Stück zum Kebenkaise Sydtoppen (2.104 m) hoch. Dass wir uns anfangs allein am höchsten Punkt von Schweden befinden, tröstet nicht wirklich über die „bescheidene“ Aussicht hinweg.

Nach einigen Fotos folgt nun der „Abstecher“ zum Nordtoppen. Während man vielleicht bisher noch über die Sinnhaftigkeit von Steigeisen diskutieren konnte (wir haben sie bereits angelegt, denn auch vom Sydtoppen fällt das Gelände steil ab), sind diese für die jetzt anstehende „Gratwanderung“ (neben Pickel u. s. w.) ein Muss.

Mit ausreichend Abstand zu den großen Wechten am Grat geht’s zuerst etwa 50 m hinunter in den Sattel, unterwegs muss (aktuell) auf die andere Gratseite gewechselt werden, da sich (derzeit) zwischendurch die Wechtenausrichtung ändert. Im Sattel selbst ist der Flugzeugabsturz aus 2012 übrigens noch immer gegenwärtig - neben einigen kleineren Wrackteilen erinnert vor allem der Kerosin-Geruch an das tragische Ereignis.

Vom Sattel geht’s dann nochmals ein Stück hinauf zum Kebnekaise Nordtoppen (2.097 m) - kurz vor dem Gipfel auch über unangenehmes Blankeis.

Auf dem Rückweg machen wir dann erst einmal Pause an der östlichen der beiden „Toppstuga“. Hier sprechen wir u. a. kurz mit der Bergführerin, die wir am Tag zuvor schon kennengelernt haben und die gerade über den Östra leden eine Gruppe zum Sydtoppen gebracht hat.

Da vom vorhergesagten Schönwetterfenster immer noch nichts zu sehen ist (im wahrsten Sinne), geht’s an den weiteren Abstieg. Etliche Steinmänner führen uns dabei zwischendurch leicht in die Irre, sodass wir beim Abstieg ins Kaffedalen etwas zu weit östlich und auf schmalerem Pfad unterwegs sind.

Ansonsten folgen wir dem bereits bekannten Weg. Nachdem der unangenehme Gegenanstieg zum Vierramvare hinter uns liegt, macht die Tour zunehmend mehr Spaß - vor allem, weil jetzt immer wieder die Sonne zu uns durchdringt. Der Kebenkaise bleibt aber weiter unter einer Wolkenhaube.

Nach viel Bergsteigen, einigen Pausen und auch „Im-Nebel-Suchen“ erreichen wir nach ca. 14 Stunden und insgesamt etwa 1.900 Höhenmetern (durch Gegenanstiege und den Abstecher zum Nordtoppen) wieder die Kebnekaise Fjällstation. Dort decken wir uns mit einer Dose Köttbullar und einigen Litern Blaubeerbrause ein - kurz darauf gibt es das entsprechende „Festmahl“ …


28.06.2013

Leider ist das Wetter tatsächlich so wie vorhergesagt: Es regnet in Strömen, und auch für morgen ist keine Besserung zu erwarten. An halbwegs vernünftige Bergtouren ist also nicht zu denken. Umso mehr sind wir froh, schon auf dem Kebnekaise gewesen zu sein …

Nach kurzer Überlegung verzichten wir auf die beiden noch ausstehenden Übernachtungen und machen uns stattdessen auf den Rückweg nach Nikkaluokta. Diesmal gibt’s keine Bootstour (das Warten auf die nächste Fahrt hätte zu lange gedauert). Dafür gönnen wir uns die kompletten 19 km Wegstrecke (im Dauerregen) und als „Highlight“ zwischendurch den Rentierburger im "LapDånalds". Der ist zwar ziemlich teuer und keine wirkliche Schönheit, er schmeckt aber ganz gut und ist vor allem „legendär“ ;-).

Einschließlich „Burger-Pause“ sind wir diesmal knapp 6 Stunden unterwegs. Von Nikkaluokta fahren wir dann am Nachmittag noch nach Kilpisjärvi (Enontekiö) in Finnland. Dort gibt es ebenfalls schöne Berge, und vor allem ist wesentlich besseres Wetter vorhergesagt…


Fazit

Wir sind drei Tage bei durchwachsenem Wetter unterwegs. Die herrliche Landschaft zeigt sich mehrfach, direkt am Kebnekaise-Gipfel aber leider nicht. Dafür haben wir unterwegs zahlreiche nette Gespräche mit anderen Berggängern. 


Anmerkung

Die Querung auf dem Verbindunggrat vom Kebnekaise Syd- zum Nordtoppen kann unter bestimmten Bedingungen heikel sein (Wechten, Blankeis, steile Abbrüche, …). Die Bergführer in der Fjällstation empfehlen die offenbar unfallträchtige Passage ausdrücklich nicht bzw. nur bei entsprechender Erfahrung und Ausrüstung. Dieses Bild von TeamMoomin gibt einen Eindruck, wie das Gelände aussehen kann (wenn nicht gerade Nebel wie bei unserem Besuch herrscht).

Das „WS“ bezieht sich auf die von uns vorgefundenen Bedingungen im Kebnekaise-Gipfelbereich. Die Wertung „T3“ gilt für den Rest der Tour, auf der vielbegangenen Route sollte man stellenweise besonders auf mögliche lose Blöcke/Steinschlag achten.


Am Rande ...

Spätestens seit der Kebnekaise-Tour fühlen wir uns als Sonderlinge ;-).

Während alle anderen - meist mit Henkeltasse - ihre „Getränke“ aus den zahlreichen Bächen schöpfen, schleppen wir nach wie vor unseren Bedarf die ganze Zeit in original abgefüllten Flaschen und als (in der Hütte zubereiteten) Tee durch's Gelände. Die am Nordtoppen frisch geöffnete 1,5 l-Wasserflasche hatte so beispielsweise schon 30 km Wanderung ab Nikkaluokta hinter sich.

Wahrscheinlich ist uns wirklich nicht zu helfen …


Nachtrag am 02.08.2018

Seit August 2018 gilt der Nordgipfel mit offiziell 2.096,8 m als höchster Punkt Schwedens, nachdem die sommerliche Rekordhitze die Eiskappe am Südgipfel weiter deutlich reduziert hat - siehe auch https://www.su.se



pika8x14 sind heute: A. + A.


Tourengänger: pika8x14


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Geodaten
 17117.kmz 26.06.2013: Nikkaluokta - Kebnekaise Fjällstation (mit Bootsfahrt über den See Ladtjojaure)
 17118.kmz 27.06.2013: Kebnekaise Fjällstation - Vierramvare - Kebnekaise Sydtoppen - Kebnekaise Nordtoppen und zurück
 17119.kmz 28.06.2013: Kebnekaise Fjällstation - Nikkaluokta

Galerie


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Kommentare (2)


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Mel hat gesagt:
Gesendet am 5. August 2013 um 17:58
> Während alle anderen - meist mit Henkeltasse - ihre „Getränke“ aus den zahlreichen Bächen schöpfen, schleppen wir nach wie vor unseren Bedarf die ganze Zeit in original abgefüllten Flaschen und als (in der Hütte zubereiteten) Tee durch's Gelände.

haha, das kommt mir doch bekannt vor :D

pika8x14 hat gesagt: RE:
Gesendet am 5. August 2013 um 23:47
… ;-)

Viele Grüße von den "Wasserträgern" :D

PS: Weiter "oben" in den (trockeneren) Block- und Geröllhängen bzw. auf Schnee-/ Firnflächen ist eine "kleine Getränkereserve" durchaus sinnvoll - zumindest beruhigt dann eine gefüllte Flasche im Rucksack solche Ultravorsichtigen* wie uns unheimlich ;-).

* "Ultravorsichtig": nicht zu verwechseln und eher anders als "Ultraleicht" ;-).


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