Winterbergtour von Sarentino über den Monte Villandro zur Villanderer Alm


Publiziert von MarmotNoir , 30. März 2025 um 13:56.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 2 Januar 2025
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1580 m
Abstieg: 810 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Beispielsweise mit der Buslinie 150 von Bozen nach Sarentino-Campolasta. Aussteigen am Busbahnhof Sarentino.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:An der Vilanderer Alm befindet sich die Endstation der Buslinie 345, welche zum Bahnhof Klausen/Chiusa fährt. Achtung, der letzte Bus fährt aktuell 18:36.

Über den Jahreswechsel waren wir en famille in Klobenstein/Collalbo. Skifahren war für mich wegen eines Verkehrsunfalls im Sommer noch keine Option und so habe ich mich in der Vorplanung vorsorglich ob des Winters eher mit einfachen, talnahen Winterwanderungen beschäftigt. Die Bedingungen um den Jahreswechsel waren um Bozen herum jedoch überraschend einladend. Bis über 2000m wechselten sich schneelose Matten mit mal mehr mal weniger zusammenhängenden Schneefeldern ab, insbesondere auf den südöstlichen Berghängen. Die ganze Zeit unseres Aufenthalts herrschte das vielzitierte Kaiserwetter. Auf dem Ski- und Winterwanderplateau um Schwarzseespitze (2070m) und Rittner Horn (2260m) reichte mir in Bewegung ein dunkles, dünnes Merino-Longsleeve, derart wärmte die Sonne trotz Temperaturen nahe der 0°C.

Zum Jahresende hin hatte ich unter diesen herrlichen Bedingungen bereits zwei Wanderungen gemacht. Einmal von Klobenstein/Collalbo (Busbahnhof) über die Talstation der Seilbahn hinauf zur Schwarzseespitze und von hier aus mit Frau und der kleinen Tochter weiter in großem Bogen zum Rittnerhorn. Einen Tag später, kurz vor Silvester noch von Weißlahnbad über den Tschafon (Nebenkuppe des Monte Balzo, 1743m) auf die Völseggspitz (Monte Balzo, 1834m).

Für den 2. Januar hatte ich mir dann eine Solotour ausgesucht, das Wetter sollte ausnahmsweise ganztägig bedeckt sein und ich wollte dem Müßiggang und der Völlerei etwas entgegensetzen. Der Plan war eine nicht ganz vollständige Überschreitung des östlichen Armes der Sarntaler Alpen vom Sarntal zum Eisacktal über den Monte Vilandro zur Vilandroalm. Dabei wollte ich gern die Gipfel Sarner Scharte und Zwölfernock mitnehmen, die sich auf dieser Strecke beinahe nicht vermeiden lassen.

Kurz vor 7:30 erreichte ich den Busbahnhof in Sarntheim/Sarentino und brach sozusagen in den Sonnenaufgang hinein auf. Zunächst folgte ich den Wegschildern hin zur Sarner Scharte. Nach einer halben Stunde erreichen ich die Burg Reinegg. Immer wieder wechseln sich Almzufahrten und Waldwege ab. Auf ungefähr 1500m gelangt man auf eine Straße, die die Höfe Riedler und Hall verbindet. Hier wende ich mich vom ausgewiesenen Weg (Nr. 3) zur Sarner Scharte ab und folge der Straße nach Hall. Nach dem Hof führt ein Weg rechts ab in den Wald. Er führt  auf dem Wanderweg 3A bis zur Almschank Waldrast (ca. 1760m). Hier verbringe ich ein kaltes und daher kurzes zweites Frühstück und breche nach gut 10 Minuten wieder auf. Der Weg wird nun zunehmend weniger komfortabel. Der Wanderweg verlässt in Abkürzungen zweimal den Almerschließungsfahrweg. Hier, auf dem nordöstlichen Anweg zum Kamm liegt der Schnee deutlich geschlossener und höher als erwartet. Zudem gibt es partiell keine Spuren mehr. Ein oder mehrere Tage zuvor muss mir jemand auf dieser Route jedoch entgegengekommen sein. Die leicht überfrorenen Fußspuren machen mir die Orientierung leichter. Denn oft ist die Wegmarkierung vom Schnee überdeckt. Des weiteren hilft mir das GPS. Nun bewegt sich der Weg durch teils blockige Passagen in der Latschenkieferzone. Knietief stehe ich immer wieder im Tiefschnee und ziehe die Gamaschen über denn trotz Haken an den Gummizügen meiner Hosen schiebt es immer wieder die Rückseite meiner Hosenbeine so weit hoch, dass Schnee in die Schuhe rutscht. Nicht nur der Tiefschnee dreht an der Uhr sondern auch das Stochern mit den Stöcken nach sicheren Tritten in den blockigen Wegabschnitten. Ich beschäftige mich innerlich bereits schonmal mit den Alternativen, zB Rückkehr zum offiziellen T2-Weg Nr.3 hinauf zur Sarner Scharte, bewege mich aber Schritt für Schritt weiter. Schließlich gelangt man auf eine der Scharte vorgelagerte Schulter, auf der es sich deutlich einfacher vorwärts kommen lässt. Das Gelände wird deutlich alpiner und ich stehe nun endgültig in den Wolken mit geschätzten 100m Sichtweite. Die Suche nach sicheren Tritten in der teils überfrorenen Schneekruste an steileren Absätzen braucht immer wieder Zeit. Dann gelange ich zur versicherten Passage und packe die Stöcke ein. Ketten und Seile sind weniger glatt als ich dachte und nach einer kleinen Weile liegt der Abschnitt hinter mir. Nun folge ich von der Scharte aus eher dem GPS als dem Weg  hinauf zur Sarner Scharte (2458m) und mache noch einen kurzen Ausflug zum 80m entfernt etwas weiter unterhalb des Gipfel stehenden Gipfelkreuz. Der Wind pfeift und die Handschuhe kann man kaum länger als eine Minute ausziehen, ohne dass es schmerzt. Auch der Weg zum Monte Volandro dauert etwas länger als erwartet. Schritt für Schritt breche ich bei starkem Gegenwind durch die dünne Kruste in den Schnee ein. 24h früher, ein paar Kilometer südlicher und 300m tiefer (am Rittnerhorn) sah das alles noch deutlich entspannter aus. Am Monte Vilandro (2509m) angekommen bietet sich auch hier keine richtige Pause an. Um Mütze, Augenbrauen und Bart bildet sich langsam eine weiße Schicht. Ich laufe einige Minuten weiter. Der Pfad ist durch die Sonne der letzten Tage und durch die häufige Nutzung (unter normalen Bedingungen beinahe Spaziergangsterrain) ziemlich verdichtet bis vereist. Aber mit kleiner technischer Unterstützung an den Füßen geht alles "ganz glatt".
Der Wind pfeift ordentlich. Die Sicht ist schlecht, an Landmarken, Gipfeln und Scharten kann man sich nicht orientieren. Zwischenzeitlich fällt wegen der Kälte mein Telefon aus und ich kann mich nur an der BreadCrump-Grafik meiner Uhr orientieren. Nach Erreichen des einige Meter abseits des Weges liegenden Zwölfernocks (2430m), nur durch eine Steinpyramide mit Plakette gekennzeichnet, nehme ich dann tatsächlich auch die falsche Richtung und laufe einige Minuten den Weg auf dem Kamm zurück, ohne es zu bemerken. Als es dann wieder merkbar steiler wird, ist mir klar, dass da etwas nicht stimmen kann und ich korrigiere meinen Fehler. Noch einmal am Zwölfernock vorbei. Die Idee, ggf. noch mal zum Totenrücken abzusteigen habe ich da schon längst begraben. Nun geht es lang weiter durch weiße Flächen, aus denen nun bald ab und zu ein Halm schaut. Ich passiere die Ochsenlucke, den Bildstock und den Gasteiger Sattel (ab nun ist es auch dunkel) und folge nun auf bequemem Pfad den Weg hinunter ins Tal. Zuletzt folge ich vom Parkplatz am Kaser der Straße hinab bis zum Stausee an der Vilanderer Alm. Dort gibt es an der Endstation der Buslinie nach Chiusa eine kleine Aufenthaltshütte, in der ich mich selbst und meinen Rucksack vom Schnee und Eis befreie. Die Fahrt mit dem letzten Bus des Tages mit wohlig erschöpftem Gefühl setzt eine Qualität des ganzen Wandertages fort: außer der Busfahrerin bin ich auch auf dieser Fahrt bis Chiusa ganz allein.

Fazit: im Sommer sicher eine angenehme Tagesunternehmung - im Winter dann doch schon etwas mehr Arbeit und anspruchsvoller. Der offizielle Schwierigkeitsgrad T4 für den Anstieg von der Waldrast gilt unter guten Bedingungen. Wohlgemerkt: begonnen habe ich die Tour auch nur mit diversen möglichen Ausstiegsszenarien und der ständigen Bereitschaft, die Wanderung auch abbrechen zu können.
Unter diesen Bedingungen nicht ohne GPS. Stöcke und Stirnlampe sind Pflicht und in manchen kurzen Passagen sind gut sitzende Spikes, Eisen oder Grödeln zumindest empfehlenswert.

Aber die Eindrücke haben belohnt!

Tourengänger: MarmotNoir


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