Ighil M'Goun (4071 m)


Publiziert von cardamine , 24. Mai 2024 um 13:49.

Region: Welt » Marokko » Hoher Atlas
Tour Datum: 7 Mai 2024
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: MA 
Zeitbedarf: 4 Tage
Aufstieg: 2950 m
Abstieg: 2950 m
Strecke:46 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Marrakesch - Azilal - Ait Bouguemez - Arrouss
Unterkunftmöglichkeiten:Gîte La Tulipe d'Ikiss, Refuge Tarkddite

Der dritthöchste Berg Marokkos und des Hohen Atlas ist der Ighil oder Jbel M’Goun. Er steht 100 km östlich der anderen 4000er Gipfel des Hohen Atlas, die alle zur Toubkal-Gruppe gehören. Der M’Goun ein 10 km langer und durchschnittlich 3500 - 4000 m hoher Gebirgskamm. Auffällig sind die zahlreichen U-Täler in der Nordflanke des Bergs, wo vor vielen tausend Jahren einmal Gletscher waren.

Der M’Goun ist nicht so leicht zu erreichen wie der Toubkal und wird daher seltener besucht. Im Internet fanden wir viele Angebote zu mehrtägigen Trekkings auf und um den M’Goun, die kürzeste mögliche Gipfelbesteigung sollte 4 Tage dauern. Weil unser Zeitfenster keinen Raum für Überraschungen liess und wir uns nicht mit der Logistik herumschlagen wollten, überliessen wir dem Tourenanbieter, bei dem wir auch den Toubkal gebucht hatten, die Planung. Laut ihm sollte eine Rundtour möglich sein, deren genauen Verlauf wir jedoch anhand seiner Ortsangaben nicht auf der Karte rekonstruieren konnten. Wie sich herausstellte, war der entscheidende Weg auf unserer Karte nicht eingetragen. Mit diesem Bericht hoffe ich, M’Goun Aspiranten eine eigenständige Planung und Durchführung der Tour zu ermöglichen. Die Tour ist für sportliche Berggänger theoretisch als 2-tägige Hüttenwanderung machbar. Die beiden Hütten, die Gîte La Tulip d’Ikiss und das Refuge Tarkddite sind jedoch nicht immer bewartet und man sollte Essen und Schlafsack mitnehmen. Wer lieber ohne schweres Gepäck geht, kann ein Maultier mieten, der Maultiertreiber kocht dann auch. Ein Führer ist nicht vorgeschrieben und wegen der Wegfindung auch nicht notwendig. Unser Guide war sehr langsam und am Ende sind wir einen Grossteil der Tour alleine gegangen und haben alle Wege problemlos gefunden.

Tag 1: Anreise über die Ouzoud-Wasserfälle nach Arrouss, Wanderung zur Gîte La Tulipe d’Ikiss (T1, 5 km, 350 Hm, 1,5 h)
Von Marrakesch sind es knapp 5 Stunden Autofahrt zum Startpunkt der Tour, Ait Bouguemez im "Vallée heureuse".  Die Strassen sind in gutem Zustand, gegen eine Fahrt mit dem Mietauto spricht eigentlich nichts und ist bei der Fahrweise der Taxifahrer vermutlich sogar sicherer. Auf dem Weg lässt sich gut die Besichtigung einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Marokkos einbauen, die Ouzoud-Wasserfälle. Die Wasserfälle sind die höchsten und wasserreichsten Marokkos und auch für den wasserverwöhnten Mitteleuropäer eindrücklich. Es lohnt sich, den ca. 1,5-stündigen Spaziergang zum Wasserfall hinunter zu machen. Der Platz ist allerdings ziemlich überlaufen, für «das Foto» vor dem Wasserfall muss man sogar anstehen. Von Ouzoud fährt man über die Stadt Azilal, Ait M’Hamed und den Pass Tizi n’Tirghist (schöner Aussichtspunkt) ins «Vallée heureuse», wo es etwas touristische Infrastruktur gibt. In Ait Bouguemez gibt es einige Gîtes (einfache Herbergen), wo man vor der Tour übernachten könnte, was ich auch jedem empfehlen würde, damit man die Wasserfälle in Ruhe geniessen kann.
Wir allerdings mussten noch zu einer Hütte wandern, der Gîte La Tulip d’Ikiss. Vom Taxi wurden wir noch über einen Schotterweg von Ait Bouguemez nach Arrouss gebracht, wo unser Gepäck auf das Maultier verladen wurde und wir dann in eineinhalb Stunden zur Hütte wanderten. Der Weg zur Hütte ist angenehm zu gehen und führt durch eine Schlucht auf das Hochplateau Ikkis. Hier wird Wasser vom Fluss abgeleitet, um Felder zu bewässern, weshalb das Plateau ungewöhnlich grün ist. Die Gîte La Tulip d’Ikiss liegt inmitten einiger Bauern-Lehmhäuser am oberen Ende der grünen Ebene. Die Gîte ist innen komfortabler, als sie von aussen aussieht: Es gibt mehrere Schlafzimmer mit Betten, Küche und sogar einen Waschraum mit Duschen und richtigen Toiletten.

Tag 2:Gîte La Tulip d’Ikiss– Refuge Tarkddite (T2, 10 km, 1050 Hm auf, 500 Hm ab, 4,5 h)
Insofern man nicht von Arrouss startet, steht eine recht kurze Tour bevor. Die dem M'Goun vorgelagerte ca. 3400 m hohe Bergkette des Aghouri muss überschritten werden, um das Refuge Tarkddite zu erreichen. Von der Gîte wandert man in das westliche Seitental hinein, der Weg ist sogar mit gelben Punkten markiert. Zunächst geht es mit geringer Steigung zwischen blühenden Polsterpflanzen aufwärts bis zum Talende. Das Tal wird über einen Zickzackpfad verlassen, der auf den Sattel zwischen dem Gipfel Ighil n-Ikkis und dem Aghouri führt. Von diesem Sattel geht es nun weiter steil, aber immer noch «Maultiertauglich» auf den Pass Tizi n'Aghouri (oder Tarkedit in manchen Karten). Von dort sieht man erstmals die langgezogene Bergkette des M'Goun. Nach einer Pause folgen 500 Höhenmeter Abstieg auf das Plateau de Tarkddite. Unser Guide erzählte uns, dass dieses Plateau normalerweise um die Jahreszeit grün ist, sogar einen kleinen See hätte es früher gegeben. Uns drängte sich angesichts der stacheligen Polsterpflanzen eher die Assoziation Halbwüste auf. Nichtsdestotrotz lassen die Berber an dem wenigen Grün, das entlang eines Baches wächst, Schafe und Maultiere weiden. Umso überraschender ist, dass das Refuge Tarkeddite inmitten dieser "Wüste" auf knapp 3000 m Höhe über fliessend Wasser, ja sogar eine Dusche verfügt! Die Hütte hat nur einen Schlafraum, die meisten Trekkinggruppen schlafen aber ohnehin in Zelten auf dem Plateau.

Tag 3: Refuge Tarkddite – M’Goun – Refuge La Tulip d’Ikiss d’Ikiss (T3 +, 25 km, 1450 Hm auf, 2100 Hm ab, 10 h)
Um 5 Uhr morgens ging es im Licht der Stirnlampen los. Wir nahmen nicht den deutlichen Pfad zum Oumassine-Sattel, dem die meisten anderen Lichtkegel folgten, sondern den etwas kürzeren Weg östlich davon, der durch ein U-förmiges Tal zu P.3986 («M’Goun West») hochführt. Die ersten 450 Höhenmeter geht es recht steil zur Sache, am Eingang des Tals flacht das Gelände dann ab und gönnt einem etwas Erholung, bevor es in steilem Geröll aus dem U herausgeht. Dort hängten wir unseren Guide ab und gingen allein weiter. Wir erreichten den Nordostgrat von P.3986 und querten auf einem schmalen Pfad in dem durchaus steilen Hang darunter vorbei. Alternativ kann der Gipfel auch überschritten werden. Nun beginnt die Gratwanderung zum M'Goun, die verbleibenden Höhenmeter kumulieren sich in zwei Anstiegen, dazwischen ist der Grat recht flach. Unser Guide hatte uns noch vor einem «gefährlichen schmalem Abschnitt» gewarnt, und wir waren fast enttäuscht, als wir den Gipfel des M'Goun erreichten, ohne diesen schmalen Abschnitt gefunden zu haben.

Nach der Gipfelpause ging es an den Abstieg in das U-Tal westlich des M’Goun. Vom direkten Abstieg vom Gipfel wurde uns abgeraten, daher gingen wir ein Stück über den Südgrat zurück und stiegen dann über einen ebenfalls sehr steilen Weg in den Geröllkessel ab. Die folgenden 200 Höhenmeter sind die einzigen wirklich gefährlichen der ganzen Tour, rutschen verboten. Oben gibt es feines Gebrösel auf hartem Grund, eine ungute Kombination, ab der Kreuzung mit dem Direktabstieg wird der Schotter gröber und greift gut. Unser Guide erzählte, dass man vor 10 Jahren das Tal im Mai noch mit Skiern abfahren konnte. Von Schnee oder Wasser war keine Spur, der schluchtartig eingeschnittene Talgrund deutet darauf hin, dass hier mal beträchtliche Mengen Wasser flossen. Wir durchquerten den Canyon, wo man laut Guide in guten Jahren baden könnte, und stiegen auf den Kamm auf, der zur Tizi n'Oumsoud führt. Dieser Wegabschnitt ist sehr schön: Linkerhand gibt es lavaartige Felsbögen und Türmchen zu bewundern, rechterhand eröffnet sich der Blick ins weite Tal des Oulilimt. Erschreckend war, dass dieser Fluss überhaupt kein Wasser führte. Viele Trekkingtouren folgen dem Verlauf dieses Flusses nach Ait Hamed, um dann über die Tizi n' Ait Imi Pass wieder ins Vallée heureuse abzusteigen. An der Tizi n'Oumsoud zweigt ein Weg ab, der zum Refuge Tarkddite zurückführt. Wir gingen geradeaus weiter leicht bergauf und gelangten über Weidegelände zu einem Plateau mit Zeltplatz. Hier könnte man übernachten, um am nächsten Tag über den Tizi n'Ait Bou Oulli und Tizi n'Ait Imi Pass nach Tabant zu wandern. So wäre der 4. Tag mit 21 km ausgefüllt. Für uns war nun aber ein kurzer 4. Tag vorgesehen und wir stiegen von dem Zeltplatz in das tief eingeschnittene Tal unter dem Tizi n’Ait Bou Ouilli Pass ab. Der Pfad endet auf der openstreetmap am Fluss im Talgrund. Tatsächlich ist der Weg aber durchgängig markiert und gut sichtbar. Im Talgrund zeigt ein gelber Pfeil den Einstieg in die andere Hangseite. Nun geht es 150 Höhenmeter diagonal im Hang aufwärts. Auf der Krete angelangt, durchsteigt man eine Felsscharte und gelangt auf einen aufwendig hergerichteten Felsenweg, der die andere Seite der Krete hinunterführt. Das Erdbeben letztes Jahr hat den Weg an einigen Stellen zerstört, er wurde aber wieder passierbar gemacht. In vielen Kurven geht es auf eine mit Zypressen bestandene Hochebene hinunter, die als Schafsweide genutzt wird. Der Pfad führt dann entlang eines Baches zum Anfang der Schlucht von Ikkis hinunter. Wir überquerten den Fuss, der aus der Schlucht kommt, und gelangten durch Felder wieder zur Gîte La Tulip d’Ikiss, wo wir eine weitere Nacht verbrachten.

Tag 4: Gîte La Tulip d’Ikiss – Arrouss (T1, 5 km, 350 Hm ab, 1 h)
Der 4. Tag ist eigentlich überflüssig, man könnte die knappe Stunde auch am Vortag noch absteigen. In Marokko würde man bei entsprechender Zusatzbezahlung sicher auch einen Taxifahrer finden, der einen abends noch nach Marrakesch bringt….

Tourengänger: Toni Montaña, cardamine
Communities: Ultras


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Kommentare (2)


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boerscht hat gesagt:
Gesendet am 24. Mai 2024 um 17:03
Tolle Tour und auch eine sehr interessante Gegend! Wir hatten bei unsrem Marokko Berg-Trip nach den Gipfeln am Toubkal dann doch keine Lust mehr auf den MGoun und sind lieber ans Meer zum Surfen. War eigentlich anders geplant. Aber wenn ich das so sehe werd ich da vielleicht doch nochmal hinschauen irgendwann.

cardamine hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. Mai 2024 um 19:56
Die Gegend ist definitiv eine Reise wert, es gäbe noch viel mehr anzuschauen... die Schlucht von Arrouss, dort kann man auch Canyoning machen, die Burgberge im Vallée heureuse oder das Tal der Rosen...


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