In der Goldach


Publiziert von konschtanz , 16. April 2024 um 09:42.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:14 April 2024
Wegpunkte:
Zufahrt zum Ausgangspunkt:9:45 Bärenplatz Kreuzlingen 16°C 11:40 Arbon Surferhafen Baden 12:10 Weiterfahrt 13:45 Ankunft oberhalb Hinterhof Untereggen, Kurve mit Bank

Eine Wanderung in der Goldach vom Technologiepark Blumenegg oberhalb von Goldach bis zur Martinsbrugg vor den Toren von St. Gallen ist an heissen Tagen eine abenteuerliche und erfrischende Unternehmung. Heute war ich für so eine Wanderung zu spät dran. Nach zwei Stunden Fahrt mit dem Velo vom Bärenplatz Kreuzlingen zum Hafenpark von Arbon beschloss ich, die Mittagshitze zu nutzen und ein Bad im See zu nehmen, dort, wo auch die Surfer reingehen. Ausser mir hatten noch zwei weitere die gleiche Idee. Der erste wagte gleich einen Köpfer. Das Wasser war noch recht kalt und ich wartete, bis das Beissen an den Füssen nachliess, bevor ich ein paar Züge in den See schwamm.

Jetzt hatte ich die richtige Abkühlung, den nach Steinach und Horn geht es direkt vor Rorschach rechts hoch nach Goldach. Und von dort weiter den Berg hoch. Bis nach Untereggen: Vorderhof, Mittlerhof, Hinterhof. Oberhalb von Hinterhof, nach dem letzten Haus rechts, in einer Linkskurve, ist rechts ein Abzweiger und eine Bank mit schöner Aussicht hinunter auf den Bodensee. Hier liess ich das Velo stehen und legte meine Wanderschuhe an. Ein Bauer, der gerade seine Wiese gemäht hatte, kam mit dem Traktor vorbei und fragte:

 

Goscht go fische?

Ich verneinte, wir verabschiedeten uns und ich ging den Weg hinunter, auf dem er hochgefahren war. In der Senke macht der Weg eine Kurve nach rechts, zu beiden Seiten Wiese, am Ende der Wiese Wald. Rechterhand am Waldrand steht eine Hütte mit Feuerstelle und dem Hinweis privat. Ich ging auf dem Schotterweg in den Wald und bog nach wenigen Metern links ab, in eine Sackgasse, auf der ein landwirtschaftliches Gerät abgestellt war. Dahinter ging es weiter, und zwar als Pfad. Wenn man dem Pfad folgt, quert man einen Bach, danach geht es bergauf. Dann sieht man rechts eine Hütte im Wald. Wenn man von oben auf die Hütte schaut, ist links der Tobelrand. Wenn man sich dem Rand nähert, stösst man auf einen Pfad. Diesem folgt man bergauf, also gegen die Fliessrichtung der Goldach. Man sollte Abstand zur Kante halten, da geht es senkrecht runter, und das gleich 50 Meter! Wenn man bergauf geht, sieht man irgendwann rechts eine Etage tiefer eine Plattform, dann ist man auf dem richtigen Weg. Der Pfad führt in eine Geländerinne, die nach rechts biegt und dann im Bogen weiter nach rechts bis unter die oberste Steilwand aus Nagelfluh. Wenn man die erreicht hat, ist man richtig. Wenn nicht, schleunigst umkehren, alles andere ist hier schnell lebensgefährlich. An der Wand entlang führt eine Rampe abwärts direkt ins Goldachtobel. Eine wunderschöne Wand, mit Sandstein und Mergelbändern unterhalb der Nagelfluh.

 

Unten empfängt mich die Wildnis.

Findlinge und abgestürzte Blöcke aus den Seitenwänden – Nagelfluh, aber auch graue Mergelblöcke, im Bachbett. Im Treibholz am Ufer ist ein Stück Plastikrohr eingeklemmt. In der Nähe ein Plastiksack mit der Aufschrift:

Plagron Cocos Perlite 70/30

https://plagron.com/de/hobby/produkte/plagron-cocos-perlite-7030

Hydroponischer Anbau mit einer luftigen Mischung.

Plagron Cocos Perlite 70/30 ist eine Kombination aus zwei hochwertigen Substraten: Cocos Premium und Perlite. Die Mischung enthält 70% Kokosfasern und 30% Perlit. Sie eignet sich gut für den Anbau in Töpfen und Rezirkulationssystemen.

Wikipedia schreibt zum Thema Perlit: Ein .. umgewandeltes vulkanisches Glas (Obsidian) https://de.wikipedia.org/wiki/Perlit_(Gestein)

Quer über dem Geröll liegt der Stamm einer umgestürzten Vogelkirsche. Er eignet sich, um trocken auf die andere Seite zu kommen, und so balanciere ich rüber. Auf dem leicht erhöhten Flussufer der anderen Seite liegt ein schwarzer Eimer. Hat ein Goldsucher ihn hier liegen gelassen? Eine Weste hat sich zwischen den Zweigen des Ufergebüschs verfangen. An ihrem Reissverschluss hat sich Moos angesetzt. Sie ist trocken und passt mir. Danke – an wen auch immer!

In der Böschung blüht es lila und hellblau – die Finger-Zahnwurz und das Kleine Immergrün. An einer Stelle im Ufersand sehe ich deutliche Hufabdrücke. Sie sind noch frisch. Eine Gämse? Das Ufer auf dieser Seite ist von einem Wall aus Hangschutt gesäumt. Dahinter gibt es genauso eine Rampe wie auf der Seite, von der ich gekommen bin. Auch diese Rampe führt an die Oberkante, wie ich einmal festgestellt habe, aber man kommt dann an einer Schrottdeponie raus. Und ob der Aufstieg heute noch gangbar ist, habe ich nicht probiert. Mein Blick schweift nach oben.

Da! Markant die schwarz-weissen Gesichtszüge. Sie schaut mich unentwegt an und hat mich offensichtlich schon längst gesehen. Eine Gämse. Wenn die Spuren im Sand von ihr stammen sollten, dann hat sie jedenfalls schon die Hälfte des Wegs bis zur Oberkante der Rampe zurückgelegt, ohne dass ich ihre Anwesenheit auch nur geahnt habe. Das ist eben der Unterschied zwischen einem Trampeltier und einer Gämse. Schön, dass sie nicht flüchtet, wie es die Rehe meist tun. Ich beschliesse, wieder die Seite zu wechseln, um ihr zu signalisieren, dass ich sie nicht stören will. Ein Sprung von einem Felsblock zum nächsten und ich habe den Übergang gemeistert. Andere, niedrige Blöcke entpuppen sich als viel kritischer. Ohne, dass man es ihnen ansähe, sind sie rutschig wie Schmierseife. Am anderen Ufer angekommen stelle ich bald fest, dass ich hier nicht ohne weiteres flussaufwärts komme. Eine Engstelle mit senkrechten Wänden zu beiden Seiten.

 

Der Aufstieg

Da es zum nächsten Ausstieg noch eine ganze Strecke wäre und es allmählich Zeit ist, an die Heimfahrt zu denken, entschliesse ich mich, hier zur Rampe aufzusteigen, über die ich abgestiegen bin. Unten ist eine nur ein oder zwei Milimeter dicke schwarze Schnur am Ufer entlang gespannt. Wozu? Ich finde einen Tritt in den Sandsteinplatten der Böschung und steige auf. Überall Brombeeren, wo ich auch hingreife. Selten mal ein Bäumchen: eine junge Fichte, eine Weide, eine abgestorbene Esche, mit Glück eine Hasel. Der Untergrund ist rutschig, die Bodenschicht minimal. Ich entdecke eine Spur, die hoch zur Felswand führt und folge ihr. Mit Mühe erreiche ich ein Grat mit Sträuchern, wo ich mich festhalten kann. Die Felswand ist mit einem Anflug von orangenen und gelben Flechten bewachsenen, schön, unnahbar, dahin will ich nicht. Blick in die andere Richtung. Doch, da könnte es hochgehen. Auch da eine Wildspur. Nur dass das Wild mit deutlich kleineren Trittflächen auskommt. An einer Stelle rutsche ich kurz ab und ziehe mich dann an einer toten, umgestürzten Fichte wieder hoch. So erreiche ich einen Absatz mit einer lebenden Haselstaude. Das ist das Optimum in so einer Böschung. Da, eine umgestürzte Haselgruppe, die die Sandsteinplatten bedeckt, oberhalb der Wurzelballen. Ich wage es. Der Fels ist feucht und glitschig. Es sind vor allem die entwurzelten Haselstämme, an denen ich Halt finde. Kurz vor dem Wurzelballen sehe ich, dass ich darin keinen sicheren Halt erkennen kann und auch noch nicht an der Oberkante bin. Zu heikel. Ich kehre um bis zu dem Absatz mit der Haselstaude. Also weiter schräg hoch im Hang. Dumm nur, dass meine geplante Route sich mit der Lagerung der Sandsteinplatten kreuzt. Sie führen in dem Winkel abwärts, in dem ich aufsteigen will. Im Geiste bin ich dabei, einen gangbaren Weg auszutüfteln, stelle aber fest, dass schon der nächste hangparallele Tritt unter meinen Füssen abrutscht. Zurück zur Haselstaude. Ich fasse eine Rute ins Auge, an der ich mich festhalten will, falls ich ausrutsche, nehme mir eine Zielrichtung vor, wenn ich ins Rutschen komme, und mache den nächsten Schritt. Schwupp, es ging schneller als ich denken konnte, der Griff nach dem Ast klappt noch, und so ist der Fall gebremst. Ich rutsche nur ein kurzes Stück, die Haselrute hält, der Ellbogen leicht aufgeschürft und das Hemd braun vom Erdreich. Glück gehabt. Jetzt heisst es vorsichtig absteigen und in der Goldach auf dem Weg zurück, auf dem ich gekommen bin. Das hier ist was für Gämsen, aber nicht für mich. Das nächste Mal will ich früher umkehren, wenn ich merke, dass der Boden zu rutschig ist. An der Uferkante entdecke ich eine grüne Rundschlinge, wie ich sie von Baustellen kenne. Sie ist um einen Baumstamm gewunden, das war nicht die Strömung, das hat jemand befestigt. Wozu?

Zurück über die beiden Felsblöcke ans andere Ufer. Ein kurzes Stück am Ufer abwärts, wo ich noch an einer weiteren Stelle frische Gämsspuren im Sand entdecke, und dann über den Vogelkirschenstamm zurück zur Rampe, über die ich gekommen war. Um 18:40 bin ich am Velo. Um 21:24 am Bärenplatz in Kreulingen, 21°C.


Tourengänger: konschtanz


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Kommentare (1)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 17. April 2024 um 17:15
Spannend!

Viele Grüße
Markus


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