Gamstodscharte 3050m - Zu zweit und trotzdem allein


Publiziert von georgb , 21. März 2024 um 21:59. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:20 März 2024
Ski Schwierigkeit: S
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m

Manuel und ich haben uns auseinanderentwickelt. Während ich immer gemütlicher werde, hat ihn das Skitourenfieber gepackt und er strotzt nur so vor Tatendrang und Energie. So driften auch unsere Vorstellungen oft auseinander und schon bei der Startzeit kommen wir ins Diskutieren. Trotzdem können wir uns auf eine Tour einigen, die Überschreitung der Gamstodscharte steht schon länger auf der Liste.
Im Sommer ist der Zustieg vom Windtal nur bei sehr günstigen Bedingungen ratsam und der Abstieg übers Kerrakees so gut wie unmöglich. Im Winter dagegen ist beides bei den entsprechend sicheren Bedingungen machbar und die aktuelle Lawinenstufe 1 gibt uns ein gutes Gefühl.
Doch unser Wohlfühltempo stimmt nicht überein, Manuel zündet den Turbo, er kann einfach nicht anders und ich zockel im gemächlichen "Bergführerschritt" hinterher, auch ich kann nicht anders ;-) So gehen wir zu zweit und doch jeder für sich allein und bald sind wir auf unterschiedlichen Routen unterwegs, Kommunikation ist auf 300 Meter Entfernung eben schlecht möglich.
Und schon geht der Ehekrach los, ich maule natürlich, muss ich doch die eben gewonnenen Höhenmeter wieder absteigen, um auf die von Herrn Manuel gewählte Aufstiegsroute zu kommen. Es folgt ein heftiger Wortwechsel, gegenseitige Schuldzuweisung, alte Wunden reißen auf und die Scheidung steht im Raum. Wir stehen vor den Trümmern unserer Skitourenehe und sehen schon das traurige Ende einer glanzvollen gemeinsamen Zeit.
"Lass uns wenigstens diesen Tag ordentlich hinter uns bringen, über die Scheidungsformalitäten können wir später reden!" und so steigen wir im Sicherheitsabstand der Gamstodscharte entgegen. Manuel tigert los, legt eine perfekte Spur und ich hinterher. Die Verhältnisse können kaum besser sein, der Schnee ist gebunden und trittfest, fast käme man mit Fellen bis in die Scharte. Die letzten steilen Meter steigen wir aber doch lieber zu Fuß, bevor wir uns bei den engen Spitzkehren die Hüften verrenken.
An der Gamstodscharte reichen wir uns die Hand zur Versöhnung, aber noch wirkt die Ehekrise nach. Auf die knapp 100 Höhenmeter zum Westlichen Rosshuf hat niemand mehr Lust, den Gipfel kennen wir schon ecco und skitechnisch bringt er keinen Zusatzgenuss, im Gegenteil. Lieber fahren wir gleich ins Kerrakees ab, denn wir sind gespannt, wie dort die Verhältnisse sind, von oben nicht einsehbar. Die Steilheit soll nach unseren Recherchen beachtlich sein, um die 45 Grad!?
Zu zweit allein stürzen wir uns in die Abfahrt. Der gepresste Pulver lässt sich gut befahren und von den Spalten ist keine Gefahr zu erwarten. Wir kreuzen weit nach links, dort zieht eine extrem steile Mulde abwärts, bei den heutigen Bedingungen gut befahrbar, das kann auch durchaus mal heikel werden! Der Tag ist unser Freund, ein paar alte Spuren geben die grobe Richtung an und wir suchen die freundlichsten Hänge. Es bleibt aber steil und anspruchsvoll bis zu den letzten Schwüngen direkt auf die Terrasse an der Kehreralm.
Ab hier beginnt der gemütliche Teil des Tages, ein kurzer Schluck Tee aus der Thermoskanne und dann freuen wir uns beide auf ein kühles, isotonisches Erfrischungsgetränk bei Tom an der Jägerhütte. Der Forstweg hat noch ein paar unangenehme Skatingpassagen zu bieten und wenig später zischt das Bier und der Kaiserschmarrn duftet. Bei Tom ist es urgemütlich und der Schmarrn ist vorzüglich. Der Chef setzt sich zu uns und wie immer entwickelt sich ein anregendes Gespräch. Tom hat natürlich ein paar Anektoden auf Lager, nur bei unseren Eheproblemen weiß auch er keinen Rat ;-)
So skaten wir über die Langlaufloipe zurück nach Kasern und überlegen, wie es mit uns weitergehen soll. Wir mögen uns, aber zu zweit auf Skitour bleibt schwierig. Vielleicht sollten wir beim nächstenmal einen Therapeuten mitnehmen, zu dritt ist man weniger allein!?

Tourengänger: Manuel, georgb


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