Dreiecker 2892m - Vom Wind gezeichnet

Die winterlichen Temperaturen und der penetrante Wind lassen keinen Firn aufkommen im Ahrntal. Im Gegenteil, der Schnee ist nicht gut gebunden und die Lawinengefahr ist noch vorhanden. Trotzdem versuche ich mein Glück (sollte man sein Glück überhaupt versuchen?) und ziehe passend zum Thema dem Windbachspitz entgegen.
Die Loipe ist noch befahrbar, das hilft enorm, vor allem später beim Rückweg. Aber der Steig zur Schüttalalm ist natürlich nicht mehr ganz schitauglich, es braucht eine ordentliche Tragezeit und das schreckt die Skitourengeher ab. Kaum gedacht, taucht einer aus dem Wald auf, ein einheimischer Bergführer ist auf Erkundungsritt und wohl ebenso erstaunt wie ich. Wir kennen uns schon von anderen zufälligen Begegnungen, witzig.
Gekonnt spitzt er den Steilhang Richtung Schüttalalm und ich lasse ihn ziehen, heute ist er nicht im Bergführerschritt unterwegs ;-) Aus der Ferne kann ich seine Linie studieren und folge ihm mit gebührendem Abstand. Harsch- oder Steigeisen braucht einer wie er nicht, das steilste Stück nach dem flachen Boden stapft er kurz zu Fuß und schon ist er wieder auf Skiern und entschwunden.
Ich bin nicht aus seinem Holz geschnitzt, schon bevor ich an das Steilstück komme, ziehe ich die Harscheisen unter und bewege mich in meinem Wohlfühlmodus. Die breite, steile Rinne auf etwa 2300m ist heute die Schlüsselpassage, denn mittendrin explodiert ein Wumm und fährt mir durch Mark und Bein. Wie im Lawinenbericht angesagt, sind die Verhältnisse heute nicht zu hundert Prozent stabil, aber die Risse bleiben oberflächig und ich traue mir den Weiterweg zu. So ganz nebenbei stapft mir ja ein Bergführer voraus und der wird wohl wissen, was er tut!?
Der Wind bleibt heute Thema, nicht nur, dass er den Schnee verbläst und heimtückisch presst, er weht mir auch immer noch in die Kleider und kühlt empfindlich. Da kann die Sonne nicht gegenhalten, Butterfirn wird es heute nicht geben. Mit der Höhe scheint mir die Unterlage aber vertrauenswürdiger und ich quere nach Westen.
Immer mit dem Blick auf eventuelle Schwachschichten und Wächten ziehe ich meine Bahnen und komme dem Sattel zwischen Windbachspitze und Dreiecker näher. Hier steilt es nochmal ordentlich auf, das letzte Stück stakse ich neben den Felsen zu Fuß hinauf. Der Hang zur Windbachspitze ist wieder bestens auf Ski begehbar und schon stehe ich passend dazu im Wind an den beiden netten Gipfelkreuzen.
Gegenüber steht noch ein drittes Kreuz am Dreiecker, natürlich nehme ich das mit, es ist nur ein Sprung. Bis zur Scharte kann ich abfahren und die fehlenden Höhenmeter steige ich zu Fuß an. Drei sehr unterschiedliche Kreuze, aber der Wind ist überall der gleiche. Also hurtig zurück, erst an der Scharte finde ich Windschutz.
Viel ist von der Abfahrt nicht zu erwarten, aber zwischen Windfahnen und Bruch finden sich sogar ein paar hartgepresste Hänge für nette Carvingschwünge. Die Schwünge enden unter der Schüttalalm, ich montiere die Ski auf dem Rucksack und geh ein Stück Wandern. Aus dem Wald heraus kann ich wieder Skifahren, die eisige Luft hat den Schnee in der Loipe gut konserviert und ich gleite wie der Wind zum Parkplatz.