Großer Gamstod 3128m und Westlicher Rosshuf 3143m - Schafe im Wolfspelz


Publiziert von georgb , 17. Juli 2023 um 10:45.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:16 Juli 2023
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m

Kaum jemand nimmt Notiz von unseren beiden Gipfeln und mancher hält sie wohl für unbesteigbar, dabei sind sie bei guten Bedingungen nicht allzu schwer erreichbar, zwei Schafe im Wolfspelz. Entscheidend ist der Zustand der Rinne zur Gamstodscharte. Mit Trittschnee gefüllt ist sie gut begehbar, ohne Schnee ein Selbstmordkommando mit großer Steinschlaggefahr. Vor einer Woche waren die Bedingungen noch ideal, mal schaun!?
Wir sind vorbereitet, die Steigeisen sind im Rucksack und ich habe eine grobe Beschreibung von einem versierten jungen Ahrntaler Bergsteiger, Danke Tobias! Wir folgen dem markierten Steig Richtung Ahrner Kopf und zweigen auf etwa 2400m ab in die Wildnis. Durch herrlich unberührte Landschaft suchen wir uns die beste Linie unter den Großen Gamstod und seine Scharte. Sogar ein Gletscher versteckt sich dort oben, das Windtalkees, so versteckt, dass es in den gängigen Karten nichtmal vermerkt ist!?
Schon jetzt erkennen wir, dass der Zugang zur Gamstodscharte nicht mehr optimal ist, es warten Aufgaben auf uns. Der Schnee ist zwar trittfest, aber nicht mehr durchgehend und so müssen wir relativ heikel ein Stück haltlosen Schotter und abgebrochene Felsen queren, was sich im Nachhinein schon als Schlüsselstelle des heutigen Tages herausstellen wird.
An der Gamstodscharte atmen wir kurz durch, aber beim Blick auf den Großen Gamstod stockt uns schon wieder der Atem. Der Ostgrat sieht erschreckend brüchig aus, schon vom Hinschauen scheinen hier ganze Felsen abzubrechen. "Da hinauf gehe ich auf keinen Fall!" entfährt es mir. Stattdessen wenden wir uns dem Westlichen Rosshuf gegenüber zu, der schaut wesentlich einladender aus.
Und so ist es auch, meist im Gehgelände gewinnen wir Höhe, nur die letzte, ausgesetzte Rippe erfordert ein wenig Kraxelei (II-). So haben wir immerhin einen netten Gipfel erreicht, aber der Gamstod gegenüber juckt noch immer. Beim Abstieg vom Rosshuf schält er sich langsam aus den Wolken und ich will wenigstens die ersten Meter ansteigen, um die Qualität der Felsen zu prüfen.
Zu meinem Erstaunen ist das Gelände kompakt und die Wackelsteine wackeln gar nicht. "Geht gut!", Manuel folgt mir mit leichten Restzweifeln. Was von unten objektiv heikel aussah, entpuppt sich als relativ stabiles Gelände mit ein paar 2er Stellen. Trotzdem schleichen wir äußerst vorsichtig durch den Hang, wagen kein lautes Wort und machen uns beinahe in die Hosen dabei ;-) Auf halber Strecke wechseln wir in die Südseite und kraxeln über leichte Felsen (I-II ) zum Gipfel.
Ein gewisses Glücksgefühl steigt auf, bis vor kurzem noch hätte ich nicht gedacht, diesen Gipfel jemals erreichen zu können. "Schau mal Georg, vier große Vögel!" höre ich Manuel rufen und tatsächlich schwebt ein Trupp Gänsegeier zur Krönung des Tages über uns vorbei. Geier am Gamstod, das klingt trotzdem irgendwie nicht ermutigend, wir steigen umgehend ab.
An der Gamstodscharte sind wir immer noch nicht entspannt, es feht ja noch der Abstieg durch die ungemütliche Rinne. Wir legen die Steigeisen an und kämpfen uns abwärts. Mit Hilfe der Stahlzacken lässt sich das Gelände recht gut begehen und auch die ausgeaperte Schlüsselstelle ist mit etwas Vorsicht bald geschafft, wir atmen durch. Noch ein kurzer Haatscher über den Schnee und wir können wieder auf Wandermodus umrüsten.
Die Beine beginnen allmählich zu wackeln, der Abstieg durchs Windtal zieht sich enorm. Müde erreichen wir endlich die Labesau und fallen auf die Sitzbank. Schon fließen erste isotonische Kaltgetränke durch unsere Kehlen und die Kohlenhydratspeicher füllen sich mit Kaiserschmarrn. Wir sitzen noch lange bei Helmut und Cilli, bevor wir uns endgültig verabschieden und zurück zum Parkplatz trotten.


Tourengänger: Manuel, georgb


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Kommentare (2)


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Dandl hat gesagt:
Gesendet am 20. Juli 2023 um 19:08
Hoi Georg, da habt ihr wieder zwei interessante Gipfel aus dem Hut gezaubert!
Kompliment zu eurer Wahl und danke für den Bericht!!

georgb hat gesagt: RE:
Gesendet am 21. Juli 2023 um 21:26
Bitte-Danke ;-) Speziell der Gamstod ist wirklich ein "aufregender" Gipfel!


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