Burgen und Felsen bei Andlau


Publiziert von Nik Brückner , 4. Januar 2024 um 12:27. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Frankreich » Vogesen
Tour Datum:30 Dezember 2023
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 600 m
Strecke:11 Kilometer
Unterkunftmöglichkeiten:In Andlau

Haut-Andlau! Mit ihren beiden Türmen eine der markantesten Ruinen im Elsass. Seit Jahren wollen die Waldelfe und ich dort mal hin. Aber irgendetwas kommt immer dazwischen. Aber nun sind wir über Sly in Barr, also ganz in der Nähe, und das ist die Gelegenheit, sich diese Burg und ihre Umgebung mal wandernd näher anzusehen. Also "Salighet" von Jordsjø eingelegt und schnell nach Andlau rübergefahren!


Diese Tour startet an der alten Abteikirche in Andlau (224 m).

Die Abtei Andlau war ein um 880 gegründetes und während der Französischen Revolution aufgelöstes Benediktinerinnenstift. Es wurde von Kaiserin Richardis, der Frau von Karl III. gegründet. Richardis verfasste selbst die Statuten und ließ sie von Papst Johannes VIII. genehmigen. Die Abtei unterstand in weltlichen Fragen unmittelbar dem Kaiser und in geistlichen Fragen unmittelbar dem Papst. In Andlau war die Äbtissin eine vom Kaiser oder König ernannte Nonne und genoss als Reichsfürstin mit Stimmrecht auf den Reichstagen den Adelstitel.


Es gibt eine Legende!

Die Gründungslegende erzählt, dass Richardis von ihrem Mann des Ehebruchs beschuldigt wurde. Um ihre Unschuld zu beweisen, unterzog sie sich einer Feuerprobe: Barfuß und nur mit einem mit Wachs beschichteten Hemd bekleidet, ging sie durch die Flammen, ohne auch nur die geringste Verbrennung zu erleiden. Rehabilitiert, aber von dem Verdacht tief verletzt, verließ sie ihr Schloss und ging in den Wald.

Hier erschien ihr ein Engel und befahl ihr, an dem Ort, den ihr eine Bärin zeigen werde, ein Kloster zu gründen. Und tatsächlich sah sie am Eingang des Val d'Eléon, wie das geweissagte Tier am Ufer eines Wildbachs die Erde aufscharrte. Und so gründete sie hier ihre Abtei.

In Erinnerung an diesen Ursprung der Abtei wurden - angeblich - vorbeikommende Bärenführer kostenlos beherbergt und ihre Bären mit Nahrung versorgt.



Naja, so jedenfalls die Legende. Tatsächlich hatte Richardis Andlau bereits gegründet, als Karl sie abwies. Sie zog sich hierher zurück und wurde dann 1049 von Papst Leo IX., einem Elsässer, heiliggesprochen.

Wir kommen eigentlich immer wegen der Portalplastik nach Andlau. Äbtissin Hadewitz ließ wohl um 1130 das Portal und den Fries der Westfassade bei einer womöglich lombardisch beeinflussten Bildhauerwerkstatt anfertigen, deren Arbeiten auch in der alten Abteikirche von Eschau zu sehen sind.

Eine Besonderheit sind dabei die je fünf unter Arkaden angeordneten Paare von Mönchen und Nonnen zu beiden Seiten des Portals, die miteinander kommunizieren und ihre Aufmerksamkeit auf den Sturz und das Tympanon über ihnen richten. Wegen der inschriftlichen Nennung ihrer Namen handelt es sich vermutlich um Stifter und Wohltäter des Klosters. Diese Anordnung geht der berühmten Baseler Galluspforte nicht nur zeitlich voraus.


Nach einem Brand in der Nacht von Ostersonntag auf Montag 1160 wurde die Kirche Ende des 12. Jahrhunderts erneut errichtet. Kirchenschiff und der Chor wurden später mehrfach umgebaut, so dass sich heute nur wenig von ihrem ursprünglich romanischen Gepräge erhalten hat.


Die Blütezeit der Abtei endete 1789. Heute sind nur noch die Gebäude der Abteihalle, der Stoltz-Grimm-Stiftung und die mächtige Abteikirche übrig.


Jetzt aber! Los geht's durch den Bogen eines ehemaligen Wirtschaftsgebäudes der Abtei. Auf der anderen Seite steht man auf der Rue Deharbe, der Hauptstraße Andlaus. Diese führt über die Andlau, den passend benannten Bach, der den Ort durchfließt. Gleich auf der anderen Seite führt ein Zebrastreifen scheinbar ins Nichts, bzw. auf Privatgelände. Tatsächlich aber führt ein schmaler Durchgang hier auf den Sentier de la Grotte, den hübschen Uferweg entlang der Andlau. Die namengebende Mariengrotte wird passiert und nur gut hundert Meter weiter verlässt man den Sentier de la Grotte wieder. Es geht auf hübschen Serpentinen durch einen Weinberg hinauf zum Chemin du Kastelberg und zu einem felsigen Bellevue (274 m). Die Vue ist sogar noch beller, wenn man ein Stück nach Osten wandert, zu einem hölzernen Pavillon auf der Gipfelkuppe des Kastelbergs (296 m).

Ein in den Karten nicht eingezeichneter und auch nicht beschilderter Pfad führt hinter dem Pavillon hinunter in den nächsten Weinberg und durch ihn hindurch zur T-Kreuzung von Chemin du Kastelberg und Gebreitweg. Auf diesem geht's dann nach links (Westen) zu einem hübschen Felsengarten. Unmittelbar danach weist ein kleines hölzernes Schild ("Châteaux, Crax") zum Wald hinauf. In der Annahme, hier würde man ein wenig craxeln müssen, folgten wir dem Schild. Es geht auch tatsächlich über Fels hinauf, craxeln muss man aber nicht.

Im Wald folgt der Pfad einer alten, verfallennen Weinbergmauer, dann geht's durch den felsigen Wald hinauf in einen Bergsattel. Von hier aus wandert man dann hinüber und zuletzt hinunter in den Col du Crax (391 m).

An der Wegspinne hier muss man ein wenig achtgeben. Schon kurz davor vereinigt sich der Weg mit einem weiteren, der von Rocher Sainte-Richarde herüberkommt. Von der Wegspinne gehen dann weitere sieben Wege ab, insgesamt also acht. Wir wollten zur Ruine der Chapelle Sainte-Anne weiter, und nahmen den zweiten Weg links. Dieser führt auf der linken Seite eines Tals hinunter zu einem breiten Querweg. Diesen überquerten wir, und nur wenige hundert Meter weiter stießen wir auf die dürftigen Überreste der Chapelle Sainte-Anne (340 m).

Viel ist über dieses Kirchlein nicht zu erfahren. Es wurde vermutlich im 15. Jahrhundert erbaut. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde es von einem Einsiedler bewohnt, Pilgern brachten hier Opfergaben dar. Neben der Kapelle befand sich ein Nischenkreuz mit der Heiligen Anna, der Jungfrau Maria und dem Jesuskind aus dem Jahr 1504. Davon ist heute nichts mehr zu sehen. Ab dem Ende des 16. Jahrhunderts war die Kirche verlassen und verfiel zur Ruine.

Nochmal gut hundert Meter weiter stößt man auf einen Wanderweg, der von Barr heraufkommt. Auf diesem ging es nun bergauf zu weiteren Wegkreuzungen und dort, den Schildern folgend, weiter zum Château de Haut-Andlau (448 m).

Die Burg wurde zum Schutz der Abtei zwischen 1246 und 1264 auf einem schmalen Granitrücken erbaut und dominiert die Täler der Andlau und der Kirneck. Erbauer war Eberhard d'Andlau. 1678, nach der französischen Annexion des Elsass, wurde sie von den Truppen des Marschalls de Créquy geplündert. Bis zur Französischen Revolution blieb die Burg aber im Besitz der Grafen von Andlau. Erst danach diente sie als Wohnsitz eines Försters und Wildhüters im Dienst der Familie. Sie ist damit die einzige Burg der Vogesen, die noch zur Revolution bewohnt war.

Haut-Andlau wurde 1796 an einen Kaufmann verkauft, der ab 1806 die Burg nach und nach abriss, um durch den Verkauf der Baumaterialien Geld zu verdienen. Erst durch den Rückkauf durch die Familie d'Andlau 1818 konnte die Ruine vor der völligen Zerstörung gerettet werden. 1859 wurden erste Konsolidierungsarbeiten durchgeführt, 1926 wurde die Anlage als historisches Denkmal eingestuft und in den Jahren 1927-1928 erneut restauriert. Sie gehört bis heute der Familie d'Andlau.



Die Anlage erstreckt sich über zwei Ebenen. Der obere Teil steht auf einem schmalen Bergrücken von etwa 25 Metern Breite und 80 Metern Länge. Hier stand ein langes, dreistöckiges Wohngebäude, das an beiden Enden von einem Rundturm mit einem Durchmesser von etwa zehn Metern flankiert wurde.

Der obere Teil ist weitgehend unverändert, der untere Bereich dagegen wurde im 16. Jahrhundert umgestaltet. Im Osten dient ein steiler Felshang als natürlicher Schutz, auf der anderen Seite schützt ein breiter in den Fels gehauener Graben die Anlage. Von der Burg aus schweift der Blick weiter zur Spesburg, aber auch hinüber zur Burg Landsberg und zur Bloss, wo wir vor ein paar Jahren mal mit WoPo1961 und webeBe unterwegs gewesen waren.



Nach der Besichtigung verließen wir das Burgareal, umrundeten es und wanderten auf einem beschilderten Wanderweg hinüber und zuletzt hinauf zur Auberge du Hungerplatz (480 m). Noch vor den Gebäuden und unterhalb des großen Parkplatzes bogen wir links ab und folgten der Beschilderung zur nächsten Burg, dem Château du Spesbourg (460 m).

Die Spesburg (mittelhochdeutsch "Spehtzberg", also "Spechtsberg") wird 1310 erstmals erwähnt, Vergleiche mit nahegelegenen Burgen legen aber nahe, die Anlage aber in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts zu datieren. Vermutlich wurde sie von Alexander von der Dick (Dicke oder auch Dicka) errichtet, dem Bruder des damaligen Bischofs von Straßburg. Dieser übertrug Alexander 1247 den Advokatentitel der Abtei Andlau.

Durch den Tod von Walter von der Dick, seit 1377 Landvogt im Breisgau und seit 1382 Landrichter im Oberelsass, bei der verlustreichen Schlacht bei Sempach (1386) starb das Adelsgeschlecht aus. Damals übernahmen - mit Einwilligung der Äbtissin von Andlau - die Herren d'Andlau die Burg, die bereits seit 1352 Anteile davon besessen hatten.


Über die folgenden Jahrhunderte ist wenig bekannt. Einigen Dokumenten zufolge wurde die Spesburg 1432 von Stephan von Bayern gestürmt, es gibt jedoch keine Hinweise auf den Kontext dieses Konflikts oder seinen Ausgang. Die Spesburg scheint jedoch schnell wieder in den Besitz der Andlaus zurückgelangt zu sein, denn schon 1439 werden sie wieder als Besitzer erwähnt. Im 16. Jahrhundert diente sie dann als Residenz der Grafen von Andlau. Es scheint jedoch, dass die Burg kurz nach der Mitte des 16. Jahrhunderts von der Barrer Bürgerschaft niedergebrannt wurde, nachdem ein Bewohner der Burg einer Vergewaltigung bezichtigt worden war. Vielleicht ist die Spesburg danach verlassen worden, 1689 wird sie jedenfalls als ruinös beschrieben.

Zwischen Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Burg von den Bewohnern der Region als Steinbruch genutzt. 1967 wurde sie als historisches Denkmal eingestuft. Seither kümmert sich der Vereins zur Restaurierung des Château du Spesbourg um die Konsolidierung der Ruine, die nun bereits mehrfach renoviert wurde.


Die Spesburg ist fast vollständig aus Granit erbaut, mit Ausnahme des Maßwerks der oberen Burgfenster, das aus Sandstein besteht. Ihr ist ein in den Fels gehauener Graben vorgelagert, der die Anlage vom Rest des Bergrückens trennt. Erhalten sind vor allem der Bergfried, verbunden mit einer 2,20 Meter dicken Schildmauer sowie der herrschaftliche Palas. Auf der unteren Ebene des Hauptturms befand sich einst ein Verlies, das mit Latrinen ausgestattet war und von einem einzigen, hoch oben angebrachten Lichtschlitz beleuchtet wurde.

Der untere Burghof schließt die östliche Hälfte des Burggrabens ab und erstreckt sich am Fuß der Kernburg nach Süden und Westen. Dazu gehörten mehrere Gebäude, die sich an die Ringmauer und den Felsen der Kernburg lehnten. Der schlechte Erhaltungszustand dieses Teils lässt allerdings keine Identifizierung ihrer Funktion zu.

Der Zugang erfolgte im Südosten über eine Rampe, die zu einer Barbakane führte, die sich wiederum zum Hof ​​im Norden hin öffnete. Ein weiteres Tor befand sich am westlichen Ende der Nordwand der Vorburg, es ist jedoch nicht geklärt, ob es sich dabei um eine einfache Pforte handelte oder um den ursprünglichen Eingang.



Nach der Besichtigung der Burg geht es noch ein kleines Stück nordwärts in den Wald hinunter, bis ein herrlicher markierter Pfad an einem Bachlauf entlang rechts bergab führt. Bald wird ein breiter Waldweg überquert, danach geht es weiter bergab zu einer nächsten Wegkreuzung. Hier führt ein Steg über den Bach. Auf der anderen Seite geht es noch einmal durch herrliches Felsgelände, bis sich der Pfad um einen Bergsporn herum nach links wendet. Am nächsten Abzweig verließen wir den markierten Pfad und wanderten unter ein paar Bienenkästen einen bissl zugewachsenen Weg links hinauf zu den obersten Häusern Andlaus. Von hier aus ging es dann auf der Rue du Château zurück in das hübsche  Andlau (224 m).


Fazit:

Herrliche Tour über die niedrigeren Ausläufer der Vogesen. Highlights sind natürlich die beiden Burgen, aber der felsgewürzte Wald ist ebenfalls wunderschön.

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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Kommentare (2)


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PStraub hat gesagt: Danke ..
Gesendet am 4. Januar 2024 um 15:27
.. für diesen ausführlichen Bericht.
Ich steige in letzter Zeit ebenfalls gerne "alten Steinen" nach und kann über die Grösse der Bauten und die Qualität des Mauerwerks nur staunen.
Alles aus behauenen Steinen, teilweise sogar aus Granit! Bei uns wurden die Wände aus Bruchstein gebaut, manchmal gar in Opus spicatum - ausser natürlich die Kanten.

"Landtage" und "Prinzessinnen" kannte das HRR mW. nicht.

Gruss Peter

Nik Brückner hat gesagt: RE:Danke ..
Gesendet am 5. Januar 2024 um 09:59
Grüss dich, Peter!

Was man halt so vorfindet - das gilt für die Steine ebenso wie für die Infos im Netz. Im ersten Fall liegen die dort im Wald nur so herum. In meiner Gegend ist das Sandstein, entsprechend wenig ist hier von den Burgen noch übrig. Das ist im Elsass ganz anders. Da gibt es eindrucksvolle Reste großartiger Bauten.

Die Infos stammen von französischen Seiten und snd sicherlich richtig, ich vermute, der Google-Übersetzer kennt sich mit den Verhältnissen im HRR nicht gut genug aus. Ich hab das nochmal nachgelesen, in richtigen Büchern, und korrigiert. Vielen Dank für den Hinweis!

Ich wünsche Dir ein tolles neues Jahr und viele schöne Touren!

Gruss,

Nik


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