Historische Gruben und Stollen am Gonzen


Publiziert von rhenus , 17. November 2023 um 18:05.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:16 November 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m

Der Gonzen mit seinem Bergwerk und seinen über 90 km langen Stollen ist ein geschichtsträchtiger, faszinierender Berg. Er war bis ins 20. JH das wichtigste Eisenbergwerk der Schweiz. Er steht wie kein anderer symbolhaft für die über 2000 Jahre alte Bergwerkskultur in der Schweiz, der den Bewohnern jahrhundertelang das Erz lieferte, den unerlässlichen Rohstoff für Arbeitsgerät und technischen Fortschritt. Bergwerke mit ihren Stollen und Gängen faszinieren uns Menschen auch heute noch. Es locken das Unbekannte und der Wunsch zu den Urerfahrungen menschlichen Daseins zurückzukehren, in Höhlen, Grotten und Stollen. Insgesamt wurden am Gonzen bisher rund 1.7 Millionen to Erz (meist Hämatit und Magnetit) gefördert, die aktuellen Erzvorräte wurden auf etwa 5.5 Millionen to geschätzt. Am 2. Mai 1966 schloss das Eisenbergwerk am Gonzen nach einer Jahrhunderte langen, wechselvollen Geschichte wieder mal seine Tore, da das Gonzenerz gegen die aufstrebenden Tagbau-Betriebe in Südamerika und Australien chancenlos war. Letzter Bergwerksdirektor war der mir gut bekannte Bergbauingenieur und Tunnelbauer Rudolf Amberg (1925 - 1995) aus Sargans. Zwar besitzt die Eisenbergwerk Gonzen AG (EGAG) eine gültige Abbaukonzession bis ins Jahr 2083. Infolge der im internationalen Vergleich sehr hohen Abbaukosten ist es allerdings sehr unwahrscheinlich, dass im Zeitalter der Globalisierung je wieder ein industrieller Abbau am Gonzen stattfinden wird.

Der Gonzen beherrscht als Eckpfeiler aber auch die grösste Doppelpforte der Schweizer Alpenwelt. Zahlreiche Wege und Kletterrouten sind am Berg eingerichtet. Der Gonzen ist daher auch ein sehr lohnendes Ziel für den beschaulichen Berg- oder den Alpinwanderer sowie für den Kletterer oft schwieriger Routen bis zum Schwierigkeitsgrad 7c. Die beiden hier beschriebenen Touren kombinieren Bergwerks- und Alpinwanderungen; sie könnten auch in einer Tagestour kombiniert werden, wobei die Wegfindung nicht zu unterschätzen ist. Die Touren führten mich zu allen bekannten Stollen und historischen Gruben am Gonzen. Highlight war sicher die historische Grube IV, die Gletschergrube. Auch die später errichteten Naus- und Wolfslochstollen, die ich diesen Herbst mal per Bike besucht habe, werden hier vollständigkeitshalber aufgeführt. 

Historische Gruben I und II (15.11.2023)
Nach einer langen Regenperiode mit unfreundlichem Novemberwetter auf der Alpennordseite war von den Wetterfröschen für vergangenen Mittwochnachmittag leidliches Wetter mit lediglich vereinzelten Regenschauern angesagt. Nachdem wir kürzlich dem Annagreth-Spitzli einen Besuch abstatteten (siehe hier), wollte ich mir wieder mal die historischen Gruben ansehen. Ich parkte im Lauiwald und stieg am Erzbild vorbei den Erzweg hinauf. Beim Cholplatz 1155m zweigte ich links ab. Nach etwa 100m folgte ich einem deutlich sichtbaren, ehemaligen Pfad zur Grube I. Ich folgte ihm durch Bergwald mit nassem Laub und erreichte die Gonzenwand ziemlich genau bei der Felsentreppe auf 1300m. Im unteren Teil der handgemeisselten Felsentreppe beginnt die schwierige Kletterroute "Dr Füürsetzer". Dann folgte ich immer dem Wandfuss entlang bis zum Einstieg der Gemsweid. Eine einsame Gämse flüchtete, als sie mich kommen sah. Über die steile Schutthalde und die anschliessend mit Stahlseilen versicherte Partie erreichte ich den oberen Eingang der Grube I mit dem Gittertor (T5).

Etwa 5m oberhalb dem Gedenkkreuz für Werner Gräppi beim Klettergarten Lehmgruäb folgte ich dem ca. 30m langen, eindrücklichen, etwa mannsbreiten Felsspalt. Dieser führt zuerst leicht aufwärts, dann steiler abwärts. Wieder im Freien folgte eine leicht abdrängende Querung von ca. 8m. Anschliessend war bei einem Busch eine ca. 4 m hohe Felsstufe mit guten Griffen zu überwinden (III). Erst hier erkennt man den Eingang der Grube II. Leicht aufwärts erreicht man nach Querung eines lehmigen Schutthangs nach ca. 20m die Grube II, die eigentlich 2 Grubeneingänge aufweist (T5). Ein Besucher hat eine Schnur in die Grube hineingeführt, damit er wieder sicher den Ausgang findet; im Berginnern ist eine Orientierung ja nicht möglich. Mir genügte jedoch die Erkundung des Eingangsbereichs des unteren Grubeneingangs. Nachdem ich wieder zum Einstieg der Gemsweid abgestiegen war, folgte ich deutlich sichtbaren Wegspuren über Schutt und Wald in ziemlich genau südlicher Richtung und fand so wieder zum Cholplatz zurück. Anschliessend wollte ich noch den unteren Eingang der Grube I besuchen. Dieser befindet sich ziemlich genau nördlich des Erzhus 1214m. Ich beging den Gonzenleiterweg aufwärts, bis dieser die Wangwand erreicht und folgte dann den deutlichen Trittspuren aufwärts und nach Westen, bis ich den Grubeneingang entdeckte. Dieser ist mit rostigen Eisenträgern behelfsmässig abgedeckt. Der Grubeneingang führt am Anfang etwa 2 bis 3m im Geröll abwärts in den Stollen. Ich verzichtete darauf, hier einzusteigen. Seit meiner letzten, geführten Begehung wurde auch der untere Zugangsstollen der Grube I wenige Meter nach dem Eingangsloch vergittert. Über das Erzhus erreichte ich nach leichten Regenschauern wieder mein Auto im Lauiwald.
             
Historische Gruben III und IV sowie Abliswerk (16.11.2023)
Das kurze Zwischenhoch für Donnerstagmorgen nutzte ich für den Besuch der Gruben III und IV. Die spektakuläre Grube IV (Gletschergrube) wird jährlich etwa ein Dutzend mal besucht, die Grube III sehr selten. Erneut startete ich im Lauiwald und hielt beim Cholplatz 1155m nach Westen. Wo der steinige Pfad die Gonzenwand erreicht (ca. 1210m), stieg ich rund 20 hm dem Wandfuss entlang abwärts. Hinter Büschen gut versteckt fand ich das Abliswerk, ein ca. 60m langer Suchstollen. Ich beging ihn bis zur Stollenbrust und errichtete zur Markierung auf dem Rückweg ein Steinmannli. Dann stieg ich zurück bis zur Follaplatten Abzweigung (1230m, blauer Pfosten).  Über die Follaplatten hinauf, die mit 2 Seilen versichert durchstiegen werden kann bis zum "Spalt", der auch als Biwakplatz genutzt wird. Weiter hinauf zur mühsamen, steilen Schuttrinne zwischen Breitem Turm und Gonzen. Unter dem grossem Klemmblock mit Seilhilfe ca. 15m hinauf (T5, III). Eindrücklich hier der Tiefblick nach Sargans. Nun wendet man sich an der grasigen, steilen Böschung auf Wegspuren ca. 20 m nach Osten (Achtung: hier nicht den verführerischen Schuttspuren nach Süden folgen!) und steigt dann unschwierig eine wenig steile, gut begehbare Blockrinne ca. 10m hinauf. Wenn man einen grauen Kreis erblickt, ist man richtig: Hier ist das verschüttete kleine Einstiegsloch zur Gletschergrube. Ich packte mein 50m Seil aus, das mir später auch als Orientierungshilfe nützlich war. Vom Einstiegsloch ca. 3m senkrecht hinunter (III), dann folgte nach einer kurzen horizontalen Passage ein Abstieg bis ca. 1400m durch mässig steilen Schutt in der ca. 20 - 30m hohen, dunklen Höhle. In dieser Partie ist oft bis im Sommer Schnee anzutreffen, bei meiner Begehung lag nur zuunterst 50m vom Eingang entfernt etwas Schnee. Zuerst erkundete ich die Abbaustelle in Einstiegsrichtung. Anschliessend kehrte ich ca. 20 m zurück und fand in Gehrichtung rechterhand ein weiteres grosses Abbaufeld mit einem charakteristischen, eindrücklichen Stützpfeiler. Zuhinterst im Stollen baumelte eine Gamelle mit dem Höhlenbuch aus dem Jahre 2002. Eindrücklich die Erzadern mit den Rot- und Gelbtönen und ein grosser Respekt vor den Knappen des 18. JH, die hier strengste Arbeit leisteten. Eine Stirnlampe ist sehr zu empfehlen, denn man kann sich in der ausgedehnten Gletschergrube durchaus etwas verirren.

Der Rückweg führte mich wieder die steinige Steilrinne hinab, diesmal deutlich bequemer als im Aufstieg. Es war nun stark bewölkt und sehr windig. Bei den ersten Bäumen verliess ich die Aufstiegsroute und querte rechts (westlich) in die steile Schuttrinne hinab. Ich folgte der Schuttrinne und der nachfolgenden Waldpartie eher auf der westlichen Seite. Bei einem Geländevorsprung erblickte ich beim markanten Felsturm das Steillager der Grube III, wo ich bisher noch nie war; wegen einem Felsabsatz, der ein Abseilen erfordert hätte (im Dülfersitz wollte ich mir das nicht antun), stieg ich nicht ganz zum Eingang der Grube III. Alternativ könnte die Grube III auch von unten her erreicht werden, was im steilen schuttigen Gelände aber mühsam sein dürfte. Verworfen (da Wegfindung heikel) habe ich die Idee, die Grube III über die in diesem Bereich steilen Follaplatten von Osten zu erreichen, wie das früher scheinbar gehandhabt wurde (siehe Situationsplan von 1911). Dann folgte ich weiter der Falllinie, bis ich unter dem steilen Südausläufer des Gonzen ostwärts queren konnte (Abstieg bis hier T5). Durch Felssturzgebiet und naturnahen, steilen Wald - mit Sichtung eines Grünspechts - immer nach Osten querend erreichte ich schliesslich Pt. 1109 am Gonzenleiterweg. Bei den ersten Regenschauern um die Mittagszeit war ich wieder zuhause.

Ergänzende Informationen zu den historischen Gruben
Grube I

Die Grube I ist die weitaus wichtigste historische Abbaustelle. Sie besitzt 2 Eingänge. Der untere Eingang zur Grube I wird für die Bergwerksführungen nicht mehr benutzt. Er ist teilweise verschüttet und behelfsmässig mit rostigen Stahlprofilen abgedeckt. Nahe des oberen Eingangs der Grube I hat es eine Tagbaukehle, wo das Erz mit "Feuersetzen" abgebaut wurde. Erst um 1750 kam das Sprengen mit Schwarzpulver auf und wurde auch am Gonzen eingesetzt. Die Dicke der Erzschicht in Grube I beträgt 0.8 bis 1.5 m. Der beigelegte Plan zur Grube I von 1911 veranschaulicht den Abbaubereich. Rätselhaft erscheint ein nach 110m vom unteren Eingang abzweigender Blindstollen von 12 m Länge, das sog. "Heidestölleli". Möglicherweise stand in der Nische eine Heiligenfigur. Ein interessanter  Augenzeugenbericht der Hüttenarbeit am Gonzen wurde im Nachlass von Hans Conrad Escher von der Linth (1767 - 1823) gefunden, der diese damals still stehende Grube im Juli 1795 vom unteren zum oberen Eingang begangen haben dürfte. Der Autor erwähnt in seinem Bericht ausdrücklich die innerhalb der Grube I in den Fels gemeisselte Felsentreppe (siehe Bergknappe Nr. 82, November 1997). Der Hauptabbau am Gonzen im 15. bis ins 19. JH konzentrierte sich auf die Grube I. Von 1823 bis 1878 wurde durch die Familie Neher neben der Grube II vor allem die Grube I ausgebeutet. Das gute Erz wurde beim unteren Ausgang der Grube I in bis 500kg fassende Säcke gepackt. Ihr Transport geschah bis ins 19. JH seit alters her über den Erzweg auf Schlitten (auch im Sommer), weiter unten bis zur Verhüttung in einem der Hochöfen mit Zweiräderkarren und Fuhrwerken. Von 1916 bis 1918 wurde die Grube I letztmals ausgebeutet und das Erz durch den Wald hinab geschlittelt. Die Menge des in den historischen Gruben bis ins Jahr 1800 geförderten Erzes wird auf 90'000 to geschätzt, im 19. JH dürften es 140'000 to gewesen sein.

Grube II
Die historische Grube II, von den Bergwerksarbeitern auch Lehmgruäb genannt, liegt etwa 150m westlich des oberen Ausgangs der Grube I auf ca. 1405m Höhe. Die hier fast senkrecht stehende Erzschicht in der Nähe des Gonzengipfels wurde im Firstenbau abgebaut. Es ist nicht bekannt, wann sie erstmals ausgebeutet wurde, sicher weit vor 1800. Sie wurde 1842 wieder entdeckt und es wurde hier in der Folge auch weiter Erz abgebaut. Die Erzschicht ist hier 1.5 bis 2m dick, also merklich dicker als in Grube I. Der Zugang zur Grube II erfolgt wie erwähnt vom oberen Ausgang der Grube I. Vom Eingang aus führt ein horizontaler Stollen mindestens 200m weit dem Erz entlang, in welchem einst eine Rollbahn bestand. Von ihm aus wurde das Erz zuerst nach oben (max. 20m hinauf) abgebaut, danach folgte man dem Erz bis etwa 40m in die Tiefe, von wo man es in Kübeln nach oben zog. In unmittelbarer Nähe der Grube II befindet sich der Klettergarten Lehmgruäb mit derzeit rund einem Dutzend kurzen Routen bis max. 40m. Am Fuss des Klettergartens Lehmguäb erinnert ein Kreuz an den hier tragisch verunfallten Werner Gräppi (1913 - 1984). Gräppi war Vorarbeiter im Gonzenbergwerk und kannte das Stollensystem wie kein Zweiter. Auch nach der Schliessung im Jahre 1966 verblieb er Stollenkontrolleur im Dienste der Eisenbergwerk Gonzen AG (EGAG) und verunfallte im Rahmen einer Führung zur Grube II. 

Grube III
Die Grube III liegt direkt südlich des Gonzengipfels auf ca. 1280m. Das Erzlager verläuft in dieser Grube mehrheitlich als Steillager und wurde zu nicht bekannten Zeiten abgebaut. Die Erzschicht in Grube III ist ca. 0.8 bis 1m dick. Die Grube III war jedoch nur ein unbedeutendes Abbaufeld. Der Abbau des Erzes in Grube III erfolgte wie bei allen historischen Gruben bis ins 18. JH mit der Methode des "Feuersetzens". Durch das Anzünden von Holzstössen am Abbaurand wurde das Erz mürbe gemacht, Abschrecken mit Wasser verstärkte den Effekt. Dank den entstandenen Rissen konnten die Erzstücke relativ leicht abgeschlagen werden. Zur Sohle der selten besuchten Grube III kann man vermutlich nur mit Abseilen gelangen.  

Grube IV (Gletschergrube)
Die Grube IV liegt auf ca. 1445m Höhe gegenüber dem "Breiten Turm" auf dem Weg zum Follawald. Sie ist wohl eine der ältesten Abbaustellen am Gonzen. Gemäss dem ehemaligen Gonzen-Geologen Wilfried Epprecht wurde in der Grube IV schon vor 1516 Erzabbau betrieben. Sie gehörte um 1550 dem "Eisenherren" Niklaus Meli aus Mels, daher auch der frühere Name "Mely-Gruob". Der nahe Follawald lieferte das Gruben- und Feuersetzholz und gehörte ebenfalls zum Bergwerk. Es ist denkbar, dass auch die Walser auf Palfries in früheren Jahrhunderten im Bergbau tätig waren oder zumindest das Feuersetzholz aus dem Follawald bereitstellten. Die Mächtigkeit der horizontal liegenden Erzschicht in Grube IV beträgt bis 4m. Der überwiegende Abbau in Grube IV erfolgte vermutlich 1764 - 1774. Auch diese Grube wurde im 19. JH wieder entdeckt, damals jedoch nur versuchsweise erneut betrieben, obwohl noch viel Erz ansteht. Ich entdeckte bei meiner Begehung jedenfalls deutliche Bohrspuren, die aus dem 19. JH stammen dürften. Die Erschliessung der Grube IV ist nicht bekannt. Der Erztransport hinunter ins Tal war sicher sehr schwierig und gefährlich. Er erfolgte möglicherweise mit Holzkänneln über die Follaplatten hinunter zum Fuss der Gonzenwand, allerdings böte insbesondere die Überwindung der südseitigen Steilrinne sehr grosse Schwierigkeiten. Ich fand in der von mir konsultierten Literatur hiezu keine Angaben, es wäre eine spannende Aufgabe, dem vertieft nachzugehen. Die Gletschergrube ist die alpinistisch wohl spannendste der alten Gruben. Bei Firn sind für die Begehung Steigeisen notwendig, daher der Name. Im Innern der Gletschergrube wurde im Jahre 2003/2008 eine ca. 17m lange, überhängende Kletterroute eingerichtet (Phantom, 7c).  

Abliswerk
Das Abliswerk war ein Suchstollen am unteren Rand der Follaplatte auf ca. 1190m. Es ist eine unbedeutende Schürfstelle, an der nie eine eigentliche Erzausbeute stattfand. Der Stollen ist bereits im Übersichtsplan von Bergassessor Stade aus dem Jahre 1911 eingezeichnet. Gemäss Angaben von Toni Geel, Präsident des Vereins "Pro Gonzenbergwerk" wurde der Stollen in den 1940-er Jahren durch Mineur Viktor Anrig (Jg. 1901) letztmals weiter vorgetrieben. Der Stollen im standfesten Quintnerkalk und gekrümmter Linienführung weist einen Querschnitt von ca. 2 x 2m auf und ist ca. 60m lang. Die Stahlgeleise für den Transport des Ausbruchs sind teilweise noch vorhanden. Der Stollen kann vom Cholplatz 1155m aus in ca. 20 Min. leicht erreicht werden (T4). Den Stolleneingang habe ich mit einem Steinmannli markiert, da er durch dichte Erlenstauden verdeckt ist.

Felsentreppe
Auf dem Weg entlang dem unteren Teil der Gonzen-Südostwand zum Gemsweid-Einstieg 1297m passiert man eine ca. 40m lange Felsentreppe von ca. 25cm Breite (Einstieg auf ca. 1300m). Die Entstehungszeit ist nicht bekannt. Die aufwändig in den Fels gemeisselten Treppenstufen führten wahrscheinlich zu einem Erzausbiss, wo früher über Tag Erz abgebaut wurde. Vom unteren Abschnitt der Felsentreppe aus führt die angeschriebene Kletterroute "Dr Fürsetzer" in schwieriger Plattenkletterei aufs Gonzen-Mittelband (7a).    

Nausstollen und Seilbahn nach Malerva, Sargans
Im Jahre 1917 wurde auf Naus auf ca. 1000m der Naussstollen horizontal vorgetrieben. Nach 356m erreichte man das ergiebige Erzlager, das man richtigerweise in der nordöstlichen Fortsetzung der Grube I vermutete. Nach dem abbauwürdigen Nachweis des grossen Erzlagers wurde die Eisenbergwerk Gonzen AG gegründet und unter Leitung von Oscar Neher (1862 - 1944) mit dem industriellen Abbau des Gonzenerzes begonnen. Auf Naus entstand eine richtige Bergbausiedlung mit 2 Knappenhäusern für 150 Mann, Maschinenhaus mit Trafo, Schmiede, Werkstätten usw. Im November 1924 brannte das Knappenhaus I ab. Im März 1939 sowie im März 1945 richteten Lawinen auf Naus weitere verheerende Schäden an. Für den Abtransport des Erzes wurde eine Seilbahn erstellt, welche das Erz in den Jahren 1921 bis 1951 bis zur Inbetriebnahme des Basistollens nach Malerva transportierte. Die Seilbahn wurde abgerissen, einzelne Mastfundamente sind noch erhalten. Vor Errichtung der Seilbahn wurde alles Erz mittels Schlitten ins Tal transportiert. 

Erzaufbereitungsanlage Malerva, Sargans
Im Jahre 1921 wurde in der Malerva bei der Talstation der Seilbahn eine Reinigungs- und Sortieranlage für das Erz erstellt. Die Anlage hatte einen Gleisanschluss mit dem Bahnhof Sargans. Nach einem Grossbrand 1939 wurde 1949/41 der noch heute bestehende Bau einer Eisenkonstruktion mit Ziegelausmauerung errichtet. Bis 1954 wurden die Erze zumeist von Frauen per Hand sortiert, ab 1954 bis zur Stilllegung des Gonzenbergwerks durch eine automatische Sortieranlage. Das ehemalige Schotterwerk steht nach einer Zwischennutzung durch die Baufirma Käppeli ausser Betrieb und unter Denkmalschutz. Konkrete Pläne für eine Nachnutzung der charakteristischen Anlage sind bis dato nicht vorhanden.  

Wolfslochstollen
Der Wolfslochstollen mit Sohle 647m oberhalb von Trübbach wurde 1927 angebohrt. Der etwa 1.3 km lange Hauptstollen wurde jedoch nie zur Erzförderung genutzt, sondern war wie der etwas später angefahrene Tschuggenstollen ein Suchstollen nach weiteren ergiebigen Erzlagern im Bereich des Tschuggen. Erst 1937 fuhr man das Erz an, da die komplizierte Verfaltung des Gesteins mit zahlreichen Verwerfungen der Erzschicht hier besonders schwierige Probleme stellte. Sowohl der Wolfsloch- als auch der Tschuggenstollen waren letztendlich wenig nutzbringend. Das Stollenportal des Wolfslochstollesn kann von der Schollbergwiti über eine Forststrasse leicht erreicht werden.   

Basisstollen
Aufgrund von Bohrungen fand man 1943 heraus, dass das Erzlager bis weit unter die Talsohle im Rheintal reichte. Man baute daher im Jahre 1949 vom Vild aus einen 1.75 km langen Basisstollen zum Erzlager. Hinter diesem Erzlager wurde ein Bahnhof errichtet, der das gesamte unter und über der Talsohle geförderte Erz aufnahm. Mit dem Fluhwandgesenk, das bis 200m unter der Talsohle des Rheintals reicht, wurde bis zum Ende des Bergbaubetriebs im Jahre 1966 intensiv Erz abgebaut und durch den Basisstollen direkt zur Aufbereitungsanalge in der Malerva geführt.

Schaubergwerk am Gonzen (www.bergwerk-gonzen.ch) 
Der 1983 gegründete Verein "Pro Gonzenbergwerk" macht es sich zur Aufgabe, durch Stollenführungen das still gelegte Bergwerk am Gonzen einer breiten Bevölkerungsschicht sicher zugänglich zu machen. Jährlich besuchen gegen 10'000 Personen das Bergwerk. Für alpinistisch Interessierte kann die 2-Tagesführung sehr empfohlen werden (T4 bis oberer Eingang Grube I, siehe hier). Diese führt alles innerhalb des Bergs (!)  vom Vild 490m über Naus 1000m, wo übernachtet wird, bis zum oberen Einstieg der historischen Grube I auf 1370m. Zum Schaubergwerk gehören neben dem im Jahre 2005 in einer Kaverne eröffneten Restaurant und einen Museum beim Tunnelportal des Basisstollens im Vild auch ein eigener Rebberg mit Gonzenwein.  

Rechtliches
Grundsätzlich ist das Betreten sämtlicher Stolleneingänge der Eisenbergwerk Gonzen AG im ganzen Konzessionsgebiet amtlich verboten. Jede Haftung wird gemäss den alten Hinweistafeln abgelehnt. Es ist darauf hinzuweisen, dass es auch in den oft ungesicherten Stollen immer wieder Felsausbrüche gibt. So ist etwa bei der Grube I der Zugangsstollen im Bereich des "Heidestölleli" verschüttet.

Empfohlene Ausrüstung zu den Touren - Glückauf!
Da im Bereich der Gonzenwand immer wieder kleinere oder grössere Felsausbrüche statttfinden, herrscht in Wandnähe generell Steinschlaggefahr. Empfohlene Ausrüstung: Helm, Stirnlampe, bei Firn in der historischen Grube IV (Gletschergrube) auch Steigeisen, Pickel, warme Kleider, Seil, Handschuhe.



Tourengänger: rhenus


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Kommentare (5)


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lainari hat gesagt: Absolut lesenswert!
Gesendet am 18. November 2023 um 13:33
Ein interessanter und ausführlicher Bericht, danke für das Teilen!

VG lainari

bergstrolk hat gesagt: Absolut genial!
Gesendet am 22. November 2023 um 22:10
Ganz herzlichen Dank für diesen fundierten, mit viel Herz und Leidenschaft geschriebenen Bericht - Du hättest einen Preis verdient dafür!
Wer sich am Gonzen noch nie bewegt hat, wird erstmal wohl überfordert sein ob all dieser detaillierten Informationen. Wer aber diesen Berg liebt und kennt, der kann schlichtweg nur mit Begeisterung reagieren.

Ich kenne schon einige der hier beschriebenen Plätze, schneide ab und zu auch mal wieder Routen ein wenig gangbar. Andere, wie etwa die Grube III, waren mir noch komplett unbekannt. Durch Deine Erklärungen, wie z.B. auch die Karte mit den Eisenerzschichten, fügt sich alles zu einem faszinierenden Gesamtbild zusammen.
Man denke nur, die Schicht von Grube II wäre konsequent bis zum Schluss abgebaut worden: Dann wäre man bei der historischen Gletschergrube (Grube IV) wieder ans Tageslicht gekommen - eine Route vom Gemsmätteli zum breiten Turm innerhalb des Berges. Irgendwie eine coole Vorstellung.
Es ist ein Jammer, dass heute alles und jedes verrammelt wird, wie etwa auch der untere Eingang der Grube I. Dasselbe gilt für das Bergwerk in Walenstadt, wo man bis vor wenigen Jahren noch unten einsteigen, durch den Berg hoch und oben wieder aussteigen konnte.

Beim Klemmblock unter Grube IV geh ich übrigens zuweilen auch links um den Klemmblock rum, statt rechts den Seilen nach, d.h. am roten Punkt vorbei auf Deinem Foto. Ziemlich schuttig und lebendig zwar, aber auch eine machbare Alternative. Nur keinesfalls, wenn man als Gruppe unterwegs ist und sich unten noch welche in der Zustiegsrinne befinden!
Und beim Spalt zwischen oberem Eingang von Grube I und Aufstieg zu Eingang Grube II kann man mit etwas Vorsicht auch direkt beim Kreuz links vorne durch. Wer nicht vor hat, zur Grube II hochzusteigen, sondern lediglich im Vorbeiweg zum Gemsweidaufstieg ist, kann sich auf diese Weise auch eine wortwörtliche kleine "Genussrunde" durch den Spalt gestalten.

Beim Gedenkkreuz für Werner Gräppi hab ich bisher noch jedes Mal kurz nachgesonnen, was wohl der Hintergrund dazu ist. Nun kann ich das endlich einordnen - danke für diese Information! Wurde Dir denn auch zugetragen, was damals wirklich geschah? Ist er am Wändchen vor der Grube II gestürzt?

LG
bergstrolch

rhenus hat gesagt: RE:Absolut genial!
Gesendet am 23. November 2023 um 09:47
Es freut mich, dass mein Beitrag dein und lainari's Interesse findet. Besten Dank für deine Hinweise. Wohl wegen Vandalismus und auch aus Haftungsgründen wurden die beiden Zugänge der Grube I verschlossen, was ich bedaure. Werner Gräppi, ehemaliger Mineur und Vorarbeiter, war einer der treibenden Kräfte, welche in den 80-er Jahren das heutige Schaubergwerk initiierten. Gräppi begeisterte mit seinem sympathischen Wesen und dem einzigartigen Wissen viele Besucher des Gonzenbergwerks. Soweit ich weiss, verunfallte er tragischerweise bei einer Führung infolge eines Fehltritts in der Gemswaid.

bergstrolk hat gesagt: RE:Absolut genial!
Gesendet am 24. November 2023 um 20:58
Herzlichen Dank!

kopfsalat hat gesagt:
Gesendet am 23. November 2023 um 10:42
Die Stolleneingänge sind auch auf map.geo.admin.ch eingezeichnet.


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