Überschreitung Sinnwelleck und Fuscherkarkopf (3331m) - ein Wahnsinnsgrat


Publiziert von BigE17 , 23. September 2023 um 10:11.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Glocknergruppe
Tour Datum: 9 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:15
Aufstieg: 1850 m
Abstieg: 1850 m
Strecke:33 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Lienz über den Iselsberg kommend, oder von Spittal durch das gesamte Mölltal fährt man bis Heiligenblut am Großglockner. Dort fährt man über die Großglockner-Hochalpenstraße bergauf, bis vor die Mautstelle (knapp unter 1700m Höhe). Dort findet man auf der rechten Seite ein paar Parkplätze. Für eine weitere Auffahrt, oder auch eine Anreise vom Pinzgau aus, muss die Maut für die Straße bezahlt werden.
Unterkunftmöglichkeiten:Zahlreiche Gasthäuser/Hotels entlang der Großglockner-Hochalpenstraße

Der Fuscherkarkopf ist ein beliebter Dreitausender in der Glocknergruppe - weit oberhalb von der Kaiser-Franz-Josef-Höhe. Er ist wegen seiner Lage direkt am Alpenhauptkamm ein toller Aussichtberg - auch wegen seiner Nähe zu den anderen hohen Gipfeln der Glocknergruppe. Dementsprechend wird der Fuscherkarkopf oft bestiegen, obwohl er kein Wanderdreitausender ist. Schon der Normalweg ist ein wirklich toller Anstieg, aber der schönste Weg ist die Überschreitung Obere Pfandlscharte - Kapuziner - Sinnwelleck. Ein ewig langer, schmaler Bratschengrat, ohne größere Steilstufen und ohne große Schwierigkeiten - dieser sieht einfach gewaltig aus. Da ich diesen unbedingt einmal gehen wollte, war dies mein Tourenziel.

Ich startete alleine um 8:15 bei der Mautstelle der Großglockner Hochalpenstraße mit dem E-Bike. Ich fuhr mit dem E-Bike entlang der Straße Richtung Kaiser-Franz-Josef-Höhe, bis zur allerletzten Kehre vor der Höhe auf ca. 2250m. Dort deponierte ich das Fahrrad. Mein weiterer Weg führte nun Richtung Obere Pfandlscharte. Dabei musste ich zuerst den herrlich gelegenen Nassfeldsee umrunden. Dabei folgte ich anfangs einem guten Weg, später gab es nur noch ein paar Steigspuren.

Nordöstlich vom See begannen die Steigspuren schließlich, entlang von einem steilen Grashang anzusteigen. Nach dem Hang, wo durchaus Trittsicherheit erforderlich war, wurde das Gelände wieder flacher. Die Steigspuren waren in weiterer Folge nicht mehr so leicht zu erkennen, und ich musste oft zweimal schauen, um den Steig wiederzufinden. So gelangte ich auf eine schöne Hochebene, wo ich auf angenehm flache Bratschenplatten traf. Über diese war der weitere Anstieg sehr angenehm, erst kurz vor der Scharte gelangte ich ins Schuttgelände - weil es nicht so steil war, war auch das kein Problem. Ich erreichte den Grat knapp südöstlich von der Oberen Pfandlscharte. Ein kurzer Abstieg im Schutt, wo wegen der Steilheit Trittsicherheit erforderlich war, führte mich in die Scharte.

Hier begann dann der steile Aufstieg zum Kapuziner. Dabei folgte ich dem steilen, brüchigen SO-Grat. Auch hier gab es Steigspuren, die geschickt alle Kletterstellen umgingen. Nach dem steilen, unteren Teil war der restliche Anstieg zum Kapuziner leicht. Wegen des schönen Wetters und der warmen Temperatur dauerte die Gipfelrast ein wenig länger. Irgendwann begann ich dann doch mit dem Weiterweg zum Sinnwelleck.

Jetzt war ich am Beginn des langen, schmalen Bratschengrates. Überraschenderweise fand ich weiterhin gut erkennbare Steigspuren vor. Nachdem die ersten Meter problemlos waren, kam in der Scharte nach dem Kapuziner eine sehr luftige Kletterstelle direkt an der Gratkante (I), gleich danach musste ich einen 3 Meter hohen Abbruch unangenehm nordseitig umgehen (I). Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass dies bereits die anspruchsvollste Stelle der gesamten Tour war. Nach ein paar weiteren, problemlosen Passagen am Grat und nördlich davon, kehrte ich beim ersten größeren Aufschwung wieder zum Grat zurück. Da der Grat nicht allzu steil war, konnte ich diese 200 Höhenmeter ohne Schwierigkeiten im Gehgelände überwinden. Das Gelände war in diesem Bereich auch nicht allzu ausgesetzt. Besonders erstaunt war ich, als ich Fahrradspuren im Sand entdeckte. Das Gelände mag hier zwar nicht sehr anspruchsvoll sein, aber mit dem Rad würde ich hier unter keinen Umständen fahren wollen.

So erreichte ich einen Gratkopf, danach folgte wieder ein schmaleres Gratstück. Das Gelände war zwar wieder luftig, ließ sich jedoch überraschenderweise durch eine nordseitige Umgehung im Gehgelände meistern. Nun stand ich direkt unter dem langen Aufschwung zum Sinnwelleck. Die Steigspuren blieben meist nördlich von der Gratkante, den Grat selbst betrat ich anfangs nur selten. Erst weiter oben wurde die Flanke ein wenig steiler, und ich musste doch auf den Grat. Dieser war plattig, wegen der geringen Neigung aber problemlos auf Reibung zu überwinden. Oberhalb führte mich der Steig dann doch wieder in die Nordflanke, die hier doch ein wenig steiler war. Daher ließen sich leichte Kletterstellen nicht mehr vermeiden (I). Diese waren aber nur kurz, und es dauerte nicht mehr lang, bis ich am Gipfel des Sinnwellecks stand.

Auch hier machte ich wieder eine etwas längere Gipfelrast, weil das Wetter immer noch sehr schön war. Weil das Sinnwelleck bereits deutlich über 3200m hoch war, war die Aussicht auch viel besser als am Kapuziner. Nur der Aufstieg zum Fuscherkarkopf sah von hier aus irgendwie nicht besonders lustig aus. Doch zuerst stand mir der Abstieg in die Scharte zwischen den Gipfeln bevor. Dabei stieg ich unmittelbar nördlich der Gratkante über Steigspuren unschwierig ab, weiter unten musste ich den Grat betreten. Hier war er wieder plattig, war aber nach wie vor problemlos auf Reibung zu gehen. So gelangte ich schließlich in die Scharte. Der Aufschwung, der vom Sinnwelleck aus schwierig ausgesehen hatte, entpuppte sich als steile Schuttflanke, die der Steig nördlich vom Grat überwand. Der Steig wählte auch hier eine sehr geschickte Route und umging damit sämtliche Kletterstellen. Oben angekommen, wurde der Grat wieder deutlich flacher. So wanderte ich auf der wieder etwas schmäleren Gratkante (Fehltritte sind hier nicht erlaubt) auf das bereits sichtbare Gipfelkreuz zu. Überraschenderweise konnte ich so den Fuscherkarkopf ohne besondere Hindernisse im Gehgelände erreichen.

Hier war das Panorama nun wirklich erstklassig: Sämtliche hohen Gipfel der Glocknergruppe reihten sich aneinander, das Highlight war natürlich die Nordwand des Großglockners. In der Ferne war sogar der Großvenediger zu sehen. In den anderen Himmelsrichtungen gibt es kaum noch höhere Gipfel, daher hatte ich eine tolle Fernsicht. Hochkönig, Dachstein, Hochalmspitze, sogar die Julischen Alpen waren zu sehen. Auch der Tiefblick zur Nordseite der Großglockner-Hochalpenstraße war gewaltig. Dementsprechend dauerte die Gipfelrast 45 Minuten.

Den Abstieg wollte ich über den Normalweg antreten. Dabei musste ich anfangs über den schmalen Gipfelgrat in Richtung Westen gehen. Da einen Tag vor meiner Besteigung eine junge Mölltalerin auf tragische Weise auf diesem Grat verunglückt war, stieg ich mit erhöhter Vorsicht über den Grat ab. Tatsächlich war ein Ausrutschen hier an den meisten Stellen nicht erlaubt. Am anspruchsvollsten war ein kurzer Abstieg über eine steile Platte (I). Eine Umgehung sah nicht leichter aus. Wichtig war, im unteren Teil des Gipfelgrates nicht den Steigspuren in eine südseitige Umgehung zu folgen, sondern immer am Grat zu bleiben. Ich erreichte so den unscheinbaren NW-Gipfel des Fuscherkarkopfes.

Hier führte der Steig nun über den breiten SW-Rücken steil bergab. Im oberen Teil führte der Weg durch Schutt und ich verlor sehr schnell viele Höhenmeter. Nach einiger Zeit wurde das Gelände ein wenig unübersichtlicher, und ich verlor auch einmal kurz den Weg. Abseits des Steiges war das Gelände gar nicht so angenehm zu begehen, gottseidank fand ich ihn bald wieder. Danach gelangte ich zur ersten seilversicherten Kletterstelle, welche ich problemlos überwand. Da ein direkter Abstieg durch das Sonderschutzgebiet Gamsgrube verboten ist, folgte der Steig weiterhin dem SW-Grat. Dabei traf ich erneut auf versicherte Kletterstellen, zwischendurch musste ich auch über unversicherte Reibungsplatten bergab gehen. Nach unten hin wurden die Reibungsplatten immer häufiger, aber sie waren gottseidank nicht zu steil. Irgendwann endete der Grat dann doch, und wenige Minuten später mündete der Steig in den Gamsgrubenweg ein.

Ich folgte dem Gamsgrubenweg Richtung Franz-Josef-Höhe, dabei musste ich durch 6 schöne Tunnel gehen - eine wahre Touristenattraktion. Danach musste ich entlang der Hochalpenstraße wieder zum E-Bike zurückkehren. Um nicht zu Fuß durch eine kurvenreiche Lawinengallerie gehen zu müssen, umging ich sie außerhalb auf der Mauer. So gelangte ich zum E-Bike. Während der Abfahrt machte ich noch einen 30-minütigen Abstecher zum empfehlenswerten Glocknerhaus. So erreichte ich um 17:00 wieder das Auto.

Erwähnenswertes:

1. Der Aufstieg zum Fuscherkarkopf übers Sinnwelleck besteht großteils aus Gehgelände mit einzelnen Stellen I. Jedoch muss man bedenken, dass man sich am Grat häufig im Absturzgelände bewegt, wo kein Fehler erlaubt ist. Die schwierigste Stelle ist gleich am Anfang nach dem Kapuziner, eine sehr ausgesetzte Passage direkt am Grat, gefolgt von einer unangenehmen nordseitigen Umgehung.

2. Der Normalweg über den SW-Grat auf den Fuscherkarkopf enthält ebenfalls eine Stelle I, sowie einige Klettersteigpassagen und Reibungsplatten. Auch hier bewegt man sich viel im Absturzgelände, besonders der Gipfelgrat ist relativ luftig. Auch hier ist die Schlüsselstelle nicht ganz einfach, daher ist der Normalweg nur ein bisschen weniger schwer, als die Überschreitung des Sinnwellecks.

3. Das Seil hilft auf beiden Wegen wegen der schlechten Sicherungsmöglichkeiten eher wenig. Einzig die Schlüsselstellen können abgesichert werden. Wer sich in diesem Gelände nicht wohlfühlt, sollte sich jedoch besser von diesen Gipfeln fernhalten.

4. Ein alternativer Anstieg führt über den NW-Grat von der Fuscherkarscharte (II), wobei dieser Weg auf dem NW-Gipfel auf den Normalweg trifft. Außerdem kann man über den Südgrat vom Freiwandkasten aus aufsteigen (vermutlich II). Alternativ kann man auch den gesamten Freiwandgrat begehen (III, sehr lang, brüchig, heikel).

5. Die Obere Pfandlscharte kann auch von Norden her erreicht werden, dieser Anstieg ist jedoch sehr weit und anstrengend.

6. Am Grat gibt es keine Notabstiegsmöglichkeit.

7. Am Fuscherkarkopf ist bei Schönwetter immer einiges los. Auch das Sinnwelleck ist kein einsamer Gipfel. Deshalb, und wegen des guten Handyempfang auf fast der gesamten Tour können diese Gipfel problemlos auch alleine bestiegen werden. Einzig beim Aufstieg zur Oberen Pfandlscharte befindet man sich kurzzeitig im Funkloch.

8. Diese Tour sollte nur bei sicherem Wetter begangen werden, denn bei einem Gewitter wird es auf den exponierten Graten extrem gefährlich.

9. Man sollte diese Tour nur bei aperen Verhältnissen begehen, bei Schnee sind sowohl der Anstiegsweg, als auch der Abstiegsweg viel anspruchsvoller.

10. Während der gesamten Tour hat man tolle Ausblicke. Im Westen sind alle hohen Gipfel der Glocknergruppe in einer Kette aufgereiht, in die anderen Richtungen hat man eine unglaubliche Fernsicht, weil die Sicht nur durch wenige hohe Berge verstellt wird. Auch der exponierte Grat, auf dem man sich lange Zeit bewegt, ist sehr imposant. Unter anderem deswegen kann ich jedem geübten Bergwanderer, der solchen Schwierigkeiten gewachsen ist, diese Tour auf jeden Fall weiterempfehlen. Sie gehört zu den schönsten in der Glocknergruppe.

Tourengänger: BigE17


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