Kristallkopf (3160m) und Ruiskopf - Unbekannte Berge im Lesachtal


Publiziert von BigE17 , 16. August 2023 um 23:51.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Schober-Gruppe
Tour Datum:13 August 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: WS - Gut fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 2050 m
Abstieg: 2050 m
Strecke:20 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Lienz oder von Mittersill über den Felbertauern nach Huben im Iseltal. Hier fährt man nach Osten ins Kalser Tal. In Lesach biegt man nach rechts ab fährt bis Oberlesach zum letzten Bauernhof. Dort befinden sich ein paar wenige Parkplätze.
Unterkunftmöglichkeiten:Keine

Östlich von Kals befindet sich das Lesachtal. Dieses Tal wird von einer Vielzahl an schönen Gipfeln umrahmt. Neben bekannten Gipfeln wie Hochschober, Glödis, Roter Knopf oder Böses Weibl gibt es einige einsamere Berge - unter anderem den Kristallkopf und den Ruiskopf. Der Kristallkopf bekommt noch gelegentlich Besuch, weil er nicht allzu schwierig von der Kristallscharte über den NW-Grat bestiegen werden kann. Der Ruiskopf wird noch viel weniger bestiegen. Das liegt daran, dass dessen Normalweg als ziemlich anspruchsvoll gilt (Kletterstellen III). In Wahrheit ist er jedoch deutlich leichter erreichbar - aber das wusste ich vor der Tour auch noch nicht. Wir waren an diesem Tag zu viert, und hatten uns auf dieses Tourenziel geeinigt.

Weil am Nachmittag Gewitter gemeldet waren, starteten wir bereits um 5:45 in Lesach. Mit den E-Bikes war der Fahrweg zur Lesachalmhütte im Nu überwunden. Wir fuhren mit dem E-Bike über den nun deutlich holprigeren Weg Richtung Tschadinsattel weiter, bis dieser auf knapp über 2000m Höhe in einen Steig überging. Zum Schluss wurde es auch nochmal ordentlich steil. Nun folgten wir ebendiesem Steig taleinwärts, die Abzweigung zum Roten Knopf ignorierten wir. Der Steig überwand anschließend eine Steilstufe. So erreichten wir auf ca. 2500 ein flaches Kar.  

Hier verließen wir nun auch den markierten Steig. Ab nun stiegen wir in Richtung unserer Gipfelziele auf. Dazu mussten wir zuerst einen steilen Gras- und Schutthang überwinden. Danach befanden wir uns im großen Block- und Schuttkar unterhalb vom Kristallkopf und Ruiskopf. Hier einigten wir uns, zuerst den Ruiskopf zu besteigen. Dazu blieben wir am linken Rand des Kares und stiegen über Blöcke und Schutt auf. Das Ziel war es, die markante Schuttrinne südlich des Gipfels zu erreichen. Der Zustieg wurde mit der Zeit immer mühsamer, das Gelände wurde nämlich immer steiler und schuttiger.

Der Aufstieg in der Rinne war von Anfang an ziemlich mühsam, auch Steinschlag war hier ein Thema. Nach einiger Zeit machte die Rinne einen Knick nach rechts, und wurde noch steiler. Außerdem wurde das Geröll immer sandiger. So wühlten wir uns mühsam durch die Rinne nach oben und erreichten so den obersten SO-Grat vom Ruiskopf. Nun musste gleich ein Felsblock überwunden werden (I). Dann standen wir vor einem markanten Kamin, der uns bereits aus dem Bericht von Willy Kreuzer bekannt vorkam, noch dazu war hier der Fels feucht. Einer von uns kletterte vorsichtig den Kamin nach oben, und warf für uns ein Seil nach unten. Während wir aufs Seil warteten, schaute ich mir kurz die Nordflanke an, wo eine Umgehung auch im Bereich des machbaren schien. Doch ein wenig Übung würde mir auch nicht schaden, also versuchte ich den Kamin zu erklimmen, ohne das Seil zu berühren. Nach ein paar Schritten wurde mir das beim nassen Fels zu heikel, also zog ich mich doch kurz am Seil hoch. Frei geklettert wäre dieser Kamin III, der Fels ist hier gut, aber nicht perfekt. Nachher musste noch ein kurzes Gratstück geklettert werden (Stellen I-II), und wir befanden uns am Gipfel.

Heute war die Aussicht relativ gut. Großglockner und Großvenediger waren die Highlights. Aber auch die Gipfel der Schobergruppe sahen von hier aus sehr imposant aus. Nach der Rast begannen wir mit dem Abstieg. Wir kletterten über das Gratstück zurück. Während die anderen durch den Kamin abstiegen, wollte ich mir die Umgehung anschauen. Trotz des abschüssigen Gerölls war das nicht so schlimm, weil ich mich gut am Fels festhalten konnte. Eine kurzer Aufstieg auf ein Bändchen war die schwierigste Stelle (II-). Der anschließende Abstieg durch die Rinne war ein Genuss und dauerte nicht lange. Nun querten wir den steilen Block- und Schutthang zur Kristallscharte, die wir in kurzer Zeit ohne Schwierigkeiten erreichten.

Nun stand uns der breite NW-Grat des Kristallkopfes bevor. Dazu mussten wir ein kurzes flaches Gratstück nordseitig umgehen, dann begann der Aufstieg über den flankenartigen Grat. Das war auch gar nicht so anstrengend. Schließlich war der steile Anstieg vorbei, und wir erkannten am Ende eines flachen Gratstücks den Gipfel. Hier gab es dann kurze Blockkletterstellen (I), der Großteil war nach wie vor Gehgelände. Anfangs blieben wir am Grat bzw. ein paar Meter links, zum Schluss mussten wir ein Gratstück rechts umgehen. Die letzten Meter zum Gipfel waren luftig, aber unschwierig.

Die Aussicht war immer noch gut, aber nicht mehr so toll wie am Ruiskopf, da sich in der Zwischenzeit ein paar Quellwolken gebildet hatten. Deshalb begannen wir nach der Gipfelrast auch recht schnell wieder mit dem Abstieg. Wir stiegen über den Grat wieder zur Kristallscharte ab. Von dort stiegen wir über den steilen Block- und Schutthang ins große Blockkar ab. Wir durchquerten das Kar und stiegen danach über den schuttigen Grashang ins untere Kar ab. So erreichten wir wieder den markierten Steig, über den wir bis zum Raddepot abstiegen. Zum Schluss fuhren wir mit dem Rad zurück zum Auto, wobei noch einmal ca. 80 Höhenmeter Gegenanstieg zu überwinden waren. Wir erreichten das Auto schließlich um 14:45.

Erwähnenswertes:

1. Der Ruiskopf ist ein mäßig schwieriger Dreitausender. Wenn man unserer Route folgt, muss man im Schwierigkeitsgrad II- klettern können, außerdem muss man mit Geröll im luftigen Absturzgelände umgehen können. Der 3-er Kamin muss nicht bezwungen werden.

2. Alternative Anstiege sind deutlich anspruchsvoller: Eine Begehung des gesamten SO-Grates von der Kristallscharte aus ist nicht einfach (Stellen III). Von der Aufstiegsrinne zum SW-Grat aufzusteigen sieht auch nicht toll aus (vermutlich II, aber sehr heikel). Der Nordgrat ist sehr brüchig und schwierig (III). Anstiege durch die NO-Flanke sind auch eher Selbstmord, weil die Flanke sehr steil und steinschlägig ist.

3. Der Kristallkopf ist einfacher zu erreichen, als der Ruiskopf. Dabei müssen lediglich ein paar Kletterstellen im 1. Grad überwunden werden, und man muss ein paar Tiefblicke aushalten. Ausrutschen ist natürlich auch am Kristallkopf an manchen Stellen verboten.

4. Der Verbindungsgrat vom Kristallkopf zum Roten Knopf ist eine anspruchsvolle Klettertour (II-III). Ansonsten gibt es keine alternativen Anstiege zum Kristallkopf.

5. Die Kristallscharte, und in weiterer Folge beide Gipfel, können auch von der Elberfelder Hütte oder vom Lucknerhaus über den Kesselkeessattel erreicht werden. Bei einer Wanderung über Kesselkeessattel können auch mit einem kurzen Umweg die Gridenkarköpfe oder das Böse Weibl mitgenommen werden.

6. Die entscheidenden Stellen am Ruiskopf können mit dem Seil gesichert werden. Das gilt auch für den Kristallkopf. 

7. Unerfahrene Bergsteiger haben auf diesen Gipfeln nichts verloren, weil es sich um eine einsame Gegend mit viel Schutt und Geröll handelt.

8. Im Winter könnte der Ruiskopf durch die sehr steile Ostflanke sehr anspruchsvoll bestiegen werden. Der Kristallkopf kann im Winter entlang der Sommerroute bestiegen werden. Zu Empfehlen ist das wegen der großen objektiven Gefahren aber nicht!

9. Schon während des Aufstiegs durchs Lesachtal ist die Aussicht fantastisch, je höher man kommt, desto besser wird sie. Außerdem wird man hier mit großer Wahrscheinlichkeit keine anderen Personen treffen. Deswegen können diese beiden Gipfel für erfahrene Bergsteiger als ein toller Geheimtipp betrachtet werden.

Tourengänger: BigE17


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»