Kofel / Rechte Achse


Publiziert von derMainzer , 3. August 2023 um 21:22.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Ammergauer Alpen
Tour Datum: 8 Juli 2023
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1080 m
Abstieg: 1080 m
Strecke:13,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:RB 6 von München bis Bahnhof Murnau,dort umsteigen in RB 63 nach Oberammergau.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:RB 63 von Oberammergau. bis Bahnhof Murnau,dort umsteigen in RB 6 nach München.
Unterkunftmöglichkeiten:Diverse Hotels in Oberammergau und Ettal,. Pürschlinghaus.
Kartennummer:BY 7 Ammergebirge Ost Pürschling, Hörnle

☠ Vorsicht, das ist keine normale klassische Bergtour

Extrem absturzgefährdetes und steiles ausgesetztes Gelände!


Woher stammt eigentlich der Name Kofel und für was steht dieser? Das Wort Kofel stammt aus dem bayrischen Wortschatz und steht im Allgemeinen für eine Bergspitze oder -kuppe. Auf den Kofel führen verschiedene Wege, eine Vielzahl an Kletterrouten für Sportkletterer und zwei Pfade für die normalen Bergsteiger, der Königs- und Marxersteig mit Abzweig Kofelsteig.
So viel zum Oberammergauer Matterhorn. Matterhorn? So wird der Berg von den Einheimischen jedenfalls bezeichnet. Der Bezug zum Matterhorn kam sehr wahrscheinlich von dem steilen rechten Gratverlauf von Oberammergau aus gesehen. Also Kofel rechte Achse, eigentlich nur von mir abgeleitet aus der Sportkletterroute linke Achsel.
Was, Kofel rechte Achse, ja spinnt der den. Do gh i ned auffe, des is ma zua gaach. Warum so schwer, wenn es doch auch einfach geht? Das wären doch die typischen Antworten, wenn man einen Mitstreiter suchen würde. Auf die Idee hat mich ein ehemaliger Arbeitskollege gebracht, dieser hat es mit seinem Spezl versucht und beide mussten an einer unüberwindbaren Wand umkehren. So wurde es von ihm mir jedenfalls erzählt. Meine Interessen an einer Begehung waren dadurch geweckt worden. Mehrmals habe ich diesen Gratverlauf vor Ort fotografiert, im Internet recherchiert und Google Earth eingesetzt, jedoch schreckte mich immer wieder die extreme Steilheit vom Gratverlauf ab. Dieses Jahr sollte es so weit sein. Jedoch waren zwei Anläufe dazu notwendig. Der erste Anlauf fand am 27.05.2023 statt, der im Schatten liegende Gratverlauf war bei diesem Termin noch durchnässt, auf einem Einstieg habe ich vorerst verzichtet. Es hat nur zu einer Erkundung gereicht, allerdings konnte ich den waagrechten Absatz vom oberen Gratverlauf begehen, und zwar über einen Zustieg durch eine Rinne in der Felswand vom Marxersteig. Dazu später noch mehr Informationen.
Vom Bahnhof Oberammergau geht es zu Fuß entlang der Ammer in Richtung bis zum Friedhof. Unter der Brücke der B23 hindurch und gleich dahinter rechts abbiegen zum Parkplatz, über diesen und dann links ab zum Grottenweg. Am Einstieg vom Grottenweg hält man sich dann wieder rechts. Diesen folgt man bis zur einer roten Punktmarkierung an einem Baum linker Seite. An dieser Stelle ist dann der Einstieg zum Marxersteig. Den Marxersteig folgt man bis zu den Felsen. Der Einstieg auf dem Gratverlauf rechte Achse wird hier bewusst nicht beschrieben, eine Begründung werde ich zugleich auch mitliefern. Der Sportkletterführer Oberammergau beschreibt an den Felswänden vom Marxersteig zahlreiche Routen. Auf der anderen Seite von Oberammergau aus gesehen liegt unterhalb vom Gratverlauf die Norwegerwand. Auch hier gehen zahlreiche Sportkletterrouten durch. Die Neigung vom Gratverlauf schätze ich zwischen 45° und 55° ein, evtl. sogar noch steiler, je nach Aufstiegsvariante. Das Gelände wird von mir nach der neuen SAC- Skala mit T6 bewertet. Sehr exponiertes Gelände, über längere Strecken erhöhte Absturzgefahr. Äußerst steile Grashalden und Schrofen, längere Kletterstellen II/UIAA. Die Felsqualität ist alles andere als fest und zuverlässig, ein Haufen loses Geröll und Schutt, teilweise feinsplittrig. Das ist alles voll zutreffend für den steilen Gratverlauf. Beim Steigen muss man darauf achten, keinen Stein bzw. Geröll loszutreten, das hätte ungeahnte Folgen, wenn Sportkletterer in der Wand wären. Damit ist dann auch klar, warum man über den Gratverlauf keine Informationen im Internet findet.
Vom Anstieg zum Einstieg des Gratverlauf ist das Gelände zur linken Seite hin steil abfallend zu einer Trichterförmigen Geröllrinne. Das Gelände zur Einstiegsstelle ist mit Gras- und Felsschrofen durchsetzt, kurze Kletterstellen I und II/UIAA mit Gehgelände. Bei Nässe nicht zu empfehlen. Beim Einstieg zum Gratverlauf ergeben sich zwei Möglichkeiten, einmal linker oder rechter Seite. Ich nahm die rechte Seite, da es von dort weiterging und zugleich auf ein Band luftig am Gratverlauf nach links oben hinaus. Im weiteren Aufstieg musste ich immer wieder im Zickzack durch den Gratverlauf, dass ergab sich durch die vorhandenen Hindernisse von Bäumen, Tothölzern und Latschenkiefern inkl. eines brüchigen Terrains. Eine direkte Linie zum Aufsteigen an der Gratkante gibt es hier nicht.  Man kann den Gratverlauf auch im Einzelnen nicht detailliert beschreiben, ein paar Bilder werde ich dazu hochladen.
Im Gesamten Gratverlauf (geschätzte 150 hm) ist kein einziges Stoamandl oder sonst irgendeine Markierung vorhanden. Die interpretierten Pfadspuren stammen wohl eher von den Gämsen. Wenn sich der Verlauf vom Grat zurücklehnt, kommt man auf den ersten unteren waagrechten Gratverlauf. Dieser ist deutlich breit, hier kann man mal durchatmen und rasten. Dort ist auch der Ausstieg der besagten Gras- und Felsrinne der Erkundungstour. Der obere und untere Gratverlauf ist durch einen Felsabsatz getrennt. Durch diesen geht eine Felsrinne und die Durchsteigung erfordert den II/UIAA Schwierigkeitsgrad. Damit erreicht man den oberen senkrechten Gratverlauf. Dieser ist deutlich schmäler und bricht linker und rechter Seite steil ab. Der Grat führt direkt zum versicherten Koflersteig. Auf diesen bis zu einer Scharte. Von dort zum Gipfel, den man entweder auf zwei versicherten Steigen erreicht oder den Felsigen Aufschwung in einer Rinne durchklettert. Der Kofel als erstes Gipfelziel war erreicht.
Danach Abstieg zurück zur Scharte über einen der beiden versicherten Steige. In der Scharte führt linker Seite nochmals ein versicherter Steig in den Kofelsattel. An dem dortigen Unterstand nicht am Königssteig geradeaus weiter, sondern links an einem unmarkierten ansteigenden Pfad in Richtung Vorderer Rappenkopf. Bis zum Ansatz vom Gipfelaufschwung ist der Pfad nicht technisch schwer, allerdings stellt sich dieser sehr steil auf. Die hier *andy84 (Bild Nr. 12) bereits beschriebene Schlüsselstelle kann unterhalb auf einem Band nach links rausquerend unschwer umgangen werden. Danach unschwer auf dem Grat zum Gipfel des Vorderer Rappenkopf. Die weiteren Schlüsselstellen bis zum Zahngrat erspare ich mir, die sind hier im Forum mehr als ausreichend beschrieben worden. Lediglich den letzten Gratverlauf mit dem Abbruch, dieser ist der interessanteste Abschnitt. Den Felskopf nach dem Zahn Ostgipfel habe ich nicht rechts auf einem Band umgangen, sondern bin vor dem Zaun gleich in seine Flanke aufgestiegen. Von dort unschwer zum Gratverlauf. Die Felszacken am Gratverlauf werden bis kurz vor dem Abbruch seitlich umgangen. An vereinzelten Gratzacken endet der Gratverlauf. Hier muss man auf einen kleinen Felskopf, welcher fast viereckig ist, nach links vom Grat absteigen. Gegenüber ist ein Absatz an einer Felsplatte, dort mit Spreizschritt hinüber, über die Platte mit zwei weiteren folgenden Absätzen. Von diesen bis zum einem Gratzacken, der abgeklettert werden muss. Der Gratzacken wird von mir mit Stelle III/UIAA bewertet. Der Rest vom Abstieg ist Formsache, über eine Band mit Stellen I/UIAA zur Scharte zwischen Zahn Ost- und Westgipfel. Nicht vergessen, nach dem abgekletterten Gratzacken ist das Gelände dort wie eine kleine Felsterrasse. Dort kann man rasten, aber auch hervorragende Fotoaufnahmen machen. Da aus den Lechthaler Alpen heraus eine Schlechtwetterfront sich näherte und die Kreuzspitze schon unter dunkeln Wolken lag, bin ich zum Kolbensattel abgestiegen. In der Kolbensattelhütte habe ich für ca. 1¾h eine Pause eingelegt und der dortigen Hausmusik gelauscht. Das war noch ein angenehmer schöner Nachmittag. Dann zum Bahnhof und nach München zurück mit der Bahn.


 Routenschwierigkeiten der Tour:

  1. Einstieg Gratverlauf Rechte Achse zum Gipfel vom Kofel:
Sehr exponiertes steiles T6 Gelände, über längere Strecken erhöhte Absturzgefahr vorhanden. Äußerst steile Grashalden und Schrofen, längere Kletterstellen I und II/UIAA. Die Felsqualität ist alles andere als fest und zuverlässig, ein Haufen loses Geröll und Schutt, Hindernisse von Bäumen, Tothölzern und Latschenkiefern im gesamten Gratverlauf, kurze Stellen zum Stand (Rastpunkt) vorhanden. Die Schwierigkeiten von den zwei waagrechten Gratverläufen liegen bei T4, der zweite ist sehr schmal. Vorsicht Absturz Gefahr. Die Rinne von dem Felsabsatz zwischen beiden Gratverläufen ist mit T5 zu bewerten, Stellen II/UIAA.
Der Gratverlauf Rechte Achse sollte aus den bewerteten Schwierigkeiten und den in den Wänden (Klettergarten Marxerwand & Norwegerwand) verlaufenden Sportkletterrouten nicht begangen werden.
Ab dem Koflersteig reduzieren sich die Schwierigkeiten auf T3, an einer ausgesetzten Stelle mit überwucherten Baumwurzeln ist eine Gliederkette als Fixseilversicherung angebracht. Der letzte Aufschwung zum Kofel wurde von mir direkt über den Gratzacken mit Felsrinne (T4/Stelle II/UIAA) erklettert.

  1. Felsrinne Marxerwand beim Erkundungsaufstieg am 27.05.2023:
Die Schwierigkeiten von dieser Felsrinne liegen im unteren felsigen Einstiegsbereich bei T5 und Stellen II/UIAA. Im oberen Bereich ist es ein Übergang nach rechts in steile Grashalden und Schrofen, mit Hindernissen von kleinen Bäumen und Latschenkiefern. Ich bin rechts ausgestiegen durch die steile Grashalden, die linke Seite mit den Felsplatten habe ich gemieden, da dort alles lose und locker aussah, eben unzuverlässiger Fels. Ich bin nach rechts gequert und dann durch eine brüchige Gras- und Schrofenrinne, teilweise feinsplittrig nach oben auf den unteren waagrechten Gratverlauf aufgestiegen. Bewertung T6 und III/UIAA. Man musste sich dort mit allen vieren sichern, ein ausrutschen in der Rinne hätte unangenehme Folgen, wenn nicht sogar tödliche.

  1. Abstieg Kofel nordseitig zur Unterstandshütte:
Der Abstieg erfolgt über einen der beiden versicherten Steige bis zum Abzweig wo sich der Koflersteig mit dem Königssteig zusammentreffen. An dieser Namenlose Scharte steigt man über einen versicherten Steig mit Fixseilen zum Kofelsattel ab. Die Schwierigkeiten liegen hier bei T3. Bei hoher Frequentierung erhöhen sich die Schwierigkeiten bei Umgehungen der versicherten Fixseilstellen  zusätzlich auf Stellen I/UIAA.

  1. Überdachte Bank bis zum Brunnberg (1529 hm):
Dieser Abschnitt wurde hier im Forum schon oft beschrieben, deshalb nur ein paar Details, welche von der üblichen Route abweichen. Die Schwierigkeiten liegen überwiegend bei T3. Der Aufstieg zum Vorderer Rappenkopf wird in den letzten 60 hm sehr steil und ausgesetzter. Die Schlüsselstelle der schmierigen Felswand kann unterhalb dieser über ein schmales Band nach links hinaus gequert werden. Dann einfacher nach rechts oben am Gratverlauf direkt aufsteigen. Ein Pfad ist immer durchgehend erkennbar. Aber Vorsicht, das Gelände ist sehr steil und verzeiht hier keine Fehler.

  1. Brunnberg (1529 hm) bis zum Zahn Ostgipfel (1611 hm):
Ab dem Brunnberg erhöhen sich die Schwierigkeiten auf T4. Je nach Routenwahl kommen auch Stellen II/UIAA hinzu. Stellen Felsplatte I/UIAA unterhalb vom Namenlosen Gipfel, Abstieg zum Bekreuzten Gratzacken am Felskopf Stellen II/UIAA, Aufstieg über eine Schrofenwand Stellen II/UIAA; Überschreitung Zahn Ostgipfel, in seiner Flanke T5/ Stellen II/UIAA, Gras- und Felsschrofen. Am Gipfelgrat dann Gehgelände bis zum Gipfelkopf.

  1. Zahn Ostgipfel (1611 hm) Gratverlauf Abbruch Richtung Zahn Westgipfel:
Abstieg Zahn Ostgipfel Gehgelände T4 bis zum Felskopf mit Zaun. Dort nicht über den Zaun, sondern direkt an der Kante vom Felskopf aufwärts, T5 mit Stellen II/UIAA, anschließend Gehgelände. Direkter Abstieg zum felsigen Gratverlauf, Stellen II/UIAA, diesen überschreiten bis zum Ende, T5 und Stellen II/UIAA. Um auf das Abstiegsband vom Abbruch zu kommen, muss ein Gratzacken überklettert werden, Stelle III/UIAA (s. Bild Nr.37). Dann Abstieg in Flanke vom Grat auf das besagte Grasband, Gehgelände T5 und I/UIAA. Queren in Scharte zwischen Ost- und Westgipfel Zahn. Dort Pfad zum versicherten Steig Sonnenberggrat mit Schwierigkeit T3 und retour zum Kolbensattel und der -hütte.

Fazit:
 
Mark Zahel schrieb in seinem Buch Wilde Wege Bayrische Alpen, das die Ammergauer Alpen das Eldorado der wilden Wege sind. Da hat er gar nicht mal so unrecht. Von den mir hier beschrieben Anstieg auf dem Kofel kann ich nur abraten. Dafür gibt es den Zahn- mit anschließenden Sonnenberggrat letzte Etagen. Diesen Gratverlauf gehe ich jedes Jahr, da es mir dort nie langweilig wird. Es findet sich immer wieder was Neues, auf den Gratabschnitten kann man so unendlich viel machen.
Der Zahn- und Sonnenberggrat erfordern stabile Wetterverhältnisse in den Ammergauer Alpen. Bei Wetterumschwüngen mit Gefahr von extremem Gewitter wird ein schneller Rückzug auf beiden Graten schwierig. Notabstiegsmöglichkeiten sind vorhanden, jedoch teilweise steiles Gelände. Auf den versicherten markierten DAV- Routenverlauf hat es schon Unfälle mit Todesfolgen gegeben.

P.S.: Bei den von mir hochgeladenen Fotos ist noch die MEZ anstatt der Sommerzeit angegeben.

Der Zeitbedarf der Tour bezieht sich bei mir immer auf die reine Gehzeit ohne die Pausen.

Die Tour über den Zahngrat sollte selbstverständlich nicht bei Nässe begangen werden.

Der Gratverlauf Kofel Rechte Achse sollte aus Rücksicht auf die Sportkletterer überhaupt nicht begangen werden

Tourengänger: derMainzer


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