Klettersteig Tälli


Publiziert von raphiontherocks , 2. Juli 2023 um 16:53.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum: 1 Juli 2023
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K3 (ZS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   Titlis und Wendenstockgruppe 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1070 m
Abstieg: 1070 m
Strecke:Tällihütte - Alpligerstock (Einstieg) - Klettersteig Tällistock - P. 2540m (Ausstieg) - P. 2123m - P. 1923m - Sätteli - Tällihütte

Tour: Von der Tällihütte über den Tälli-Klettersteig und via Sätteli zurück zur Tällihütte

Route: Tällihütte (1727m) - Einstieg Klettersteig beim Alpligerstock (ca. 2060m) - Tälli-Klettersteig - Ausstieg Klettersteig auf ca. 2540m Höhe - Wegweiser bei P. 2123m - P. 1923m - Sätteli (2116m) - P. 1847m - Tällihütte (1727m)

Wegbeschreibung: Wir kommen kurz vor 10 Uhr mit dem Auto an der Talstation der Tällibahn unmittelbar an der Sustenpassstrasse an. Obwohl das Wetter etwas zu wünschen übrig lässt, sind wir überrascht als wir nur ein weiteres Auto auf dem grossen Parkplatz antreffen. Die Seilbahn fährt vollautomatisch auf Abruf, einmal rauf und runter kostet CHF 16. Da neben der Bahn eine grosse Kartonkiste von einer lokalen Bäckerei liegt, telefonieren kurz mit der Hütte und nehmen sie dann gleich mit hinauf. Die Hüttenwartin der Tällihütte bedankt sich für das gebrachte Brot und möchte uns als Dank zu einem Kaffee einladen, aber wir wollen lieber zuerst den Steig machen, ist doch am späten Nachmittag noch einmal Regen vorausgesagt. Sie rät uns zu Vorsicht, wünscht uns viel Spass und wir ziehen um 10:20 Uhr gleich los. 
Der Zustieg zum Klettersteig verläuft ziemlich direkt schräg den Hang unter der Gadmerflue hinauf. Er ist wbw ausgeschildert und markiert, gelegentlich lassen sich aber noch verblasste wrw Markierungen erkennen. Auf den ersten drei Vierteln ist der Weg wenig steil und anspruchslos, der Schlussspurt ist stellenweise ausgesetzt, steil und mit Drahtseilen versichert. Bald erreichen wir das kleine Joch zwischen der Wand und dem Alpligerstock, wo sich gleich eine Gruppe von acht Personen an den Einstieg macht. Nachdem wir unsere Klettersteigausrüstung angezogen haben, gehen wir noch schnell zum Alpligerstock, um den Vorausgehenden etwas Abstand zu verschaffen.
Der Tälli-Klettersteig beginnt mit einem schrägen Riss, der zur ersten Leiter durchgeklettert werden muss (K2/K3), danach folgen einfachere Traversen, bevor es zum ersten senkrechten, mit Eisenstiften versehenen Aufschwung kommt (K3). Bald folgt eine weitere, etwas kürzere schwierigere Stelle (K3). Hat man diese überwunden, wechseln sich flache Traversen mit schrägen, wenig schwierigen Kletterabschnitten (K2), ab und wir erreichen überraschend schnell die erste Bank auf ca. 1/3 des Steigs. Hier machen wir zusammen mit drei Deutschen eine viertelstündige Pause, bevor sie uns vorlassen und wir weiter gehen. Oberhalb der Bank wechseln sich flache Traversen mit Leitern ab, wirklich geklettert werden muss nur wenig. Mit einer Serie von drei aufeinanderfolgenden Leitern wird ein weiteres Steilstück bezwungen. Immer wieder wird traversiert oder leicht schräg gekraxelt, wobei das Terrain komfortabel mit Eisenstiften versehen ist. Über eine oder zwei kurze, leicht schwierigere Abschnitte (K2), erreichen wir schon bald die obere Bank und treffen auf fünf Schweizer, die gleich aufbrechen. Hier machen wir nochmals eine viertelstündige Pause, tragen uns ins Wandbuch ein und hoffen vergeblich, dass sich der dichte Nebel lüftet und doch noch den Blick in die Hochalpen freigibt. Dann nehmen wir das letzte Viertel des Steigs in Angriff, das wieder hauptsächlich aus recht einfacher Kletterei und vielen Leitern besteht. An einer Stelle muss man wieder durch einen kleinen Riss kraxeln. Es sind höchstens drei Meter, aber weil man hier das Drahtseil im Rücken hat, stelle ich mich etwas dumm an, hänge mich mit dem Rucksack im Drahtseil ein und komme nicht so weiter wie wohl von den Erstellern des Steigs gedacht. Nach einigen Fluchen meinerseits, begleitet von Lachern meines Begleiters, überwinde ich diese eigentlich nicht allzu schwierige Stelle (ca. K2) dann doch noch. Nach weiteren Leitern flacht das Terrain ab. Das Drahtseil zieht noch etwas nach rechts und bald erblicken wir die Gipfelskulptur am Ausstieg des Klettersteigs. Wir gehen noch ein paar Dutzend Meter in Richtung P. 2598m hinüber und machen dort Mittagspause. 
Frisch gestärkt nehmen wir den Rückweg zur Tällihütte in Angriff. Der sehr gut markierte Alpinwanderweg führt erst relativ flach zur ersten Stufe auf etwa 2500m. Die nächsten zweihundert Höhenmeter müssen in stufigem Gelände mit rutschigem Gestein auf nicht immer eindeutiger Wegspur absolviert werden. Die Markierungen sind aber auch hier engmaschig und die generelle Richtung eindeutig. Bald erreichen wir auf 2300m Höhe bei einem kleinen Tümpel wieder flacheres Terrain. Bei der Markierungsstange bei P. 2231m folgt eine weitere kurze, aber steile Stufe, die im Abstieg nicht ganz einfach ist und halb kraxelnd, halb springend überwunden wird. Unterhalb davon wird das Terrain plötzlich grüner und bald ist der Wegweiser bei P. 2123m erreicht, wo wir links abbiegen und zum P. 1923m hinüber traversieren, wo wir auf den offiziellen Bergwanderweg zum Sätteli treffen. Dieses wird in einem Gegenanstieg von fast zweihundert Höhenmetern auf direktem Weg gewonnen. Dabei ist der Aufstieg erst sehr flach, erst auf den letzten Metern steilt sich der Weg nochmals auf. Der Abstieg vom Sätteli zur Tällihütte ist dann aber durchaus wieder ziemlich steil und aufgrund der Niederschläge nass und rutschig. Ab dem Wegweiser bei P. 1847m sind dann die letzten Schwierigkeiten überwunden und es folgt eine letzte flache Traverse zur Tällihütte. Dort werden für unseren morgigen Brotlieferservice mit Kaffee und Apfelwähe verwöhnt und fahren danach mit den drei Deutschen zurück ins Tal.

Zeitbedarf: Ungefähr 6h reine Gehzeit, wir waren etwa 7h 30min unterwegs. In der Literatur wird für diese Tour meist auch zwischen sechs und sieben Stunden veranschlagt, das dürfte ein guter Richtwert sein. Wir brauchten 50min für den Zustieg, 2h 30min für den Klettersteig und 2h 40min für den Rückweg.

Schwierigkeit: Der Zustieg ist alpin markiert, aber nur im obersten Abschnitt etwas schwieriger, da steil und ausgesetzt. Diese Etappe ist praktisch durchgehend mit einem Drahtseil versichert. Das SAC-Tourenportal bewertet den Zustieg mit T3+.
Der Tällistock-Klettersteig wird mit K3 eingestuft, was meiner Meinung nach auf die wenigen schwierigen Stellen durchaus zutrifft. Diese Stellen liegen ziemlich am Anfang des Klettersteigs. Die meisten anderen Kraxelabschnitte übersteigen meiner Meinung nach ein K2 nicht, dazu gibt es viele horizontale Traversen. Auch die vielen Leitern, zum Teil mehrere aufeinander folgende, lassen sich ziemlich einfach überwinden. Der Klettersteig ist grundsätzlich grosszügig mit Eisentritten und Eisenstiften versehen, es gab aber ein paar Stellen, an der ich diese anders gesetzt hätte. Überraschenderweise gibt es nicht überall ein durchgehendes Drahtseil. In gewissen Kehren ist der Abstand zwischen dem Ende des einen Drahtseil zum Beginn des nächsten so gross, dass es unter Ausnutzung der elastischen Arme des Klettersteigsets meistens gerade noch reicht um gesichert zu bleiben, manchmal aber auch knapp nicht. Grundsätzlich befanden sich aber keine dieser Kehren an einer heiklen Stelle. 
Der Rückweg führt erst auf einem klassischen Alpinwanderweg (T4) über felsiges, unregelmässiges Terrain, mal wenig steil, mal flach und stellenweise rutschig zum Bergwanderweg hinab. Die Stelle bei der unteren Markierungsstange muss gekraxelt werden (I), danach wird es fliessend einfacher, bis man mit dem Wanderweg zum Sätteli einen klassischen Bergwanderweg erreicht. Der Abstieg vom Sätteli ist zuoberst nochmals etwas anspruchsvoller (T3), aber bald einfach (T2).

Anforderungen: Auf jedem Klettersteig ist Schwindelfreiheit und Trittsicherheit ein Muss. Auf dem Tälli-Klettersteig ist vor allem Ersteres unabdingbar, bewegt man sich doch durch eine fast senkrechte, stellenweise sogar überhängende Wand. Der Klettersteig sucht sich zwar den einfachsten Weg, aber man bewegt sich in steilstem Gelände mit entsprechend eindrücklichen Tiefblicken. Eine vollständige Ausrüstung mit Klettergurt, Klettersteigset mit Fallbremse und zwei Karabinern und Helm ist zwingend, Kletterhandschuhe sind empfehlenswert. Mit dem langen Rückweg und der doch über sechsstündigen Marschzeit wird eine gewisse Kondition und Konzentration verlangt, da man auch gegen Schluss der Tour beim steilen Abstieg vom Sätteli besser nicht ausrutschen sollte. 

Bemerkungen: Mit einem K3 ist der Tälli-Klettersteig weder einfach noch schwierig, aber lang ist er allemal. Die beiden schwierigsten Stellen kommen gleich zu Beginn, danach wechseln sich einfachere Kraxelstellen mit Traversen im Gehgelände ab, die für etwas Erholung sorgen. Man könnte nun auch sagen, dass auf diesem Klettersteig etwas viel traversiert und wenig wirklich geklettert wird, aber da ich nach dem Ausstieg gemerkt habe, dass mir in den Unterarmen doch noch ein paar Klettermuskeln fehlen, war ich nicht ganz unglücklich darüber. Aufgrund seiner Länge ist der Tälli-Klettersteig eher nicht für Anfänger geeignet, da es keinen Fluchtweg gibt. Im Abstieg könnte man als Alternative zur Engstlenalp wandern und sich so ca. 1h Wegzeit sparen. Über die ganze Tour gesehen ist der Klettersteig-Teil verhältnismässig klein, wer aber auch Wandern in alpiner Umgebung mag, kommt mit der Kombination aus Klettersteig und Alpinwandern voll auf seine Kosten.

Bedingungen: Äusserst neblig und generell feucht, da es am Vortag und in der Nacht viel geregnet hat. Erstaunlicherweise war der Fels aber mehrheitlich bereits wieder ziemlich trocken. Einzig dort wo Wasser aus dem Fels drückt oder von oben herabrinnt, war es wirklich nass. Grundsätzlich ist die Begehung dadurch aber nur wenig schwieriger geworden. Leider hat sich der Nebel nach Süden nie wirklich gelichtet, sodass wir vom grossartigen Panorama nicht viel mitbekommen haben, er hat aber auch die jähen Abgründe an der Gadmerflue etwas versteckt, sodass die psychische Komponente dieses Klettersteigs bei unserer Begehung nicht so ganz zum Tragen gekommen ist. Geregnet hat es dann zum Glück erst auf den letzten Metern.

Cheers,
raphiontherocks

Tourengänger: raphiontherocks


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T4- K3-
13 Okt 17
Tälli Klettersteig · ᴅinu
T3 K3-
30 Sep 16
Der Tälli - Klettersteig · Bergbursche
T4 K3-
T3+ K2+
K3
22 Jul 17
Tälli-Klettersteig · Matthias Pilz
T4 K2
6 Aug 16
Klettersteig Tälli · shuber
T3+ K3
16 Sep 11
Tälli Klettersteig · cocoa
K3
7 Sep 14
Tälli Klettersteig · Stijn

Kommentar hinzufügen»