"Tichodrome" im Sektor Les Follatères in Dorénaz
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Da es für die geplanten Routen am Furkapass defintiv zu kalt und schneebedeckt war, machten wir auf unseren ersten gemeinsamen Tour das Beste - pädagogisch war die Tour äusserst wertvoll!
Gemütliches Sportklettern im sonnigen Wallis - mit einer geradezu lächerlichen Aneinanderreihung von mühsam-humorigen Zwischenfällen ;-)

Wir wählten für unsere Ausweichtour die klassische Route Tichodrome, die angeblich leichteste des Sektors. Neben netten Kletterstellen gibts auch den einen oder anderen Quergang, was etwas Voraussicht im Verlängern der Sicherungspunkte sowie die/den solideN NachsteigerIn erfordert. Die Nachbarrouten sahen eher besser aus, was Linienführung und Homogenität betrifft...
Der Fels sieht hier und dort wenig vertrauenswürdig aus und ist "gewöhnungsbedürftig": dank vielen Begehungen wackelt auf den Routen nichts mehr, die Reibungswerte sind, je nach Bruchfläche der Griffe und Tritte, sehr unterschiedlich. Die Kletterstellen sind schwierig zu lesen, wo man ungeduldig den Henkel sucht, ist garantiert keiner. Er ist immer dort, wo man zuletzt hingreift...
Zustieg vom Strässchen (15 Fussminuten südlich

1. Sl 5c Über ein Bäuchlein, dann leichter zum zweiten BH weit oben, anschliessend schön über die kompakte Platte zum Stand, am besten vor dem Band.
2. Sl 5b Nach dem Band durch einfache Verschneidung auf ein weiteres, kräftige Verschneidung an guten Griffe, leicht überhängend. Danach mit Bewegungsfantasie auf Bändchen leichter nach rechts.
3. Sl 5c Weiter nach rechts queren, an der Kante exponiert gerade hoch über eine schwierig zu lesende Stelle, rechts leichter. Gerade hoch und am Schluss horizontal links zum Stand. Achtung: Seilzug!
4. Sl 5c in leichterem Gelände leicht links hinauf, an der Kante einige interessante Züge und dann hart nach links ohne Höhengewinn zum Stand. Diese Länge ist wesentlich kürzer (25m) als die vorhergehenden. Die BH in der logischen Linie nach der Kante gerade hinauf in den Überhang gehören zur Route Agier, letzte Sl 6a+! Als Variante direkt zum Ausstieg wärs zwar sehr schön, nur braucht man ca. 15 Exen und muss einige verlängern.
5. Sl 6b, 5c+ A0: in wenig kompaktem Fels gerade hinauf, die letzten Meter vor dem Ausstieg in steiler Platte mit tollen Zügen hoch. Stand an Block drei Meter hinter der Kante.
Der Erlebnisbericht von nadirazur
Wahrscheinlich las Alpin_Rise den Kommetar von
Mde und hat als wohlgemeinter Alpinpädagoge gedacht: Zwei Fliegen auf einen Streich! Wenn ich dieses Wochende
nadirazur im Wallis einen Besuch abstatte, werde ich doch dies gleich mit einem Intensivkurs "Abseilen" verbinden! Darum hier gleich zuallererst ein ...
Kleiner Leitfaden "Seilabziehen beim Abseilen" für die Pleiten und Pannen Community by Alpin_Rise:
Verklemmt das Seil, durchläuft man folgende Schritte
1. mit gut dosierter Kraft (am richtigen Strang!) ziehen.
2. am anderen Strang etwas ziehen und zurück zu 1.
3. Zugrichtung ändern falls möglich, Seile schwingen, Verdrehungen lösen, zurück zu 1.
4. mit aller Kraft, Prusik und Körpergewicht ziehen, zurück zu 2.
5. bringt das nichts, Wiederaufstieg am Seil, für Ordnung sorgen, abseilen und zurück zu 1.
6. hat man das Seil soweit abgezogen, dass man nur einen Strang in der Hand hält und die besch*** Seile klemmen immer noch, zurück zu 1. Nicht fluchen, bringt kaum was.
7. hilft alles nichts, ohne Seil auf- bzw. absteigen oder auf Mitkletterer/nette Freunde in der Gegend/Rega hoffen... * siehe Kommentar von mde, Danke!
Alpin_Rise : Weils so absurd war, trocken "was genau geschah":
- Ein (wahrscheinlich) betagter oder "bewallister" Sonntagsmorgenfahrer zielt auf schmalem Strässchen mit gutem Tempo genau auf den Rückspiegel von nadirazurs Auto, biegt um die nächste Kurve und ist weg.Der Rückspiegel auch.
- Wir folgen dem falschen Weglein, anstatt direkt zum Einstieg zu spazieren.
- Erst in die überhängende Einstiegslänge von Agier eingestiegen, Rückzug.
- Dann problemlos einer Seilschaft bis unter die 4. Länge von Tichodrome gefolgt, dann ihren Verhauer in die "Agier" kopiert, improvisierter Zwischenstand, onsight fraglich.
- Kleine Technikunde: Nachsteigen von Quergängen ohne Materialverlust.
- Einstieg in die 6b Länge ohne Exen. Holen der selbigen ohne Gefährdung von Leib und Leben, onsight gestorben.
- Abseilen vom obersten Stand, Leitfaden "Seilabziehen beim Abseilen" bis Punkt 4, eine gute halbe Stunde lang.
- Beim 2. Abseilen gerät nadirazurs linker Haarschopf in den Abseilachter. Zum Glück gleich am Band angelangt als der Achter gerade am Ohr ist, im knappen Stand Seil lockern und Befreien der Haare noch möglich ohne weitere drastische Massnahmen.
- Abseilen vom untersten Stand, Wind bläst Seil derart hinauf, dass es nachher Quer in der Wand liegt.
- Auf festem Boden angelangt "Windgheu" im Seil beim Abziehen, darum erneut Leitfaden bis Punkt 6.
- Grasboulder auf Band, runterschmeissen des Abseilgerätes, erneutes Abseilen, diesmal mit Halbmastwurf.
- Erleichterte Bemerkung, dass nun alles i.o. sein muss, manchmal aber die steifen Seilenden im (zu kleinen) Ring klemmen können. Sie tun es, zuverlässig.
- Abermals Leitfaden bis Punkt 4. Suche Abseilgerät im steilen Grasgelände.
- Nach Hause kamen wir dann beide etwas später, aber wohlbehalten... und mit ein Paar Unterwalliser Ameisen im Gepäck.
Lessons learned:
- Die Prussiks nie vom Klettergurt abbinden, sie könnten mal fehlen.
- 5c+ ungleich 5c+ (von 6a+ oder mehr gar nicht zu sprechen)
- Gneis ungleich Gneis
- Steige nie einer Seilschaft nach die Du nicht kennst. Du könntest Dich in heikles Gelände versteigen.
- Die Expressen gehören definitv dem Vorsteiger und ich gebe ihm am Stand sorgältig all jene zurück die ich soeben erobert habe. Er könnte sie noch brauchen ...
- Topos sind kaum massstäblich gezeichnet, vor allem wenn es auch noch als Fussnote vermerkt ist...
- Quergänge werden zahm, wenn man sie weit unten klettert. Die Expessen hängt man am besten aus, wenn man sie bereits überklettert hat
- Auch Seile können Charakter zeigen. Das rosarote wollte heute auf keinen Fall wieder eingerollt und in einem Sack verstaut werden. Es wehrte sich so wie es es von den Menschen gelernt hat: es klemmte.
- Man kann übrigens auch Abseilgeräte aus der Wand werfen. Das gibt dem Abseilen noch einen Touch mehr Würze und Exotik.
- Seile können enorm viel Charakter zeigen. Wenn sie einmal herausgefunden haben, wie sie Menschen ärgern können, klemmen sie am Liebsten mehrmals hintereinander. Auch wenn man sie liebevoll miteinander verknotet und behutsam in die richtige Linie legt.
- Einen Seilpartner zu haben der sich auch im oberen T-Bereich wohlfühlt ist bei sturen Seilen ein Vorteil. Er "geht dann einfach mal schnell auf's Bändchen hoch".
Persönlicher Eindruck von nadirazur: Gemütlich für Rise, für mich seit ich letzten Herbst zu klettern begann bis anhin meine schwierigste Klettertour. Anhaltend an meiner oberen Grenze zu klettern war aber eine lehrreiche Erfahrung. Die ersten Seillängen habe ich genossen, in der zweiten war ich noch entspannt, trotzdem ich Quergänge gar nicht mag.
Ich habe den Fehler gemacht, meine Softshell nicht mitzunhemen was ich dann im oberen Wandteil bereute, denn der notorisch bekannte starke Wind hat mich dann an jedem Stand arg schlottern lassen, trotz Faserpelzjacke.
Zum Glück hat mir Alpin_Rise trotz besseren Wissens mit Blick aufs Topo immer versichert, das was noch komme sei nicht schwieriger als was schon war, denn wenn ich gewusst hätte dass wir uns in der 6b befanden, hätte mein Über-Ich wahrscheinlich jede weiteren Kletterzüge vehement verweigert. So dachte ich mir, he nu, es scheint mir zwar wirklich schwieriger, aber wenn er sagt, es gehe, dann los! In den schwierigsten Stellen konnte ich mich zum Teil aber doch nur noch mit Ao durchmogeln.Vor Allem die letzten Klettermeter die für mich nun doch durchgehend über der Sturzgrenze lagen ermüdeten mich stark und ich brauchte mehrere Anläufe um doch noch zum letzten Stand zu gelangen. Dank
Alpin_Rise habe ich mich jedoch nie in der Wand unsicher gefühlt. Er hat alle Schwierigkeiten mit Bravour gemeistert, und es war ein Genuss, ihm beim Klettern zuzusehen. Für mich als Klettergreenhorn eine schöne Tour! Nun kann ich auch gewisse Kletterträume die ich habe realistischer einschätzen und weiss, dass ich zur Verwirklichung einiger noch etwas mehr Übung brauche.
Danke Rise, es war toll mit Dir unterwegs zu sein!
Alpin_Rise: ebenfalls, Danke für die Einführung ins Walliser Sportklettern, pädagogisch wars ein Knüller ;-)


Kommentare (8)