Kunst, Kultur und Geschichte, Felsen und Höhlen rund um Gößweinstein


Publiziert von Nik Brückner , 3. November 2022 um 18:38. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Fränkische Alb
Tour Datum:27 Oktober 2022
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 1:30
Aufstieg: 250 m
Abstieg: 250 m
Strecke:6,5 Kilometer
Unterkunftmöglichkeiten:In Gößweinstein

Kleines Ründerl vor dem Frühstück gefällig? Ä glenn's Ründlä? In Gößweinstein? Verbindet sämtliche Highlights am Ort, versprochen! Darunter eine barocke Basilika aus der Hand Balthasar Neumanns, eine mittelalterliche Ritterburg, sowie ebenso zahlreiche wie zahllose Felsen und Höhlen. Mit dabei: die Waldelfe.


Raus aus den Federn und los!

Start ist - wo sonst? - am größten Dreifaltigkeitswallfahrtsort Deutschlands: an der Basilika Gößweinstein (457 m).

Die Basilika ist außerdem der zweitgrößte Wallfahrtsort im Erzbistum Bamberg und eine Basilica minor. Major ist besser, klar, aber hey, das ist Franken! Jährlich pilgern immerhin rund 140 feste Wallfahrtsgruppen nach Gößweinstein, das damit als spirituelle und kirchliche Mitte der Fränkischen Schweiz gilt. Wenn man kein Eso ist, und drüben im Druidenhain herumkriecht.

Seit 1071 soll hier eine Kirche gestanden haben. Die mittelalterliche Kirche war irgendwann dem Ansturm der Wallfahrer nicht mehr gewachsen, und man beschloss, nach Erweiterungen in den Jahren 1593 und 1594, einen Neubau zu errichten.

1683 kamen erste positive Signale vom Bamberger Bischof, der Baubeginn ließ aber noch bis 1730 auf sich warten. Es war dann der baufreudige Bischof Lothar Franz von Schönborn, der sich erste Entwürfe vorlegen ließ. Darunter einer vom Hofbaumeister Leonhard Dientzenhofer, der 1715 einen Zentralbau mit einer Kuppel, drei Türmen und neun Kapellen vorsah. Dieser Plan wurde prompt als zu teuer abgelehnt.


Sein Nachfolger (und Neffe) Friedrich Carl von Schönborn erteilte schließlich Balthasar Neumann den Auftrag, einen neuen Plan zu erstellen. Und dieser wurde schließlich auch ausgeführt. Baubeginn war, wie gesagt, 1730. Zuerst wurde unter Neumanns Leitung gearbeitet, später unter der seines Mitarbeiters Johann Jakob Michael Küchel. Bei der Weihe 1739 war der Bau allerdings noch lange nicht fertig. Selbst Hochaltar und Kanzel waren noch nicht vollendet, die übrigen Altäre waren noch nicht einmal begonnen worden.

Die Arbeiten an der Ausstattung zogen sich noch bis über 1769 hinaus hin. Unter anderem ein Brand im Jahr 1746 und der damit verbundene zusätzliche finanzielle Aufwand war für die Verzögerung verantwortlich.



Herzstück der Wallfahrtsbasilika ist der zwischen 1740 und 1743 fertiggestellte Hochaltar mit dem Gnadenbild, das die Krönung Mariens darstellt. Er gilt als ein Meisterwerk barocker Altarbaukunst. In Übereinstimmung mit dem Dreifaltigkeitspatrozinium weist er eine dreigeschossige pyramidenförmige Struktur auf, die drei ineinandergefügte Dreiecke ergibt.

Das Gnadenbild, eine aus Lindenholz geschnitzte Figurengruppe, stammt aus der Zeit um 1510 und befand sich ursprünglich in der Wallfahrtskirche in Hüll bei Betzenstein. Es zeigt die Krönung Mariens durch die Dreifaltigkeit.

Die Legende erzählt, dass das Bild, als es in der Reformationszeit aus dem etwa 15 km entfernten Ort Hüll entfernt wurde, immer wieder vor fanatischen Bilderstürmern versteckt worden sein soll. So kam es nur über mehrere Etappen und auf verschlungenen Wegen nach Gößweinstein. Als man es von dort aus nach Bamberg weitertransportieren wollte, ließ sich der Wagen selbst von vier davorgespannten Ochsen nicht bewegen. Dies wurde als Zeichen dafür gedeutet, dass das Gnadenbild in Gößweinstein verbleiben und dort verehrt werden sollte.

Klingt ziemlich politisch, das Ganze: die wundersame Rettung des Kultgegenstandes vor den bösen Protestanten, die sichere Ankunft des Bildes am Gnadenort gegen jede Wahrscheinlichkeit und das „Nicht-Fortschaffen-Können“  sind außerdem häufig wiederkehrende Elemente in den Entstehungslegenden von Wallfahrten. Naja. Die Anfänge der Wallfahrt nach Gößweinstein liegen jedenfalls im Dunkeln. Die dazugehörigen Urkunden sind im Dreißigjährigen Krieg verloren gegangen. Ein historisch datierbares Ereignis, das zum Beginn der Wallfahrt geführt haben könnte, wie etwa im unweit gelegenen Vierzehnheiligen, gab es in Gößweinstein außerdem nicht.



Nachdem wir die Basilika ausgiebig in Augenschein genommen, traten wir wieder hinaus, dann ging's an der Krone vorbei zur Touri-Info, und dahinter rechts hinauf auf die Felsen, zum Aussichtspunkt Wagnershöhe (462 m).

Wagner, wie in Richard. Der hat hier in Gößweinstein, laut seiner Frau Cosima, mit seiner Familie ein "fröhliches Mahl" vertilgt, bei einem wie Wagner reicht das, um ihm eine Höhe zu weihen. Immerhin hat man hier tatsächlich einen schönen Blick, hinaus auf die Landschaft und hinüber zur Burg Gößweinstein. Die auch unser nächster Halt sein wird. Zunächst aber geht's durch die Felsen.

Ein benachbarter, nicht ausgeschilderter und etwas wilderer Aussichtspunkt auf einem senkrecht abfallenden, schmalen Felsgrat ist schnell besucht, dann geht's wieder hinunter zur Touri-Info und um diese herum. Auf einem kleinen Platz beginnt ein Felsensteig, der nördlich um die Burg herumführt. Ein Steig für Wildromanten, mit wilden Felsgestalten, abweisenden Türmen, einem schmalen Felsspalt, durch den es hindurchgeht, und einem hübschen Platz am Marienfelsen. Bald kommt der Buttenweg von der Stempfermühle herauf. Hier geht's links hinauf zum Ortsrand von Gößweinstein, und links weiter hinauf zur Burg (463 m).

Die hoch über dem Ort (und dem Wiesenttal) gelegene Burg Gößweinstein wurde vermutlich nach ihrem Erbauer, dem Grafen Gozwin, benannt. Dieser wurde 1065 getötet, nachdem er in das Gebiet des Bischofs von Würzburg eingefallen war. Die erste urkundliche Erwähnung ist nur wenig jünger, sie stammt aus dem Jahr 1076. Damals ließ Kaiser Heinrich IV. den in den Sachsenkrieg verwickelten Bischof Burchard II. von Halberstadt dort inhaftieren. Die Burg dürfte demzufolge zu jener Zeit bereits stark befestigt gewesen sein.

Später ist die Burg dann als bambergischer Besitz nachweisbar. Von 1348 bis 1780 war sie Sitz eines Vogteiamtes der Bischöfe von Bamberg. 1525 kam es im Zuge des Bauernkriegs zu Zerstörungen und einem anschließendem Wiederaufbau. Im Zweiten Markgrafenkrieg 1553 wurde die Burg ein weiteres Mal zerstört und wieder aufgebaut.

Durch die Säkularisation gelangte die Burg 1803 in bayerischen Staatsbesitz. Der Staat verkaufte sie 1875 an Pauline Rabeneck, eine Gutsbesitzerswitwe vom Rittergut Aspach bei Uffenheim. 1890 erwarb dann Freiherr Edgar von Sohlern die Anlage. Er gestaltete sie im neugotischen Geschmack der Zeit um. Immerhin sind in der Burgkapelle einige echte spätgotische Figuren erhalten.


Die Burg ist hübsch, ein Geschoss kann man besichtigen. Zu sehen gibt es das Verließ, noch mit Knochen drin, eine hübsche Kemenate, und man hat von zwei Terrassen aus einen schönen Blick hinunter auf 
Gößweinstein.


So, jetzt wieder zu den Wagners. Eine (recht moderne) Sage berichtet, dass die Burg dem Komponisten Richard Wagner als Vorbild für die Gralsburg in seinem Parsifal diente. Er war im Juni 1879 mit seiner Familie per Kutsche in der Fränkischen Schweiz unterwegs. In Gößweinstein genoss man ein "fröhliches Mahl" (Cosima) in einer kleinen Gastwirtschaft, ehe ein Spaziergang durch "den schönen Wald" folgte. Durch den Eibenwald ging es zur Stempfermühle und weiter zur Sachsenmühle, wo die Privat-Kutsche nach Muggendorf wartete.

Nun geht's hinunter in den Ort. Zunächst zur Brücknerstraße (yepsen, Män!), dann hinunter zur Hauptstraße (Pezoldstraße) und hier kurz nach rechts, bis zur Gartenstraße. Diese führt hinauf zum Waldrand und weiter zum Wickenstein, der gleich mit einer kleinen Einmannhöhle aufwarten kann. Kurze, leichte Kletterei (I). Im Wickenstein sind noch andere Löcher, die entweder sehr niedrig sind, oder versperrt. Schad.

Ein kurzes Stück noch hinauf, dann links zum benachbarten Gernerfels, einem Aussichtsfelsen, der mittels Treppen zugänglich gemacht wurde. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick über Gößweinstein, mit der Burg und der Basilika.

Wieder herunten, geht's nun weiter nach rechts, zum Aussichtsfelsen Ludwigshöhe, in dem gleich drei Grotten ihrer Entdeckung harren: Die Elisabethgrotte, in der die heilige Elisabeth einst Schutz vor einem Gewitter gesucht haben soll, die Ölberg-Grotte, die eine Ölberggruppe beherbergt, und die Theaterhöhle, in der wohl tatsächlich hin und wieder Theater gespielt wird.

Ein hübscher Weg führt von hier aus durch lichten Wald in einem Linksbogen über die Höhe zum Hochkreuz auf dem Kreuzberg, von dem aus man erneut einen wunderbaren Blick über Gößweinstein hat.

Ein Stück wieder zurück, bis zu einem Abzweig am höchsten Punkt. Dort an einem markanten, wie ein Y geformten Baum nach links, und durch den Wald von der Kuppe hinunter. An einem Sattel führt links ein kaum zu erkennender Weg hinunter zum Waldrand. Bald wird dieser deutlicher und am linken Rand einer Lichtung geht's hinaus zur St 2191.

Hier über die Straße, und der Beschilderung folgend sind es nur etwa hundert Meter zum nächsten Highlight: einem natürlichen Felsentor (454 m), das natürlich durchschritten wird. Dahinter geht es kurz in den dunklen Wald hinein, an einer Felswand vorbei, und bei der nächsten Möglichkeit nach links. Bald verlässt man den Wald wieder und folgt dem Waldrand bis zu einem breiten Querweg. Dieser führt nach rechts, und 250 Meter weiter befindet sich links die berühmte Fellnerdoline (470 m).

Die Fellner-Doline ist eine der größten Dolinen der Fränkischen Alb. Die Höhle unter der Doline ist mit 384 Metern Länge und knapp 100 Metern Tiefe eine der tiefsten Höhlen der Frankenalb. Kontrastwassertests haben ergeben, dass zwischen der Fellner-Doline und der 1,6 Kilometer entfernten Stempfermühlquelle im Wiesent­tal eine direkte Verbindung besteht.
 
Die Erschließung der Höhle erfolgte 1899 mittels Grabungen und Sprengungen durch Hans Brand. Der gesicherte Zugang zur Höhle liegt heute einige Schritte neben der Doline und ist dem normalen Publikum verschlossen. 

Es geht nun nach links um den Breitenberg herum, und erneut über die St 2191. Man folgt einige Schritte der Straße nach rechts, dann geht's links hinauf zurück nach Gößweinstein. Man kommt am Friedhof raus, von dem aus es nur noch ein kurzes Stück zur Basilika ist.

Letztes Highlight der Runde: Das große, 1588 von dem Bamberger Bildhauer Hans Werner geschaffene Denkmal der Eltern des Fürstbischofs Ernst von Mengersdorf am Chorhaupt, ein herausragendes Werk der Spätrenaissance. Es zeigt den Fürstbischof und seine Eltern in Anbetung der Dreifaltigkeit. 



Fazit:

Herrliches kurzes Ründle, mit viel Kunst, Kultur und Geschichte, aber auch mit viel Natur. Besonders eindrucksvoll sind die Felswände unterhalb der Burg, die vielen Grotten und das Felsentor. Ausgerechnet die berühmte Fellnerdoline ist dagegen eher unscheinbar.


Gehzeit:

Die Gehzeit versteht sich ohne die Besichtigungen.

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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4 Mai 14
Fränggische Schweiz, zwedder Daach · Nik Brückner

Kommentare (9)


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Schubi hat gesagt:
Gesendet am 3. November 2022 um 19:17
Gößwastaaa! Subber!
Endlich amol widder a Berichtla aus der Fränggischn.
Die Gschicht mit den Ochsen kenn ich von meinen Eltern ... sowas erzählt sich halt herrlich weiter (egal ob wahr oder erdichtet ;o)

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. November 2022 um 09:25
No gloä Gösswaaschtaa! Mummer schomma hii!

Ja, das mit dem Ochsen.... Das gibt's bei jeder Wallfahrtskirche. Ist suuuuper durchschaubar, aber man muss halt wollen. ;o} Egal, denn schön isse trotzdem. Oder deshalb. ;o}

Äweng ä Grüüsler,

Nigg


georgb hat gesagt:
Gesendet am 6. November 2022 um 13:04
Souchamol Nik, worüm koosdn du su gud frängisch?

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. November 2022 um 12:46
Na, waail ich ä Frangge bin, wos gläbbsdn du! Ä soä richdicher Dunnerkaailer, wässd scho.

georgb hat gesagt:
Gesendet am 7. November 2022 um 14:12
Obä-, Unnä- oddä Middlfrangge?

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. November 2022 um 14:51
Underfrangge! Awwer V'regger iss V'regger.

georgb hat gesagt:
Gesendet am 7. November 2022 um 15:28
Du weißt ja: Man soll Gott für alles danken, auch für einen Unterfranken! ;-)

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. November 2022 um 15:39
Eigendlich sugor scho a elender V'regger.

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. November 2022 um 15:39
No fraailich!


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