Das Glishorn runden mit dem Herrn?


Publiziert von rojosuiza , 29. September 2022 um 19:48.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:18 September 2022
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Brig-Glis
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Simplonpass
Unterkunftmöglichkeiten:Simplonpass, Simplon-Dorf, Brig,

 
Was will der Tropf? – Der Bergheld will das Glishorn runden. Eigentlich will er den Berg nur von der Ost-Seite aus angehen, und dann bald einmal in eine andere Richtung entschwinden, die nicht zum genannten Gipfel führt. – Versteht man das? – Nun, wer nicht mitgegangen ist, kann's nicht wissen. Zuerst zur allgemeinen Erheiterung die einbeinige Kuh.

Man läuft friedlich auf seinem Suonen-Weg, die Wasser fliessen gehörig, da vernimmt man in der Ferne die einbeinige Kuh! – Eine einbeinige Kuh? Das kann es denn doch nicht geben, in diesem Gelände. Aber doch, so klingt es, das Gebimmel. Es ist das Gebimmel, das man so gut kennt, aber nur die Hälfte! Wie geht das zu? – Da kommt der Wanderer halt per Ferndiagnose zu des Rätsels Lösung: es ist die einbeinige Kuh, ganz gewiss. Doch ist die Ferndiagnose korrekt? – Seht nur hier: https://www.youtube.com/watch?v=ewniyzdxMkg


Nach dem Schrecken verliert rojosuiza prompt den Weg. Dank dem Roten Punkt der Landestopografie kommt er schliesslich doch zur Einsicht. Er ist etwas zu hoch geraten, es muss 80 hm absteigen. Der Weiterweg hat wieder die Rot-Weiss-Rote-Markierung. aber dieser Weg mutet manchmal eher wie ein Wildwechsel an. Menschen sind hier selten, Paarhufer nicht. Nach dem Aufstieg auf 2200 Meter - das letzte Stück an der prallen Sonne - ist der Herr Wanderer nicht mehr so frisch. Er könnte seinen Plänen Ade sagen und vollends aufs Glishorn hinaufkriechen - um da auf der anderen Seite auf dem Brenn-Zehen-Weg wieder hinabzulaufen... Aber noch will er nicht aufgeben. Er schlägt also den Weg Richtung Lengritz ein, in der Hoffnung, dass er – an der entscheidenden Stelle angekommen  – noch Luft hat für den geplanten Aufstieg.
 
Hat er Luft? – rojosuiza hat an der Schafgälmji geplant, gleich dem Steinbock abzuheben und in höhere Sphären zu entschwinden. Aber aus dieser ‚Himmelfahrt‘ wird nichts, klebt der Held doch wahrlich an der Scholle. Bis zum Punkt 2613 sind es fast exakt 400 hm. Es ist nach 14:00 Uhr. Der Rückmarsch zum Postauto dauert ab dem Spitzhorli noch gewiss seine zwei Stunden. – Statt hinauf geht es also jetzt hinüber zur tief eingeschnittenen  Querfurche. Der Weg dorthin sieht von unten wirklich abenteuerlich aus, wenn nicht ‚gförchig‘ – er stellt sich aber beim Begehen als ganz und gar gutmütig heraus.
 
Auf der Querung ist man im Schatten, was angenehm kühlt, nachher taucht man wieder ein ins Sonnenlicht und die sommerliche Hitze. Dann trifft der Wind auf den Wanderer, und kühlt ihn erneut aus. Hoch über der Alphütte weht die Walliser Fahne. Eine wehende Fahne, jeder Ostschweizer weiss, was es bedeutet: die Kneipe ist offen. Ein Jammer ist‘s: die Walliser sprechen eine andere Sprache. Alles ist verriegelt und zu, weder Kuh noch Kegel, weder Saft noch Rast. Also schleicht man sich der Lengritz entlang davon, sich einen perlenden Apfel1wein vorstellend im Simplon-Hospiz. 
 
Das Simplon-Hospiz, man sieht es schnell stehen. Man sieht es kommen, man sieht es kommen, man sieht es kommen – es ist immer noch nicht da. Auch ab Lengritz dauert und dauert das Erreichen des Passes, genau die von dem gelben Tafeln vorgeschriebenen zwei Stunden. Das Spiel zwischen Ankunft des Wanderers und Abfahrt des letzten Postautos schwindet wie die Butter an der Sonne. Will denn auch diese Rechnung nicht aufgehen?
 
Jetzt greift sie ein, die göttliche Hand. Die Abfahrt vom Hospiz wird zurückgesetzt, eine halbe Stunde später, weil Sonntag ist – und noch eine Viertelstunde, weil Bauarbeiten angeordnet sind. Die Frau im Hospiz spricht nur Französisch, sodass rojosuiza sein blinkendes Wallissertitsch wieder versorgen muss.  Den ‚cidre‘ hat sie nicht, den ‚latte macchiato‘ kennt sie nicht. Aber sie ist guten Willens: Wir machen ihn zusammen, den latte macchiato für rojosuiza. Bald entflieht sie, die scheue Hinde,  zum Sechs-Uhr-Gebet… macht aber rojosuiza schnell noch einen zweiten latte macchiato, da der erste so gut gelungen ist.
 
So renkt sich alles ein, rundet sich ein Tag völlig ab, wenn man nur mit dem Herrn geht… 

Tourengänger: rojosuiza
Communities: Alleingänge/Solo


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Kommentare (5)


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Schubi hat gesagt:
Gesendet am 30. September 2022 um 06:42
Die Wege des Herrn sind unergründlich.

rojosuiza hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. September 2022 um 07:34
So ist es, Schubi; sie führen hier ganz grossartig ans Ziel.

ChristianR hat gesagt:
Gesendet am 30. September 2022 um 08:59
L'hospice est un grand bâtiment.

rojosuiza hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. September 2022 um 10:02
C'est vrai. Conçu par Napoléon, n'est-ce pas?

ChristianR hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. September 2022 um 10:14
Oui, Napoléon voyait les choses en grand.


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