Muklaspitze (3162m) und 4 Nachbargipfel - Wildnis pur in der Rieserfernergruppe


Publiziert von BigE17 , 12. September 2022 um 14:36.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 6 September 2022
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   I 
Zeitbedarf: 10:30
Aufstieg: 1850 m
Abstieg: 1850 m
Strecke:16 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Man fährt von Bruneck aus ins Tauferer Ahrntal bis nach Sand in Taufers. Man zweigt dort Richtung Rein in Taufers ab. Am Ortseingang zweigt man rechts Richtung Jausenstation Innereder ab. Kurz davor kann man an mehreren Stellen am Straßenrand parken.
Unterkunftmöglichkeiten:Kasseler Hütte

Zwischen dem Großen Lenkstein und der Dreieckspitze in der Rieserfernergruppe liegt eine ganze Reihe unbekannter Dreitausender. Diese werden nur sehr selten bestiegen, obwohl die Anstiege zum Teil sogar recht einfach sind. Ich und ein Tourenpartner hatten an diesem Tag geplant, die Mulle und den Großen Rotstein zu besteigen. Wir hatten uns schon vor der Tour überlegt, die Muklaspitzen und eventuell sogar auch noch die Winkelspitze zu besteigen, falls die Zeit reichen würde.

Wir starteten um 6:15 kurz unterhalb der Jausenstation Innereder. Wir wanderten an der Jausenstation vorbei und folgten dem Schotterweg bis zur Furtalm. Dort setzte ein Steig Richtung Ursprungalm an. Auf diesem überwanden wir die nächsten knapp 600 Höhenmeter. Wir gelangten kurz unterhalb der Alm zu einer Abzweigung, wir marschierten kurz Richtung Kasseler Hütte. Nach kurzer Zeit zweigte links der Steig zum Großen Lenkstein ab, welchem wir von nun an folgten. Über den nach wie vor angenehm begehbaren Steig gewannen wir rasch an Höhe. Auf gut 2650m Höhe überlegten wir kurz, den Steig zu verlassen, um zur Mulle hinüberzuqueren. Doch dann begann es plötzlich leicht zu tröpfeln. Deshalb entschieden wir spontan, doch zur Winkelspitze zu gehen. Diese könnten wir vermutlich schneller erreichen, als die Mulle oder den Großen Rotstein.

Mit dem neuen Ziel vor Augen folgten wir dem Steig noch weiter bis auf 2800m. Dort verließen wir ihn endgültig, und es hörte auch wieder auf zu tröpfeln. Gottseidank! Wir querten kurz einen steilen Schutthang und gelangten auf einen flachen Boden. Über den Boden querten wir kurz Richtung Norden, dabei verloren wir sogar ein paar Höhenmeter. Sobald wir die Winkelspitze wieder sehen konnten, stiegen wir über Blöcke und Schutt auf die Winkelspitze zu. Wir querten einen kleinen steileren Felsriegel nach links, dann querten wir wieder zurück nach rechts. Nun standen wir unterhalb der sehr steilen Westflanke der Winkelspitze. Wir fanden schließlich eine versteckte Rampe, die nicht allzu schwierig aussah. Aber sie war dann doch um einiges steiler, als erwartet. Im sehr steilen Schutt mussten wir aufpassen, nicht abzurutschen, zwischendurch gab es auch immer wieder kurze plattige Kletterstellen (I). Außerdem lösten wir etliche Steine aus, die rasant Richtung Tal stürzten. Wir waren froh, sobald wir die Rampe überwunden hatten. In etwas flacherem Gelände stiegen wir zum Grat auf.

Auf einmal fanden wir wunderbar festen Fels vor. Das war nach dieser super brüchigen Flanke eine faustdicke Überraschung. Den ersten Grataufschwung überwanden wir problemlos über leichte Blöcke (I), zum Schluss wartete noch ein flaches Gratstück mit ein paar ausgesetzten Stellen auf uns (I). Wir rasteten nun eine ganze Weile am Gipfel der Winkelspitze. Obwohl der Himmel nach wie vor ziemlich bewölkt war, war die Aussicht sogar ziemlich gut. Das Panorama reichte von der Rötspitze über die Schobergruppe bis zu einzelnen Dolomitengipfeln. Der Blickfang war aber definitiv der Hochgall.

Weil das Wetter immer besser wurde, entschieden wir, als nächstes die Muklaspitze zu besteigen. Wir überlegten kurz, über den Grat bis in die Scharte zwischen den beiden Gipfeln abzusteigen. Wir kehrten über den Grat zurück und stiegen ein wenig weiter ab (I). Doch als wir dann über den Grat weiter hinunter blickten, erkannten wir, dass ein westseitiger Abstieg aus der Scharte unmöglich gewesen wäre. Und der Südgrat der Kleinen Muklaspitze sollte schwierig sein. Daher stiegen wir an dieser Stelle nach links querend über die steile und schuttige Westflanke ab. Nach einer Kletterstelle (I) querten wir ein großes Schuttfeld nach rechts unten. Danach mussten wir 2 kürzere, sehr steile Schuttflanken überwinden (über 45 Grad). Dort war Vorsicht wegen Steinschlag geboten, auch ein - nicht tödlicher - Absturz wäre dort mögich gewesen.

Wir befanden uns nun im Kar unterhalb der Scharte zwischen Winkelspitze und der Kleinen Muklaspitze. Wir hielten auf den SW-Rücken der Kleinen Muklaspitze zu, und begannen, auf diesem aufzusteigen. Anfangs gewannen wir über Platten schnell an Höhe, später gelangten wir in eine geröllige Flanke, wo wir über Schutt und Blöcke anstregend aufsteigen mussten. Irgendwann wurde die Flanke wieder flacher, und bald danach erreichten wir den Gipfel der Kleinen Muklaspitze. Dort hielten wir uns nur kurz auf, da die Große Muklaspitze nicht weit entfernt war. Am kurzen Verbindungsgrat musste eine Stelle rechts umgangen werden (I), der Rest war Gehgelände.

Dort fanden wir sogar ein kleines Holzkreuzchen und ein Gipfelbuch vor. Wir überlegten kurz, ob wir auch noch die Mulle besteigen sollten. Da der Übergang nicht schwierig aussah, machten wir uns auf den Weg dorthin. Der Abstieg über den kurzen Westgrat der Muklaspitze war kein Problem (Stellen I). Den untersten Teil des Ostgrates der Mulle umgingen wir südseitig, dann folgten wir dem kurzen Grat zum Gipfel der Mulle. Wegen des immer besser werdenden Wetters blieben wir eine Weile am Gipfel. Wir entschlossen uns während der Gipfelrast, über den NW-Grat der Mulle abzusteigen, und dann durch die südseitige Flanke direkt zur Ursprungsalm abzusteigen. Dabei könnten wir dann auch noch den Großen Rotstein mitnehmen.

Der Abstieg über den Grat war am Anfang unschwierig, sobald er steiler wurde, mussten wir kurz in der Südflanke absteigen (I). Dort war der Fels relativ brüchig. Wir querten wieder unschwierig zurück zum Grat, der nun flach wurde. Mit wenigen leichten Kletterstellen (I) querten wir das lange Gratstück bis vor den ersten Aufschwung des Ostgrates zum Großen Rotstein. Hier erkannten wir, dass dort ein einfacher Abstieg durch die Südflanke zur Ursprungalm möglich wäre. Doch zuerst wollten wir den Großen Rotstein besteigen:

Zuerst umgingen wir den ersten kurzen Aufschwung in der Südflanke, wo wir eine unangenehme grasige Kletterstelle überwinden mussten (II, Schlüsselstelle). Wir kehrten wieder zum Grat zurück. Ab nun folgten wir dem Grat, manchmal an der Gratkante, manchmal knapp unterhalb von ihr. Der Grat war mäßig schwierig (mehrere Stellen II, großteils I) und ausgesetzt, aber der Fels war doch relativ gut. So erreichten wir nach dem nicht allzu langen Grat den Gipfel des Großen Rotsteins.

Nach der Gipfelrast stiegen wir wieder vorsichtig über den Grat ab. Gleich nach der Schlüsselstelle begannen wir mit dem Abstieg durch die steile Schuttflanke. Der Abstieg im steilen oberen Teil war nicht allzu anstregend, aber ein schnelles "Absurfen" war leider auch nicht möglich. Weiter unten wurde das Gelände blockiger und anstrengender. So gelangten wir zu einem kleinen See. Danach mussten wir über 3 Grashänge absteigen, wobei wir den untersten rechts überwanden, um den felsigen Abbrüchen aus dem Weg zu gehen. Nun mussten wir nur noch flach zum Wegweiser unterhalb der Ursprungsalm queren. Nun befanden wir uns wieder am Aufstiegsweg. Wir folgten diesem Richtung Tal, wobei wir im Abstieg den etwas längeren Steig an der Bacheralm vorbei wählten. Um 16:45 erreichten wir wieder das Auto.

Erwähnenswertes: 

1. Obwohl die Winkelspitze nur Kletterei im 1. Schwierigkeitsgrad verlangt, ist der Anstieg durch die äußerst steilen Schuttflanken der Westflanke sehr anspruchsvoll. Man muss stets auf Steinschlag aufpassen. An mehreren Stellen muss man auch aufpassen, nicht abzurutschen. Deshalb ist die Winkelspitze der anspruchsvollste der 5 Gipfel.

2. Der Übergang vom Lenkstein zur Winkelspitze ist nicht einfach (II-III). Die Scharte zwischen Winkel- und Muklaspitze kann von Westen erreicht werden, indem man den Südgrat der Kleinen Muklaspitze im unteren Teil betritt und dann zur Scharte absteigt. Der Abstieg in die Scharte sieht anspruchsvoll aus, aber ich weiß nicht, wie schwierig dieser ist. Der anschließende Nordgrat auf die Winkelspitze dürfte im unteren Teil Stellen im 2. Schwierigkeitsgrad aufweisen. Die Scharte ist auch von Osten her zugänglich, allerdings nur über ein extrem steiles und vermutlich auch gefährliches Schuttfeld, unterbrochen durch 2 Felsstufen (angeblich II).

3. Die Kleine Muklaspitze ist über den SW-Rücken in stellensweise mühsamem Gehgelände unschwierig erreichbar. Ihr Südgrat dürfte hingegen nicht einfach sein (vermutlich III).

4. Die Große Muklaspitze ist am einfachsten über den Verbindungsgrat von der Kleinen Muklaspitze erreichbar (1 Stelle I). Auch der Anstieg aus der Scharte zwischen Muklaspitze und Mulle ist nicht schwierig (I). Die Scharte ist unschwierig von Süden her zugänglich. Auch der Nordgrat sieht nicht schlimm aus (vermutlich I-II). Die Nordrinne zum Westlichen Fleischbachkees sollte besser nicht mehr begangen werden.

5. Auch die Mulle ist kein schwieriger Berg. Sowohl der NW-Grat, als auch der Ostgrat beinhalten leichte Kletterstellen (I). Beide Grate sind von Süden einfach zugänglich.

6. Der Große Rotstein ist am einfachsten über den Ostgrat zu besteigen (II). Diesen erreicht man von Süden, im Gratübergang von der Mulle, oder vom Westlichen Fleischbachkees über einen steilen Schutthang. Von einer Besteigung durch die Westflanke ist dringend abzuraten (II, gefährlich). Der Verbindungsgrat zum Kleinen Rotstein ist sehr anspruchsvoll (mindestens III).

7. Die beiden Muklaspitzen und die Mulle sind auch im Winter nicht allzu schwierig zu erreichen. Die Winkelspitze ist im Winter eine sehr steile Firntour (über 45 Grad). Der Große Rotstein sollte im Winter besser gemieden werden.

8. Auf den Graten kann stets gut mit dem Seil gesichert werden. Das gilt aber nicht für die steilen Flanken an der Winkelspitze.

9. Diese 5 Gipfel sind allesamt ziemlich einsam. Sie bekommen im Sommer in etwa einmal pro Woche Besuch. Auch wir haben während der gesamten Tour niemander getroffen. Im Winter werden sie noch viel seltener bestiegen.

10. Während eine Überschreitung der 5 Gipfel doch relativ lang dauert, so ist der Aufstieg zu den einzelnen Gipfel doch eher kurz und auch an einem halben Tag schaffbar.

11. Sobald man in die Nähe der Gipfel kommt, kann man sich auf eine wirklich tolle Fernsicht freuen. Der Blickfang ist sicherlich der Hochgall, bei gutem Wetter sind auch Ortler, Presanella, Großglockner, Großvenediger,... zu sehen. Wenn man sich in weglosem Gelände wohlfühlt, und den Schwierigkeiten gewachsen ist, so kann man sich auf einen tollen und einsamen Tag im Hochgebirge freuen - egal wie viele von den 5 Gipfeln man besteigt.

Tourengänger: BigE17


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Kommentare (3)


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georgb hat gesagt:
Gesendet am 12. September 2022 um 16:56
Super Elias! Da wäre auch was für mich dabei. Danke für die Pionierarbeit, über diese Berge gab es nicht viel sinnvolle Information, bis jetzt ;-)
Grüße

BigE17 hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. September 2022 um 16:17
Danke.

Also die Idee zu dieser Tour ist mir beim Durchforsten dieser Website gekommen.
https://martinsberge.blogspot.com

Dort sind sicher auch einige interessante Touren für dich dabei.
LG

georgb hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. Juli 2023 um 23:13
Danke Elias, aber der Verfasser gefällt mir einfach nicht!?


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