Muklaspitze 3162m - Die Unsichtbare

Sie ist alles andere als ein ''Hingucker", kaum auszumachen in dem langen Kamm, der vom Lenkstein nach Nordwesten zieht. Fabio Cammelli schreibt in seinem grandiosen Führer durch die Pustertaler Berge über sie: "Du wirst niemanden treffen, der es der Mühe wert findet, sie zu besteigen, und du wirst niemandem auf ihren geröllbedeckten Graten begegnen. Die Stille wird dein Begleiter sein." Aber es gibt Menschen, die genau das suchen.
Ich starte beim Indereder und folge zunächst dem markierten Weg Richtung Ursprungalm. Dort nutze ich den gut angelegten Steig zum Lenkstein bis auf ca. 2900m. Selbst dieser Weg ist wenig begangen, doch ab jetzt betrete ich absolute Wildnis. Ich quere nach links über viele Schneefelder und suche mir durch die Felsen einen geeigneten Zustieg zur Muklaspitze. Genaugenommen sind es derer zwei, erst spät zeigt sich der höhere der beiden Gipfel. Über chaotisches Geröll und lose Felsbrocken steige ich zum höchsten Punkt. Cammelli schreibt weiter: "Der Hauch des Windes wird deine Fragen beantworten und das Blau des Himmels wird deine Gefühle widerspiegeln." Meine Frage nach dem Abstiegsweg beantwortet sich von selbst, beim Blick hinüber zur Mulle. Davor zieht ein Hang hinab, übersät mit Steinen und von vielen Schneefeldern bedeckt. Meine Gefühle verschwinden mit den Wolken, die das Blau des Himmels verdecken. So rutsche ich, teils im Schotter teils im Schnee, talwärts, immer auf der Suche nach der besten Variante.
Weiter unten gilt es vorsichtig über steile, felsdurchsetzte Wiesenterrassen zum Hartdegenweg zurückzufinden. Die Wolken verziehen sich zum Glück wieder und im Sonnenschein steige ich durch das zauberhafte, unberührte Gelände. Ohne Spuren dauert es ein wenig, aber schließlich treffe ich unversehens wieder auf den Steig, der an tosenden Wasserfällen und kleinen Tümpeln vorbei hinabführt.
Hier begegnen mir auch nach Stunden Einsamkeit die ersten Wanderer und ich steige flott durch das blühende Ursprungtal ab. An der Säge wartet schließlich ein vorzüglicher Kaiserschmarren als Belohnung für meine mühsame, aber wunderbare Runde. Und selbst jetzt beim Rückblick ist die Muklaspitze kaum zu erkennen, sie ist wieder unsichtbar geworden, zurückgezogen in ihrer abgelegenen Welt.