Rundtour bei Bullenhitze: Tuxeck - Treffauer, Dehydrierung vorprogrammiert


Publiziert von Bahoe , 30. Juli 2022 um 09:35.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Kaiser-Gebirge
Tour Datum: 3 Juli 2022
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:12,2 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Scheffau am Wilden Kaiser. Im Ort an der Kirche rechts abbiegen und der Teerstraße hinauf zum Jägerwirt folgen.
Unterkunftmöglichkeiten:Eventuell Jägerwirt - durch die Ruhetage von Montag bis Mittwoch sich aber vorab genau erkundigen. Ansonsten Gruttenhütte von Pfingsten bis Mitte Oktober, bei entsprechend frühem Schneefall ebenfalls Rückfrage empfehlenswert.
Kartennummer:8

Ausgangspunkt war der Jägerwirt in Scheffau. Im Gegensatz zu den meisten Leuten, welche die Rundtour - wie auch in mindestens drei Büchern beschrieben - im Uhrzeigersinn machen, wählte ich zum Kennenlernen der Schlüsselstelle der Tour auf dem 826er Weg zwischen dem WKS (Wilder Kaiser Steig) und dem Treffauer die Begehungsrichtung gegen den Uhrzeigersinn.

Aufgrund der „tagesaktuellen“ persönlichen Einschränkungen war die Runde nur so durchführbar für mich. Genauer gesagt sind die Limitierungen nicht nur tagesaktuell, sondern betreffen wohl die gesamte heurige Saison. Nach einem Unfall früh heuer im Jahr liegt ein Verletzungsmuster mit einer sehr langen Heilungsdauer vor.

Der Treffauer war im Vorjahr auf dem Normalweg besucht worden, durch die Wegebauer des Alpenvereins gab es einige Neuerungen und diese sind der Grund für diesen Tourenbericht.
Unter anderen Umständen starte ich bereits um 5 Uhr, es war mit zwei Freunden etwas ganz Anderes ausgemacht gewesen, letztendlich wurde es aber dann diese Solounternehmung, die ich bei derart hohen Temperaturen sicher nicht mehr wiederhole.

Es handelt sich hier in erster Linie um einen Erlebnisbericht, welcher aber hoffentlich auch mit nützlichen Informationen aufwartet – dies liegt ja im Auge des Betrachters. Das Bild der Schlüsselstelle wurde mit einem HUAWEI 30 PRO angefertigt.

Da zwischen 6 und 7 leichter Regen gemeldet war, wurde erst einige Minuten vor 6 Uhr weggefahren, während der Fahrt gab es dann nach 10 Minuten den Regen und um 0620 stand ich am Parkplatz beim Jägerwirt. Die Zeit dort vor dem Start konnte noch gut zum Eincremen mit einem hohen Lichtschutzfaktor genutzt werden, ich empfehle den 50er. Das Wetter gab sich den Anschein eine Regenpause einzulegen oder ganz aufzuhören mit dem Niederschlag, so war ich schon nach dem obligatorischen Parkticketkauf gestartet als mich zwei einheimische Bergfexe mit Bikes an den Autos fragten, ob ich 10 Cent, die ihnen fehlten, hätte. Dies musste verneint werden, aber einen 5 Euro Schein konnte ich ihnen in 2- und 1-Eurostücke wechseln. Dazu musste ich aber wieder zurück zum Auto. Geschätzt eineinhalb Minuten nach halb sieben ging es dann wieder ab dem Parkautomaten los. Die Wolken waren noch nicht leer genug, es begann wieder und steigerte sich, aber nicht ums Verrecken wollte ich den Regenschutz auspacken, sondern bis zur Wegscheid Niederalm durchmarschieren, sofern das möglich war. Das Kletterpärchen, das neben mir geparkt hatte, war auf der Forststraße an einer Stelle stehen geblieben, wo die Laubbäume ausreichenden Schutz vor dem Nass von oben boten, ich ging an ihnen vorbei. Es sollte aber noch vor dem Erreichen des Viehunterstandes sein, dass sie an mir vorbeizogen. Die Entscheidung auf den Regenschutz zu verzichten war richtig gewesen, ein Unterstellen war nicht mehr nötig, der Himmel hatte fertig geweint, es blieb trocken.

Die Wegscheid Hochalm war ab Parkplatz nach 50 bis 55 Minuten erreicht, 0,3 Liter Wasser wurden aus meiner Wasserflasche getrunken und am Brunnen wieder aufgefüllt. Der nächste Wegpunkt war die Verzweigung auf 1362 m, „in der Multer“ – so steht es am Schild. Die dort befindliche und auf der ganzen Strecke einzige Bank wurde nicht genutzt, wäre aber nicht verkehrt, eher sogar besser gewesen, nachdem der Regen am Beginn einen schnelleren Schritt gefordert hatte und mich mehr Kraft und Energie gekostet hatte als mir lieb war. Der Wegscheid Hochalm Boxenstop war gesamt im Stehen erfolgt. Ganz gut zu sehen war der falsche Verzicht auf eine zumindest fünfminütige Regeneration daran, dass ich die Viertelstunde von einem Wegweiser bis zum nächsten, der Abzweigung vom WKS auf das Tuxeck nicht geschafft hatte. 22 Höhenmeter waren wieder herzuschenken, von 1362 auf 1340 – der Körper verlangte dann nach Zucker und einer speziellen Entlastung. An einem acht- bis 9minütigen Boxenstop führte kein Weg vorbei. Vor der offiziellen beschilderten Abzweigung, von wo es noch 3 Stunden auf das Tuxeck sein sollten, war ein zunächst gut erhaltener Steig zu sehen, welcher sich für eine Erkundung geistig vorgemerkt wurde.

Die Markierungen waren absolut ausreichend und sind bergauf sicher alle besser zu sehen, im Aufstieg kann man eigentlich nicht vom Weg abkommen. Ein Bergsteiger hatte sich für dieselbe Aufstiegsrichtung und die idente Rundtour entschieden - als er mich eingeholt hatte, gingen wir ein Stück gemeinsam, dann musste ich richtig verschnaufen und er konnte wie eine Rakete abziehen. Den Helm wollte ich frühestens um 10:30 aufsetzen - kurz bevor ich zur Schlüsselstelle mit dem Klemmblock kam um 10:23, war dann ein lautes Poltern von einer nicht unbeträchtlichen Menge an Material in einer Rinne zu hören, was durch eine Gams verursacht wurde. Diese trat danach auch in Erscheinung und hätte für eine nette Videosequenz auf ihrer Route von West nach Ost oder links nach rechts über die Schlüsselstelle gesorgt, ich hatte aber nur ein paar Fotos gemacht. Das Tier signalisierte mir auf jeden Fall klar, dass es jetzt Zeit ist, den Helm aufzusetzen. Um 10:25 ging es also mit dem Helm, den ich über meinen textilen Sonnenschutz (ein Raidlight Produkt, mit dem man wie ein Scheich aussieht) aufgesetzt hatte, weiter.

Die Schlüsselstelle, von der ZvB vor zwei Jahren ganz gute Fotos eingestellt hat, ist nun erheblich einfacher. Zu den drei schon ewig eingelassenen Tritteisen auf seinen Bildern sind vier vertikal übereinander angebrachte Trittbügel dazu gekommen (sie standen wohl auch schon Nik und seiner Begleitung zur Verfügung und wurden von ihm als Trittstifte bezeichnet). Das Seil wurde getauscht und ist jetzt ein blaues. Ich gehe davon aus, dass die vier zusätzlichen Trittbügel und das Seil frühestens vom letzten Jahr sind, vielleicht auch erst von heuer.

Die Tour war für mich ein deutliches Beispiel, wie man nicht weiterkommt, wenn man die Pausen nicht passend wählt und den falschen Gear, was die Verpflegung betrifft, dabeihat. Meine Zeit war circa 5:40 bis zur Tuxeck-Scharte, für den Übergang zum Treffauer eine Dreiviertelstunde. Erst dort gab es die richtige halbstündige Pause.

Den einzigen Gegenverkehr, den ich hatte, waren die beiden Biker, denen ich das Geld gewechselt hatte - irgendwo zwischen der Stelle mit dem Klemmblock und dem Tuxeck. Ich hörte sie schon von etwas weiter weg, eine günstige Stelle, um sich wegen etwaigem Steinschlag ruftechnisch zu koordinieren. War aber nicht erforderlich. Sie waren sichtlich überrascht, dass ich die Runde umgekehrt ging. Dass die Tour gegen den Uhrzeigersinn aber durchaus üblich ist, sieht man im Buch bei Mark Zahel. Neben einem Bild in der Tourenbeschreibung steht: „Die beiden Bergsteigerinnen haben sich für die umgekehrte Richtung entschieden und soeben die knackige Kaminpassage bewältigt.“

Den Gipfel hatte ich allein für mich, einen Eintrag im Gipfelheft gab es, vielleicht von demjenigen, der meine Runde gewählt hatte. Wenn nicht er, sondern eine andere Person, dann waren an diesem heißen Tag vielleicht fünf Personen am Treffauer gewesen, aber genau wird man es nie wissen. Auf dem Normalweg fand sich noch ein Kletterpärchen bei der Pause, sie stiegen bald mal, nachdem ich an ihnen vorbei gegangen war, ab und schlossen dabei fast bis zu mir auf. Zwei neue kleine Metalltritte, die ich letztes Jahr noch nicht wahrgenommen hatte, wurden vorgefunden und das erste Stück oberhalb des Schneekars, gibt es eine neue markierte Route, sodass man sich eine der beiden Seilversicherungen sparen kann, die wird wohl nicht mehr gewartet. Das Seil bleibt meiner Ansicht nach somit alt und locker, die höher gelegene Passage hat ein straffes, dickeres Stahlseil.

Die Sonne knallte erbarmungslos, die erste Wassermöglichkeit am Wasserfall auf 1526 m wurde natürlich genutzt, die zweite an der Wegscheidhochalm ebenfalls. Zwischen Treffauer und Wasserfall kam es freilich zum Flüssigkeitsmangel und einer bereits absehbaren Dehydrierung, statt der 3,8 Liter hätte ich locker 6 Liter brauchen können. Ohne eine Viertelstunde Pause bei der Wegscheid Hochalm und einer Viertelstunde auf der einzigen Bank im Schatten an der Straße unterhalb der Wegscheid Niederalm wäre es beim Abstieg nicht gegangen. Somit war ich 11:15 unterwegs, wovon sich die drei längeren Pausen auf 1 Stunde aufaddieren. In meiner speziellen Situation war ich nicht in der Lage mehr als 3,5 Liter zu tragen. Anderes Equipment (Rucksack) und mehr Gewicht durch Getränke sind erst nächstes Jahr wieder möglich.

Da der 826er vom Tuxeck hinunter zum Wilder-Kaiser-Steig kaum möglich ist, ohne einen Stein loszutreten, wollte ich die Tour gegen den Uhrzeigersinn bevorzugt an einem Wochentag gehen, durch die große Hitze war es aber recht risikoarm, diese Begehungsrichtung an einem Sonntag zu wagen. Entsprechend wenige Leute waren unterwegs und werden dies auch in Zukunft sein.

Am anspruchsvollsten für mich war es, gleich nach der Tuxeckscharte nach einigen Metern rückwärts abzuklettern sowie mich die Schlüsselstelle hinaufzuwurschteln, was aber (Zweiteres) meinem Verletzungsmuster geschuldet ist. 

Zur Schwierigkeitsbewertung: ich musste mich wohl zwischen T4+ und T5- sowie zwischen I und II entscheiden für die Angabe im Kopf. Im Text bevorzuge ich die Schreibweise T4-5 und I-II. Wenn in den FELSTOUREN im II. und III. Grad nur auf den Treffauer gegangen wird, so bewertete man das dort mit T5. Der Abstiegsweg vom Tuxeck zum Wilder-Kaiser-Steig schlägt sich mit T5-6 zu Buche dort. Mark Zahel hat ein eigenes innovatives Bewertungsmodell geschaffen - mit anderer Führerliteratur nicht korrespondierend, zu finden samt Erläuterung in seinem Buch Alpine Bergtouren Kaisergebirge und Berchtesgadener Alpen (2015 im Bruckmann Verlag erschienen) Für die Abstiegsroute ist hier WF4-5  angegeben, der Aufstiegsweg zum Treffauer WF4.

Es stellt sich für mich die Frage, ob die Schlüsselstelle mit dem Klemmblock und dem Seil im Aufstieg noch eine II ist, nachdem ja vier Trittbügel dazu gekommen sind, das Seil habe ich für das Hinaufkommen allerdings nicht verwendet.
 
Schwierigkeiten:
Aufstieg von Südwesten zum Fuß des Tuxecks T4-5 und I-II
Übergang zum Treffauer T4-5 und I
Abstieg vom Treffauer über Nordwestgrat und Westflanke T4-5 und I
Entscheidung für die Angabe im Tourenkopf T5- und II
 
Fazit:
Alpine Unternehmung für Individualisten, je nach Temperatur auch Masochisten!
Die beschriebene Rundtour ist für Schulklassen ungeeignet!
 
Schlussinfo:
Die derzeit aktuellste AV-Karte Nummer 8 von 2016 zeigt den Weg zwischen dem WKS und Tuxeck als rote Linie, auch die Route von der Gruttenhütte über die Schutterfeldköpfe ist wieder, wenn auch unterbrochen, rot eingezeichnet – 2016 soll da neu markiert worden sein. In der 2012er Ausgabe ist keiner der beiden schwarz gepunkteten Wege in irgendeiner Teilsequenz in roter Farbe abgebildet.
Die KOMPASS-Karte 09 Kufstein, Walchsee, St. Johann im Maßstab 1:25.000 weist den 826er Weg doppelt als NUR FÜR GEÜBTE aus. Ausgabe 2019

Tourengänger: Bahoe


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»