Clariden und Spitzalpelistöcke


Publiziert von Delta Pro , 23. April 2022 um 08:12.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum:18 April 2022
Ski Schwierigkeit: ZS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   CH-UR   Claridengruppe   Ortstockgruppe 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 2650 m

Weite Skirundtour am Clariden  bei perfekten Bedinungen

Normalerweise ist der Clariden meine Skitour zum Saisonabschluss im Mai oder Juni. Da dieses Jahr wenig Schnee liegt und die Schmelze schon früh eingesetzt hat, entschloss ich mich schon jetzt in die Region zu ziehen und daneben noch etwas Gletschermessungen "light" zu machen - um nicht ganz aus dem Flow der letzten Wochen zum kommen. Eigentlich wollte ich eine Neuauflage dieser Tour von vor genau drei Jahren machen. Da schon zu Beginn nicht alles ganz nach Plan lief und ich mir zu unsicher über den Zustand der Fixseile am Tüfelsjoch war, entschied ich mich stattdessen für die lange, aber sehr schöne Gletscherrunde mit einem mir noch unbekannten Gipfelchen.

Morgens um halb vier verabschiedet sich eine halbe Kontaktlinse irgendwo in meinem Auge. Kurz nach Start in Jägerbalm bemerke ich, dass der Mechanismus zum Arretieren der Pin-Bindung im Aufstieg nicht mehr will. Beides nicht ganz ideal, aber nicht kritisch, sage ich mir. Wenn man über Wild Boden ausholt, könnte man noch praktisch alles auf Schnee aufsteigen. Ich gehe aber direkter rechts hoch und trage die Ski ab der Strasse unter der Schlierenegg für gut 100 Höhenmeter, was effizienter ist. In der Dämmerung über dem Klausenpass zeigt sich dann, dass eine halbwegs fixe Pin-Bindung doch nicht ideal ist: In einer harten Querung geht der eine Ski auf; da ich ausrutsche auch der andere und weil im Aufstieg die Stopper oben sind, verschieden sich die Latten in die Dunkelheit. Was bleibt mir anderes als ihnen nachzurennen? Zum Glück finde ich beide wieder, allerdings erst rund 150 Höhenmeter weiter unten. Um ein ähnliches Malheur zu vermeiden, montiere ich die Harscheisen bis zum Iswändli, was sich durchaus lohnt. Es kann noch knapp durchgehend auf Schnee aufgestiegen werden. Beim Skidepot kommt dann eine sehr kalte Bise auf. Die Verhältnisse im Fussaufstieg sind ideal, die Steigeisen bleiben im Rucksack. 

Aufgrund der Kapriolen habe ich etwas länger zum Gipfel, bin aber dennoch allein, bis ein Nordwand-Begeher ankommt. Sein Markenzeichen sei der Kopfstand auf dem Gipfel. Nachdem ich ihn entsprechend abgelichtet habe, fahre ich gegen den Claridenfirn ab. Wie immer landschaftlich wunderschön in der Morgensonne. Wie erwartet ist der Oberfläche noch hart. Mit langen Carving-Schwünge rausche ich über die Riesen-Piste zum oberen Gletscher-Pegel, wo seit mittlerweile 107 Jahren gemessen wird - die weltweit längste Messung der Gletscher-Massenbilanz. Mit rund 4m Schnee liegt deutlich weniger als sonst. Das Rasen auf den Gletscherflächen geht weiter zum unteren Messpegel in der Fläche unter dem Gemsfairenstock. 

In der Morgensonne felle ich an und kann mich lange nicht entscheiden, ob ich wie vor drei Jahren auf den Bocktschingel und dann übers Tüfelsjoch soll. Da ich kein Seil im Rucksack habe und daher auf die Fixseile angewiesen bin, zweifle ich aber und möchte eine brenzlige Situation vermeiden. Also plane ich um auf die lange Gletscherrunde, die sich durchaus ausbezahlen sollte. Mit einem Fussaufstieg nehme ich den selten besuchten, aber sehr aussichtsreichen Vorder Spitzalpelistock mit. Anschliessend quere ich auf der Höhe in den Windkessel unter dem Hinter Spitzalpelistock. Ein Flächenflieger im Landeanflug muss eine zusätzliche Volte fliegen, da ich wohl in seiner Landebahn stehe, doch das ist mir egal. Durch den eindrücklichen Windkessel umrunde ich den Hinter Spitzalpelistock. Der Aufstieg zum Gipfel ist schon fast komplett schneefrei und sieht "gruusig" geröllig aus, was ich mir erst nicht antun will. Anstelle davon gehe ich zur Planurahütte und zum kleinen Gipfel links der Hütte mit schöner Aussicht auf den gewaltigen Windkessel. Aus dieser Perspektive ist der Spitzalpeli dann doch nicht so schlimm und ich steige zuerst auf Wegspuren im Geröll, dann über ein steiles Schneefeld, schliesslich in leichter Kraxelei in schlechtem Fels etwas rechtshaltend (T4-T5) aufs Gipfelplateau. Nach einer Rast steige ich zurück und nehme über dem Windkessel die Felle weg. Mit Stockeinsatz kann ich fast 3 Kilometer über die Flächen des Hüfifirns gleiten und felle dann nochmals an bis zum Chammlijoch. Die Abfahrt ist bis zum Klausenpass ist noch weitgehend hart, aber gut und schnell zu fahren. Unten dann Sulz mit einer kurzen Tragpassage bis Jägerbalm.

Durchgangszeiten:
Jägerbalm: 4.47
Clariden: 8.16
Hinter Spitzalpelistock (inkl. Gletschermessungen und Vorder Spitzalpeli): 10.30
Jägerbalm (via Chammlijoch): 11.46

Tourengänger: Delta


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T3 WS II
WS II ZS
T5 ZS
3 Sep 11
Clariden, angekettet .. · PStraub
T3 WS II
WS II
4 Jul 15
Clariden und Gross Schärhorn · alexelzach

Kommentare (3)


Kommentar hinzufügen

Primi59 hat gesagt:
Gesendet am 26. April 2022 um 11:33
Hey Delta, immer sehr eindrücklich deine Berichte mit super Bilder.... und was ist das Ergebnis der Messung? Vermutlich nicht zufriedenstellend :-(

Gruss
Priska

Delta Pro hat gesagt: RE:
Gesendet am 10. Mai 2022 um 21:40
Auch dort lag sehr wenig Schnee. Etwas mehr als 3 Meter, was rund ein Drittel unter dem Erwartungswert liegt. Morgen sind meine Kollegen oben um die definitiven Messungen (nicht "light") zu machen. Die letzten Wochen waren nun ja nicht mehr so schlecht für den Gletscher.

Primi59 hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. Mai 2022 um 14:50
Delta, danke für deine Antwort, ja, die letzten drei Wochen waren ordentlich gut für die Gletscher, aber der Sommer kommt ja erst noch ;-( und ich hoffe sehr, dass das nicht so ein Hitzesommer wird wie auch schon ;-)..... und immer noch viel wollen es nicht wahrhaben dass das Eis schneller schmilzt als auch schon, leider, leider :-(((


Kommentar hinzufügen»