Höchster Berg Frankens: im Schnee auf den Schneeberg (1053 m)


Publiziert von Schubi , 3. Januar 2022 um 17:50.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Fichtelgebirge
Tour Datum:27 Dezember 2021
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 303 m
Abstieg: 303 m
Strecke:10,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz Seehaus an der B303
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.

Viele Entdeckungen nachzuholen habe ich in meiner alten Heimat Oberfranken, so z.B. auch im dortigen Fichtelgebirge. Die Ausflüge mit den Eltern zum Fichtelsee habe ich in schöner Erinnerung. Gar nicht weit davon liegt der mir bis neulich nur aus der Ferne bekannte Schneeberg (1053 m). Lediglich er, sowie der benachbarte Ochsenkopf (1024 m) knacken in diesem Gebirge die Tausendmeter-Grenze. Und das, obwohl das Fichtelgebirge gaaaanz früher sogar mal höher war als die heutigen Alpen. Kurzgefasster Hintergrund ist, dass es sich mit ca. 570 Mio. Jahren um eines der ältesten Gebirge Europas handelt, aber Erosion und Tektonik es über die Jahrmillionen stark abgetragen haben. Infolge des Eindringens glutflüsisger Schmelzen in das Hauptgestein Granit und die Nebengesteine während der Entstehungsphase sowie späterer Verwerfungen kam es immerhin zu einem Reichtum an vielfältigen Mineralien, was wiederum Bergbautätigkeit im Mittelalter begünstigte und die Geologen heutzutage immer noch erfreut.

Mit auf Tour ist Freund Matze und als Soundtrack zum Tourenbericht empfehlen wir zwei Schneeberg-Schneemänner Bing Crosbys Frosty The Snowman.


Bei der Tourenplanung schaute ich, dass wir auf einer Rundwanderung noch schöne Naturdenkmale mitnahmen, namentlich die Granitfelsen des Nußhardts sowie des Habersteins. Matze und ich starten vom Wanderparkplatz Seehaus am höchsten Punkt der B303 in der Senke zwischen Ochsenkopf und Schneeberg. Es liegen gut 20 cm Schnee und in der Nacht kam nochmal was dazu. Die Wolken hängen tief und oft auch in den Bäumen, mit Fernsicht brauchen wir heut also nicht rechnen. Auf dem "Mittelweg" stapfen wir entlang eines Bachlaufs bergan in Richtung Seehaus. Wir gehen aber darauf nicht durchgehend, sondern machen im oberen Drittel einen Schlenker nach Südost und direkt wieder nach Nord (Seehaussteig), um uns mal eine auf der Topo-Karte verzeichnete Felsgruppe anzuschauen, man erreicht sie auf einem Pfädla nordwärts-bergan. Später zuhause sehe ich, dass sie wohl Ausläufer des nahen Ahornfelsens sind. Wir steigen zwischen den Felsen herum, gehen aber nicht allzuweit hangaufwärts und verpassen damit leider besagten Ahornfelsen (man würde ihn vom nächsthöheren Forstweg wohl eh besser erreichen). Diese im Wald versteckte, urige Granit-Landschaft ermuntert uns jedoch zu einer ersten Pause und so schenken wir uns dort einen heißen Jagertee zum Aufwärmen ein. Dann zurück zum Pfad und bald passieren wir das schön gelegene Seehaus. Leider ist es heute geschlossen.

Es geht an ihm vorbei nordwestlich moderat ansteigend weiter zum Nußhardt. Auch im Wald nimmt die Sicht wegen des tief hängenden Wolkennebels nun ab. Dafür sind alle Bäume schön gefrostet. Bald tauchen zwischen ihnen erst vereinzelt liegende, später teils aufeinandergetürmte Granit-Felsen auf. Wir nähern uns dem Nußhardt (972 m). Sein Gipfelbereich besteht aus einer wild zerklüfteten Felsburg, umgeben von einem Felsenmeer. Auf das zweithöchste Trumm hat man netterweise eine Treppe gezimmert, und so haben wir zwar weiterhin keinen Fern-, aber eine guten Überblick: die Verwitterung hat hier Blöcke aller Form und Größe geschaffen, wir sind beeindruckt! Besonders vom einer gipfelbekreuzten, steil aufragenden, offenbar "schräggestellten" Fels-Platte. Aber ich vermute, dass hier nichts gestellt oder gewuchtet wurde, sondern dass die Platte Überrest eines früher breiteren Felsens ist, dessen linken/rechte Teile durch vertikale Risse der Frostsprengung halt früher zerfielen als die Mitte. Die andere mögliche Erklärung sind sehr kräftige und gelangweilte Waldwesen, die die Felsen als Bauklötze benutzten. Beide Theorien habe ich mir grad beim Schreiben so zurechtgelegt, eine naturwissenschaftliche Beweisführung reiche ich bei Gelegenheit gerne nach.

Es geht nun durch einen Sattel und dann rechts, nochmals etwas steiler, herauf zum Schneeberg. Auf dem rustikalen Pfad muss man bei Vereisung bissel schaun, wohin man den Fuß setzt. Ich bemerke eine Zunahme des Lichts und Änderung seiner Farbe, die Wolken werden doch nicht ... aufreissen? Tatsächlich sehen wir für zwei Minuten ein Stück blauen Himmels, aber das war's dann auch schon wieder :-/ Sei's drum, Fernsichten und Sonnenschein sind eh nur was für Romantiker und landläufig gern überschätzt ;o) Auf der Gipfelkuppe des Schneebergs (1053 m) angekommen ist die Sicht weiterhin arg begrenzt vom Nebel und die offene Fläche lässt uns nun gegen eiskalten Wind anwandern. Der Großteil des Gipfelbereichs wurde leider jahrzentelang militärisch genutzt und sieht entsprechend verunstaltet aus: Bundeswehr und US-Army hatten hier umfangreiche Anlagen errichtet und damit während des Kalten Kriegs den Funkverkehr des Ostblocks bis weit in die Sowjetunion hinein abgehört. Das Militär ist seit den frühen Neunzigern weg, die Anlagen stehen aber noch fast komplett und wurden zwischenzeitlich vom Landkreis Wunsiedel erworben, evtl. werden Forschungseinrichtungen aus dem Bereich Naturschutz einziehen. Gerade hier oben lebt nämlich u.a. die letzte Auerhahn-Population Frankens. Auch seltene Insekten,  Moose und Flechten fühlen sich auf den ausgedehnten Blockhalden wohl. Ein besonderer Hingucker am Gipfel ist das "Backöfele". Damit wird sowohl eine interessant verwitterte Granit-Formation bezeichnet, als auch der hölzerne Aussichtsturm auf ihr. Die gängige Deutung für den seit langem überlieferten, seltsamen Namen ist folgende:

"Das leicht besteigbare Backöfele hat seinen Namen im 30jährigen Krieg erhalten 'indem hier die oft geflüchteten Bewohner der Umgegend ihr Brot bucken.' Dem Heimatforscher Rudolf Thiem, einer der besten Kenner des Schneebergmassivs, ist eine Felspartie östlich des Aufgangs zum Aussichtsturm aufgefallen, die eine Ähnlichkeit mit einem gemauerten Backofen alter Art hat. Das 'Schürloch' der backofenähnlichen Felspartie befinde sich auf der Nordseite, schreibt der Heimatforscher 1997 in der Vereinszeitschrift des Fichtelgebirgsvereins 'Der Siebenstern'“.

Auf der Nordflanke des Schneebergs nun herab und am Schneeberg-Brunnen links dem Wirtschaftsweg in südlicher Richtung gefolgt. An einer Sitzgruppe wird endlich gevespert: Matze wirft seinen Spirutskocher an und zaubert uns einen Linseneintopf, dazu wird rucksackfrisches und sehr süffiges Hausbrauer vom Günther Bräu aus Burgkunstadt gereicht. Ich würd sagen, diese Pause war das heimliche Highlight unserer Tour :-) Danach auf zu unserem letzten Etappenziel, dem Haberstein (924 m): eine weitere malerisch anzusehende Felsgruppe aus Granit, mit einer ausgedehnten Blockhalde (der größten im Fichtelgebirge) zu ihren Füßen. Man erreicht den Haberstein gut ausgeschildert über einen kurzen Stichweg (und hätte bei anderem Wetter hier erneut eine feine Fernsicht). Abschliessend gehen wir, die Runde vollendend und weiter auf breitem Forstweg, in sanftem Gefälle zurück zum Ausgangspunkt.

Mit auf Tour: Matze

Fazit: die alte Heimat zu erkunden macht immer Freude. Aber auch ganz ohne Heimat-Lobhudelei gibt es im Fichtelgebirge urige Ecken zu entdecken. Mit Forstweg-Hatschern muss man rechnen, pfafdig war's bei dieser Tour ca. zur Hälfte. Und wie in so vielen deutschen Mitelgebirgen überwiegt Wirtschaftswald mit Fichten. Immerhin aber gibt es darin (schon jahrzehntelang) einige Naturschutz-Inseln mit ursprünglicherem Bewuchs. Spannend bleibt die Frage, wie die ehemaligen Militär-Anlage auf dem Schneeberg zukünftig genutzt werden wird.

Tourengänger: Schubi
Communities: Photographie


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