Gemspleisspitze 3014m


Publiziert von Cubemaster , 3. Oktober 2021 um 14:46.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Silvretta
Tour Datum:24 September 2021
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   A 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m

Die Gemspleisspitze ist ein weitgehend unbekannter und selten bestiegener Berg in der nördlichen Silvretta. Diesen relativ anspruchsvollen Alpinwandergipfel hatten Benjamin und ich uns für unsere erste gemeinsame Tour ausgesucht. Beschreibungen oder Berichte gab es wenig, so dass die Tour noch einen relativ großen Exploring-Anteil hatte, was wir aber beide auch umso spannender fanden.

Bemerkung zur Schwierigkeit: Die Kletterschwierigkeit III bezieht sich nur auf eine einzige kurze und nicht ausgesetzte Stelle, daher ist nach meinem Empfinden die Bewertung T5 noch gerechtfertigt.

Wir starteten an diesem wunderschönen Herbsttag um 8:45 am Parkplatz bei Tschafein, wo der Fahrweg ins Lareintal beginnt. Hier nahmen wir die obere Variante am Stafaliweiher vorbei, um etwas weniger Wegstrecke zu haben. (Generell scheint hier kein Fahrverbot zu bestehen, man könnte also wohl auch noch etwas weiter hinauf fahren. Wo man dann allerdings parken soll, ist wieder eine andere Frage...) Nach etwa einer Stunde hatten wir die Lareinalpe erreicht und folgten dem Fahrweg weiter ins Lareintal hinein.

Gute 4 km sind nach der Lareinalpe noch zurückzulegen bis zur Brücke über den Fluss, wo wir um ca. 11:00 nochmal eine kleine Pause machten. Dann geht es über die Brücke (nicht von kruden Umleitungsschildern verwirren lassen, wie es uns passiert ist) und erstmal den Steig in Richtung Fuorcla Larein hinauf. Hier zeigte sich dann, dass Benjamin ein gutes Stück fitter war als ich, so dass er hin und wieder kurz warten musste, bis ich aufgeschlossen hatte.

Auf etwa 2450 m Höhe verließen wir den Steig und stiegen weglos in Richtung Gemspleissattel auf. Als wir schließlich den kompletten Hang sehen konnten, entschieden wir uns, etwas nach links zu queren, um über Gras aufsteigen zu können. So erreichten wir den Grat etwas nördlich der Scharte, bereits oberhalb eines kleinen Felsaufschwungs.

Dann ging es kurz am Grat entlang auf eine deutlich sichtbare Rinne zu. Dort kraxelten wir erstmal etwas rechts der Rinne über Felsen hinauf und querten oberhalb einer kleinen Steilstufe der Rinne nach links hinüber (erste IIer-Stelle). Das kurze Schlussstück konnten wir gut am Rinnengrund bewältigen, an den linken Begrenzungsfelsen kann man sich dabei etwas festhalten.

Oberhalb der Rinne gingen wir eine Weile in der linken Flanke unterhalb des Grates weiter, das bietet sich wohl auch erstmal an, um einige Zacken zu umgehen. Danach kraxelten wir zur Gratschneide hinauf und es ging mal auf der rechten Seite, dann wieder auf der linken Seite besser. Hier sind sicher viele Varianten möglich. Schließlich erreichten wir eine kleine Einschartung und standen vor dem relativ komplexen Gipfelaufbau.

Ich war entschlossen, zuerst die am natürlichsten erscheinende Variante direkt über den Südgrat zu probieren. Benjamin war beim Anblick des steilen Aufschwungs zwar zuerst etwas skeptisch, ich konnte ihn aber schnell überzeugen, sich die Sache einmal anzugucken. Im Zickzack ging es erstmal relativ einfach hinauf, der zweite Schwierigkeitsgrad wird kaum berührt. Und dann standen wir plötzlich vor einer etwa 4 Meter hohen Steilstufe. Ich suchte an beiden Seiten nach Umgehungsmöglichkeiten, aber da war wirklich nichts zu machen. (Weiträumig sind Umgehungen durchaus denkbar, da müsste man aber recht deutlich vom Südgrat weg in die steilen Geröllflanken, was ich möglichst vermeiden wollte.)

Also beschlossen wir, es mal mit der Wandstufe zu versuchen. Die unteren 2 Meter sind echt knackig, ich würde es mit III+ einstufen. Da es aber gar nicht ausgesetzt ist, war es für mich aber auch total unproblematisch. Die oberen 2 Meter sind dann deutlich leichter (II). Benjamin brauchte ein wenig Überwindung, meisterte die Stelle dann aber ebenfalls tadellos. (Man muss auf jeden Fall etwas vorsichtig sein, da die Gesteinsqualität generell eher mittelmäßig ist. Ich habe versucht, die Stelle etwas auszuputzen, aber das kann nächstes Jahr schon wieder hinfällig sein.)

Es ging dann noch ein paar Meter einfach hinauf bis auf einen Gratzacken, welchen wir nun auf der Nordseite etwa 4 Meter abklettern mussten. Rein vom Schwierigkeitsgrad maximal II, aber es war fürchterlich brüchig und wurde zusätzlich noch durch ein bisschen nordseitigen Restschnee erschwert. Langsam und vorsichtig krückten wir uns die Stelle hinunter. Auf der anderen Seite ging es ein paar Meter wieder hinauf bis zum Vereinigungspunkt von Südgrat und Westgrat.

Das letzte Stück wird nun am Westgrat entlang zurückgelegt. Leider hat dieser unmittelbar nach dem Vereinigungspunkt eine üble Steilstufe (definitv nicht unter Grad IV zu haben), was eine Querung notwendig macht. Da die Nordseite verschneit war, war unser Plan von Anfang an gewesen, hier südseitig entlang zu kommen. Dazu kraxelten wir eine relativ brüchige Rinne hinunter und erreichten ein gut zu begehendes und nur mäßig ausgesetztes Band.

Mit etwas Auf und Ab folgten wir dem Band bis auf einen Vorsprung, wo das Band wohl endet. Ein Blick nach oben stimmte mich aber sofort hoffnungsvoll. Wiederum nur mäßig ausgesetzt konnten wir hier auch super zum Grat hinaufklettern (II). Ein kurzes Stück Grat und eine letzte Stufe trennten uns noch vom Gipfel. Beides war in einfacher Kletterei zu überwinden und dann war es um ca. 14:15 endlich geschafft. Wow, das war eine interessante und knifflige Route!

Eine halbe Stunde genossen wir das phantastische Panorama an diesem herrlich klaren und windstillen Septembertag (perfekte T-Shirt-Temperatur), dann ging es über die gleiche Route hinunter bis wir wieder in der kleinen Lücke vor dem Gipfelaufbau standen. Dort entschieden wir uns, direkt das Geröllfeld in südwestlicher Richtung abzusteigen. Im oberen Bereich ging das recht gut, weiter unten war es aber dann ziemlich mühsam. Sicherlich war es aber schneller, als den Grat zurückzuklettern, in dem Sinne hat es sich immerhin gelohnt. Der restliche Rückweg war zu zweit ebenfalls wieder sehr kurzweilig und mit einem wunderschönem Sonnenuntergang erreichten wir sehr zufrieden um etwa 18:45 wieder den Parkplatz im Tal.

Tourengänger: Cubemaster, Ben77


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Kommentare (2)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 3. Oktober 2021 um 19:46
Coole Aktion! Da gibts noch jede Menge ziemlich einsame Berge in der Ecke.

Cubemaster hat gesagt: RE:
Gesendet am 5. Oktober 2021 um 09:54
Vielen Dank! Sehr schöne Gegend, da hast du absolut recht. Werde bei Gelegenheit sicher mal wieder hinfahren.


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