Rocciamelone (3558) - the hard way


Publiziert von cardamine , 20. September 2021 um 21:51.

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum:29 August 2021
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:24 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Val di Viù - Usseglio - Lago di Malciaussia, Parkplatz hinter dem Rifugio Vulpot (Kosten 5 €/Tag)
Unterkunftmöglichkeiten:Grand Albergo Rocciamelone, Usseglio Rifugio Tazzetti (2642 m) Rifugio Ca'd'Asti (2854 m) Capanna Sociale Aurelio Ravetto (2545 m)

Zum Abschluss unserer Reise durch die Grajischen Alpen drängte es sich geradezu auf, auch den geografischen Abschluss dieser Gebirgskette, den Rocciamelone, zu besteigen. Die Südwand des Rocciamelone fällt zum Susatal hin mehr als 3000 m tief ab, was im Mittelalter zu der Annahme führte, der Berg sei der höchste der Alpen. Auch wenn der Rocciamelone nicht einmal der höchste Gipfel dieser Gebirgsgruppe ist, ist er mit seiner charakteristischen konischen Form doch eine auffällige Erscheinung. Auf dem Gipfel befindet sich die höchstgelegene Kapelle der Alpen und eine riesige Madonnenstatue, zu der alljährlich am 5. August eine Wallfahrt stattfindet. Nicht nur an diesem Tag ist der Gipfel gut besucht, im Sommer bei schönem Wetter ist der Gipfel ein beliebtes Ausflugsziel, da der Berg zu den wenigen wanderbaren Dreieinhalbtausendern zählt. Der Großteil der Besucher besteigt die Rocciamelone über den Normalweg von Süden (T3), mit knapp 1400 Hm Aufstieg für einigermaßen trainierte Bergwanderer gut als Tagestour machbar, für weniger sportliche gibt es auf halber Höhe noch das Rifugio Ca’d’Asti.

Neben dem Normalweg von Süden gibt es noch alpinen Aufstieg, der über den Rocciamelone Gletscher führt. Dieser reizte uns natürlich weitaus mehr als der Normalweg. Gerne hätten wir die Tour auf zwei Tage aufgeteilt und im Rifugio Tazzetti übernachtet, doch kurzfristig war am Wochenende natürlich kein Platz mehr zu bekommen. „Notgedrungen“ entschlossen wir uns also, die Tour an einem Tag durchzuziehen – mit über 2000 Hm und 24 km schon eine recht lange Tour.

Statt in dem nicht sonderlich charmantem Rifugio Vulpot am Lago di Malciaussio, dem Ausgangspunkt der Alpinroute, übernachteten wir etwas weiter unten im Tal in Usseglio. Das Grand Albergo Rocciamelone kann ich sehr empfehlen, in dem historischen Gebäude mit hohen Decken und riesigem Speisesaal fühlt man sich in die Belle Époque zurückversetzt. Für gerade mal 60 € bekommt man Übernachtung mit Halbpension. Abends gibt es ein 4-Gänge Menü mit regionalen Produkten und weil wir früh aufstehen wollten, bekamen wir sogar ein Frühstück bereitgestellt.

Aufstieg von Malciaussia via Rifugio Tazzetti (T4/L, 1750 Hm, 4:30 h)
Vom Grand Albergo sind es noch ca. 30 Minuten Fahrzeit über eine schmale kurvige Bergtrasse zum Lago di Malciaussia. Um 6:20 Uhr starten wir am Parkplatz hinter dem Rifugio Vulpot. Wir folgen dem Schotterweg am Seeufer entlang zu den Häusern von Pietramorta. Hinter dem Örtchen gabelt sich der Weg. Fast hätten wir dort aus Versehen den längeren Aufstieg zum Rifugio Tazzetti gewählt, zum Glück hat jemand unter den Wegweiser den Hinweis gekritzelt, dass der Normalweg über den Fluss führt. Um 8 Uhr erreichen wir das Rifugio, als gerade noch eine große Gruppe aufbricht. Langschläfer sind sie, die Italiener. Hinter dem Rifugio wird das Gelände alpiner (T4), bald folgt eine ungesicherte Kletterstelle (I), über die wir einen Gratrücken erreichen. Die Wegspur ist dort nicht immer klar und ab und zu müssen wir auch die Hände zu Hilfe nehmen. Der Gratrücken führt zu den „Tre Croci“, ein Aussichtsplateau mit drei Kreuzen, an denen den an der Rocciamelone verstorbenen Bergsteigern gedacht wird. Über eine steile, schuttige Flanke kraxeln wir nun hoch zum Col della Resta. Verblasste rote Punkte helfen bei der Orientierung. Am Col delle Resta betreten wir den Rocciamelone Gletscher. Dieser ist flach und hat keine Spalten, sodass man sich nicht anseilen muss. Die Gletscherpassage ist leider nur kurz. Vor der Felsrippe, die den Gletscher in zwei Teile trennt, steigen wir auf den Schutthang oberhalb des Gletschers und folgen dann einer Wegspur zu einem kleinen Seelein. Laut unserer Karte würde man hier wieder den Gletscher betreten, dieser ist mittlerweile aber abgeschmolzen, sodass wir uns nun den Weg durch Geröllblöcke suchen müssen. Steinmännchen leiten uns zu einem kleinen Firnfeld unterhalb des Nordwestgrates. Über das Firnfeld steigen wir bis unterhalb der Einsattelung auf dem Grat auf. Über einen Felsblock klettern wir hinauf in die Schuttflanke und erreichen über eine Wegspur den Rocciamelone-Nordwestgrat. Über den Grat führt eine gute Wegspur zum Gipfel. Teilweise weicht die Spur in die Nordflanke aus, bei Vereisung könnten die feinen Schieferplättchen rutschig werden. Gerade rechtzeitig vor den angekündigten Quellwolken erreichen wir den Gipfel und können noch eine Stunde die Aussicht genießen, die wie erwartet erstklassig ist - vom Tiefblick ins Susatal bis zum Écrins- und Vanoise Massiv. Allein sind wir bei dem Prachtwetter natürlich nicht. Mit den aufziehenden Quellwolken machen wir uns auf den langen Rückweg.

Abstieg via Normalweg und Rückkehr via Colle Croce di Ferro (T4-, 4:30 h)
Ein gut mit dicken Kabeln versicherter Steig führt am Südgrat entlang steil abwärts zum Rifugio Ca'd'Asti (T3). Hier kommt es zu Staus, da der schmale Weg ein Vorbeikommen von auf- und absteigenden Bergsteigern schwierig macht. Zwei verrückte Mountainbiker versuchen ebenfalls ihr Glück. An der Kapelle unterhalb des Rifugio Ca‘d’Asti verlassen wir das Gewusel des Normalwegs. Der Abzweig nach Malciaussia ist unübersehbar mit einem großen Wegweiser gekennzeichnet. Der Weg wurde wohl erst kürzlich markiert. Nun folgt eine laaaange Hangquerung auf einem schmalen Wiesenpfad. Man hätte wohl die ganze Zeit eine schöne Aussicht auf das Susatal, aber die Quellwolken vernebelten uns leider den Ausblick. Auf dem Weg gibt es drei kettenversicherte Passagen, die spektakulärste davon ist der Passo della Capra. Eine steile Rinne mit einem Wasserfall muss hier gequert werden. Zwar hilft eine stabile Eisenkette, das Gelände ist jedoch feucht und rutschig. Direkt im Wasserlauf gibt es keine Kette, falls es hier eisig ist, besteht große Absturzgefahr. Bis auf diese Stelle ist der Weg T3, aufgrund des Passo delle Capra muss die gesamte Querung jedoch als T4- eingestuft werden. Nach dem Passo della Capra führt der Weg hoch zum Cresta Crèuse, der zum Mont Palon führt. Dahinter mündet der Weg auf den GTA, dieser ist breiter und häufiger begangen (T2). Der Weg führt durch die Ostflanke des Mont Palon hinüber zur Capanna Sociale Aurelio Ravetto. Auf dem ganzen Weg dorthin begegnete uns kein einziger Wanderer mehr. Nach einem kurzen Gegenanstieg erreichen wir den Colle Croce di Ferro. Von dort führt ein mit Platten ausgelegter Weg durch ein grünes Tal hinab zum Lago di Malciaussia. Oberhalb des Sees wachsen viele Heidelbeeren, die den Abstieg etwas verzögert haben…

Tourengänger: Toni Montaña, cardamine


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Kommentare (2)


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Bertrand hat gesagt:
Gesendet am 23. September 2021 um 12:26
Danke für den Superbericht ! Interessant "by fair means" (bin auch ein Fan) ist auch der Aufstieg ab Susa als kombinierte Bike&Hike Tour - habe ich 1994 so gemacht, üerlaufen war der Gipfel schon damals...

cardamine hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. September 2021 um 21:40
Puh 3000 Hm, Respekt! Das ist dann die Ultra-Hardcore Version :D


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