"Am Brisi muesch gsi sii, aber nur eimal, so öppis machsch nöd zweimal". So schrieb ich in mein Tourenbuch, nachdem uns anno 2000 die erste Wiederholung, und gleichezeitig auch die erste Rotpunktbegehung der Südwandroute "Surbrise" (7a+) gelang. Jene Route zeichnet sich durch anspruchsvolle Kletterstellen in tollem Fels aus, daneben gibt es aber auch gehörig alpine Passagen, wo man mit splittrigem Gestein und losen Blöcken behutsam umzugehen hat.
Um den Brisi-Gipfel kletternd zu erreichen, und so zum Beispiel das Ziel zu erreichen, an jedem der Seven Summits einmal eine Wandroute durchstiegen zu haben, gibt es seit einigen Jahren eine zugänglichere Alternative: die von Thomas Wälti erstbegangene, seinen Zwillingen gewidmete "Luky & Sina", welche über den Pfeiler zwischen Süd- und Westwand verläuft. Seltsamerweise hat es diese Route nie zu "Schweiz Plaisir"-Ehren geschafft, stufe ich sie doch als eine der lohnendsten der Churfirsten im 5c/6a-Bereich ein. Auch die Absicherung ist als "gut" zu bezeichnen, Zu- und Abstieg sind übersichtlich und für Churfirstenverhältnisse wenig heikel.
Unsere Tour startet auf der Selamatt, 100m östlich von P.1561 (10 CHF Taxe für die Zufahrt). Von hier, wie im Topo angegeben, den Einstieg in 45 Minuten zu erreichen ist absolut illusorisch, sind doch ca. 2km Distanz und 600hm zu bewältigen, auf mässig guter Wegspur im Karrengelände. Wir nehmen es gemütlich und brauchen schliesslich, inklusive Rucksackdepot bei P.1797 am Brisi-Nordrücken, rund 1.5 Stunden. Kurz vor der Obersäss Nideri P.2045 verlässt man die rot-weiss-rot markierte Wegspur und folgt der Abbruchkante in Richtung Westpfeiler. Einen ersten Gratturm links umgehend erreicht man den eindrücklichen Schacht, wo sich im Sattel über dem Felsenfenster der markierte Einstieg befindet (T4, die Querung über dem Schacht ist ziemlich exponiert!).
SL 1, 30m, 5b: es darf gleich ziemlich zugepackt werden, und an der mit 2 BH gut abgesicherten Schlüsselstelle muss ich doch ziemlich genau hinschauen. Die Originalbewertung von 4a ist hier sicher weit daneben, 5b dürfte deutlich besser passen. Danach 15m horizontale Querung übers Grasband zu Stand am nächsten Aufschwung.
SL 2, 40m, 6a: super Seillänge in tollem Fels an kleinen Leisten und Seitschuppen. Mit den Füssen muss ziemlich plattig angetreten werden. Wie Alpin_Rise in seinem Bericht korrekt vermerkt, ist die Absicherung gut, sie verpflichtet jedoch zur Freikletterei. Die im Topo vorgeschlagene Bewertung von 5a ist mit Sicherheit weit von der Realität entfernt, ich meine, dass auch 6a noch nicht zuviel ist. Stand vor dem Übergang zur Wiese an nur 1 BH und Zackenschlinge.
SL 3, 30m, T3: einfache, horizontale Querung des nächsten Grasbandes zum nächsten Felsband, wo nur 1 NH vorhanden ist. Mit z.B. einem Camalot 1 kann dieser Stand optimal verstärkt werden.
SL 4, 30m, 5c: eindrücklich steil, stellenweise sogar leicht überhängend und gutgriffig geht es hier in begeisternder Kletterei aufwärts. Die offizielle Bewertung von 5b ist hier nicht mehr ganz so weit daneben, eine Aufwertung auf 5c aber sicher dennoch notwendig. Die Absicherung ist gut, der erste BH steckt allerdings ziemlich weit oben. Mit kleinen Friends oder Klemmkeilen kann diesem Problem aber Abhilfe schaffen. Zuletzt zu Stand auf dem Pfeilerkopf, wo sich die Blechbüchse mit dem verfaulten Wandbuch befindet.
SL 5, 30m, 6a: Zuerst entlang einer Verschneidung mit Klemmriss, dann rechtshaltend in leicht überhängender aber sehr griffiger Wandkletterei. Trotz guter Absicherung muss die Crux obligatorisch bewältigt werden und verlangt etwas Entschlossenheit, zumal der BH darunter etwas speziell befestigt ist. Das hält zwar sicher, trägt aber zur psychischen Belastung bei... Bewertungsvorschlag: 6a statt 5c wie im Topo.
SL 6, 35m, T4: Querung über die nächste Wiese, zunächst horizontal bzw. leicht absteigend, am Schluss dann der Wand entlang hoch. Stand an einem einzelnen BH.
SL 7, 30m, 5b: Schöne Verschneidung zu Beginn, dann folgen einige Blöcke, die man besser nicht gerade wie ein Elefant belastet, auch wenn sie wohl genügend solid sind. Danach noch ein toller Abschluss in prima Fels mit einem idealen Zweifingerloch neben dem letzten Bolt. Für mich eher 5b als 4b.
Vom Ausstieg zum Brisi-Gipfel sind es dann noch fast 10 Minuten Wanderung. Wie eigentlich immer nach einer Klettertour trifft man den Gipfel verwaist an, die Wanderer haben sich bereits wieder auf den Heimweg gemacht. Wir vespern, geniessen die Aussicht und steigen dann gemächlich über den Brisi-Rücken zurück zum Auto.
Kommentare (2)