Skitour zum Theodulpass - auf den Spuren von Jean-Pierre Meynet


Publiziert von rhenus , 29. Dezember 2020 um 21:55.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 4 Mai 2006
Ski Schwierigkeit: L
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   I 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 400 m
Abstieg: 1400 m

Während Jahrhunderten spielte der 3300m hohe Theodulpass zwischen dem Mattertal und dem Valtournanche als Verkehrs- und Handelsweg für Zermatt und das Oberwallis eine bedeutende Rolle. Er wurde bereits zur Zeit der Römer benutzt. Bei den Walserwanderungen im 11. und 12. JH war er neben dem Monte Moro Pass ein Tor gegen Süden. Bei seiner Erstbesteigung des Kleinen Matterhorn im Jahre 1792 wurde der Naturforscher Horace-Bénedict de Saussure auch vom Führer Jean Jaques Meynet aus Valtournanche begleitet. Er erstellte für ihre Expedition auf dem Theodulpass ein primitives Lager. Dessen Enkel Jean-Pierre Meynet stellte für die zunehmende Zahl der Besucher auf dem damals sehr oft aufgesuchten Pass zuerst ein Zelt und dann eine primitive, gemauerte Herberge auf. Diese wohl erste hochalpine Hütte diente vielen Wissenschaftlern, Dichtern, Malern und frühen Alpinisten als Unterkunft. Die kleine Hütte des Jean-Pierre Meynet am Theodulpass war somit zukunftsweisend für die Erschliessung und Besteigung der Walliser Alpen.

Am dritten Tage unseres Aufenthalts in Zermatt vor einigen Jahren unternahmen wir eine leichte Skitour auf den Spuren von Meynet zum Theodulpass. Mit der Seilbahn fuhren wir bis zur Station Trockener Steg. Von dort fellten wir in einer halben Stunde in grossartiger Landschaft zur kleinen Gandegghütte, die 1885 erstellt und 1964 durch einen Neubau ersetzt wurde. Von der ehemaligen SAC-Hütte - heute ist die Hütte in privatem Eigentum - hat man einen eindrücklichen Blick auf den zerschrundenen Unteren Theodulgletscher. Wir hatten an jenem Tage Glück, kein Rattern der Ski- und Sessellifte störte unseren Aufstieg, nur die Seilbahn zum Kleinen Matterhorn war in Betrieb. Über den Gandeggrücken wanderten wir bei geringer Steigung hinauf, querten den Oberen Theodulgletscher und erreichten schliesslich den Theodulpass. Wo um 1851 erstmals Meynets primitive Unterkunft stand, steht heute das moderne Rifugio del Teodulo. Auch auf der italienischen Seite war der Sessellift zum Theodulpass eingestellt, sodass nur wenige Besucher auf dem Rifugio anzutreffen waren. Nach ausgedehnter Umschau in der grandiosen Hochgebirgslandschaft und einem feinen Mittagessen mit Pasta und einem italienischen Espresso fuhren wir im weiten Bogen über den Oberen Theodulgletscher und den Furgggletscher am Fusse der "Becca", wie das Matterhorn im Valtournanche auch genannt wird, zur Seilbahnstation Furi. Von dort zurück ins bereits grüne Zermatt, wo ich mich von Kurt verabschiedete und mit der Bahn nach Hause zurückkehrte.

Der  Schweizer Schriftsteller und begeisterte Alpinist Alfred Graber (1897 - 1987) bestieg vor ca. 70 Jahren vom Theodulpass aus das Breithorn, die Bahnen und Lifte zur Testa Grigia und zum Furgggrat von Breuil-Cervinia aus bzw. zum Trockenen Steg von Zermatt aus existierten bereits. Er lässt in seinem Essayband "Merkmale der Liebe" Jean-Pierre Meynet wieder aufleben. In der Erzählung "Der Traum von den Bergen" sagt ihm Meynet in sternklarer Nacht: "Ich suchte nie nach irdischen Schätzen. Ich hatte weit höhere Ziele, ich errichtete auf dem Sattel des Sankt Theodul ein Zelt, damit alle, die gleichen Sinnes wie ich waren, einen Unterschlupf fänden auf ihrer Pilgerfahrt zur Schönheit der Berge. Ich tat es nicht für mich und nicht, um reich zu werden, je travaillais pour l'humanité. Die unten im Valtournanche konnten es nicht verstehen....Erst im bedächtigen Steigen kann sich eine Landschaft harmonisch vor uns entfalten, erst im Wandern können wir sie verstehen, erst im Unterwegssein bleiben die Eindrücke haften. Verjagt die Dämonen, die euch in den Fängen halten und steigt zur Höhe wie einst wir, es ist eure einzige Rettung...Denkt darüber nach, wie sehr ihr euch selbst den Traum von den Bergen zerstört habt."  (siehe auch den Beitrag von Alfred Graber, Jean-Pierre Meynet, der Prophet vom Theodul, in: Die Alpen, 1974, S. 211 - 223)  


Tourengänger: rhenus


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