Vier Grate, eine Runde - Morgete zum Zmorgete


Publiziert von lorenzo , 19. September 2020 um 22:48.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum: 2 September 2020
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1830 m
Abstieg: 1830 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Gurnigel, Gantrischhütte oder mit dem Auto
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Kartennummer:LK 1206 Guggisberg, 1226 Boltigen; M. Brandt, Clubführer Berner Voralpen, SAC 1981

Nach den ergiebigen Schneefällen am Wochenende bis auf 1500m hinunter sah ich am Montag vom Zug von Brig aus nur auf dem Gipfelfeld des Gantrisch noch letzte Schneereste schimmern, die übrigen Gipfel der Gruppe schienen dagegen schon wieder schneefrei zu sein. Da es für Touren im Hochgebirge aber immer noch zu früh war, nahm ich die Gelegenheit wahr, endlich einmal den vielbeschworenen "Nasegrat" zum Homädli zu versuchen, und daran den ENE-Grat zum Widdersgrind anzuhängen, den ich erst von einem Abstieg im Herbst bei schon winterlichen Verhältnissen und mit Seilhilfe kannte. Und für den Rückweg boten sich fast selbstredend die jedes Mal von Neuem faszinierenden Überschreitungen der Alpiglemäre und des Gemsgrats an. Damit ergab sich eine bereits ansehnliche "Morgeterunde", für deren Vervollständigung freilich am einen Ende die Walchliflüe, am anderen Schibe- und Talmattenspitz sowie Schwidenegg fehlten. Allerdings kann man bei der Wahl zwischen den Walchliflüe und dem Nasengrat natürlich nicht den Fünfer und das Weggli haben... Wie auch immer, am Mittwoch sollte das Wetter gut sein, und ich rechnete bis dann wieder mit trockenen Bodenverhältnissen.

Beim abwechslungsreichen Zustieg über die verschiedenen Alpen war der Himmel fast noch wolkenlos. Zwischen Mittlist Morgete und Sunnige Riprächte wurden Kühe auf die Weide getrieben, und von Schattige Riprächte fuhr der Senn die frisch gemolkene Milch zur Käserei hinunter. Beim ersten, dem Nasegrat, stiess ich unerwartet auf einen für mich nicht abkletterbaren Felsabbruch, über den ich aber zum Glück an einer Tanne mit 20m Reepschnur abseilen konnte. Die nächste Schwierigkeit folgte beim 2. Aufschwung am zweiten, dem Widdersgrind ENE-Grat, den ich nur durch Umgehung über eine noch feuchte 2m hohe Felsstufe und eine zum Grat zurückführende Grasrinne bewältigen konnte. Am Hane räumte der Senn bereits die Zäune ab, und auf Grenchegalm wischte die Älplerin Stall und Hüttenvorplatz: schon in wenigen Monaten würden hier wieder die ersten SkitouristInnen vorbeiziehen. Bis zum Skigipfel der Alpiglemäre hielt sich das Wetter trotz zunehmender Quellwolken leidlich, und auch Gras und Felsen waren bisher nirgends triefend nass gewesen.

Erst als ich über die Einstiegswand hinauf kletterte, trieb ein aufkommender kalter Wind Wolkenschwaden herbei, die bald die ganze Alpiglemäre einnebelten. Ich war froh, diesen dritten viergipfligen Gratkamm von mehreren Überschreitungen in beiden Richtungen zu kennen, so dass mir die Orientierung keine Mühe bereitete. Beim vierten und letzten, dem Gemsgrat, der mir auch schon in beiden Richtungen bekannt war, schien ich den Nebel ohnehin schon abonnniert zu haben, weshalb ich mich hier erst recht nicht aus der Ruhe bringen liess, zumal die Morgensonne auch hier ihre Arbeit bereits in ausreichendem Mass getan hatte. Wie zu erwarten war, lockerten sich Nebel und Wolken dann genau in dem Moment auf, als die gröbsten Schwierigkeiten vorbei waren. Ich nahm es gelassen, denn nun konnte ich von der Bürgle und beim Ausklang über Bürglegrat und Bire nochmals ein paar einzigartige Aussichten geniessen, auf die ich bisher noch gar nie geachtet hatte. Den krönenden Abschluss bildete dann die stürmische Begrüssung durch eine Tschuppelete verspielter, neun Wochen alter Welpen auf der Birealp. Und schon hiess es wieder Abschied nehmen: nicht nur vom immer wieder beglückenden Gantrischgebiet, sondern auch vom Bergsommer, denn man spürte es merklich: "es herbschtelet scho..."

Zustieg über den Morgetepass

Von der Underi Gantrischhütte (1509m) auf dem gelb markierten Wanderweg zur Abzweigung 1613 bei der Oberi Gantrischhütte und auf dem weiss-rot markierten Bergweg (wr) zum Morgetepass (1957m). Wr Abstieg über Obrist (1866m) nach Mittlist Morgete (1654m), auf und ab nach Sunnige Riprächte (1648m) und leicht ansteigend bis vor Schattige Riprächte (1744m). Auf dem Fahrweg zu letzterem und weiter bis zur nächsten Kurve, dann nach SE über Weide zur Anhöhe 1811, T2, 1h 45min.

Nase-N-Grat-Homädli
Von der Anhöhe 1811 nach E zum W-Couloir, durch dieses über steiles Gras hinauf zum 1. Sattel und Abstecher nach N zur Nase (1931m, II) am Beginn des Homädli N-Grats. Zurück zum 1. Sattel und weiter über den N-Grat auf Gras und leichten Felsen zur 2. Gratkuppe, von der an einer Tanne 10m nach S in den 2. Sattel abgeseilt werden kann (die letzten 2-3m abklettern, II). Die folgenden drei grasig-felsigen Kuppen des N-Grats werden z.T. ausgesetzt überschritten (Stellen I) und von der fünften nach SE einfach der Gipfel des Homädli (2021m) erreicht, T5. Abstieg mit Umgehungen v.a. nach N entlang dem mit Tannen und Stauden stark überwachsenen und sperrigen W-Grat zur Lohegg (1853m), T3, 2h.

ENE-Grat-Widdersgrind-Hane
Weiter links eines niedrigen Felsriegels entlang nach WNW zum Beginn des Widdersgrind ENE-Grats. Der 1. Aufschwung wird direkt über sehr steiles Gras erstiegen. Der 2. Aufschwung wird rechts über eine Felsstufe (2m, II) umgangen, von der eine Grasrinne nach links zurück zum Grat führt. Der 3. grasig-felsige Aufschwung kann direkt erklettert werden (I-II). Dann auf dem flacher werdenden Gipfelgrat über mehrere felsige Erhebungen einfach zum Widdersgrind (2103m, Kreuz mit gehörntem Widderschädel), T5+. Abstieg wr über den NNE-Rücken zum Sattel ca. 1995m, über den grasigen SSW-Grat auf den Hane (2019m) und auf Gras und Schrofen über den NNW-Grat nach Grenchegalm (1884m) hinunter, T3, 1h.

Alpiglemäre W-E-Überschreitung
Von Grenchegalm (1884m) über die S-Flanke auf Weide weglos zum Alpiglemäre Skigipfel (2044m) und nach NE zur nach SW ausgerichteten Einstiegswand, T2. Über diese rechts eines markanten Risses hinauf (20m, II) und über den Schrofengrat auf den W-Gipfel (2071). Abstieg über den Grat nach NE, wobei zuunterst über eine leicht überhängende Felsstufe abgeklettert werden muss (2m, gute Griffe, II). Weiter auf dem ausgesetzten grasigen Grat (Pfadspuren) und über eine steile Grasrampe hinauf zum W Mittelgipfel (2081m). Auf dem nächsten Grasgrat weiter, bis dieser in Felsen übergeht. Von S durch einen Kamin (5m, II) zurück zum Grat und über diesen auf den E Mittelgipfel (2095m). Auf einem weiteren Grasgrat zu einem Block- und Karrenfeld, das an geeigneten Stellen durchschritten wird und auf dem letzten Grasgrat zum E-Gipfel oder Hane (2115m), T5. Abstieg zum NE-Vorgipfel und über den N-Rücken auf Geröll und Gras (Pfadspuren) hinunter nach Alpiglegalm (2016m), T3, 1h 30min.

Ochse-Gemsgrat-Gemsflue-Bürgle
Von Alpiglegalm (2016m) wr über die SW-Flanke und den W-Grat auf den Ochse (2188m), T3. Abstieg über den grasig-felsigen S-Grat, T5, II, zum felsig-grasigen Gemsgrat, auf diesem ausgesetzt hinunter zum Sattel ca. 2010m und über 2 Aufschwünge (Pfadspuren; Stellen I-II) auf die Gemsflue (2154m), T5. Auf dem eingezeichneten Pfad nach NE zum Sattel ca. 2075m und über die S-Flanke auf die Bürgle (2165m), T2, 1h 30min.

Rückweg über den Birehubel
Abstieg nach N über den Bürglegrat (Pfad) zum Sattel 1807 und Wiederaufstieg über den S-Rücken zum Birehubel (1850m), T3. Abstieg nach NE über Bireberg zur Birehütte (1614m) und auf dem gelb markierten Wanderweg zurück, T2, 1h 15min.

Verhältnisse: sonnig mit zunehmenden Quellwolken und kühl. Wege und Fels trocken, Gras und Stauden schattseitig z.T. noch feucht.

Material: Leichthelm und -pickel sowie 20m 7,5mm Reepschnur zusätzlich zu üblicher Alpinwanderausrüstung.

Fahrplan: 7.15 Start, 9.15 Nase, 10.30 Homädli, 11.45 Widdergalm, 12 Uhr Grenchegalm, 13.30 Alpiglemäre E-Gipfel, 14 Uhr Ochse, 15 Uhr Bürgle, 16.15 zurück.

Tourengänger: lorenzo


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T6 II
13 Jun 21
GANTRISCH INTEGRAL · Bergamotte
T6 III
25 Okt 15
Widder, Ochs und Gemse... · Maisander
T6
19 Okt 08
Rund um die Alp Morgete · Zaza
T6 II
22 Sep 19
Louigrat - Gemsgrat - Bürglegrat · Nik Brückner
T6 II
14 Jul 18
Gemsgrat · Aendu
T6 II
9 Nov 20
Gemsgrat · Aendu
T6 II
23 Aug 13
Gemsgrat - einmal mehr · Aendu
T3

Kommentar hinzufügen»