Kalser Bärenkogel (3079m) - breiter Blockgipfel im Landecktal


Publiziert von BigE17 , 17. August 2020 um 21:16.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Granatspitzgruppe
Tour Datum: 8 August 2020
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1750 m
Abstieg: 1750 m
Strecke:18 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Matrei in Osttirol fährt man entlang der Felbertauernstraße bis zur Abzweigung Raneburg. Dann folgt man ihr noch gut 3 km bis zu einer Bushaltestelle (ca. 1400m). Daneben beginnt ein Schotterweg, einige Wegweiser sind hier zu sehen. Hier können einige wenige Autos direkt neben der Felbertauernstraße parken. Hierher auch von Mittersill durch den Felbertauerntunnel.
Unterkunftmöglichkeiten:Keine

Der Stubacher Sonnblick und die Granatspitze sind 2 bekannte Gipfel im Norden der Granatspitzgruppe. Westlich von der Rudolfshütte ragen sie empor. Daneben gibt es noch einen dritten Dreitausender, der allerdings bei weitem nicht so bekannt ist und dementsprechend sehr viel seltener bestiegen wird - den Kalser Bärenkogel (bzw. Kalser Bärenkopf). Und das liegt nicht nur daran, dass ein Anstieg von dieser Seite ziemlich anspruchsvoll ist. Alle Aufstiege beinhalten zahlreiche Kletterstellen sowie äußerst mühsames Gehgelände.

Deshalb war der Kalser Bärenkogel auch nicht meine erste Wahl an diesem Tag. Weil das Rad meines Tourenpartners jedoch einen Platten hatte, mussten wir auf eine Tour im Krimmler Achental verzichten, und spontan umdisponieren. So fiel die Wahl auf diesen Gipfel oberhalb der Felbertauernstraße. Wir starteten um 7:45 an der Felbertauernstraße. Da mein Rad noch heil war, konnte ich anfangs noch damit fahren. Wir passierten am Schotterweg die Landeckalm, dann ging es flach ins Tal hinein, bis die Straße wieder anzusteigen begann. Hier deponierte ich das Rad.

Dann begann der Aufstieg über einen kaum bemerkbaren Steig Richtung Seetörl. Wo genau der Steig beginnt, war uns nicht ganz klar, aber irgendwann erreichten wir ihn. So stiegen wir über das schmale Steiglein höher, was ziemlich anstrengend war - wegen des langen Grases. Schließlich gelangten wir zum Seetörl, wo dann auch der Schwarzsee zum ersten Mal sichtbar wurde - nicht zu verwechseln mit dem Schwarzsee im Dorfertal.

Hier endete der Steig. In weiterer Folge wanderten wir über einen mäßig geneigten Grashang, der sich nördlich des Törls befindet. Auch wenn gelegentlich Blöcke im Weg waren, großteils konnten wir noch durch Gras aufsteigen. Irgendwann konnten wir flach ins Kar südwestlich des Kalser Bärenkogels queren. Hier wurde jedoch das Gelände deutlich felsiger. Anfangs konnten wir angenehm über glattgeschliffene Platten an Höhe gewinnen. Dabei hielten wir auf eine Scharte südwestlich des NW-Gipfels zu. Kurz vorher entschlossen wir uns dazu, nicht zur Scharte, sondern direkt zum NW-Gipfel aufzusteigen. Ab nun erwarteten uns große Blöcke, dazwischen auch kleinere, wobei diese immer wieder recht wackelig waren. Daher war Vorsicht geboten, das Vorankommen wurde anstrengend. So konnten wir mühsam bis auf den NW-Gipfel aufsteigen, wobei an den steileren Stellen die Hände benötigt wurden (I).

Hier machten wir nun unsere erste Gipfelrast, denn uns erwartete eine traumhafte Aussicht. Gegenüber lag die steile Westflanke vom Johannisberg, im Norden die Granatspitze. Doch das Highlight war sicher der lange Grat vom Kalser Tauern bis zum Großglockner. Nach Süden war die Sicht ein wenig eingeschränkt, da der Hauptgipfel vom Kalser Bärenkogel deutlich höher war - allerdings auch relativ weit entfernt. Anfangs war der Verbindungsgrat jedoch ein flacher Blockrücken, der keinerlei Probleme bereitete. Doch dann wurde der Grat schärfer, die Blöcke wurden wieder größer und dadurch das Vorwärtskommen zur Qual. Dann erwartete uns ein unüberwindbarer Turm, den wir westseitig umgehen mussten (I). Da irgendwann jedoch steile Platten den Weg versperrten, mussten wir durch einen Kamin wieder auf den Grat aufsteigen und danach eine ostseitig Umgehung machen (II-). Nur kurz konnten wir dem Grat folgen, denn gleich danach erwartete uns ein sehr steiler Aufschwung, den wir erneut westseitig umgehen mussten. Dabei waren einige Kletterstellen zu überwinden, die allerdings nicht ausgesetzt waren (II-). Wir erreichten wieder den Grat, nun erblickten wir den Gipfel vor unseren Augen. Uns erwartete ein kurzes, ausgesetztes Gratstück (I). Wir mussten danach nochmal in die Westflanke einsteigen, wobei eine glatte Platte oberhalb von Abgründen vorsichtig überwunden werden muss (I). Daraufhin mussten wir nur noch den Gipfelaufbau umrunden und konnten von Osten den schmalen Gipfelfelsen erreichten. Dieser gut 3 Meter hohe Felsen war tatsächlich nicht einmal so einfach zu erklimmen (II). 

Weil der Gipfelfelsen so klein war, fanden wir kein Kreuz. Südlich des Hauptgipfels lag zwischen den Blöcken ein winziges Stück Holz als Gipfelsymbol. Deshalb stiegen wir gleich weiter in Richtung Südgipfel. Hier gab es ein kürzeres Gratstück, dass ein wenig schmaler war (I-II), der restliche, relativ kurze Weg zum Südgipfel ist mühsames Gehgelände. Zumindest hier gab es - im Gegensatz zum Hauptgipfel - einen Gipfelsteinmann. Das Panorama war immer noch toll, auch wenn einige Wolken die Sicht einschränkten - der Muntanitz war leider immer noch in Wolken gehüllt.

Nun begann der spannende Teil der Tour - der Abstieg über den Südgrat. Laut dem Buch "Die Dreitausender Osttirols" von Georg Zlöbl sollte dieser nur den Schwierigkeitsgrad I-II erreichen, doch ein senkrechter Abbruch im unteren Teil machte uns schon während des Aufstieges Sorgen. Doch der obere Teil war noch problemlos - einfache Blockkletterei (I). Da man laut Zlöbl den Grat ostseitig umgehen sollte, suchten wir auf dieser Seite eine Möglichkeit. Aber wir fanden keine Stelle, an der dies möglich gewesen wäre. Dann standen wir plötzlich über dem senkrechten Abbruch. Der Grat, sowie die ostseitige Flanke, brachen mit spiegelglatten Platten in die Tiefe. Abklettern war vollkommen unmöglich. Dann sahen wir uns die westseitige Flanke an. Auch diese war steil, sah aber doch machbar aus.

Am Anfang mussten wir durch einen steilen, plattigen Riss abklettern (III, Schlüsselstelle). Immerhin war der Fels gut und die Stelle nicht allzu luftig. Danach fanden wir uns in einer schottrigen Rinne wieder. Durch diese stiegen wir weiter ab, wobei einige Felsstufen zu überwinden waren (II). Unterhalb des Abbruchs erwartete uns eine luftige Querung zurück zum Grat (II). Doch noch war es nicht vorbei. Eine luftige Platte mussten wir noch überwinden (II), bevor wir die erste Gelegenheit gehabt hätten, ins ostseitige Kar abzusteigen. Da wir jedoch westseitig absteigen mussten, blieben wir am Grat. Indem wir einige Türme rechts umgingen, blieben die Kletterstellen leicht (I). Nach kurzer Zeit konnten wir dann den Grat nach Westen endgültig verlassen.

Über steile Blöcke ging es nach unten, dann erwartete uns eine kurze Steilstufe, die wir durch eine schottrige Rinne überwanden (I). Danach waren alle Schwierigkeiten überwunden. Über Schnee- und Blockfelder, sowie über Gletscherschliffe querten wir eine Zeit lang nach Westen, bis wir schließlich den Bach erreichten, der südwestlich vom Kalser Bärenkogel zum Schwarzsee fließt. Das Gelände wurde wieder grasiger, wegen des langen Grases war das Vorwärtskommen sehr mühsam. Daher bewegten wir uns weiterhin bevorzugt über die nach wie vor zahlreichen Blockfelder. Der Abstieg bis zum Schwarzsee zog sich dann noch ordentlich in die Länge. Wir querten am nordseitigen Ufer entlang bis zum Seetörl, wo wir wieder den Aufstiegsweg erreichten.

Nun stiegen wir entlang des schmalen Steigen nach unten. So überwanden wir mühsam die untere Steilstufe. Schließlich gelangten wir im Tal wieder auf den Schotterweg. Da wir nur ein Rad dabei hatten, durfte jeder die halbe Strecke abfahren. Deshalb musste ich die letzten Meter hinunter zur Felbertauernstraße zu Fuß laufen. Um 16:45 erreichten wir schließlich wieder das Auto.

Erwähnenswertes:

1. Der Aufstieg zum NW-Gipfel vom Kalser Bärenkogel ist sehr mühsam, beinhaltet aber nur einfache Kletterstellen, die nirgends ausgesetzt sind. Wegen des flachen Geländes kann man hier nicht viel falsch machen.

2. Der Übergang vom NW- zum Südgipfel ist schon anspruchsvoller. Hier gibt es einzelne Kletterstellen im 2. Schwierigkeitsgrad, die auch ausgesetzt sind. Außerdem ist das Vorwärtskommen sehr anstrengend, weshalb man für diese Strecke ca. 1,5 Stunden braucht. 

3. Die Hauptschwierigkeiten der Überschreitung liegen auf alle Fälle am Südgrat. Es gibt eine Stelle im 3. Schwierigkeitsgrad, darunter einige luftige Stellen II. Die direkte Begehung des Grates, sowie eine ostseitige Umgehung, sind mindestens V und daher tunlichst zu vermeiden. 

4. Es ist ein wenig angenehmer, die Überschreitung in Gegenrichtung zu begehen. Denn dann hätte man die schwersten Stellen im Aufstieg, und hätte viel angenehmeres Gelände im Abstieg.

5.. Von Osten gibt es 2 Möglichkeiten, den Gipfel des Kalser Bärenkogels zu erreichen: Man kann übers Granatspitzkees zur Oberen Keeswinkelscharte aufsteigen und über den Nordgrat den NW-Gipfel "bezwingen" (angeblich II, wahrscheinlich aber viel schwieriger). Außerdem kann man vom Silesia-Höhenweg das Törl zwischen Kalser Bärenkogel und Knaudl erreichen (Graues Törl). Nördlich des Törl kann man den Südgrat betreten.

6. Die Ostwand sollte wegen der Steinschlaggefahr besser nicht begangen werden.

7. Ein Gratübergang zur Granatspitze ist schwierig, lang und gefährlich.

8. Ein Gratübergang zum Knaudl und weiter zur Aderspitze ist ebenfalls nicht möglich. Hierzu muss man den Knaudl entweder ostseitig oder westseitig umgehen und zum Schnaggentörl aufsteigen. Dann sind beide Gipfel einfach zu erreichen (I).

9. Man kann den NW-Gipfel im Winter als steile, einsame Skitour besteigen, wobei die Steilstufe unterhalb des Seetörls problematisch ist. Der Hauptgipfel ist im Winter hingegen unerreichbar.

10. Das Landecktal ist ohnehin schon eines der einsamsten Täler Osttirols. Und nur die wenigsten, die dieses Tal betreten, besteigen dann auch noch den Kalser Bärenkogel. Daher ist dieser Gipfel einer der am wenigsten besuchten Berge in Osttirol - der Haupt- und Südgipfel werden vielleicht 5-mal im Jahr bestiegen.

11. Der Kalser Bärenkogel ist ein sehr schöner Aussichtsberg in einer einsamen Umgebung. Allerdings ist der Zustieg sehr mühsam. Daher und wegen der Kletterstellen sollten sich nur erfahrene Bergsteiger an diesem Berg versuchen. Ist man den Schwierigkeiten jedoch gewachsen, kann man sich auf einen fantastischen Bergtag einstellen, den man so schnell nicht wieder vergisst.

Tourengänger: BigE17


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»