"Walk to Paradise" am Vorderen Drachenkopf - das Paradies beginnt, wo der Weg endet?


Publiziert von simba , 30. Juli 2020 um 08:13.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum:25 Juli 2020
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: VI (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Aufstieg: 1450 m
Abstieg: 1450 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PP Ehrwalder Almbahn

Der Seebensee ist - auf neu-deutsch - eines der Instagram-Highlights im Tiroler Nahbereich zu Deutschland: leicht erreichbar, schön blau, in pittoresk-paradiesischer Bergkulisse gelegen...an Wochenenden hoffnungslos überlaufen. Noch schöner der Drachensee bei der Coburger Hütte...kein Wunder sind die herrlichen Wiesen an der Hütte und im Bereich des Sees zwischenzeitlich längst zu Start- und Landeplätzen für Drohnen ausgebaut worden und findet man im Sanitärbereich der Coburger Hütte mehr "Bergsteiger", die den Kostümwechsel in die instagram-tauglichen Klamotten für die anstehenden Bild- / Filmaufnahmen vollziehen, als schlichte Toilettengänger, ach ja hoffnungslos überlaufen ists auch. Am aller schönsten ist aber der Blick auf die beiden tiefblauen Seen vom Gipfel des Drachenkopf, noch mehr, wenn man diesen über die sehr schöne Route "Walk to Paradise" von Christoph Hainz erklettert hat - das weiß aber niemand, denn der ausgetretene Weg endet in dieser Richtung knapp hinter der Coburger Hütte - und dahinter "beginnt das Paradies". Sicher weiß es jemand, denn auch wir wussten es aus "dem Netz", womit die Katze sich in den Schwanz beißt. Aber dennoch: wir kletterten den ganzen Tag allein.

Zustieg:
Wir sind eine starke Stunde mit dem MTB (2 happige Zwischenabfahrten, ergo Gegenanstiege in der Abfahrt) bis zur Materialseilbahn der Coburger Hütte gefahren und von dort gewandert. Alternativ geht's dorthin aktuell nur über den Immensteig mit beachtlichem Umweg gegenüber dem wegen Erdrutsch gesperrten "Hohen Gang". Hinter der Hüttenterrasse führt ein unmarkiertes Weglein in Richtung Drachenkopf. In einem Grassattel zweigt das Weglein nach rechts ab und Steigspuren führen nach links über Geröll und Schrofen zum Klettergarten der Coburger Hütte. Den Routeneinstieg (2 BH) erreicht man über die sehr steile Gras-/ Schrofenrinne hinter dem Klettergarten (T5 I) in vllt. 10min ab der Hütte.

Route:
Wir stellten am Einstieg der Route fest, dass mein Mobiltelefon mit dem heruntergeladenen Topo leider einen derartigen Aufhänger hatte, dass es sich nicht mehr bedienen ließ und wir mangels Internet an dieser Stelle das Topo auch mit dem anderen Mobiltelefon nicht herunterladen konnten - schöne neue digitale Welt. Wir folgten also den Bohrhaken was ohne Probleme funktionierte.

Die Route bietet in den ersten fünf Seillängen mit den besten Kalkfels, den ich je geklettert bin: messerscharf, beinhart, dazu tolle, abwechslungsreiche Kletterstellen - paradiesisch. Die Linie der 2. SL ist zwar etwas gesucht und rechts auf alternativer ebenfalls gesicherter Linie umgehbar, aber die Kletterei im 6. Grad, in der Kraft oder auch Plattentechnik schlicht gar nichts bringen, doch ziemlich cool - man mache sich selbst ein Bild. Danach folgt eine Übergangslänge (II-III) in eine ca. 100m lange Schrofenpassage (max. I) mit nicht ganz einfacher Orientierung: Man hält sich zuerst gerade hoch auf dem Rücken zwischen dem Wandabbruch links und der Rinne rechts bis zu einem querverlaufenen Grasgrätchen, hinter dem es wieder etwas abwärts ginge. Diesem folgt man nach rechts in felsigeres Gelände und findet dann bald auch wieder einen Bohrhaken und kurz darauf einen Standplatz. Das Gelände ist hier und in der folgenden "Übergangslänge" (II-III) sehr (!) brüchig, aber es ist nicht besonders ausgesetzt, weshalb sich die Übergangslänge auch noch gut mit aufgenommenen Seilen machen lässt. Danach wird der Fels wieder deutlich besser, zwar nicht mehr bombastisch wie unten, aber doch noch regelhaft fest, und mit dem beeindruckenden Stemmkamin an dem abstehenden Türmchen und dem Durchschlupf durch das bereits von unten sichtbare Felsenfenster folgen nochmals tolle Kletterstellen. Danach geht's einfach noch ca. 60-70m (max. III), aber teils doch ziemlich brüchig / unabgeklettert über den Grat zum nahen Gipfelkreuz. Insgesamt sind es lt. Topo 12 Seillängen, von denen jedoch insgesamt vier sehr einfach sind (max. III).

Die Absicherung ist in den schwierigen Passagen sehr gut, in den leichteren Passagen sind die Abstände auch mal etwas größer und für ängstlichere Gemüter kann hier und da vllt. ein Friend nicht schaden. Dank Kettenständen kann ansonsten der Materialbedarf stark minimiert werden.

Abstieg:
Bestens markierter Normalweg des Vorderen Drachenkopfs über den Südgrat (T4). Auf dem Rückweg kann man an offensichtlicher Stelle wieder nach rechts abzweigen und erreicht so den im Zustieg beschriebenen Grassattel, wo man demnach ein angelegtes Depot wieder einsammeln könnte (aber Achtung: gefräßige Schafe...). Danach besteht allenfalls noch die Gefahr auf dem Rückweg zur Hütte von einer tieffliegenden Drohne getroffen zu werden oder versehentlich in eine inszenierte Video- / Bildaufnahme hineinzulaufen...

Tourengänger: simba, Nala


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