Großstein und Südliche Torspitze von Madau


Publiziert von Eumaex , 16. Juli 2020 um 22:43.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum: 7 Juli 2020
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 2400 m
Strecke:30km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Das Lechtal entlang nach Bach. Von Reutte aus kommend über die große Lechbrücke, dann die zweite Straße links. Entweder nach ca. 1000m auf der linken Seite parken oder auf engem Sträßchen bergauf bis die Weiterfahrt verboten ist. Dann wahlweise zu Fuß, per Fahrrad oder mit dem Taxi hinein ins Madautal.
Unterkunftmöglichkeiten:Berghaus Hermine

Endlich ist richtig Sommer und ausnahmsweise regnet es mal nicht an einem Tag an dem ich frei habe. Wohin also? Es soll eine Tour ohne zu großen Andrang sein und möglichst weglos. Also entscheide ich mich für eine Tour über die ich vor 2 Wochen gelesen habe. Ab ins Lechtal und von Bach über Madau auf den Großstein. Sollte danach noch Zeit sein kann an der Südlichen Torspitze auch noch die Abenteuer- und Kletterlust befriedigt werden.

Zustieg:
Also schön. Nach dem Nachtdienst um 7 Uhr ins Auto und um 8:30 Uhr bin ich schon in Bach. Die zweite Abzweigung nach der Lechbrücke bringt einen in Richtung Madautal. Ich halte bereits am ersten Parkplatz auf der linken Seite. Wer sich den ersten Anstieg sparen will kann noch über die ersten Serpentinen bis zum letzten Parkplatz fahren. Von dort aus geht es dann wahlweise mit dem Taxi, zu Fuß oder mit dem Drahtesel weiter.


Bach-Madau

Ich entscheide mich für die letzte Option und bin ca. 30 Minuten nach dem Start kurz vor Madau. Hier biegt bei einer Bank noch bevor die ersten Häuser ins Blickfeld kommen, links ein weiterer Forstweg (noch vor der Überquerung des  Märzbaches) ab dem weiter mit dem Fahrrad gefolgt wird.


Madau - Großstein

Nachdem ich mich vorher in diverse Karten eingelesen und berichte studiert habe sollte der kleine Pfad der irgendwann links abzweigt und zum Mahdberg hochzieht doch leicht zu finden sein. Denkste! Nachder Querung des großen Bachlaufes halte ich ausschau und endecke: ...nichts!! Ich fahre weiter, schaue auf die Karte, schaue nochmal: weiterhin nix. Schon jetzt macht sich Frust breit. Toll... soll es das gewesen sein. Ich bin sowieso schon spät dran und die Suche kostet noch mehr Zeit.

Also fahre ich einfach mal mit dem Bike weiter bis zu einer Wendplatte am Wegende. Und hier? Beginnt tatsächlich ein kleiner Pfad der zügig nach oben zieht. Passt irgendwie nicht zu dem was ich auf der Karte sehe, da ich viel zu weit mit dem MTB gefahren bin. Aber was habe ich zu verlieren? Man wollte eine ursprüngliche Tour, man bekommt eine... also mal schauen wo ich lande. Nach ca. 5 Minuten bergauf treffe ich tatsächlich einen Holzfäller. Der bestätigt mir, dass ich auch über den Pfad hier den Mahdberg erreichen kann, dass das aber bei aktuell sehr hohem Gras ein ganz schönes Abenteuer wird. Er erzählt mir außerdem dass die Meisten von Gramais aus auf den Großstein steigen und seiner Einschätzung nach nur 4-5 Leute pro Jahr von Madau aus. Der Pfad selber sei überwuchert und von unten gerade wohl kaum auszumachen und vom aktuellen Standpunkt aus nochmal deutlich schwerer zu erreichen.
Aber was soll ich machen... ich folge also den Trittspuren weiter bergauf und lande kurz darauf bei mehreren Jagd- oder Holzfällerhütten. Nach dem ich die letzte passiert habe folge ich einer schwach ausgeprägten Spur, die mich aus dem Wald direkt in die grasige Westseite des Mahdberges leitet und sich darin verliert.  Ok, hier bin ich falsch. Ich sehe aber bereits mein angepeiltes Ziel in weiter Entfernung. Ein Blick nach links oben macht mir aber Hoffnung. Eine steile Grasflanke führt scheinbar zum Rücken des Mahdberges. Ausprobieren kann mans ja mal. In steilem aber teilweise gut gestuftem Gras geht es kräftezehrend nach oben (das erinnert mich irgendwie an den Elfer im Kleinwalsertal). Und nach ca. 30 Minuten stehe ich tatsächlich oben am Kamm und treffe hier auf einen gut ausgeprägten Pfad der von links (also Westen) aus dem Wald nach oben zieht und dem ich jetzt nach  an einer weiteren Jagdhütte vorbei folge. Ich bin also wieder auf dem richtigen Weg.
Die Spur selber verliert sich zwar immer wieder, taucht dann aber wie durch ein Wunder ziemlich ausgeprägt wieder auf und leitet einen über den Grat, der immer breiter wird und sich nach einigen weiteren Höhenmetern unter dem sich aufsteilendem Westgrat des Großsteins verliert.
Hier biege ich nach links ins Kar ab. Steinmännchen weisen den Weg und auch hier kommen immer wieder Trittspuren denen man folgen kann. Wichtig ist dass man nicht in das erste Kar links (also nördlich) des Westgrates einsteigt. Später sieht man von oben, dass man am Ende über relativ steile und schuttige Bänder aufsteigen müsste, die eher unangenehm ausschauen.
Stattdessen folgt man den Steinmännchen und roten Markierungen bis man auf einen Pfeil trifft. Hinter diesem biegt man rechts ab und es geht schuttig aber unschwierig durch as folgende Kar auf den Grat, welchen man rechts Schafkarscharte erreicht. Ab hier ist der Weg gut mit roten Markierungen ausgestattet. Man steigt noch ca. 5 Minuten am Grat bis unter den Gipfelaufbau des Großsteins, dann folgt man weiter den roten Markierungen durch schuttiges Gelände in die von hier aus gesehen rechte Flanke. Über die letzten Meter des Westgrates geht es schließlich in leichter Kletterei (bis II) in wildem Ambiente bis zum Gipfel.
Hier wartet das Gipfelbuch aus dem Jahr 1998. Die Anzahl an Besteigungen pro Jahr ist überschaubar und auch ich bin heute mutteseelenalleine auf dem Gipfel. Ein tolles Gefühl. Der Ausblick von hier oben ist gigantisch und genieße ihn bei ausgiebiger Gipfelrast.
Der Grat nach Süden über den Roßkarturm und die nördliche zur südlichen Torspitze sieht von hier oben sehr wild aus. Ich beschließe mir das ganze mal aus der Nähe anzuschauen und steige den Südgrat des Großsteins vorbei an einem am Fels befestigten gekreuzigten Jesus in die Scharte zwischen Großstein und Roßkarturm. Am Anfang noch recht einfach muss man nach wenigen Metern teilweise im III. Grat abklettern. Die Scharte ist trotzdem sehr schnell erreicht. Hier entscheide ich mich jedoch umzukehren. Der Anstieg über den Nordgrat des Roßkarturm sieht wenig einladend aus. Geröllig und im geschätzten III-IV Grat geht es hier ausgesetzt bergauf. Dazu fehlen mir heute die Nerven, auch eine Umgehung auf Bändern scheint mir bei all dem Schutt zu gefährlich. Ich werde also doch den Südwestgrat auf die südliche Torspitze versuchen...


Großstein - Mietle - Südliche Torspitze

Also den Aufstiegsweg zurück bis zum "Mietle" genannten Punkt am Ende des Mahdberggrates unter dem Beginn des Großstein-Westgrates. Von hier aus erkennt man deutliche Pfadspuren die in südöstliche Richtung die Flanke unterhalb des Verbindungsgrates zwischen Großstein und den Torspitzen zum steilen Kar zwischen Kögele und südlicher Torspitze führen. Hier müssen 3 Schotterrinnen gequert werden. Man tut sich am leichtesten wenn man dazu den Wegspuren folgend ca. 100-150 Höhenmeter absteigt und dort die Rinnen quert. Ich habe es auf dem Hinweg weiter oben versucht, was zwar auch möglich, aber aufgrund des steilen schuttigen Geländes deutlich unangenehmer ist. Das Kar bis zum Grat ist zwar nicht so steil wie es aus der Entfernung aussieht, muss aber in weiterhin schuttigem Gelände mit harter Arbeit bis zum Grat durchstiegen werden. Ich habe mich dazu relativ weit rechts gehalten, man muss aber einfach schauen wie man seinen Weg durch die Schottermassen findet.
Nun folgt man dem grasig-schrofigen Grat teils nach rechts ausweichend, bis sich der Südwestgrat überhängend felsig aufsteilt. Hier quert man auf Schrofen unschwierig nach rechts unter der Wand hindurch bis links in ein breites Kar weiter nach oben führt, welches unschwierig über, wer hätte es gedacht: geröllbedeckte, Schrofen weiter nach oben leitet (nicht schwieriger als I). Nach kurzer Zeit kommt trifft man linksseitig wieder auf den Südwestgrat. Dieser wird ab jetzt nicht mehr verlassen. Die meiste Zeit geht es in, teilweise ausgesetztem, leichtem Klettergelände (I-II) weiter. An der ein oder anderen Stelle wird je nach Routenwahl auch der III. Grat angekratzt, es gibt aber immer mehrere Möglichkeiten die Steilaufschwünge zu überwinden. Fakt ist aber: überall auf dem Grat muss jeder Griff und Tritt geprüft werden, egal wie groß er ist. Auch wenn die Kletterei technisch nicht schwer ist. Einen Absturz in diesem abschüssigen Gelände wird man vermutlich nicht überleben.
Auf dem Grat entdecke ich sogar einen Steinmann, der mir zeigt dass ich, auch wenn es auf mich so wirkt, nicht der erste Mensch hier oben bin. Nach weiteren 10 Minuten bin ich nun am höchsten Punkt und genieße am "Gipfelsteinmann" erneut die Einsamkeit. Nur ein Gipfelbuch entdecke ich hier oben nicht.


Südliche Torspitze - Madau - Bach

Nachdem es schon Nachmittag ist halte ich mich auf dem Gipfel nicht allzulange auf. Es geht auf dem selben Weg bergab. Das geröllgefüllte Kar zwischen Kögele und Torspitze kann schnell abgefahren werden und bald geht es über die Trittspuren zügig zurück zum Mahdberg. Dieses Mal folge ich dem Pfad, der steil durch den Wald nach unten führt und von oben gut zu finden ist. Nach Durchwanderung von teils hüfthohem Gras stehe ich irgendwann auf dem Waldweg nach Madau. Da hätte ich zugegebenermaßen lange suchen können. Von oben kommend ist der Pfad hier unten noch einigermaßen zu erkennen, von unten her muss man schon genau wissen wo man hier abbiegen muss. Der Pfad geht bereits einige Meter nach Überquerung des Märzbaches ab. Aktuell sieht man einige Meter weiter eine blaue Markierung an einem gefällten Baum. Ob dieser allerdings von den Holzfällern dort belassen wird ist äußerst fraglich.
Nachdem ich jetzt nochmal 100hm nach oben muss um das MTB zu holen fahre ich zurück nach Bach.


Fazit:

Ursprüngliche, anspruchsvolle Bergtour auf zwei wenig bestiegene Gipfel. Insbesondere die südliche Torspitze wirkt teilweise richtig wild, aber genau das macht es ja bei so einer Tour aus. Außer einem Holzfäller bin ich hier oben keinem Menschen begegnet.
Man sollte aber wissen worauf man sich einlässt: Pfadfinderqualitäten und Erfahrung im brüchigen Fels bis zum II. (besser III.) Grat, sind neben einer guten Kondition unabdingbar. Wer sich in den hohen Lechtalern (z.B. Parseierspitze via Ostgrat, Freispitze etc.) wohlfühlt wird diese Gipfel lieben.
Für den Fall, dass einem da oben was passiert ist es nicht ganz unwichtig zu wissen, dass es nahezu auf der gesamten Tour keinen Handyempfang gibt.




Bilder werde ich nachliefern, sobald ich die Größe angepasst habe.

Tourengänger: Eumaex


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Kommentare (4)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 17. Juli 2020 um 08:45
Top Bericht!
Bin gespannt auf deine visuellen Eindrücke.

Frage: Lässt sich das Stück ab P unten bis Madau auch mit einem "normalen" Rad bewältigen? (kein MTB, kein Rennrad)
Bin wenig radtrainiert, würde es aber versuchen, wenn es 2h Anmarsch spart

Eumaex hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. Juli 2020 um 21:28
Bis Madau kommst du auch relativ problemlos mit nem Trekkingbike, der Großteil ist Teerweg. Der Waldweg der kurz vor Madau abzweigt wird dann allerdings deutlich schottriger. Das müsstest du dann probieren. Aber alleine für den Rückweg lohnt es sich mit dem Fahrrad zumindest bis zur Abzweigung zu fahren...

Kommunist hat gesagt:
Gesendet am 17. Juli 2020 um 14:44
Wenn du bereits in der Scharte zwischen Großstein und Roßkarturm abgestiegen warst, hattest du das Schwerste schon geschafft. Der Aufsteig zum Roßkarturm durch der geröllige Nordseite sieht zwar gruslig aus, ist aber etwas einfacher.

Eumaex hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. Juli 2020 um 21:30
Ich hatte mich zugegebenermaßen nur recht schlampig auf die Überschreitung eingelesen. Beim Abstieg war der "Vorteil", dass ich von oben nicht einsehen konnte wie schwierig es genau wird und es ging dann überraschend gut. Ich habe aber auch nicht gewusst was mich hinter dem Rosskarturm erwartet und mich zugegebenrmaßen dann einfach nicht getraut. Im Nachhinein wäre es vermutlich alles irgendwie möglich gewesen... vielleicht in ein paar Jahren nochmal ;)


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