Kirchlispitzen (Via Pardutz, 5. Spitze)


Publiziert von MarcelL , 6. Juli 2020 um 17:59.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Prättigau
Tour Datum: 4 Juli 2020
Klettern Schwierigkeit: VII (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   A 
Zeitbedarf: 1 Tage
Aufstieg: 900 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Schiers - Schuders und von dort 8 km weiter (30 min) zum Grüscher Älpli und P bei Kletterhüttli Pardutz (letzte 500 m schlechte Strasse, erfordert gute Bodenfreiheit!)

Allgemein: Die Route bietet eine der leichtesten Möglichkeiten, einmal die Kichlispitz-S-Wände zu erleben, und sie gilt als echter Klassiker. Dafür gibts relativ wenig gute Info, was einen da so erwartet, und die Verhältnisse und Ausrüstung ändern sich ja ständig. Hier deshalb ein paar Eindrücke festgehalten

Zustieg: Ja, man kann und darf da tatsächlich weit hochfahren (Pardutzer Hütte). Und nein, mit ganz normaler Limousine ist der Weg tatsächlich nicht zu empfehlen. Für Autos mit 5 cm mehr Bodenfreiheit, als ein Passat (oder ähnlich) problemlos. Zustieg von Norden ist durchaus auch eine Alternative, da man da ja beim Abstieg dann direkt am Rucksackdepot vorbeikommen kann. Wir fanden von S ganz praktisch immer dem Bach entlang zum Schweizer Tour zu gehn (Direkt am Einstieg von Little Joe Rucksäcke zu lassen, dann den Hang hoch zum Wegweiser (der Bogenlohnt sich) und dort noch ein bischen höher, um dann einigermassen waagrecht zur Wand zu queren. Der grasige Vorbau lässt sich gut von R nach L überwinden. Der erste BH, den man dann sieht ist Haldejohli und 50 m weiter R ist der von Pardutz.

Route:
SL1 (3-4, 45 m): erst nach rechts (15-20 m), dann L hoch zu SU (Start von Zauberlehrling) und von dort noch 10 m weiter nach L (Rampe entlang) zu Stand. Dieser ist, wie alle Stände, ein fetter Muniring UND ein einzelner neuer BH mit 2 Abseilringen (etwas unbegreiflich wofür, aber gute Orientierung; an allen Ständen steht man übrigens sehr bequem). Auf der SL steck anscheinend irgendwo weit rechts ein Haken. Den findet man aber nicht unbedingt, und eigene Absicherung ist sinnvoll (und möglich); Fels ist nicht schlecht, aber auch nicht durchgehend fest.

SL2 (6, 40 m): die Rampe entlang nach L oben, bis sie durch einen Art Pfeiler blockiert wird, der L und R durch einen Riss begrenzt wird. Den R Riss 10 m hoch (6) und zu Stand auf den Pfeiler.

SL3 (6+, 35 m): steile, sehr raue Wand hoch, wo man auch mal 2 m vom Haken wegsteigen muss. Wo es dann besonders geschlossen aussieht kann man links waagrecht um eien Block queren und dahinter einen etwas grasigen Riss 2 m hoch, oder man steigt direkt leicht rechts nach oben und hofft, dass eine Schuppe kommt (was sie dann tut). Danach ist die Linie klar der Hangelschuppe entlang (5+) nach L oben bis zu Stand in Höhle.

SL4 (4, 40 m): aus der Höhle links raus, kurze Kletterstelle nach oben und dann über Gras senkrecht hoch zu Stand (nicht unangenehm. kein sehr steiles Grasband, nicht schmierig, nicht besonders schottrig. Wer Zeit hat kann auch zu den großen Nasenlöchern rüber (2 Höhlenlöcher, die im Berg verbunden sind; man kann sich dazu einfach ausbinden und im Gras zum rechten Loch rübergehen. Einfaches Gelände - etwas spezielles Erlebnis dort). Zwischen den Löchern durch verläuft die Acacia (eindrucksvoll) und in der Verschneidung über dem Stand verlaufen Flattermann und Wandsterben.

SL5 (7, 25 m): vom Stand direkt (leicht L, danach R) etwas grasig über Platten hoch (3) nach R Richtung Kante. Dort durch eine Gufel steil nach oben und einem Risssystem entlang zu Band und Stand. Eher anstrengende Kletterei, unangenehme (pressige) Körperpositionen (allerdings bei uns nasse Verhältnisse). Gut gesichert, aber zwingend zu klettern.

SL6 (7, 20 m): vom Stand nach R oben auf steilen Platten, an der Crux erst R um die Gufel, dann schräg L. Etwas bouldrige Sequenz.

SL7 (7, 30 m, 2 p.a): Die bis dahin schönste SL mit spektakulärem Fels. Crux ist gleich am ersten BH. Frei mit 8- Bewertung (harte Boulderstelle: senkrecht, mit minimalen Tritten und seilichen komplexen Griffen). Den zweiten BH zu erreichen ist nicht trivial, wenn man den ersten A0 nimmt. Trittschlinge nötig oder zwei harte 6b Züge (Trittarm, schwer zu clippen). Ab da dann traumhaft. Kletterei um die 6 an irre gutem Fels mit guter Sicherung.

SL8 (6-, 30 m). Nochmals sehr schöner Fels. An der Kante zur Platte. Dort leichter Rechtsbogen (an der Crux ist alte Schlinge in NH, dort liegt aber auch ein Cam gut) und wieder zur Kante zurück und hoch zum Stand.

SL9 (2-3, 70 m). Immer dem Grat entlang, am Schluss durch Spreizrinne zu Stand unter Aufschwung. Es gibt auch guten Stand zwischendrin, da aber leichtes und sicheres Gelände kann man auch am langen Seil durchgehen.

SL10 (4, 40 m): den offensichtlichen Spalt/Kamin hoch und die Rampe einfach entlang weiter zu Stand am Steilaufschwung.

 

 

SL11 (6+/7-, 45 m): Den Steilaufschwung an großen Henkeln hoch (6) zur scharfen Kante (crux, gut gesichert). Danach immer die sich zurücklegende Kante entlang (3-4, selber sichern) bis zum Gipfelgrat. Dort Stand an Block ca. 6 m westlich des Gipfels (W-Seite des Blocks).

 

Abstieg:

Vom letzten Stand genau 32 m nach N abseilen (sandige Rinne, die nach 32 m senkrecht abbricht). Der Stand ist westlich der Rinne ums Eck. Er besteht aus ziemlichem Gelumpe (10 Schlingen, 2 NH, ein Keil, 2 Karabiner), macht aber insgesamt vertrauenswürdigen Eindruck. Von dort 50 m (genau) z.T. überhängend abseilen. Danach zu Fuß zum Weg zum Schweizer Tor. Dies entweder direkt (leicht links in Abstiegsrichtung) über eine Serie Rinnen, die Anfang Juli Schneegefüllt waren. Oder etwas rechts (östlich) über Platten, Schrofen und Graspolster, einfach, aber etwas im Zickzack runter (ohne Schnee). Vom Fußweg (Zollhüttchen) in 30 min durchs Schweizer Tor zurück zum Rucksackdepot).

 

Charakter:

Die Route ist großartig für alle, die das Erlebnis in den Kirchlispitz-Wänden bei moderaten Schwierigkeiten suchen (Bereich 6-7 sollte 1-2 m über dem Haken beherrscht werden). Es ist ein sehr rundes Gesamtpaket (verschiedene Kletterstile, Wanderlebnis, alpiner Gipfel, guter Fels mit abwechslungsreicher Kletterei) mit guter Sicherung (exzellente Stände, gut an den schweren Stellen, absicherbar an anderen Stellen). Ein kleiner Satz Keile und Cams ist unabdingbar. Rückzug über die Route ist im Notfall möglich, aber generell wegen des schrägen Verlaufs nicht zu empfehlen. Abseilen über andere S-Wandrouten könnte eine gute Lösung sein, wenn man diese kennt. Vom Gipfel sind diese aber nicht leicht zu finden und fast unmöglich zu identifizieren, wenn man nicht schon Vorerfahrung hat. Die Kletterstellen sind etwas bouldrig (kurze harte Stellen), erfordern keine Ausdauer, und auch keine Platteneierei. Die Schlüssellänge ist nach den ersten 4 Metern echt grandios und großer Genuss. Tour lohnt sich schon fast dafür.


Tourengänger: MarcelL


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