Klettern in den Wiener Hausbergen


Publiziert von Michael26 , 23. Juni 2020 um 20:47.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Rax, Schneeberg-Gruppe
Tour Datum:12 Juni 2020
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   A-ST 

Zugegebenermaßen fährt man nicht zum Bergsteigen nach Wien. Kommt man aber als gebürtiger Wiener in seine Heimatstadt, dann bietet es sich geradezu an, auch einmal in seinen Heimatbergen vorbei zu schauen. Noch dazu, wenn die vielleicht allererste Bergerinnerung des Lebens von der Rax stammt. Ich war damals nicht älter als 2-3 Jahre und bin mit meinen Eltern im Winter mit der Bergbahn auf die Rax gefahren. In meiner Erinnerung liegt vor mir ein geneigter schneeweißer Hang im gleißenden Licht, über den mein Vater mit den Skiern herunter gefahren kommt.
 
Also steht die Rax auf dem Programm. Aber zuerst gehen wir auf die Hohe Wand zum Klettern.
 
Die erste Tour führt über den Kanzelsteig hinauf auf die Große Kanzel, eine einfache Kraxelei nicht schwerer als SG II. Bei schönem Wetter macht das Spaß, noch dazu, als wir direkt unter dem Ausstieg eine ganze Steinbockherde treffen. Es ist sehr beeindruckend, mit welcher Gelassenheit die schönen Tiere uns den Weg frei machen und in Allerseelenruhe in steiles und brüchiges Absturzgelände hinüber wechseln, selbstverständlich ohne die geringste Unsicherheit.
Zwei Tage später bin ich zurück, diesmal alleine, um nochmals die Große Kanzel anzugehen, diesmal über eine etwas anspruchsvollere Routenvariante im unteren dritten SG. Allerdings ziehen diesmal dunkle Wolken von Schneeberg und Rax herüber und tatsächlich beginnt es genau in dem Moment zu regnen, als ich ins 3-er Gelände einsteige. Nützt nichts, etwas Wasser schadet nicht, nur die abgespeckten Stellen oben auf dem Kanzelgrat sind rutschig und unangenehm. Kaum bin ich oben, hört es natürlich gleich wieder zum Regnen auf.

https://youtu.be/KfMhGm2QXCw


Zum Abschluß unserer Touren auf die Hohe Wand klettern wir den Grafenbergsteig, der einige Seillängen im dritten SG aufweist, mit einer 3+ in der Schlüsselseillänge. Besonders schön bei dieser Route ist die letzte Seillänge hinaus auf das Gipfelplateau, die eine wunderbare Aussicht bietet.
 
Jetzt soll es aber endlich auf die Rax gehen, und zwar über den Karreralmsteig durch die wilden Raxmäuer (SG 2 mit einer 3-er Stelle), wobei ich wieder alleine unterwegs bin.
 
Zuerst geht es vom Gasthof Moassa zur Karreralm und bis zur Abzweigung Richtung Fuchsloch finde ich den Weg problemlos. Schnell erreiche ich das erste Schotterfeld und steige auf der rechten Seite hoch. Irgendwo soll jetzt ein Steig nach rechts in den Wald führen, die Frage ist nur, welcher der Richtige ist, es gibt nämlich mehrere. Wie sich bald zeigen wird, nehme ich den Falschen, zweige nämlich zu weit unten nach rechts ob und laufe im Wald unterhalb des Einstiegs des Karreralmsteigs vorbei. Mein Weg führt ein ganzes Stück durch den Wald zu einem ausgedehnten Schotterfeld und ich laufe ansteigend immer weiter Richtung Osten. Ich steuere den am weitesten herunter reichenden Felsgrat an, finde aber keine Einstiegsmarkierung. Sämtliche noch oben ziehenden Grate und Rinnen sehen brüchig und undefiniert aus und das Gelände weiter oben scheint Kletterschwierigkeit deutlich oberhalb von SG 2 und 3 aufzuweisen. Es folgen mehrere Versuche einen Weg nach oben zu finden, aber spätestens als ich eine Aufschrift ´Annies Wandl 5-´ am Felsen erreiche, wird mir klar, dass ich definitiv falsch bin. Ich seile mich einmal ab und beginne den Rückzug.
 
Eigentlich habe ich mich schon damit abgefunden, dass es nun wohl über den (kletterfreien) Altenberger Steig auf die Rax gehen wird, als mir ein anderer Bergsteiger von unter entgegen kommt. Richard ist Wiener und deutlich ortskundiger als ich. Er erklärt mir, dass der Karreralmsteig (in Aufstiegsrichtung) weiter links verläuft, wir uns schon deutlich oberhalb des Einstiegs befinden, aber weiter oben in den Steig hinüber queren können.
Also geht es wieder nach oben, allerdings über ein zwar nicht sehr steiles, aber dafür halsbrecherisch brüchiges Schrofenwandl. Nein, das ist wirklich kein schöner Anstieg zum Wohlfühlen und ich bin heilfroh, als wir die brüchige Wandstufe hinter uns gebracht haben und tatsächlich auf eine Markierung das Karreralmsteiges treffen.
Kurz danach erreichen wir die 4-er Schlüsselstelle, vor der wegen der Brüchigkeit des Felsens aber deutlich abgeraten wird. Daher umgehen wir den Steilaufschwung in einem weiten Rechtsbogen.
Leider wird auch der weitere Weg nicht angenehmer. Zwar befinden wir uns nun nicht mehr in Absturzgelände, müssen uns aber durch steile Schotterfelder nach oben kämpfen, zwei Schritte nach vorn und einer zurück.
 
Ja, ich gebe es zu, meine Tour auf die Rax war kein großer Genuß. Als ich schließlich auf dem Gipfel der Heukuppe stehe, kann ich zwar die Ersteigung der Rax in mein Tourenbuch eintragen, aber anstatt mich über eine nette Kletterei im 2-3 SG zu freuen, habe ich mich über brüchige Grate und Schrofenwandl und steile Schotterfelder hochgemüht. Daher der dringende Rat an alle Nachahmer, unbedingt den richtigen Einstieg des Karralmsteigs zu suchen und möglichst keinen Meter nach links oder rechts von der Route abzuweichen.
 
Der Ausblick vom Gipfelplateau ist übrigens wunderschön, genauso wie der Blick beim Abstieg über den Altenberger Steig hinüber in die wilden Raxmäuer. Das hat mich dann wieder mit der Rax versöhnt und vielleicht versuche ich ja wieder einmal einen Anstieg auf diesen Berg meiner Kindheit, dann aber hoffentlich auf dem richtigen Weg.

Tourengänger: Michael26


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»