Mättlenstöck 2807m


Publiziert von Bergamotte , 27. Oktober 2019 um 11:47.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum:26 Oktober 2019
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Hausstockgruppe 
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 1225 m
Abstieg: 1225 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PW bis Wichlen
Kartennummer:1174 Elm (R. 734, 739)

Die Mättlenstöck hatte ich jahrelang nie im Visier, zu schwierig schien mir der Schlussaufstieg durch die Südwand. Doch nach dem Besuch von justus diesen Sommer habe ich mich meine Meinung revidiert und wollte mir an diesem einsamen Gipfel zuhinterst im Glarner Chlital eine Chance geben. Die Kletterei zum Schluss ist tatsächlich nicht ganz trivial, im Abstieg kann aber bequem abgeseilt werden. Als heikel hat sich hingegen der schmierige, brüchige Zustieg in die "Vordere Mättlenfurggel" erwiesen. So heikel, dass ich im Abstieg nach einer Variante gesucht und in der Mättlenfurggel auch gefunden habe.

Heute lasse ich mich von den Einheimischen inspirieren und fahre mit dem Auto bis zur Kurve auf ca. 1610m, wo der Trampelpfad ins Zielgebiet abzweigt. Dadurch erspare ich mir den öden Gwaggel über den gesamten Schiessplatz - Nachahmung auf eigenes Risiko. Noch im Dunkeln beginne ich um 7:15 meinen Aufstieg Richtung Spitzegg (1866m). Man ist gut beraten, sich im verwachsenen Gelände an die Wegspur zu halten, die meist gut ausgeprägt ist. Wie immer in diesem Gebiet treffe ich auf Unmengen von Munitionsresten und nerve mich ob der schluddrigen Aufräumarbeit. Item. Noch vor dem Siwellenchopf, den man nordseitig passiert, öffnet sich der Blick auf mein Tourenziel.

Ab hier ist die Wegfindung offensichtlich: einfach direkt (und streng) die grosse Schutthalde hinauf in Richtung Mättlenstöck. Wenig später erglänzen diese geradezu goldig in der Morgensonne, ein wunderbarer Moment. Wie im Führer und in den übrigen Tourenberichten beschrieben steige ich nun in die Rinne ein, welche zur "Vorderen Mättlenfurggel" (ca. 2700m) hochführt. Sie ist in der LK nicht kotiert, aber vor Ort kaum zu verfehlen. Unten, im zunächst recht breiten Trichter, geht das ganz leidlich. Aber das Gelände steilt zunehmend auf, was die schmierige Flysch-Unterlage heikel macht. Ein Rutscher liegt kaum drin. Grössere Schneezungen aus diesem Herbst vereinfachen zwar den Aufstieg, sind stellenweise aber nur schlecht mit dem Fels verbunden. Man könnte das durchaus mit T6+ bewerten. Ein Zustieg im Frühsommer mit Pickel und Steigeisen ist meinem Tourenzeitpunkt unbedingt vorzuziehen - so wie dies Delta und 3614adrian gemacht haben.

Oben in der Furggel der erwartungsvolle Blick in die Südwand: ganz schön steil und ausgesetzt. Die Routenführung ist recht offensichtlich und sonst hilft dieses gute Topo. Die Schlüsselstelle erfolgt direkt nach dem ersten (neuen) Haken: Man klettert hier für wenige Meter eine III, für mich free-solo im Aufstieg gerade nach machbar. Dann gelangt man auf ein kleines Schuttband, wo ein zweiter (alter) Haken steckt. Auf dem Band kurze Querung nach rechts und wenig nach dem Haken leicht links haltend hochklettern (II+). Man erreicht einen sicheren Absatz, wo sich die Abseilstelle befindet. Von hier in offensichtlicher Linie links hoch über eine ausgesetzte Felsrampe, die auf dem Gipfelplateau der Mättlenstöck (2807m) endet. Oben in der Rampe befände sich ein letzter Haken, der aber auch im Abstieg nicht wirklich benötigt wird.

Zweiter Eintrag im von justus gespendeten Büchlein. Das Panorama ist angesichts der Höhe von gut 2800m recht umfassend, wobei Richtung Süden natürlich der benachbarte Hausstock im Wege steht. Aber auch dessen NE-Wand vermag zu beeindrucken. Vielleicht wage ich mich doch noch an diese Skitour. Nach etwas Verpflegung beginne ich am Abstieg herumzugrübeln, denn die heikle Rinne muss ich nicht unbedingt ein zweites Mal begehen. Es gäbe zwar Varianten ins Durnachtal runter (R. 736) und gar eine Querung Richtung Richetlipass (R. 735). Doch das wäre nicht unbedingt einfacher und vor allem umständlich. So versuche ich mich am Abstieg via Mättlenfurggel. Zunächst aber heisst es die Südwand wieder absteigen. Dank dem eingerichteten Stand geht dies ganz bequem und sicher. Mein 50m-Seil reicht perfekt bis unter die Schlüsselstelle.

Die Traverse von der "Vorderen Mättlenfurggel" in die Mättlenfurggel (2650m) erfolgt am besten über den Grat. Der ist zwar brüchig, aber trocken und technisch einfach (II). Bereits vom Felskopf P. 2745 zeigt sich, dass mein Entscheid der richtige war: Auch die Rinne ab Mättlenfurggel ist elendes Rutschgelände, aber klar weniger steil. Dank einer langen Schneezunge kann ich gar recht effizient absteigen. Wo der Schnee fehlt, darf dafür richtig geflucht werden... Anschliessend an beliebiger Stelle zur Aufstiegsroute queren und zurück nach Wichlen. So, langsam wäre ich bereit für die erste Skitour.


Zeiten
2:25  Mättlenstöck
1:30  Wichlen

Tourengänger: Bergamotte
Communities: T6


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T6 ZS III
27 Jun 10
Mättlenstöck · Delta
T6

Kommentare (9)


Kommentar hinzufügen

DonMiguel hat gesagt: Gratuliere
Gesendet am 27. Oktober 2019 um 16:09
Scheint ein ziemlich einsames Ziel zu sein. Steht auch noch auf meiner Liste. Grüsse Micha

Bergamotte hat gesagt: RE:Gratuliere
Gesendet am 27. Oktober 2019 um 20:03
Ja, das ist eine einsame Ecke, trotzdem für Autofahrer bestens erreichbar. An Deiner Stelle würde ich die Mättlenstöck mit dem Leiterberg oder Hausstock kombinieren.

justus hat gesagt: Glückwunsch
Gesendet am 28. Oktober 2019 um 08:53
zu diesem einsamen Glarner Gipfel. Freut mich, dass er schon zum zweiten Mal diesen Sommer Besuch erhält.

Die T5 aus dem Führer für den Aufstieg zur Vorder Mättlenfurgge ist schon nicht passend, oder? Das war diesen Sommer erst meine zweite Alpinwanderung und ich dachte ich sei einfach nichts mehr gewohnt.

Hast Du Dir die Überschreitung vom Leiterberg aus angesehen? Das würde das ganze nochmal attraktiver machen.

Diese Wochenende war ja auch wirklich perfektes Wanderwetter, hab es gestern am Mürtschen genossen.

ciao
/justus

Bergamotte hat gesagt: RE:Glückwunsch
Gesendet am 28. Oktober 2019 um 09:19
Herzlichen Dank- Und ohne Deinen Bericht hätte ich den Gipfel nie mehr genauer angeschaut.

Ja, T5 ist völlig daneben gegriffen. Ich habe diese Saison viele T6er gemacht und das war definitiv einer der heikelsten. Von einem Aufstieg in die Vordere Mättlenfurggel um diese Jahreszeit würde ich auf jeden Fall abraten. Besser gemütlich im Frühsommer hochsteigeisen.

Der Grat zum Leiterberg schaut aus der Distanz nicht trivial aus, v.a. die übrigen Zacken der Mättlenstöck. Ist aber schwierig zu beurteilen. Deutlich mehr gereizt hätte mich ohnehin der direkte Weiterweg zum Hausstock, der sieht spannend und machbar aus.

justus hat gesagt: RE:Glückwunsch
Gesendet am 31. Oktober 2019 um 08:12
Hoi,

ja der Weiterweg sieht auch interessant aus, mit Mättlenstöck braucht es dann aber schon ein grösseres Zeitbudget.

ciao
/justus

PStraub hat gesagt: Mättlenfurggel
Gesendet am 28. Oktober 2019 um 15:56
Ich bin da in den 90er-Jahren zwei mal hoch und runter und da habe ich es eher als lästig denn als schwierig erlebt. Vielleicht liess sich damals eine Variante begehen, die es jetzt nicht mehr gibt - das Flysch-Gelände dort hat ja eine kurze Halbwertszeit.

Gruss Peter

justus hat gesagt: RE:Mättlenfurggel
Gesendet am 31. Oktober 2019 um 08:13
gut möglich. Dieses Jahr war es, auch auf Grund der im allgemeinen ungünstigen Schichtung des Flysch dort, ziemlich unangenehm.

Gruess,
/justus

2bd hat gesagt: bravo!
Gesendet am 8. November 2019 um 21:07
grossartige tourenbescheibung. auch sprachlich!
Ich werde gehen!

Bergamotte hat gesagt: RE:bravo!
Gesendet am 13. November 2019 um 15:12
Danke danke, genau das will der Hikr als Feedback von den Lesern zurück-bekommen!


Kommentar hinzufügen»