Piz Zupò (3996m) Überschreitung


Publiziert von Raphy , 22. August 2019 um 22:17. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Berninagebiet
Tour Datum:11 August 2019
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   I   Bernina-Gruppe   Palü-Gruppe 
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 2700 m
Unterkunftmöglichkeiten:Berggasthaus Diavolezza

Eigentlich hatten Tristan und ich geplant, in zwei Tagen  Piz Zupò und den  Piz Bernina zu machen, doch das Wetter wollte uns nur einen guten Tag anstatt den benötigten zwei schenken. Bei der Anreise zum Diavolezza Berghaus hofften wir noch, beide Gipfel vielleicht an einem Tag zu schaffen und nach einer Nacht in der Marco e Rosa Hütte am nächsten Tag im kurzen Wetterfenster den Abstieg zu machen. Doch als wir vor dem Abendessen (welches im übrigen höchstens mittelmässig war) noch draussen die Aussicht genossen wurde immer mehr klar, dass dies vielleicht ein klein wenig zu viel wäre.
Die Tour bestätigte dies dann auch, wir brauchten ganze 9 1/2 Stunden bis auf den Zupò.

Start der Tour war beim Berghaus Diavolezza, nach einer erstaunlich ruhigen Nacht. Trotz diesem Wunder, dass für einmal keiner geschnarcht hat, haben wir beide so gut wie kein Auge zugetan, wieso wissen wir auch nicht. Also standen wir schon um drei Uhr auf und starteten nach einem sehr guten Frühstück um 4:15.
Gleich nach dem Berghaus steigt man etwa 250hm zum Gletscher ab. Der weg ist rot-weiss-rot und mit Steinmännern markiert. Nicht zu früh absteigen wie wir, sonst kommt man auf dem Gletscher schnell in die Spaltenzone.

Um den Gletscher zu überqueren, ist es am besten, von Ende des Abstiegspfads einen direkten Weg zum Fuss des Fortezzagrats zu wählen, um den grössten Spalten auszuweichen.
Unterhalb von P.3186 steigt man auf dem teilweise durch Steinmännchen (oder Steinhäufchen) markierten Weg auf den Grat.
Der Weg auf dem Grat führt über einige Blankeis- und Schneefelder, ansonsten ist ein ausgetretener Pfad gut sichtbar. Die Kletterstellen sind nicht allzu schwierig und es hat Hacken zum Sichern. Diese benötigten wir jedoch nicht und kletterten alles ohne Sicherung frei.

Der Aufstieg zum Bellavista Ostgipfel danach war eine Prüfung für die Ausdauer. Zuerst folgt man den Wegspuren, die zur Marco e Rosa hütten führen. Wenn diese nach Westen abzweigen steigt man einfach weiter Richtung Norden. Hier mussten wir alles selber spuren. Oder besser gesagt: Tristan hat alles gespurt, da ich mit meiner Kondition schon ziemlich am Ende war. Ich muss wohl mehr tranieren. ;)

Vom Bellavista Ostgipfel ist der Weg wieder ziemlich klar ersichtlich, einfach alles dem Grat nach. Wir hatten schon seit dem Fortezzagrat starken Wind und hier oben wurde er nun extrem. Tristan wurde hier durch den Grat regelrecht beflügelt, während meine Erschöpfung mir immer stärker zu schaffen machte. Zudem war seit Anfang des Grats starker Nebel aufgezogen, wodurch man nicht sehen konnte wie weit es noch ist. Irgendwann mussten wir an die Zeit denken, da nun schon nach zwölf war. Doch von hier war der Weg über den Zupò näher als zurück, und so stiegen wir weiter auf. Nach mindesten fünf Gipfeln, die sich dann doch nicht als Gipfel erwiesen, kamen wir um 13:45 endlich oben an.
Die Aussicht wäre bestimmt toll, wenn da nicht noch der Nebel mit kanpp zehn Meter Sicht gewesen wäre. So machten wir eine kleine Pause, ein paar Gipfelfotos und suchten nach dem Gipfelbuch, welches nicht mehr existiert. Wir fanden einige Überreste der Box, doch das Buch war weg.

Nach kurzer Zeit machten wir uns an den Abstieg. Hier folgten wir dem Normalweg und trafen dabei bald auf die Wegspur von der Marco e Rosa Hütte, welcher wir zurück zum Fortezzagrat folgten. Hier kam auch meine Energie wieder zurück, wie meist beim Abstieg.
Zurück beim Grat seilten wir uns an der schwierigsten Stelle ab und kletterten den Rest wieder frei.

Für den Rückweg über den Gletscher sollte man sich einfach an der Wegspur an der anderen Seite für den Aufstieg zum Berghaus Diavolezza orientieren, so weicht man den meisten Spalten aus. Dieser Gegenanstieg nach der ohnehin schon langen Tour war echt die Hölle.

Da wir beide keine Lust auf eine weitere Nacht ohne Schlaf hatten, entschieden wir, die restlichen 900hm zur Talstation auch noch abzusteigen. Nach einer kalten Platte als Abendessen in der Diavolezza stiegen wir also den durch Wanderschilder ausgeschilderten Weg ab.

Um 23:00 waren wir bei den Autos. Die kleineren Pausen eingerechnet waren wir etwa 18 Stunden unterwegs. Hat echt Spass gemacht. :D

Ein paar kurze Bemerkungen zur Schwierigkeit der Tour (von Cubemaster):
Die Überschreitung des Grates vom Bellavista-Westgipfel zum Piz Zupò war ein gutes Stück anspruchsvoller, als wir es uns vorgestellt hatten. Bei optimaler Routenfindung bleibt man zwar im zweiten Grad (bei einer kurzen Stelle allerdings nur sehr knapp), aber das Gelände ist zu beiden Seiten steil, ausgesetzt und brüchig. Teilweise sind wir über die Gratschneide gerutscht/gekrabbelt, ein paarmal war die Gratschneide so ungangbar, dass wir in die (sehr brüchige) Südflanke ausweichen mussten, wo wir uns kaum noch sichern konnten. Insgesamt ist dieses Stück sehr alpines Gelände in großer Höhe (zumal verdammt weit weg von jeglichem sicheren Stützpunkt) und ich halte das von Raphy vergebene ZS durchaus für angemessen.

Der Felsteil des Normalwegs ist deutlich einfacher (hauptsächlich Ier- und Gehgelände, max. WS-). Das Stück über den Gletscher von der Fuorcla dal Zupò zum Beginn der Felsen war nahezu komplett blank, schätzungsweise bis zu 35 Grad steil. Wir hatten Eisschrauben dabei, für den Abstieg waren diese knapp nicht notwendig, im Aufstieg wären wir dort wohl nicht ohne ausgekommen. (Eisteil bei unseren Bedingungen etwa WS+/ ZS-, bei guten Bedingungen früher im Jahr sicherlich viel einfacher.)

Tourengänger: Cubemaster, Raphy


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