Auf die Serles und ihre Nachbargipfel


Publiziert von ZvB , 28. Juli 2019 um 09:22.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Stubaier Alpen
Tour Datum:26 Juli 2019
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K1 (L)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1830 m
Abstieg: 1830 m
Strecke:19,8km
Kartennummer:AV 31/5 Innsbruck und Umgebung

Formschön und imposant ragt die Serles über den Mauthäuschen der Brennerautobahn auf. Schon oft fuhr ich Schlangenlinien auf der Europabrücke, um sie von unten zu bewundern. Endlich ist die Zeit gekommen, sie mir mal von oben anzuschauen und auch noch weitere Gipfel in der näheren Umgebung zu besuchen.
 
Nach einer geruhsamen Nacht und einem ausgiebigen Frühstück, verlasse ich Maria Waldrast um acht Uhr, nicht ohne zuvor noch die Flaschen mit dem hervorragenden Brunnenwasser aufzufüllen. Aus nah und fern kommen sie hierher, um sich oft mehr als nur ein Fläschchen von dem kühlen Nass mitzunehmen. Vielleicht verleiht es ja Flügel?

In der Früh ist der Himmel noch bedeckt von den Resten des Vorabendgewitters. Als ich in die lange Latschengasse eintrete, bin ich dankbar, dass man hier und heute nicht unterm Laufen ausgebrütet wird, obwohl so ein richtig blauer Himmel auch beruhigender wäre. Kommt das Gewitter heute doch schon viel früher als gestern (16:00 Uhr) und muss ich meine geplante Runde im triefenden Gewand vorzeitig abbrechen?

Als die Latschengasse endet, sind die Zweifel zunächst wieder verflogen. Jetzt erstmal einen Schluck vom Waldraster Wasser. Der Aufstieg zum Serlesjöchl vergeht damit wie im Flug. Auf dem weiteren Weg zur Serles stellt sich nun eine kleine Leiter in den Weg. Ein paar Drahtseile folgen und sind bei Nässe sicher unbedingt erforderlich. Damit ist die erste sperrende Felsstufe überwunden und es geht über einen leicht mühsamen Schutthang aufwärts. Die verfolgenden Bergsteiger sind schnell abgeschüttelt. Eine Großfamilie bleibt teilweise erschöpft zurück. Letzte Bergfexe kommen mir entgegen. Nochmal kurz Hand an den Fels legen und dann stehe ich auf dem Gipfel, allein! Eine viertel Stunde kann ich das und den dunstigen Ausblick auf mich allein gestellt genießen, bevor ich wieder gebeten werde junge Frauen zu fotografieren. Ich dachte schon, ihr fragt mich gar nicht mehr…

Der mögliche Weiterweg über die Lämpermahdspitze ist von der Serles gut einzusehen. Ebenfalls kann man beobachten, wie sich eine dunkle Wand schräg gegenüber aus dem Oberbergtal hinausschiebt, Neustift in Regen taucht und in Richtung Kesselspitze weiterzieht. Es blitzt und donnert. Fluchtartig verlassen Menschenscharen die Serles. Ich dagegen stehle mich im Serlesjöchl davon. Kein Schild weist hier darauf hin, dass hier der Weg zur Lämpermahdspitze abzweigt. Lediglich eine deutliche Spur und gut sichtbare Markierungen (roter Punkt auf weißem Grund = österreichische Luftwaffe?)  zeigen an, dass hier keine Terra Incognita zu finden ist. Das Gewitter verzieht sich unter lautstarkem Grollen. Erste Regenspritzer sind schnell abgetrocknet. Man gewinnt zunächst einen kleinen Grasbuckel (in der AVK ‚Rote Wand‘). Dann folgt man einfach den Markierungen über die jetzt schärfer werdende Gratschneide (T3+, Stellen I). Die Sonne kommt erneut heraus. Was für ein Genuss! Ein schmaler Kamin steht am Ende der Kletterei. Ein Eisengriff oxidiert hier vor sich herum. Der Gipfel der Lämpermahdspitze ist dann schnell erreicht. Leider sendet das Oberbergtal ein neues Gewitter aus. Das zieht zwar lautstark und blitzhell nach SO ab, aber mahnt auch dazu erneut eine Entscheidung zu fällen…

So, die Entscheidung ist gefallen! Ich gehe weiter bzw. steige ab. Allerdings muss ich überrascht feststellen, dass der weitere Weg in Richtung Kesselspitze nicht so leicht zu finden ist. Ein Steinmann unterhalb des Gipfels war der letzte deutliche Hinweis auf einen möglichen Weg. Die rote Flechte auf einer Steinspitze war dagegen nicht als Markierung brauchbar. Überhaupt sind die rot-weißen Markierungen sind auf dieser Seite der Lämpermahdspitze stark verwittert. Z.T. sind sie auch mit Absicht und schwarzer Farbe übermalt worden. Eine Wegspur ist kaum noch als solche zu erkennen (T4). Regentropfen hinterlassen Tupfen auf dem losen Geschröf. Hilft mir das Wissen um den verminderten Haftreibungskoeffizienten von Gummi auf nassem Asphalt jetzt weiter?
Ein mächtiger Felsklotz im Gratverlauf wird auf seiner Westseite tief umgangen (T4). Anschließend steigt man steil und auf losem Boden zu einer Scharte auf. Hier könnte man bereits zum Kalbenjoch abkürzen. Die AVK zeigt dazu sogar einen Weg an. Von dem ist hier aber keine Spur zu sehen. Ich entschließe mich für den Weiterweg ‚Ober der Mauer‘, wenngleich auch diese Spur kaum zu erkennen ist, jedoch die Markierungen wieder deutlicher hervortreten (T4-). Spuren von Menschen existieren hier keine, wohl aber von einer einsamen Gams. Die muss es schließlich auch wissen.

Die Sonne scheint, als ich wieder auf den sehr deutlichen Weg zur Kesselspitze treffe. Der Gipfel ist nur noch eine knappe halbe Stunde entfernt. Man könnte hier auf guten Bergwegen noch weiter nach Süden vorstoßen, aber schließlich muss ich zum Auto zurück und das Oberbergtal entsendet sein nächstes heftiges Gewitter. Lange halte ich mich also nicht auf der Kesselspitze auf, sondern steige in flottem Galopp zum Kalbenjoch ab. Vielleicht schaffe ich heute ja noch die Peilspitze…

Was, die Peilspitze soll noch eine Stunde vom Kalbenjoch aus in Anspruch nehmen? Das kann und darf nicht sein. In meinem Rücken rollen die unzähligen Donner des letzten Gewitters. Soll ich oder soll ich nicht? Ich sollte…
Abgesehen von ein paar unangenehm instabilen Runsen ist es dann auch gar nicht so schwer und schlimm (T3, L). Es dauert nur eine halbe Stunde, vielleicht auch deshalb, weil mich die näher kommenden Gewitter zusätzlich motivieren. Das Gipfelkreuz der Peilspitze summt. Wirklich? Soll ich mich bereits tatsächlich in so großer Gefahr befinden? Ach nein, eine Schwebfliege fliegt von dannen und dann ist es auch hier wieder still, abgesehen von dem Donnern etwas weiter im Süden.

Kurz unter der Blaserhütte trifft mich dann doch nicht der Blitz, aber der erste stärkere Regenguss. Im Schutz eines Heustadels lege ich die Regenhaut an. Der UV-Schutzhelm hält zusätzlich Regen von oben ab. Den Blaser hebe ich mir für einen anderen Tag mit besserem Wetter auf.
Im Schweinsgalopp geht es zurück zu Marias Waldraststätte. Der allerletzte Gegenanstieg ist dann auch geschafft. Hier fülle ich die Flaschen wieder mit dem Wasser auf, dass mir heute Engelsflügel verliehen und mich möglicherweise sogar vor Blitz und Donner beschützt hat. Prost!

Tourengänger: ZvB


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Kommentare (5)


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georgb hat gesagt:
Gesendet am 29. Juli 2019 um 10:54
Den Blazer sollte man sich wirklich für Schönwetter und für festliche Anlässe aufheben ;-)

ZvB hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Juli 2019 um 12:35
Es geht hier nicht um das Bekleidungsstück "Blähser", sondern um einen Staubsauger: guckst Du hier :-D

georgb hat gesagt:
Gesendet am 29. Juli 2019 um 16:09
Mach mir doch nicht mein schönes, hochintelligentes und originelles Wortspiel kaputt ;-)

ZvB hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. Juli 2019 um 10:07
Oh, ah, sorry, für Intelligenz und Originalität fehlt mir anscheinend der Sinn. :-(

Wende einfach Dein neues Lebensmotto an:
"Wenn dir jemand seine Meinung mitteilt,
solltest du sie mit tiefer Dankbarkeit ..." usw. :-P

georgb hat gesagt: Danke!
Gesendet am 30. Juli 2019 um 19:59
;-)))


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