Rabenkopf-Überschreitung einmal ganz anders! Kochelsee-Traumrunde über acht lohnende Gipfel


Publiziert von Vielhygler , 10. Juli 2019 um 22:38. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum: 4 Juli 2019
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1150 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:P. "Am Sonnenstein" in Kochel, am Straßenende ein kleiner Parkplatz ohne Gebühr. Für den Navi: "Am Sonnenstein" heißt auch der letzte Abschnittt der Straße dorthin. Ausweich-P: der riesige P. nahe der Fa. Dorst. Auch dort befinden sich Wanderschilder zum "Lainbachfall".
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Ortschaft Kochel in div. Gasthäusern. Ausgezeichneter Cappucino in Kochel nach der Tour? Im "Tre Scalini" am Schmied von-Kochel-Platz auf der schattigen Terrasse, wo sonst?
Kartennummer:DAV BY 11 Isarwinkel / Benediktenwand

Der Rabenkopf (1555 m), einer meiner Lieblingsgipfel, ist von überall her leicht zu erreichen- mit oder ohne Wanderweg. Heute galt es, möglichst alle seine vorgelagerten Gipfel in einer Rabenkopf-Runde über dem Kochelsee zusammenzufassen. Diese Tour stand lange auf meiner Liste und hat sich heute als wahrer Volltreffer erwiesen!
Ein kleiner Wermutstropfen auf der heutigen Tour war, daß ich zwei der vorgelagerten Gipfel, nämlich den Falterschrofen und das Lusenköpfl (1299 m) heute nicht gefunden habe. Was mir andererseits eine gute Gelegenheit verschafft, erneut weglos auf wieder andere Weise den schönen Rabenkopf anzusteuern...  


Die Wegbeschreibung und der Tourentag

Ich starte früh. Gleich am Sonnenstein-P sind "HK 42" (Heilklima-Rundwanderweg) und "Lainbachfall" beschildert. Schon nach einer Minute oberhalb der sprudelnden Laine steht ein weiterer Schilderwald an einer Straßenkreuzung: hier halte ich mich erneut an den "HK 42" zum Lainbachfall und wende mich nach links. Der HK 42 wird im ersten Abschnitt auch von einem ornithologischen Lehrpfad begleitet.
Zuerst geht es auf einer Straße, dann ab der Info-Tafel: "Blaumeise" auf bequemem Wanderweg nach Nordosten. Bald führt ein Brückerl über die Laine auf ihre orographisch linke Bachseite und der Klammweg kann beginnen.
Eigentlich hätte die Beschilderung im Plural "Lainbachfälle" angeben müßen, denn es sind sogar drei Kaskaden. Etwas "Klammfeeling" kommt durchaus auf: insgesamt ein hübscher und angenehm kühler Tourenstart, den auch der 83_Stefan verständlicherweise immer wieder bevorzugt. Nach dem dritten Wasserfall, einer einer Art Dusch-Gumpe, wendet sich der HK 42 über eine Brücke hinweg vom Lainbach nach Norden, überquert mittels eines weiteren Brückerls noch einen kartographisch anonymen Bachgraben und erreicht schließlich in nordöstlicher Richtung flachen Tannenwald. Hier noch einmal Schilder, unter anderem hinab nach Kochel. Ich folge hier nach Nordosten der Ausschilderung: "HK 42" zur "Kohlleite".

Saulachgraben und Stutzenstein (892 m)

Am Stutzenstein bin ich noch nie gewesen, doch eines ist klar: zunächst muß natürlich der Saulachgraben gequert werden, bevor es losgehen kann. Deutliche Markierungen leiten nun den breiten HK 42  im Wald durch ein Gewirr von Karrenwegen, bevor eine Brücke den Saulachgraben überquert und der Weg schmäler wird. Wenige Minuten nach dem Brückerl erreiche ich eine Ruhebank mit rot-weißer Markierung, an der spitzkehrenartig ein vielversprechender Karrenweg vom HK 42 nach Süden abzweigt, der auch in der Karte verzeichnet ist. Diesen nehme ich natürlich.
Zunächst erreicht der flach ansteigende Karrenweg einen Hochsitz mit Anhängerkupplung, sowas habe ich auch noch nie gesehen! Anschließend umrundet der Weg in einem steilen Aufschwung das schon deutlich zu sehende Felsgemäuer des Stutzensteins und erreicht schließlich seine schrofige Nordseite. Hier gibt es sogar einen Pfad und in wenigen, einfachen Schritten ist der höchste Punkt des Stutzensteins erreicht. Ein gemütliches Bankerl steht auf dem Felsklotz und der Blick hinab zum Kochelsee ist einfach wunderbar! Was für ein schöner Rastplatz gleich am ersten erreichten Gipfel! Da dehnt sich die Zeit...

Die zwei Felsmauern des Zwieselschrofens (1027 m): Kreuzgipfel und der höhere Gipfel mit Vermessungsstein.

Das Zwieselschrofenkreuz (1027 m) haben die Vielhyglerin und ich vor langer Zeit weglos von Nordwesten erreicht und ich freue mich schon auf ein Wiedersehen. Ich verfolge nach dem "Abstieg" (es sind nur ein paar Schritte) vom Stutzenstein den Karrenweg eine Minute weiter und schon zweigt nach links (Nordosten) eine stark überwachsene, leicht abfallende, breite Wegtrasse ab. Dieser Weg steht nicht in der Karte oder dem Bayernatlas, doch er führt genau in die richtige Richtung!
Gemütlich geht es nun auf dem grasigen Karrenweg an einem Hochsitz vorbei zu ganz freien Stellen mit hübschen Aussichten auf die Kohlleite und schließlich wird auch noch der unscheinbare Kalmbach gequert. Der bequeme und aussichtsreiche Weg fällt stetig etwas ab, bis er auf einen wieder in den Karten verzeichneten Weg trifft, der von Nordwesten kommt. Diesem breiten, gerölligen Gloaßenweg folge ich ansteigend, bis ich im Nordosten, jenseits des südlichen Asts des Rabenkopfbachs die zwei Felsmauern des Zwieselschrofens durch die Bäume deutlich erkennen kann. An dieser Stelle steht ein Baum mit Stein und dort beginnt ein Pfad.
Nun ist die Wegfindung leicht, denn der Pfad bleibt zunächst ganz deutlich und quert auch noch, wie erhofft, den flachen Graben des südlichen Asts des Rabenkopfbachs. Erst nach dieser Bachquerung ist die Pfadspur nicht mehr aufzufinden. Doch hier bin ich schon direkt unterhalb des erkennbar bekreuzten Zwieselschrofens und kann leicht weglos auf einen kleinen Sattel zwischen seinen beiden Felsgemäuern zuhalten. Zuletzt wird es sehr steil, bleibt aber unschwierig (T3+).
Dem kleinen Sattel am nächsten ist der niedrigere, südwestliche Kreuzgipfel des Zwieselschrofens. Es geht zu seinem höchsten Punkt eine steile, aber gutgriffige Rinne hinauf. Der erste Schritt dürfte ein leichter II' er sein, ich mußte mich beim Wiederabstieg jedenfalls ordnungsgemäß umdrehen, mit Abstützen ging es nicht. (Vorsicht: was man im An- oder Abstieg nicht sehen kann, ist das jäh abstürzende Gelände direkt unterhalb der Rinne die Nordseite des Zwieselschrofens hinab).
Die Rinne ist nach dem ersten II' er-Schritt nur noch Gehgelände (T3+). Es sind nur ein paar steile Meter bis zum Gipfel. In der Karte ist dort eigentlich ein Bildstock angegeben, doch am höchsten Punkt steht ein wirklich großes Kreuz, das von seiner Bauweise her dem Kreuz des Rabenkopfs nachempfunden ist.
Schnell ist anschließend vom Sattel weglos und dann auf einem einfachen Pfad auch der höhere Zwieselschrofen-Fels (1027 m) mit Vermessungsstein erreicht. Die Ausblicke sind wunderbar, vor allem auf den Kochelsee und ich lege dort eine längere Pause ein.

[Einschub: das vergebliche und zeitraubende Herumgestochere nach Falterschrofen und Lusenköpfl

Müßiges Herumgesuche kann man natürlich nicht nachvollziehbar schildern. Ich habe lange herumgesucht, doch vom Lusenköpfel oder von einer Hütte, die sich laut Karte in der Nähe des Köpfls befinden soll: keine Spur. Auch beim Falterschrofen wurde mir überhaupt nicht klar, ob es sich dabei um die Felsabstürze handelt, oberhalb derer ich entlanggewandert bin oder um kleine, aber markantere Felsen gegenüber. Schließlich habe ich auf einer Höhe von fast 1300 m imponierend große Hochsitze und sogar eine Wildfütterung gefunden, aber nichts handfestes.
Ich war dann schließlich genervt von dem zeitraubenden Herumgesuche und da gab' s nur eins: verdrängen, Schwamm drüber, vergessen, verzichten und die anderen, besser zu erreichenden Ziele ansteuern. Was soll' s, ich werde das Lusenköpfl  bei Gelegenheit einfach noch einmal weglos von Norden anvisieren, das dürfte viel einfacher sein und der Falterschrofen, was immer er genau sei, ist von dort ja auch nicht weit weg.
Zu guter Letzt war von einer Karrenwegtrasse aus das verlockende Kreuz des Rabenkopfs weiter oberhalb zu sehen und ich habe von dort weglos über den Nordwestgrat das Schwarzeck und somit auch den Rabenkopf angesteuert.
Es folgen Hinweise auf den weglosen Anstieg vom Zwieselschrofen auf das Schwarzeck - ohne Herumgesuche.]

Vom Zwieselschrofen über den wunderschönen Nordwestgrat auf das Schwarzeck (1527 m)

Wenn man vom Zwieselschrofen weglos ansteigend nicht westlich vom Rabenkopf herauskommen will, sondern wenigstens noch das in seinem Norden liegende Schwarzeck in die Runde einbeziehen will, sollte auf jeden Fall zuerst der nördliche Ast des Rabenkopfbachs gequert werden. Ich bin - noch vor meinem Herumgesuche - vom Zwieselschrofen weglos etwa 30 Hm abgestiegen und habe beide Bachgräben des nördlichen Asts des Rabenkopfbachs unschwierig queren können.
Anschließend habe ich mich (siehe oben) anders entschieden, aber ich hätte nach der Bachquerung einfach weglos nach Osten ansteigen sollen. Hier stehen gleich zu Anfangs, soviel konnte ich noch sehen, ein paar harmlose, auch in der Karte zu sehende Felsen, dann müßte es aber sehr einfach weitergehen. Man landet dann zwangsläufig am Nordwestgrat des Schwarzecks mit freien Waldwiesen und Blicken zum Rabenkopf. Hier bin ich nach dem oben erwähnten, langwierigen Herumgesuche ebenfalls gelandet.
Der von dort folgende Anstieg zum Schwarzeck war jedenfalls ein wegloser Traum in sehr licht stehendem Bergwald. Besonders nett war ein noch etwas unbeholfenes Gamskitz, das ich lange beobachten konnte. Schließlich war am Schwarzeck der Wanderweg erreicht und es ging in wenigen Schritten zum Rabenkopf weiter: ein schöner Stimmungsgipfel, der mir immer schon ganz besonders gut gefallen hat. Halbzeit, Mittagspause.

Feuereck (1407 m) und Breiteck (1348 m)

Anschließend ging es am Südwestgrat des Rabenkopfs  zum Feuereck  und von dort aus nach Süden schwenkend auf die letzten drei Gipfel, eine Tour, die hier schon in der Gegenrichtung beschrieben ist. Ich beschränke mich deshalb auf wenige Bemerkungen, gebe aber in den Fotokommentaren noch weitere Hinweise.
Aufpassen muß man im Abstieg am Feuereck (1407 m), das als Gipfel ganz wenig markant ist. Von hier nicht den gut aussehenden Grat nach Westen weiterverfolgen! Die richtige Fortsetzung zu den nächsten Gipfeln nach links, Süden, führt an einem Weidezaun (mit Gatter!) entlang.
Das durchaus charmante Breiteck (1349 m) ist dann ein kleiner hübscher Mini-Grasgipfel auf dem abfallenden Grat nach Süden, der vom Weidezaun in einer Abstecher-Minute erreicht wird. Freie und schöne Aussichten vom höchsten Punkt.

Bergelskopf (1413 m) und Kaltwasserwand (1263 m)

Viel eigenständiger ist jenseits eines Sattel der noch einmal hoch aufragende, waldige Bergelskopf (1413 m), den ich als Abstecher erreiche. Der Weg vom Sattel zu ihm ist kein Dirittissima-Steig, sondern ein mit vielen Serpentinen sehr erosionsschonend in den bewaldeten Hang eingepflegter Wanderpfad. Auf der winzigen Gipfelfläche, die über eine kleine, unauffällige Rinne erreicht wird, steht ein Stoamandl. Sehr schöne Rückblicke auf den Weg vom Rabenkopf und natürlich auf den Kochelsee.
Die Kaltwasserwand (1263 m) erreicht man gleich von einer Hütte (siehe Bild) aus, die direkt oberhalb des P.1198 steht. Es geht zunächst auf einem Karrenweg, bald aber weglos, in südwestlicher Richtung über eine große Wiese hinweg. Erst jenseits dieser ausgedehnten Weide beginnt der lange Ost-West-Buckel der Kaltwasserwand langsam anzusteigen. Es dauert in einigem Auf- und Ab auf sehr zerstreuten Pfadspuren bis zum höchsten Punkt oberhalb vertikaler Felsabstürze. Ein schöner Abschluß der Tour - bitte nicht zu weit hinauslehnen!

Abstieg

Für den weglosen Abstieg in südöstlicher Richtung von der Kaltwasserwand zum Talfleck habe ich mir bereits auf dem Weg zum Gipfel eine gutmütige, breite Waldmulde in Anstiegsrichtung linkerhalb ausgesucht, die mich schnell (es sind nur 120 Hm) zum mit "Kochel" beschilderten Wanderweg hinunterbringt. Ich brauche dann aber noch über eine Stunden bis zum Parkplatz: das war ein wahrer Brösel-Hatscher...

Bemerkungen:

Wunderschöne lange Tour, die aber in einigen Abschnitten wegloses Findungsgespür und eine gut ausgeprägte Geländeintuition voraussetzt.
Keinerlei Ausgesetzheiten unterwegs: den Kreuzgipfel des Zwieselschrofens, der über eine steile Rinne (ein gutgriffiger Schritt höchstens II) erreicht wird, muß man ja nicht unbedingt mitnehmen: der höhere Gipfel mit Vermessungsstein ist genau so gut!
Sehr einsame Runde! Ich bin heute auf dem Rabenkopf einem Wanderer-Pärchen begegnet, sonst habe ich auf der ganzen Tour keine Menschenseele gesehen. Das lag zu Beginn der Tour an den sonst vielbesuchten Lainbachfällen natürlich am frühen Aufbruch: ich war das erste Auto am kleinen P.
Doch auch der Zwieselschrofen wird gelegentlich beklettert, ich habe von Kochel aus schon Kletterer mit dem Fernglas dort beobachtet. Das Wetter war heute gut und trocken, aber die Aktivitäten halten sich offenbar in Grenzen, vielleicht, weil andere Klettergebiete am Kochelsee schneller erreichbar oder interessanter sind?
Wasser: die erwähnte Hütte oberhalb des P.1198 m nordöstlich der Kaltwasserwand hat einen Brunnen mit köstlichem Trinkwasser zum Wiederauffüllen der Flasche.
Mücken? Ja! Bremsen? Ja! Zecken? Ja! Reue? Nein!
Schön war' s wieder: für mich die bislang schönste und interessanteste Tour dieses Jahres!

Tourengänger: Vielhygler


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Kommentare (2)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 10. Juli 2019 um 23:18
Schöne Runde, die ich so ähnlich auch schon geplant hatte. Endlich mal wieder ein interessanter Bericht aus unseren Gefilden! Ist ja mittlerweile (leider) ziemlich mau geworden auf Hikr. Weiter so!

VG Nico

Vielhygler hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. Juli 2019 um 00:43
Danke für dein Kompliment und deine Ermutigung!

Ich find' s in unseren Gefilden gar nicht so tragisch ("mau"), daß z.B. der Rabenkopf jetzt noch keine 300 Einträge verzeichnet wie Gipfel bei Hikr. anderswo...wie soll man sich denn dann noch zurechtfinden?

Anyway, je besser ich mich auskenne, desto klarer wird mir, wie wenig ich mich eigentlich auskenne und wieviel es noch zu entdecken gibt!

VG Andreas



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