Über die Via Variante auf den Monte Generoso - der Aufstieg war nicht das Problem...


Publiziert von AndyZ , 26. Dezember 2018 um 20:40.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Sottoceneri
Tour Datum:25 Dezember 2018
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   I   Gruppo Monte Generoso 
Zeitbedarf: 6:15
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zug nach cff logo Maroggia-Melano
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Zug nach cff logo Maroggia-Melano
Kartennummer:map.geo.admin.ch

Es ist Weihnachten, ich habe keine Termine und das Wetter ist schön. Also raus in die Berge! Die aktuelle Lawinensituation hat mich jedoch von einer Tour im Schnee abgeschreckt, so mussten die Schneeschuhe im Schrank bleiben. Dank der Sammlung von interessanten Hikr-Berichten war eine Alternative aber rasch zur Hand. Schon lange hat sich der hervorragende und motivierende Tourenbericht *Monte Generoso - ab/bis Rovio über die seit kurzem instandgesetzte Via della Variante von Dulac in meinem Kopf festgesetzt. Der Aufstieg über die Via della Variante auf den Monte Generoso wollte ich unbedingt versuchen. Weihnachten ist zwar nicht unbedingt die Jahreszeit, welche sich für ein solches Unterfangen aufdrängt, wenn es aber kein oder nur wenig Schnee hat, spricht ja nichts dagegen. Ein kurzer Check der Webcam bestätigte nahezu schneelose Verhältnisse.

Schon die Hinfahrt mit dem ersten EC von Zürich nach Lugano war ein unerwartetes Vergnügen. Statt der üblichen Drängelei um einen Sitzplatz herrschte gähnende Leere im Zug. Maximal 10 Personen teilten sich einen Wagen und auch die Zugbegleiter waren ausserordentlich freundlich. Nach dem Umstieg in Lugano in die S-Bahn und kurzer Weiterfahrt konnte die Wanderung pünktlich und entspannt in Maroggia-Melano beginnen.

Der Aufstieg nach Rovio ist in einer guten halben Stunde erledigt, auch wenn momentan einige auf dem Weg herumliegende Bäume überstiegen werden müssen. Beim Dorfplatz sticht neben der schönen Kirche auch gleich der noch frisch glänzende blaue Wegweiser zur Via Variante ins Auge. Von hier aus kann auch der gesamte Aufstieg inklusive dem Gipfelziel überblickt werden.

Der Aufstieg zur Alpe Perostabbio erfolgt mehrheitlich im Wald. Die Wegfindung ist Dank ausgezeichneter Markierungen kein Problem. Ein unerwarteter Höhepunkt war im unteren Teil eine einzelne Gämse, die es sich auf dem Wanderweg gemütlich machte. Langsam - um es nicht zu erschrecken - näherte ich mich dem Tier, um ein Foto schiessen zu können. Meine Vorsicht war jedoch unbegründet, die Gämse liess mich bis auf wenige Meter zu ihr ran. Ich genoss den schönen Moment zu zweit. Erst als ich an ihr vorbeiging, trottete sie entspannt talabwärts.

Die Alpe Perostabbio liegt auf einer schönen Lichtung. Nur wenige Meter entfernt gelangt man zu einer Aussichtskanzel, welche den Blick auf den Lago di Lugano freigibt. Nun beginnt aber der eigentliche Höhepunkt dieser Tour: Der Aufstieg über die Via Variante. Die Wegmarkierungen wechseln nun von wrw auf wbw.

Der Weg schlängelt sich zunächst durch steile Wiesen aufwärts. Gesäumt von bizarren Felsformationen tun sich von Zeit zu Zeit eindrückliche Tiefblicke auf. Nach einiger Zeit wird das Gelände zunehmend felsiger. Es folgt eine längere Traverse in der Bergflanke. Hier war Vorsicht angesagt: Kleinere Schnee- und Eisflächen mussten vorsichtig passiert werden, ausrutschen ist hier fehl am Platz. Schon bald geht es steiler durch Felsen Richtung Ausstieg auf dem Gipfelgrat. Zusammengefasst ist die Via Variante für geübte T4-Wanderer ohne Probleme machbar, wirkliche Schlüsselstellen gibt es nicht (mehr). Landschaftlich ist die Route ist ein Genuss und uneingeschränkt zu empfehlen.

Nach einer kurzen Querung auf dem eisigen Wanderweg gelangt man in wenigen Minuten zum Gipfel des Monte Generoso. Trotz der relativ geringen Höhe bietet der freistehende Gipfel fantastische Ausblicke in alle Richtungen. Ein eisiger Wind vermieste allerdings einen längeren Aufenthalt auf dem Gipfel und zwang zum Weitergehen.

Für den Abstieg wollte ich etwas einfaches zum Auslaufen und zum Geniessen der Tessiner Sonne. Also habe ich mich für den Weg über Bellavista, Alpe Melano nach Rovio entschieden. Das mit dem "einfach" kam allerdings etwas anders. Doch der Reihe nach.

Vom Berghaus "Fiore di Pietra" lief ich linkerhand um die Swisscom-Sendeanlage herum und anschliessend auf einem schwachen Pfad dem Grat entlang. Bei den Geleisen der Monte-Generoso-Bahn angelangt überquert man diese und trifft dann auf die offizielle Wander-Autobahn Richtung Bellavista. Von diesem Weg hat man immer wieder schöne Blicke Richtung Valle di Muggio, Sasso Gordona und Norditalien. Schon bald ist auch Bellavista erreicht, eine Zwischenstation der Monte-Generoso-Bahn. Wie der Name schon suggeriert, offenbart sich von hier tatsächlich eine schöne Aussicht auf das Südtessin sowie auf die Bergriesen unserer Alpen. Hier lohnt sich ein Halt definitiv.

Weil ich den Abstieg nach Mendrisio schon kannte, folgte ich dem Weg in Richtung Rovio. Doch schon nach wenigen Metern versank ich bis zur Hüfte im Laub. Das weitere Vorwärtskommen wurde zur Geduldsprobe, musste doch vorsichtig der (unsichtbare) Untergrund abgetastet werden um nicht in die steile Flanke zu geraten und hinunter zu rutschen. Nach diversen Rutschpartien war in der schön gelegenen Alpe di Melano etwas Zeit zum Aufatmen möglich, die wenigen Meter ohne Laubberge waren eine Wohltat. Doch auch im zweiten Teil ging die Wühlerei weiter. Hier war es einmal dermassen rutschig, dass ich den Weg verliess und einen erdigen Hang hinab hangelte. Froh heil unten angekommen zu sein wollte ich zur Fortsetzung des Weges gelangen. Doch bereits nach zwei Schritten verschwand ich bis zum Hals in einem mit Laub gefüllten Loch. Erschrocken, aber unversehrt, gelangte ich mit viel Zappeln und Fluchen wieder an die Oberfläche. Gut hat mich niemand dabei beobachtet...

Mit viel Vorsicht und Geduld erreichte ich irgendwann Soldino oberhalb Rovio. Hier endete das Abenteuer im Laub und der feste Untergrund des Fahrweges wurde dankend entgegen genommen. Eine Rastbank oberhalb des Dorfes bot sich für eine letzte Pause an. Bei dieser Gelegenheit konnten auch die vielen  Blätter auf und in den Kleidern, Schuhen und Rucksack entfernt werden. Die Tessiner Nachmittagssonne war nun so intensiv, dass die restliche Tour im T-Shirt zurückgelegt werden konnte. 

Der Schlussabstieg nach Maroggia-Melano ist eine kurze Sache und auch die Heimreise dauert Dank des Gotthard-Basistunnels nicht allzu lange.

Die Via Variante hat meine Erwartungen voll erfüllt und kann wärmstens empfohlen werden. Einen besonderen Dank nochmals an Dulac für die Idee und Beschreibung. Die tiefen Laubberge auf den Waldwegen dürfen allerdings nicht unterschätzt werden. Hindernisse auf dem unsichtbaren Untergrund (Steine, Wurzeln, Löcher) führen schnell zu Stolperern. Zudem ist das Laub extrem rutschig. Man fährt quasi mit dem Laub zu Tale...

Allen Hikrn wünsche ich einen guten Start ins 2019 und viele unfallfreie Touren. 

Tourengänger: AndyZ


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Kommentare (2)


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dulac hat gesagt:
Gesendet am 12. Januar 2019 um 22:15
Hallo Andy,

leider bin ich erst heute auf Deinen ausführlichen Bericht gestossen. Es freut mich zu erfahren, dass der meine Dich nicht nur motiviert hat, sondern dass sich Deine Erwartungen dann auch tatsächlich erfüllt haben.
Der Abstieg über die Alpe Melano dagegen ist tatsächlich ein wenig speziell: So schön die Alpe selbst und ihre Lage, so hoch wie hier habe ich das Laub im Tessin noch nirgends anderswo vorgefunden. Falls Du nicht selbst darauf gestossen sein solltest, hier der link zu einem aktuellen Foto vom hikr-Kollegen gmonty zum Thema Laub und Alpe Melano.

Herzlichen Dank für die positive Erwähnung, weiterhin schöne Touren und LG

Wolfgang

P.S. Die Bedingungen sind im Südtessin zur Zeit noch eher besser als Du sie im Dezember vorgefunden hast.

rojosuiza hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. Februar 2022 um 21:57
Ich bin fast Kopf-unter-gegangen in den Blätterflut - schön, diesen Bericht jetzt nachträglich zu lesen, hihi...


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